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Berlins Biologische VielfaltGesellschaft: Ziele
Ziel 26) Öffentliches Bau- und Beschaffungswesen
Das Land Berlin strebt zur Erfüllung seiner Aufgaben ein für alle Verwaltungszweige verbindliches Bau- und Beschaffungswesen an, das in vorbildlicher Weise Standards formuliert, die auch auf die Erhaltung der biologischen Vielfalt gerichtet sind. Kriterien mit gleicher Zielsetzung werden zudem für die Bauplanung, Bauvorbereitung und Baudurchführung festgelegt.
ErläuterungDas Land Berlin kann als Auftraggeber über seine Vergabekriterien direkt Einfluss auf die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt nehmen. Notwendig ist dazu die Erarbeitung, Bestätigung und Fortschreibung von „ökologischen Kriterien“, wie sie das Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz vorsieht. Insbesondere zertifizierte Produkte („Öko-Labels“) könnten bevorzugt beschafft werden (z. B. Holz aus nachhaltiger Produktion, Erzeugnisse des ökologischen Landbaus für Kantinen, torffreie Bodensubstrate). Mit Umsetzung dieses Ziels nimmt das Land Berlin auch eine Vorbildfunktion für das Bau- und Beschaffungswesen anderer gesellschaftlicher Akteure wahr. Darüber hinaus können positive Rückwirkungen auf die Erhaltung der biologischen Vielfalt weit über die Stadtgrenzen hinaus angenommen werden.
Ziel 27) Rechtliche Regelungen und Planungsgrundlagen
Bei der Erarbeitung oder Novellierung relevanter gesetzlicher Regelungen und Planungsgrundlagen werden die Ziele der "Berliner Strategie zur Biologischen Vielfalt" angemessen berücksichtigt.
ErläuterungGesetzliche Regelungen können Handlungsspielräume für die Erhaltung und Förderung biologischer Vielfalt eröffnen und auch Grenzen bei beeinträchtigenden Wirkfaktoren setzen. Werden die entsprechenden Handlungsspielräume im Sinne der „Berliner Strategie zur Biologischen Vielfalt“ genutzt, hat dies eine nachhaltige Verankerung der Ziele in den Handlungsgrundlagen des Landes Berlin zur Folge. Zudem sind etwaige Vollzugsdefizite bei der Umsetzung bestehender Regelungen zu vermeiden.
Ziel 28) Umweltbildung: Biologische Vielfalt in Schulen und KITAs
Berlin wird das Thema "Biologische Vielfalt" in den Berliner Rahmenlehrplänen der Schulen und im Berliner Bildungsprogramm für Kinder in Tageseinrichtungen bis zum Schuleintritt angemessen verankern.
ErläuterungKinder und Jugendliche sind für biodiversitätsbezogene Lerninhalte besonders empfänglich. So gab in einer Umfrage der Großteil (je nach Schultyp 85 % - 90 %) befragter Kinder und Jugendlicher im Alter zwischen 12 und 16 Jahren an, sich eine stärkere Berücksichtigung des Themas Artenvielfalt / Artensterben im Unterricht zu wünschen. Bei der Erarbeitung und Umsetzung von Bildungsinhalten sollte jedoch darauf geachtet werden, das Thema „Biologische Vielfalt“ nicht allein auf Artenvielfalt und Artensterben zu reduzieren. Auch wäre es sinnvoll, darauf nicht ausschließlich im Fach Biologie, „sondern seinen vielfältigen Vernetzungen entsprechend fächerübergreifend“ Bezug zu nehmen.Die „Berliner Strategie ...“ zielt daher auf eine entsprechende Anpassung der Rahmenlehrpläne der Schulen und des „Berliner Bildungsprogramms für die Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen bis zu ihrem Schuleintritt“.
Ziel 29) Umweltbildung: Natur- und Waldkindergärten
Berlin strebt eine Erweiterung des Platzangebots in Natur(erlebnis)- und Waldkindergärten an.
