Oberflächenabfluss, Versickerung, Gesamtabfluss und Verdunstung aus Niederschlägen 2005

Kartenbeschreibung

Die Karte des Gesamtabflusses (Karte 02.13.3) zeigt für die hoch versiegelten Innenstadtbereiche (S-Bahn-Ring) Gesamtabflüsse im Bereich von 350-450 mm/a, im hochverdichteten City-Bereich und einigen Industriegebieten liegen die Werte noch darüber. Hier verdunsten also – bezogen auf die Niederschlagsmesswerte (in 1 m Höhe), die etwa 10-15 % unter den bodengleichen Niederschlägen liegen – nur etwa 150 mm/a (Karte 02.13.5). Die locker bebauten Außenbereiche der Stadt weisen Abflüsse von 250-350 mm/a auf. Verglichen mit den Abflüssen des unversiegelten Außenraumes oder der Umgebung Berlins, wo die Werte etwa um 150 mm/a liegen, kann Berlin als Insel stark erhöhter Abflüsse betrachtet werden. Die Reduzierung der Verdunstung durch Versiegelung und Vegetationsmangel – in der Karte Verdunstung (Karte 02.13.5) erkennbar – führt hier zu 2-3-fach erhöhten Abflüssen gegenüber dem natürlichen Zustand.

Nur in wenigen Bereichen treten bedingt durch geringe Niederschläge bei gleichzeitig geringem Flurabstand Grundwasserzehrungen, also negative Werte der Abflussbildung, auf, da hier die Vegetation durch die Nachlieferung aus dem Grundwasser mehr Wasser verdunsten kann als durch die Niederschläge zugeführt wird.

Die Karte des Oberflächenabflusses (02.13.1) zeigt, dass in den kanalisierten Gebieten der Innenstadt durchschnittlich etwa 250 mm/a der Kanalisation zugeführt werden, Spitzenwerte liegen bei mehr als 350 mm/a. Im Außenbereich sind es – in den kanalisierten Gebieten – um die 100 mm/a.

Die Karte der Versickerung (02.13.2) zeigt ein zunächst überraschendes Bild. Danach versickert in der Innenstadt mit etwa 120 mm/a annähernd so viel Niederschlag wie in den Wäldern. Deutlich höhere Versickerungsleistungen um 200 mm/a weisen die lockerer bebauten Siedlungsgebiete des Außenbereichs auf, in den Gebieten mit geringem Anschlussgrad an die Kanalisation steigen die Werte bis auf 300 mm/a. In den nicht kanalisierten Siedlungsgebieten versickert der gesamte Abfluss mit etwa 300-350 mm/a und Maximalwerten von über 400 mm/a.

Im Ergebnis lässt sich festhalten:

  • Der durch den hohen Versiegelungsgrad der Innenstadt bedingte Effekt der reduzierten Durchlässigkeit der Böden wird durch den Effekt der Herabsetzung der Verdunstung zu großen Teilen wieder aufgehoben, so dass die innerstädtischen Versickerungsleistungen höher sind, als zunächst angenommen wurde und nahezu “natürlichen” Verhältnissen entsprechen.
  • Ausschlaggebend für die Versickerungsleistung ist erst in zweiter Linie das Ausmaß der Versiegelung, in erster Linie wird sie durch den tatsächlichen Anschlussgrad an die Kanalisation bestimmt. Die Art der Versiegelung, d.h. die unterschiedlichen Versickerungsleistungen der verschiedenen Belagsarten spielt ebenfalls eine bedeutende Rolle.
  • Durch die Herabsetzung der Verdunstung durch die Versiegelung in den locker bebauten Bereichen bei gleichzeitig geringem Anschlussgrad an die Kanalisation sind die Versickerungsleistungen in diesen Gebieten am höchsten und betragen etwa das Doppelte der “natürlichen” Versickerung.

Im Urstromtalbereich kann das Sickerwasser, bedingt durch die durchlässigen Sande, die das Grundwasser überlagern, direkt und vollständig zur Grundwasseroberfläche versickern. Hier entspricht die berechnete Versickerung der Grundwasserneubildung. Auf den Grundmoränenhochflächen des Barnim und des Teltow überlagern jedoch lehmige und damit schlecht wasserdurchlässige Schichten das meist gespannte Grundwasser. Hier werden die tief eingeschnittenen Fließe weitgehend vom gespannten Grundwasser bzw. über sandige und damit durchlässige Schichten in der Grundmoräne gespeist. Nur die nicht über die Vorfluter abgeführten Sickerwassermengen (berechnete Versickerung) können als echte Speisung des die Grundmoräne unterlagernden Hauptgrundwasserleiters angesehen werden. Diese Wassermengen gelangen als unterirdischer Abfluss in den Urstromtalbereich. Die Aufteilung ist jeweils abhängig von den konkreten hydrogeologischen Verhältnissen. Ein Vergleich der gemessenen und der berechneten Abflüsse zeigt, dass z.B. im Einzugsgebiet des Neuenhagener Mühlenfließes etwa 35 % der errechneten Versickerung unterirdisch in den Urstromtalbereich entwässert, während das Tegeler Fließ nahezu den gesamten aus der Versickerung gebildeten Abfluss seines Einzugsgebietes oberirdisch wieder abführt. Auf der Grundlage der mit dem Modell ABIMO ermittelten Sickerwasserraten wurde auch eine Karte der Grundwasserneubildung erarbeitet (Karte 02.17, 2007).

