Chronik

Alte öffentliche Toilette, Café Achteck

Öffentliche Toiletten vor 1993

Die ersten öffentlichen „Bedürfnisanstalten“ in Berlin wurden im Jahr 1876 errichtet. Es handelte sich um reine Pissoirs, die im Volksmund „Café Achteck“ genannt wurden. Im Jahr 1993 errichtete die Firma Wall erstmals in Berlin eine automatische öffentliche Toilette.

Toilettenvertrag von 1993

Im Jahr 1993 schlossen die WALL Verkehrsanlagen GmbH und das Land Berlin, vertreten durch den Eigenbetrieb Berliner Stadtreinigungsbetriebe und die Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe einen Vertrag, der die Neuerrichtung und den Betrieb von vollautomatischen öffentlichen Toilettenanlagen regelte. Zur Finanzierung wurde der Firma Wall das Recht eingeräumt, Werbeanlagen im öffentlichen Straßenland zu errichten und zu betreiben. Nach 25 Jahren endete dieser Toilettenvertrag zum 31. Dezember 2018. Von den anfänglich 285 öffentlichen Toiletten wurden über diesen Vertrag zuletzt noch 259 öffentliche Toiletten betrieben.

Toilettenkonzept 2017

Durch das Auslaufen des Toilettenvertrages bestand nach 25 Jahren erstmals wieder die Möglichkeit, den Bedarf und die bedarfsgerechte Ausstattung der öffentlichen Toiletten zu ermitteln und die künftige Versorgung an diesem Bedarf auszurichten. Vor diesem Hintergrund wurde im Jahr 2017 für das Land Berlin ein Toilettenkonzept erstellt, in welchem zunächst der Bestand erfasst und der Bedarf an öffentlichen Toilettenanlagen erarbeitet wurde. Ein wesentlicher Grundsatz bei der künftigen Ausgestaltung der Toilettenversorgung war dabei die Entscheidung, Errichtung und Betrieb der Toiletten von der Erteilung von Werberechten zu entkoppeln.
Die Bedarfsanalyse im Toilettenkonzept wurde in Zusammenarbeit mit den Bezirksämtern, Seniorenvertretungen, den Behinderten- und Tourismusverbänden und weiteren Interessengruppen erstellt. In diesem Beteiligungsprozess wurden vorhandene Standorte bewertet und neue Standorte identifiziert, Ausstattungsmerkmale festgelegt und mögliche Kooperationspartner vorgeschlagen.

Toilettenvertrag von 2018

Im November 2017 startete dann die europaweite Ausschreibung für die Beschaffung, Errichtung und den Betrieb der öffentlichen Toilettenanlagen. Dabei wurde dem Toilettenkonzept entsprechend eine Grundversorgung an öffentlichen Toilettenanlagen mit der Option, auch Toilettenanlagen für eine verbesserte Versorgung errichten und betreiben lassen zu können, ausgeschrieben. Das Verfahren ist im Juni 2018 mit dem Zuschlag an die Wall GmbH erfolgreich abgeschlossen worden.

Neben dem Betrieb von 38 Bestandstoilettenanlagen wurde die Errichtung und der Betrieb von zunächst 193 neuen barrierefreien Toilettenanlagen vereinbart, zahlreiche mit zusätzlichem Pissoir und Wickeltischen ausgestattet. Die Anzahl der Standorte in der Grundversorgung wurde damit gegenüber dem Toilettenkonzept auf 281 öffentliche Toilettenanlagen erhöht. Finanziert werden die neuen Berliner Toilettenanlagen grundsätzlich aus dem Landeshaushalt; für die Beschaffung und Errichtung von 68 Berliner Toiletten an touristisch relevanten Standorten wurden ergänzend Bundes- und Landesmittel aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ verwendet.

Mit dem Toilettenvertrag werden hohe Anforderungen an den Betrieb der Toilettenanlagen gestellt. Der Vertrag sieht hohe Qualitätsstandards für den Betrieb, insbesondere die Reinigung und Instandhaltung, vor, deren Einhaltung regelmäßig kontrolliert wird. Eine speziell für Berlin entwickelte Toiletten-App ermöglicht eine Navigation zur nächstgelegenen Toilette, zeigt den Betriebszustand der Toilette an und enthält eine digitale Bezahlfunktion. Nutzende haben die Möglichkeit, die Toilettenanlage zu bewerten und Mängel zu melden.

Vor Beginn der Serienproduktion erhielten die Menschen in Berlin am 11. und 12. September 2018 die Gelegenheit, die neue Toilettenanlage in Augenschein zu nehmen. Dafür wurde der Prototyp einer Berliner Toilette mit zwei Plätzen und einem Pissoir am Molkenmarkt in Berlin-Mitte aufgestellt. Insbesondere die Vertreterinnen und Vertreter von Menschen mit Behinderung und Seniorinnen und Senioren nutzten die Möglichkeit, die neue Berliner Toilette einer genauen Prüfung zu unterziehen. Hierbei gingen wertvolle Hinweise und Anregungen ein, wie die Berliner Toilette weiter verbessert werden könnte.

Seit 2019 wurde mit dem Austausch der alten City-Toiletten durch die neuen Berliner Toiletten begonnen; der Aufbau der 193 neuen Berliner Toiletten der Grundversorgung konnte in der ersten Jahreshälfte 2021 abgeschlossen werden. Im August 2020 wurde die verbesserte Versorgung mit 85 weiteren neuen Toilettenstandorten beauftragt, deren Aufbau zu Ende April 2022 abgeschlossen wurde. Mit Stand Ende 2022 stehen nunmehr insgesamt 278 über den Toilettenvertrag durch die Wall GmbH betriebene Berliner Toiletten zur Verfügung; zusammen mit WC-Centern, Café Achtecks und weiteren Bestandstoilettenanlagen betreibt die Wall GmbH nun 325 öffentliche Toiletten auf der Grundlage des Berliner Toilettenvertrags.
Zusammen mit Toiletten in Gebäuden und auf Friedhöfen sowie sonstigen Toilettenanlagen, die der Öffentlichkeit zugänglich sind, gibt es in Berlin insgesamt 475 öffentliche Toilettenanlagen, die sowohl in der „Berliner Toilette“-App als auch im Geoportal Berlins verzeichnet sind.

Für die Benutzung der automatischen Berliner Toiletten war ursprünglich ein Benutzungsentgelt von 50 Cent vorgesehen. Infolge einer Einbruchserie ab Dezember 2021, die hohe Geld- und Sachschäden verursachte, wurde im Rahmen eines Testbetriebes ein neues temporäres Zugangssystem erprobt. Seit Juli 2024 ist das neue Entgeltmodell eingeführt worden: Alle 107 Berliner Toiletten mit Pissoirs auf der Rückseite können kostenfrei genutzt werden, während die Nutzungsgebühr von 50 Cent bei den übrigen 171 Berliner Toiletten bargeldlos zahlbar ist.

Pilotprojekt Parktoiletten ab 2023

Im Rahmen des Pilotprojekts “Klimafreundliche Parktoiletten für Berlin” wurden ab Mai 2023 insgesamt 24 klimafreundliche Trockentoiletten in allen Berliner Bezirken errichtet. Die Nutzung der Toiletten ist kostenlos.