Rücksicht nehmen: Mit Abstand am Besten

Rücksicht nehmen: Mit Abstand am Besten

Immer mehr Menschen schwingen sich in Berlin aufs Fahrrad. Die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt unterstützt diese Entwicklung, denn Fahrradfahren ist gesund, klimafreundlich und verursacht keine Staus. Doch es gibt noch viele Berlinerinnen und Berliner, die das Radfahren meiden, weil sie sich im Straßenverkehr unsicher fühlen. Zu enge Überholmanöver von Autos sind einer der häufigsten Gründe, warum sich Menschen in Berlin nicht aufs Fahrrad trauen. Eine gemeinsame Kampagne der Verkehrsverwaltung und des ADFC Berlin soll auf diese Problematik hinweisen.

Klare Regeln für mehr Sicherheit

Genügend Abstand beim Überholen nicht nur eine Frage der gegenseitigen Rücksichtnahme, sondern auch gesetzlich geregelt. In der Straßenverkehrsordnung ist seit 2020 eindeutig festgelegt, wie groß der Sicherheitsabstand beim Überholen von Fahrrädern, Tretrollern oder Mopeds sein muss (StVO §5 Absatz 4): Autos müssen in der Stadt mindestens 1,5 Meter Abstand halten, außerorts sind es sogar zwei Meter.

Als Sicherheitsabstand gilt dabei immer die Distanz zwischen den beiden Außenkanten der Fahrzeuge – also etwa vom Seitenspiegel des Autos bis zum Lenkerende des Fahrrads. Die Regelung gilt unabhängig davon, ob der Radfahrende auf der Fahrbahn, einem Radweg oder einem geschützten Radfahrstreifen unterwegs ist. Ein Verstoß kostet 30 Euro Bußgeld. Wer Kinder, Hilfsbedürftige oder ältere Menschen zu eng überholt, muss sogar mit 80 Euro und einem Punkt in Flensburg rechnen.

Trotzdem werden die Regeln zu häufig nicht eingehalten: 56 Prozent der Autos in Berlin überholen Radfahrerinnen und Radfahrer zu eng, hat eine Untersuchung des Tagesspiegel 2018 gezeigt. Nicht immer ist dabei Rücksichtslosigkeit im Spiel, vielen Autofahrenden sind die gesetzlichen Regeln schlichtweg nicht bekannt.

Warum Abstand so wichtig ist

Dabei können riskante Überholmanöver zu schweren Unfällen führen. Radfahrer*innen können stürzen, weil sie sich erschrecken oder direkt gestreift werden. Oder weil es ihnen nicht gelingt, Druckschwankungen auszugleichen. Denn wenn ein Auto zu eng vorbeirauscht, wirken auf Radfahrerinnen und Radfahrer enorme Druckwellen ein. Dieser Effekt ist vielen Autofahrerinnen und Autofahrer nicht bewusst, weil sie ihn selbst nicht erleben. Doch selbst geübte Radlerinnen und Radler kann er zu Fall bringen.

Kein Wunder also, dass 91 Prozent der Berliner Radfahrerinnen und Radfahrer bei einer Umfrage des Tagesspiegel sagten, dass sie sich vor zu engen Überholmanövern fürchten. Viele weichen aus Angst auf Gehwege aus, auf denen sie sich und andere unnötig gefährden.

Radfahren soll keine Mutprobe sein. Die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt wirbt daher zusammen mit dem Allgemeinen Deutschen Fahrradclub Berlin (ADFC) für mehr Miteinander auf Berlins Straßen – unter anderem mit Aufklebern, die auf den eigenen Pkw oder die Fahrradtasche geklebt werden können, um andere Verkehrsteilnehmer*innen an den Sicherheitsabstand beim Überholen zu erinnern. Als eine erste Aktion zum Thema werben BVG-Busse auf den nötigen Mindestabstand beim Überholen hin.

Was Radfahrende tun können

Sich möglichst eng an die Bordsteinkante zu drängen, trägt beim Radfahren übrigens nicht zu mehr Sicherheit bei. Denn so signalisiert man Autofahrerinnen und Autofahrer eventuell unbewusst, dass sie nicht ausscheren müssen, wenn sie überholen wollen. Auch bleibt kein Platz, um im Notfall nach rechts auszuweichen. Besser ist es, sich als Radfahrerin und Radfahrer im Verkehr selbstbewusst Raum zu nehmen und 80 Zentimeter vom Gehweg oder den parkenden Autos entfernt zu fahren. Dies trägt auch dazu bei, als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer wahrgenommen zu werden und sendet ein deutliches Signal an Autofahrerinnen und Autofahrer: Beim Überholen bitte Abstand halten!