Fragen und Antworten zum Toilettenkonzept für Berlin

  • Was ist der Gegenstand des Berliner Toilettenvertrages?

    Die europaweite Ausschreibung für den neuen Berliner Toilettenvertrag fand im November 2018 statt und umfasste den Senatsbeschluss zum Toilettenkonzept entsprechend in einem ersten Schritt die sogenannte “Grundversorgung” und in einem weiteren Schritt als Option die sogenannte “Verbesserte Versorgung”. Die Firma Wall GmbH hat sich in dieser Ausschreibung gegen mehrere Bieter aus dem In- und Ausland durchgesetzt. Der Vertrag über die Beschaffung, Errichtung und den Betrieb der öffentlichen Toilettenanlagen im Land Berlin vom 26.06.2018 hat eine Laufzeit von 15 Jahren. Nach dem Vertrag hat die Firma Wall neue öffentliche barrierefreie Unisex-Toilettenanlagen zu errichten und diese sowie die vorhandenen, im Eigentum des Landes Berlin stehenden Bestandstoilettenanlagen, nach hohen vertraglich festgelegten Qualitätsstandards zu betreiben.

    Zuzüglich von drei weiteren Toilettenanlagen, die bei der Konzepterstellung noch nicht erfasst worden waren, umfasst die Grundversorgung nun 281 Toilettenanlagen. Von den 281 Toilettenanlagen der Grundversorgung werden 50 bereits bestehende Anlagen auch weiterhin über den 31.12.2018 hinaus betrieben, und zwar von unterschiedlichen Toilettenbetreibern, teilweise auch von der Wall GmbH.

  • Wie sind die neuen Berliner Toiletten ausgestattet?

    Alle neuen Berliner Toiletten sind barrierefreie (nach Teil 1 „Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen – Teil 1: Öffentlich zugängliche Gebäude“ Abschnitt 4.4 und 4.5.“) Unisextoiletten, davon sind aktuell 64 mit zusätzlichen kostenfreien Pissoirs und 56 mit Wickeltischen ausgestattet.

  • Welche Hygienestandards gelten für die öffentlichen Toiletten?

    Der Firma Wall, welche die Toilettenanlagen für das Land Berlin betreibt, muss einen einwandfreien hygienischen und sauberen Zustand der Toiletten garantieren. Mitarbeitende der Berliner Wasserbetriebe prüfen regelmäßig alle Toilettenanlagen und bewerten unter anderem die Sauberkeit. Wenn diese im Schnitt unter den vereinbarten Standards liegt, erhält die Betreiberin weniger Betriebsentgelt.

  • Ist ein kostenfreier Zutritt zu den Berliner Toiletten möglich oder vorgesehen?

    Sowohl bei den früheren City-Toiletten als auch bei den neuen Berliner Toiletten ist eine kostenfreie Nutzung grundsätzlich nicht vorgesehen. Die Erhebung der geringen Benutzungsgebühr von 50 Cent ist erforderlich, da nur so Fehlnutzungen und Missbrauch entgegengewirkt werden kann. Die öffentlichen Toilettenanlagen sollen möglichst allen zur Verfügung stehen und nicht durch die dauerhafte Belegung einzelner Personen der Nutzung durch andere entzogen werden. Natürlich können Menschen mit Behinderung, die einen sog. Euro- oder auch Darmstädter Schlüssel besitzen, die Berliner Toiletten kostenfrei nutzen. Mögliche Bezugsquellen für den Euro-WC-Schlüssel sind (nicht abschließend):

    Wall hat im Rahmen eines sechsmonatigen Testbetriebes im August 2022 die Berliner Toiletten technisch des Weiteren so umgerüstet, dass diese kein Bargeld mehr annehmen. Der Zugang der bargeldlos nutzbaren Toilettenanlagen (230 von insgesamt 280) ist nur noch per Kredit-, Girokarte, Apple Pay und anderen Bezahldiensten oder über die WC-App möglich. Ferner wird für die Dauer des Testbetriebes für insgesamt 50 Toilettenanlagen im Stadtgebiet, die gleichmäßig über alle Berliner Bezirke verteilt sind, das Nutzungsentgelt entfallen. Insoweit wird die Nutzung also kostenfrei sein. Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen wird dann im Jahr 2023 entschieden werden, nach welchem Zugangskonzept der Toilettenbetrieb künftig erfolgen soll.
  • Gibt es eine Übersicht der zur Verfügung stehenden Berliner Toiletten?