ErläuterungNatur- und Waldkindergärten bieten bereits kleinen Kindern die Möglichkeit, spielerisch Naturerfahrungen zu sammeln. Sie stellen in dieser Hinsicht eine wichtige Ergänzung zu schulischen und außerschulischen Lernorten dar, die ebenfalls Naturerleben im urbanen Raum ermöglichen, aber sich zum Teil an andere Altersgruppen richten. Laut Bundesverband der Natur- und Waldkindergärten in Deutschland e.V. gibt es (Stand 10. November 2009) zwölf Waldkindergärten in Berlin. Berlin hat damit mehr Waldkindergärten als etwa die Flächenländer Thüringen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg oder auch der Stadtstaat Bremen, aber angesichts von ca. 1.800 Berliner Kindertagesstätten (Stand 2008) erscheinen jedoch die auf Naturerleben ausgerichtete Angebote unterrepräsentiert.
Ziel 30) Umweltbildung: Umweltbildungseinrichtungen
Berlin fördert Umweltbildungseinrichtungen (einschließlich der Waldschulen) und verankert das Thema "Biologische Vielfalt" in Umweltinformations-, Bildungs- und Erlebnisangeboten. Jede Grundschulklasse soll mindestens einmal jährlich eine Umweltbildungseinrichtung besuchen können.
ErläuterungEinige europa- und deutschlandweit durchgeführte Studien lassen auf eine deutliche Diskrepanz zwischen Begriffskenntnis einerseits und inhaltlichem Verständnis andererseits schließen. So sind die Begriffe „Biodiversität“ oder „Biologische Vielfalt“ wenigstens einem Drittel der Befragten geläufig, nur ein kleiner Teil jedoch verband damit die Vielfalt der Gene, Arten und Ökosysteme. Mit Blick auf die Erhaltung biologischer Vielfalt als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verdeutlichen diese Umfrageergebnisse die Notwendigkeit, den Begriff „Biologische Vielfalt“ und seine Bedeutung noch stärker als bisher auch einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln, etwa im Rahmen von Umweltinformations-, Bildungs- und Erlebnisangeboten. Dabei wird es vor allem darauf ankommen, „einen Alltagsbezug herzustellen und die biologische Vielfalt auch vor der Haustüre erlebbar zu machen“. Zielgruppen sind die breite Öffentlichkeit, dabei insbesondere Kinder und Jugendliche sowie einschlägige Berufsgruppen.
Ziel 31) Forschung und Lehre
Berlin ist auch in Zukunft ein wichtiger Standort für die Biodiversitätsforschung und die qualifizierte Ausbildung auf diesem Gebiet. Die Expertise der Berliner Institutionen wird verstärkt genutzt, um die Ziele der "Berliner Strategie zur Biologischen Vielfalt" umzusetzen. Die Berliner Forscherinnen und Forscher nutzen ihre internationale Vernetzung und beteiligen sich am weltweiten Wissenstransfer, bei dem sie sich auch auf die in Berlin gewonnenen Erkenntnisse stützen, um einen Beitrag zur Lösung des globalen Problems des Rückgangs der Biologischen Vielfalt zu leisten.
ErläuterungBerlin gilt als Wiege der stadtökologischen Forschung und des urbanen Naturschutzes. Verschiedene Berliner Forschungsinstitutionen sind im Bereich der Biodiversitätsforschung ausgezeichnet ausgewiesen. Die Forschung geht weit über Berlin hinaus und kann auch innerhalb Berlins noch stärker miteinander vernetzt werden. Es bestehen große Chancen, die Expertise Berliner Forschungsinstitutionen bei der Umsetzung der „Berliner Strategie zur Biologischen Vielfalt“ einzubinden. Darüber hinaus kann die Biodiversitätsforschung wichtige Beiträge zur Erarbeitung neuer „post-2010-Ziele“beitragen.Ebenso soll das große Potenzial der wissenschaftlichen Lehre im Interesse der „Berliner Strategie ...“ genutzt werden.
Ziel 32) Naturerleben: Naturerfahrungsräume
Berlin setzt sich dafür ein, dass Kinder besonders in den verdichteten Siedlungsbereichen wohnungsnah Naturerfahrungsräume nutzen können.
