Modellprojekt „Zukunft Straße“

Kinder mit Malerei eines Regenbogens auf der Straße liegend
Spielstraße

Böckhstraße im Kreuzberger Gräfekiez

Gründe für das Modellprojekt

In Berlin wurden in den Neunzigerjahren in vielen Wohngebieten, insbesondere in Kreuzberg und Moabit, verkehrsberuhigte Bereiche eingerichtet. In verkehrsberuhigten Bereichen gelten besondere Verkehrsregeln:

  • Kraftfahrzeuge und Radfahrende dürfen nur mit Schrittgeschwindigkeit fahren.
  • Es gibt (theoretisch) keine Trennung mehr in Fahrbahn und Gehwege.
  • Der gesamte Bereich der Straße ist für alle Verkehrsteilnehmende zur Nutzung freigegeben.
  • Es darf nur in besonders gekennzeichneten Bereichen geparkt werden.

In der Praxis funktionieren diese alten verkehrsberuhigten Bereiche jedoch nicht. So werden Tempolimits von nahezu allen Verkehrsteilnehmenden stark überschritten. Im Graefekiez liegt die vor Ort gemessene Durchschnittsgeschwindigkeit von Kraftfahrzeugen bei ca. 30-40 Kilometern pro Stunde. Auch nutzen Zufußgehende nur in Ausnahmefällen den immer noch als Fahrbahn wahrgenommenen Bereich in der Mitte der Straße und werden meist von Kraftfahrzeugfahrenden aus dem Weg gehupt.
Dies liegt vor allem an den nicht den aktuellen Richtlinien entsprechenden Standards der verkehrsberuhigten Bereiche. Infrastrukturell sind sie nicht von normalen Tempo 30-Zonen zu unterscheiden, was dann die Verkehrsteilnehmenden zu Geschwindigkeitsüberschreitungen verleitet.

Mit dem Projekt „Zukunft Straße“ soll der heutige unbefriedigende Ist-Zustand mit einfachen Mitteln verbessert werden. Die heute noch vorhandene klare Trennung in Gehweg und Fahrbahn soll mit Pflanzbeeten, Sitzgelegenheiten und weiteren funktionalen Anpassungen zukünftig aufgehoben werden. Zugleich soll die Aufenthaltsqualität für die Anwohnenden stark erhöht werden. Kraftfahrzeugnutzende und Radfahrende sollen durch das neue ungewohnte Erscheinungsbild zum regelkonformen Langsamfahren animiert werden. Wo heute noch eine freie „Fahrbahn“ zu Tempoüberschreitungen verlockt, sollen die funktionalen Anpassungen für ein Fahren im Schritttempo sorgen.

Die Straße wird dabei nicht autofrei, aber autoreduziert. Statt Platz für parkende Autos, der nur Wenigen zugutekommt, entsteht begrünter Raum für Viele. Für mehr Biodiversität, Gemeinschaft, Gesundheit und Sicherheit. Für die neue und gemeinschaftliche Nutzung werden einige Parkplätze temporär umgewandelt und teilweise entsiegelt. Die Erreichbarkeit bleibt vollständig gewährleistet.

Böckhstraße im Kreuzberger Gräfekiez als neue Straße der Zukunft

Kinderfreundliche Straßen legen den Grundstein für eine zukunftsfähige Stadt. Daher stehen die Bedürfnisse der Kinder bei diesem Modellprojekt klar im Vordergrund. Kinder brauchen ein gesundes Umfeld, in dem sie sich frei und sicher bewegen, sich treffen, spielen und lernen können.

Für das Modellprojekt wurde aus diesem Grund die erste anerkannte Spielstraße Berlins, die westliche Böckhstraße im Kreuzberger Graefekiez zwischen Graefe- und Grimmstraße, ausgewählt. In der Straße sind mehrere Schulen und Kindergärten zu finden, die wiederum für einen sehr hohen Anteil an Kindern und Jugendlichen sorgen, die die Straße nutzen. Insbesondere die Kinder sind durch die permanenten Tempoüberschreitungen stark gefährdet und sollen durch die Umbaumaßnahmen besonders geschützt werden.

Um die Schülerinnen und Schüler der Lemgo-Grundschule und des Robert-Koch-Gymnasiums besser zu schützen und die Schulwegsicherheit zu erhöhen, wird die Böckhstraße zur Einbahnstraße mit erweiterten Sichtachsen. Im Schritttempo dürfen Autos und Fahrräder die Straße weiter befahren.