    Eine Übersicht der Berliner Toiletten kann der Toiletten-App „Berliner Toilette“ entnommen werden, mit deren Hilfe Personen ganz einfach öffentliche Toiletten in Berlin finden können. Integraler Bestandteil der App ist eine Wegweiserfunktion, mit der sie sich bei Bedarf zur nächsten öffentlichen Toilettenanlage führen lassen können. Damit ist es auch ortsunkundigen Bürgerinnen und Bürgern möglich, sich im öffentlichen Raum nach der nächsten öffentlichen Toilette zu orientieren. Zur Unterstützung bei der Suche nach einer öffentlichen Toilettenanlage besteht ferner unter nachfolgendem Link die Möglichkeit, einen Datensatz mit den Standorten aller öffentlichen Toiletten, die von der Wall GmbH betrieben werden, sowie einige Standorte von Toiletten, die von anderen Dienstleistern betrieben werden, einzusehen. Diese Daten werden quartalsweise aktualisiert.

  • Wie viele öffentliche Toiletten gibt es in Berlin?

    Die geplante Zahl der Toiletten für die Grundversorgung mit insgesamt 193 Berliner Toiletten ist im Juni 2021 erreicht worden. Parallel wurde mit der Errichtung der Toiletten aus Standorten der verbesserten Versorgung begonnen worden. Dafür werden 85 weitere Berliner Toiletten errichtet. Gegenwärtig laufen gemeinsam mit der Firma Wall die Prüfungen der konkreten Umsetzbarkeit der letzten Standorte der verbesserten Versorgung. Der Aufbau der verbesserten Versorgung wird mit dem ersten Quartal 2022 abgeschlossen sein, so dass es insgesamt 278 Berliner Toiletten geben wird. Berlinweit stehen den Nutzerinnen und Nutzern dann zusammen mit den noch anderweitig betriebenen öffentlichen Toiletten insgesamt mehr als 366 öffentliche Toiletten zur Verfügung, mehr als je zuvor.

  • Warum hat Berlin das bisherige System aufgegeben, das war doch kostenneutral?

    Das bisherige System war nicht kostenneutral, die Kosten waren nur nicht so sichtbar. Früher wurden die Einnahmen aus der Werbung direkt mit den Ausgaben für die Toiletten verrechnet, ohne dass transparent war, in welcher Höhe Einnahmen aus der Werbung generiert wurden und wie hoch die Ausgaben für Toiletten waren. Seit dem Jahr 2019 wird der Betrieb der öffentlichen Toiletten in Berlin nunmehr unabhängig von der Werbung im öffentlichen Straßenland geregelt. Die erzielten Einnahmen aus den Werberechtsverträgen fließen in den Landeshaushalt, sollen aber auch der Deckung der erforderlichen Ausgaben u. a. für den Betrieb der öffentlichen Toiletten dienen. So konnte das Toilettenangebot sogar erweitert werden.

  • Will Berlin mit den Toiletten zukünftig selbst Geld verdienen?

    Die Erhebung der Benutzungsgebühr soll vor allem Fehlnutzungen vorbeugen (siehe auch die Antwort zur Frage „Ist ein kostenfreier Zutritt zu den Berliner Toiletten möglich oder vorgesehen?“). Ein kostendeckender Betrieb ist mit diesen Beträgen jedoch nicht möglich, der Betrieb der Toilettenanlagen kosten mehr als das 10-fache der Einnahmen aus dem Benutzungsentgelt.

  • Warum kann das Stehpissoir an der Berliner Toilette kostenlos genutzt werden, die Sitzplatztoilette jedoch nicht?