ErläuterungUnter Naturerfahrungsräumen werden wenig gestaltete, bespielbare Freiflächen verstanden, auf denen Kinder und Jugendliche von ca. 6 bis 14 Jahren die Möglichkeit zu Naturerfahrung und eigenständiger, weitgehend unbeaufsichtigter Aktivität im unmittelbaren Wohnumfeld haben. Naturerfahrungsräume tragen auf diese Weise in besonderem Maße zu einer gesunden physischen und psychischen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen bei. Darüber hinaus bewirken sie die emotionale Bindung an Natur und fördern Kreativität, Konzentrationsfähigkeit und Wahrnehmungsfähigkeit der Kinder. Geeignete Standorte werden in Abstimmung mit den Bezirken festgelegt.
Ziel 33) Naturerleben: Mensch-Natur-Interaktionen
Berlin unterstützt Initiativen zur Förderung von naturverträglichen Mensch-Natur-Interaktionen, vor allem für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche.
ErläuterungDas Erleben von Natur in ihrer Vielfalt und Dynamik trägt wesentlich zur psychischen und physischen Regeneration von Menschen bei und fördert zudem die geistige und auch körperliche Entwicklung von Kindern und Jugendlichen.Jedoch haben insbesondere in der Innenstadt nicht alle Menschen gleichermaßen die Möglichkeit Natur zu erleben. Die Studie „Naturbewusstsein 2009“ belegt, dass sozial benachteiligte Gruppen eine größere Distanz zur Natur aufweisen als andere gesellschaftliche Gruppen. Der Zugang zu biologischer Vielfalt und ihren zahlreichen positiven Effekten ist somit auch eine Frage der Lebensqualität in der Stadt.
Ziel 34) Engagement der Wirtschaft: Förderung von Schutz und Erforschung
Berliner Unternehmen engagieren sich zunehmend bei der Förderung von Projekten zur Erforschung und Erhaltung biologischer Vielfalt in Berlin.
ErläuterungZahlreiche von Nichtregierungsorganisationen, Forschungseinrichtungen oder öffentlichen Institutionen initiierte Projekte zur Erhaltung, Förderung und nachhaltigen Nutzung biologischer Vielfalt sind auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Unternehmen können hier als Sponsoren, aber auch durch informelle und andere Formen der Unterstützung einen wichtigen Beitrag leisten und gleichsam selbst davon profitieren – etwa durch eine verbesserte positive Außenwirkung.
Ziel 35) Engagement der Wirtschaft: Zertifizierung und Bilanzierung
In den von Berliner Unternehmen und Organisationen abgegebenen Umwelt- oder Nachhaltigkeitsberichten, in EMAS (= Eco-Management and Audit Scheme) – Zertifizierungen und in anderen aufgestellten Ökobilanzen bzw. Zertifizierungen (z. B. ISO 14001) werden auch die Auswirkungen der jeweiligen Produktion, der Produkte in ihrem Lebenszyklus oder der Dienstleistungen auf die biologische Vielfalt dargestellt.
ErläuterungDie Nutzung pflanzlicher und tierischer Rohstoffe als Produktionsgrundlage oder von genetischen Ressourcen für die Entwicklung pharmazeutischer Produkte, aber auch Ressourcenverbrauch, Bauaktivitäten, Standortentscheidungen, Entsorgung von Abfällen und Abwässern etc. durch Unternehmen beeinflussen die biologische Vielfalt. Eine entsprechende Berücksichtigung dieser Belange im jeweiligen Kerngeschäft, z. B. durch Integration in betriebliche Managementsysteme, kann die Beeinträchtigung biologischer Vielfalt vermindern helfen und auch strategische Wettbewerbsvorteile schaffen, etwa durch sinkende Rohstoffkosten. Zudem fördern solche Aktivitäten auch die Chance für eine verbesserte positive Außenwirkung dieser Unternehmen.
Ziel 36) Globale Verantwortung: Auslandsinvestitionen
Berliner Unternehmen und Kreditinstitute gewährleisten bei Auslandsinvestitionen die Einhaltung internationaler und deutscher Umweltstandards und berücksichtigen darüber hinaus soziale Mindeststandards.