Erstmalig in Berlin soll eine Nebenstraße kollektiv zu einem gemeinwohlorientierten Ort umgewandelt werden. Der Verkehr wird sicherer, die Straße attraktiver und nachhaltiger. Neues Stadtgrün entsteht als wichtiger Beitrag zum Schutz der Artenvielfalt und zur Klimaanpassung. Dabei im Fokus: Die Bedürfnisse der Kinder. Denn Straßen, die für Kinder sicher sind, sind für alle sicher.

Die ansässigen Kitas, Schulen und Nachbarschaftsinitiativen wurden aktiv in die Planung einbezogen. Sie haben die neuen Nutzungsmöglichkeiten gemeinsam mit Unterstützung der beiden das Projekt begleitenden Vereine NaturFreunde Berlin e.V. und Berlin 21 e.V. entwickelt. In begleitenden Formaten und Workshops konnten die Akteurinnen und Akteure ihre Ideen umsetzen. Entstanden sind:

  • Ein öffentliches Klassenzimmer auf der Straße, das von den Schulen in das Unterrichtskonzept miteinbezogen wird.
  • Vor den Kitas sind Kiez-Terrassen als Aufenthaltsflächen entstanden.
  • Eine neue Boulebahn auf einer neu entsiegelten Fläche erhöht die Aufenthaltsqualität auch für Erwachsene.
  • Barrierefrei gestaltete Urban Gardening Bereiche verbessern das Zusammengehörigkeitsgefühl im Kiez und ermöglichen auch Menschen im Rollstuhl die Teilhabe am öffentlichen Gärtnern in der Straße.
Plan Spielstraße

Dem Kiez ein neues Gesicht geben

Die Straße der Zukunft wird mit einer Mischung aus baulichen Elementen, Farben und freien Flächen zu einem Lern- und Inspirationsort. Die funktionalen und begrünten Inseln laden zum Verweilen, Lernen und Spielen ein und bilden Plattformen für ein entspanntes, nachbarschaftliches Zusammenleben, wie die Berliner Parkletförderung erfolgreich zeigt. Nun wird dieser Ansatz in der Umgestaltung eines gesamten Straßenabschnitts erprobt.

Dies eröffnet die Chance, dem Kiez ein neues Gesicht zu geben. Daraus erschließt sich auch, welche künftigen Gestaltungsformen und -formate für ein großflächiges Konzept geeignet wären. Alle beteiligten Akteur*innen können so das zukunftsweisende Straßenbild ihres Kiezes dynamisch mitgestalten. Das Vorhaben ist eingebettet in das “Projekt Graefekiez“ des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, in dem ein Freiraumkonzept für den Kiez erarbeitet wird.

Inspiriert wurde das Projekt „Zukunft Straße“ durch ein vorab in Auftrag gegebenes Kurzkonzept der Architektin Katja Pfeiffer.

Zeitdauer des Projektes

Die Straße der Zukunft wurde am 27.09.2023 mit einem Straßenfest eröffnet. Bis Ende Oktober werden noch kleinere Restarbeiten erfolgen (z.B. in Abstimmung mit rollstuhlnutzenden Anwohnenden die Errichtung des barrierefreien Urban Gardening Bereichs). Das Projekt ist auf eine Zeitdauer von 12 Monaten angelegt. Im Anschluss wird die BVV entscheiden, ob die temporären Maßnahmen dauerhaft vor Ort bleiben.

Verantwortliche Projektteilnehmer

Das Projekt wird im Auftrag der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt mit Unterstützung des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg durch die Vereine Berlin 21 e.V. und NaturFreunde Berlin e.V. umgesetzt.

Weitere Informationen zu dem Projekt finden Sie hier:

Spielstraße Boeckhstraße

  • pflanzecke

    Öffentliches Klassenzimmer mit Pflanzecke

  • vorstreckungen

    Straße mit neuen Vorstreckungen

  • kiez-terrasse

    Kiez-Terrasse für Kitas

  • boulebahn

    Boulebahn

  • Öffentliches Klassenzimmer Spielstraße Boeckhstraße

    Öffentliches Klassenzimmer

  • Mob-Container Spielstraße Boeckhstraße

    Mob-Container

  • Kiezterrasse Spielstraße Boeckhstraße

    Kiezterrasse