    Bei der Erstellung des Toilettenkonzepts wurde insbesondere von den Bezirken festgestellt, dass an manchen Orten das freie Urinieren (sog. Wildpinkeln) überhandgenommen hat. Um diesem Problem zu begegnen, wurde beschlossen, kostenlose Stehpissoirs anzubieten. Diese werden als zusätzliches Angebot an besonders betroffenen Standorten an das bestehende, barrierefreie Grundmodul der Berliner Toilette angebracht.

    Die Nutzung der barrierefreien Unisextoilette ist jedoch weiterhin kostenpflichtig, da nur so Fehlnutzungen vorgebeugt werden kann. Im Rahmen eines Testbetriebes werden allerdings 50 Toilettenanlagen im Stadtgebiet auf eine kostenfreie Nutzungsmöglichkeit umgestellt (vgl. auch Antwort zu Frage „Ist ein kostenfreier Zutritt zu den Berliner Toiletten möglich oder vorgesehen?“). Wegen der fehlenden Tür ist eine entsprechende Fehlnutzung bei den Stehpissoirs hingegen sehr unwahrscheinlich.

  • Warum haben die Stehpissoirs keinen umfassenden Sichtschutz, wie eine Tür oder eine größere Schamwand?

    Für die Anlagen mit Pissoirs wurde ganz bewusst eine Schamwand und keine Tür gewählt, um keine „dunklen Orte“ zu schaffen. Eine öffentliche Toilette muss zwar einerseits – trotz ihres „öffentlichen“ Charakters –, soweit ein Gefühl von Privatheit vermitteln, dass diese auch angenommen und genutzt wird. Andererseits muss eine ausreichende Einsehbarkeit gegeben sein, damit ohne weiteres erkennbar ist, ob und von wem das Pissoir bereits genutzt wird. Dies dient vor allem als Schutz vor dem Missbrauch der Pissoirs durch Personen, die nicht einsehbare Ecken oder Nischen zweckentfremdet nutzen, um beispielweise Drogen zu konsumieren oder sich dort dauerhaft aufhalten.

    Der Sichtschutz ist so gewählt, dass höchstens der Rücken der das Pissoir nutzenden Person gesehen werden kann, ein breiterer Sichtschutz ist jedoch nicht möglich, da sonst der Durchgang zu schmal wird.

  • Was kostet die Aufstellung einer Berliner Toilette?

    Die Höhe der Beschaffungskosten einer Berliner Toilette hängt von der Größe und der Ausstattung ab. Im Durchschnitt über alle Ausstattungsvarianten hinweg liegen die Kosten bei ca. 135.000 Euro.

  • Gab es ein Beteiligungsverfahren zur Gestaltung der Berliner Toilette?

    Bei der Entwicklung der neuen Toiletten wurden in einem breit angelegten partizipativen Abstimmungsverfahren gemeinsam mit der Stadtgesellschaft zahlreiche Behinderten- und Seniorenverbände einbezogen. So konnten die konkreten Anforderungen an die Ausgestaltung der neuen Toiletten an die Bedürfnisse der Nutzenden angepasst werden. Im Zuge des Partizipationsverfahrens wurde im Herbst 2018 ein Prototyp am Alexanderplatz aufgestellt, der von den Beteiligten begutachtet werden konnte. Die Rückmeldungen und Hinweise der Begutachtung wurden in die Ausgestaltung der Serienproduktion aufgenommen. Die neuen Toiletten verfügen nun nicht nur über ein ansprechendes Design sondern auch über eine hochwertige, barrierefreie Ausstattung. Die Berliner Toilette erfüllt als eine der ersten Toiletten in Deutschland die neue DIN-Verordnung für Barrierefreiheit.

  • Wie viele öffentliche Toiletten hatte Berlin vor dem Toilettenvertrag und wie viele sind es heute?