ErläuterungDeutsche Unternehmen sind traditionell stark im Ausland vertreten. Die hiermit verbundenen Investitionen und Tätigkeiten sind prinzipiell an die Einhaltung von Umwelt- oder auch sozialen Standards gebunden. In beiden Bereichen sind jedoch immer wieder massive Verstöße festzustellen, die u. a. auch zu erheblichen Beeinträchtigungen biologischer Vielfalt führen und für die jeweiligen Unternehmen gleichzeitig das Risiko bedeuten, im Zuge eines wachsenden Drucks von Finanzmärkten, Politik und Öffentlichkeit ökonomisch bedeutsame Reputationsverluste hinnehmen zu müssen. Die Umsetzung dieses Ziels soll in enger Zusammenarbeit mit beteiligten Unternehmen, der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung, dem „Verein für Umweltmanagement und Nachhaltigkeit in Finanzinstituten e.V.“ (VfU e. V.) und der deutschen Dependance der „UNEP FI“ (United Nations Environmental Programme – Finance Initiative) erfolgen.
Ziel 37) Globale Verantwortung: Natur- und sozialverträgliche Importe
Berlin strebt an, insbesondere zum Schutz der biologischen Vielfalt in den jeweiligen Ursprungsländern, den Anteil importierter Naturstoffe und -produkte aus natur- und sozialverträglicher Nutzung und Produktion deutlich zu erhöhen.
ErläuterungEin überwiegender Anteil der in Deutschland konsumierten Güter wird importiert oder zumindest aus importierten Rohstoffen gefertigt. Der Rohstoffabbau oder die Herstellung dieser Güter führt dabei häufig zu erheblichen direkten und indirekten Beeinträchtigungen der biologischen Vielfalt in den Ursprungsländern. Eine entsprechende Steuerung der Nachfrage zugunsten von Gütern aus natur-, aber auch sozialverträglicher Produktion kann somit wesentlich zur Erhaltung biologischer Vielfalt weltweit beitragen. Die Umsetzung dieses Ziels erfordert das Zusammenwirken aller Akteure der Berliner Gesellschaft, wobei die öffentliche Hand z. B. durch eine entsprechende Ausrichtung ihres Bau- und Beschaffungswesens (vgl. Ziel 27) eine Vorreiterrolle übernehmen kann.
Ziel 38) Gesellschaftliches Engagement
Berlin fördert verstärkt das gesellschaftliche Engagement seiner Bewohnerinnen und Bewohner für die Bereiche Naturschutz und Umweltbildung.
ErläuterungDas gesellschaftliche Engagement Ehrenamtlicher trägt maßgeblich zur Erhaltung der biologischen Vielfalt bei und fördert überdies vielfältige Angebote zum Naturerleben in Berlin. Aufgrund verschiedener gesellschaftlicher Entwicklungen (Demographischer Wandel, Bedeutungszuwachs von Bildung, zunehmende ökonomische Unsicherheit) steht der ehrenamtliche Naturschutz vor neuen strukturellen Herausforderungen. Daher besteht ein wichtiges Handlungsfeld darin, das gesellschaftliche Engagement von Naturschützern zu stärken und durch „Serviceleistungen“ zu unterstützen, etwa durch den Ausbau des Umweltkalenders zu einem Stadtnaturportal, als zentralem Instrument zur Bündelung der Aktivitäten und Informationen des ehrenamtlichen Naturschutzes.![]() Waldspielplatz
Foto: Michael Kirsten ![]() Typischer Berliner: Der Haussperling
Foto: Reinhard Schubert ![]() Umweltbildung: Schulklasse im Wald
Foto: Josef Vorholt / linnea images ![]() Naturkundemuseum Berlin - ein wichtiger Forschungsstandort für die biologische Vielfalt weltweit
Foto: Reinhard Schubert ![]() Wirtschaft engagiert sich - hier die Berliner Wasserbetriebe bei der Öffentlichkeitsarbeit
Foto: Reinhard Schubert |