    Nach dem Aufbau gemäß dem Berliner Toilettenvertrag stehen in Berlin weitaus mehr öffentliche Toilettenanlagen zur Verfügung als zuvor:

    Stand 2016: 259 öffentliche Toiletten
    Stand 2022: 418 öffentliche Toiletten

    Davon werden insgesamt 325 Toilettenanlagen über den berlinweiten Toilettenvertrag betrieben, 278 sind Berliner Toiletten (barrierefreie Unisex-Modultoilettenanlagen), wovon 125 Anlagen mit einem zusätzlichen Pissoir ausgestattet sind. 47 sonstige Toilettenanlagen werden auch über den Toilettenvertrag von der Firma Wall betrieben, wie z.B. die WC-Center, die gemauerten Häuschen und die Café Achteck.

    Außerdem gibt es noch 93 weitere öffentliche Toilettenanlagen, wie etwa Friedhofstoiletten, Toiletten in Grünanlagen der Berlin Grün GmbH oder auch die Sanitärcontainer, die auch von der Firma Wall aber auf Grundlage eines anderen Vertrages betrieben werden.

  • Warum gibt es bislang kein kostenfreies Angebot für Frauen analog zu Pissoirs?

    Im Rahmen eines breit angelegten Partizipationsprozesses wurde bis Juli 2017 u.a. auch der Frage zur Ausstattung mit Frauen-Urinalen nachgegangen, neben der Zivilgesellschaft wurden verschiedenste Interessenvertreter*innen in die Konzepterstellung mit einbezogen. Damals lagen keine Untersuchungen/Studien und Erfahrungen vor, wie sich gesellschaftlich akzeptierte Frauen-Urinale in der Praxis als zusätzliches Angebot in die Toilettenanlagen integrieren lassen. Es gab im Partizipationsprozess allerdings eine intensive Auseinandersetzung mit der Frage der Gendergerechtigkeit bei der Nutzung öffentlicher Toiletten. Im Rahmen der Konzepterstellung wurde daher auch die Installation von Frauen-Pissoirs diskutiert. Im Ergebnis wurde davon jedoch abgesehen, da die Akzeptanz solcher Urinale – und damit die erwartbare Nutzung zu der Zeit wenig ausgeprägt war. Es wurde jedoch ausgeschlossen, dass es neuen Toilettenanlagen gibt, an welchen es ausschließlich Pissoirs für Herren gibt. Die EU-weite Ausschreibung zur Beschaffung, Errichtung und zum Betrieb der öffentlichen Toilettenanlagen Berlins sah Frauen-Urinale nicht vor. Bauartbedingt ist eine Nachrüstung nicht möglich. Dem Thema wird nun jedoch Raum für weitere künftige Entwicklung gelassen und das Thema wird bei der Planung von weiteren Toilettenanlagen berücksichtigt.

  • Wird es auch ein kostenfreies Angebot für Frauen geben?

    Im Rahmen eines Innovationsprojektes für autarke Toilettenanlagen im Berliner Grün, welches dieses Jahr initiiert wird, soll unter anderem untersucht werden, wie hoch die Akzeptanz von Frauenurinale mittlerweile ist. Dafür sollen auch die entsprechenden Interessengruppen in das Projekt eingebunden werden.

    Nach bisheriger Einschätzung würden offene Urinale für Frauen (wie jetzt für Männer) allerdings nicht angenommen. Geschlossene, kostenlos zugängliche Räume mit Urinalen würden dagegen schnell zweckentfremdet und dadurch für niemanden mehr benutzbar.

  • Gibt es noch andere öffentliche Toilettenanlagen?

    Ja, es gibt noch viele weitere öffentliche Toilettenanlagen, die jedoch nicht über den berlinweiten Toilettenvertrag betrieben werden. Diese werden z.B. von den Bezirken oder der Grün-Berlin GmbH betrieben und befinden sich in öffentlichen Gebäuden, Grünanlagen oder auf Friedhöfen. Damit diese öffentlichen Toiletten auffindbar sind, sind sie in der App „Berliner Toilette“, über welche auch eine Navigation zur nächsten öffentlichen Toilettenanlage möglich ist.