Die Verdunstung der Gewässerflächen, die in der Karte nicht dargestellt werden, liegt etwa 160 mm/a über den auf sie herabgehenden Niederschlägen, so dass den Gewässern Berlins insgesamt ca. 9 Mio. m³ Wasser im Jahr durch Verdunstung entzogen werden.

Bei einigen hochversiegelten Flächen lagen keine Angaben darüber vor, ob das anfallende Regenwasser über die Kanalisation abgeleitet wird. Aus diesem Grunde wird für diese Flächen der gesamte entstehende Abfluss in den Karten als Versickerung ausgewiesen. Der Grad der Versiegelung und die Höhe des Abflusses lässt es jedoch in einigen Fällen als unwahrscheinlich erscheinen, dass das Wasser tatsächlich versickert. Daraus folgt, dass der Anteil des Oberflächenabflusses eher unterschätzt, der der Versickerung eher überschätzt wird.

Mit Hilfe der Flächengrößen der Bezugsflächen konnten auch die Abflussvolumen errechnet und anschließend bilanziert werden (vgl. Tab. 4).

Tab. 4: Langjährige Mittelwerte der Abflussbildung

Tab. 4: Langjährige Mittelwerte der Abflussbildung

Die Berechnungen zeigen, dass etwa 60 % des Niederschlages verdunsten und damit etwa 200 Mio. m³/Jahr als Gesamtabfluss zur Verfügung stehen. Drei Viertel davon versickern in den Untergrund, ein Viertel wird über die Kanalisation abgeführt. Obwohl die Mischkanalisation nur etwa ein Viertel der gesamten kanalisierten Fläche einnimmt, entsteht hier fast ein Drittel des Oberflächenabflusses. Stellt man die versickernde Wassermenge von ca. 150 Mio. m³, die wie bereits beschrieben nicht vollständig dem Grundwasser zugeführt wird, dem Trinkwasserverbrauch von ca. 250 Mio. m³ pro Jahr gegenüber, wird deutlich, dass hier ein erhebliches Defizit besteht. Dieses Defizit wird durch oberirdische Zuflüsse (Spree, Havel) sowie die unterirdische Heranführung von Grundwasser aus dem Umland ausgeglichen. Das Oberflächenwasser wird bei ufernahen Grundwasserentnahmen als Uferfiltrat sowie durch Grundwasseranreichungsanlagen an den Wasserwerken genutzt.

Betrachtet man die Veränderungen gegenüber den Zahlen von 2001 fällt vor allem auf, dass das langjährige Mittel des Oberflächenabflusses von bisher 54,8 Mio. m³/Jahr auf jetzt 67,7 Mio. m³/Jahr gestiegen ist. Außerdem ist eine leichte Erhöhung des Gesamtabflusses sowie eine leichte Verringerung der Versickerung festzustellen.

Als Ursache für die Veränderungen können vor allem zwei Umstände genannt werden:

  • Durch die Einarbeitung aktuellerer und insgesamt verbesserter Unterlagen zur Regenwasserkanalisation gelten heute wesentlich mehr Gebiete als regenwasserkanalisiert als bei der letzten Auswertung. Dies wirkt sich vor allem auf die Erhöhung der Oberflächenabflüsse aus, da die Niederschläge der versiegelten Flächen in diesen Gebieten nun zum Teil in die Kanalisation gelangen.
  • Eine veränderte Parametersteuerung für den Anschlussgrad von Dachflächen an die Kanalisation ist eine wesentliche Ursache für die starke Zunahme des Oberflächenabflusses. Im neuen Programm ABIMO 3 werden für die Gebäudeflächen höhere Werte für den Anschlussgrad berücksichtigt als im alten Programm, was zu höheren Oberflächenabflüssen führt.
Abb. 4: Wasserhaushalt Berlins (langjährige Mittelwerte in Mio. m³, ohne Gewässer)

Abb. 4: Wasserhaushalt Berlins (langjährige Mittelwerte in Mio. m³, ohne Gewässer)

Im Informationssystem liegt für jede kanalisierte Fläche des Trennsystems die Angabe vor, in welchen Vorfluter bzw. in welches Gewässer oder in welchen Gewässerabschnitt sie entwässert (vgl. Karte 02.09.2). So können Bilanzen erstellt werden, welche Regenmengen die Gewässer im Durchschnitt aufzunehmen haben. Betroffen sind etwa 180 Gewässer oder Gewässerabschnitte. Tabelle 5 zeigt die abschnittsweise zusammengefassten Einleitungsmengen in die Gewässer Berlins. Die Oberflächenabflüsse im Bereich des Mischsystems werden mit Ausnahme der Anteile, die bei Starkregen über die Notauslässe der Pumpwerke und die Regenüberläufe des Kanalnetzes ebenfalls direkt in die Gewässer gelangen, den Klärwerken zugeführt, von wo aus sie nach einer entsprechenden Abwasserbehandlung zusammen mit dem ebenfalls behandelten Schmutzwasser in die Gewässer eingeleitet werden.

Tab. 5: Regenwasserableitung in die Kanalisation - Einzugsgebiete und Abflüsse (langjährige Mittel, Stand der Datengrundlage zur Kanalisation 12/2005)

Tab. 5: Regenwasserableitung in die Kanalisation - Einzugsgebiete und Abflüsse (langjährige Mittel, Stand der Datengrundlage zur Kanalisation 12/2005)

Mit dem Modell bzw. Programm ABIMO steht ein Instrument zur Verfügung, mit dem auch Simulationen mit veränderten Ausgangsbedingungen vorgenommen werden können. Insbesondere ist hier die Abschätzung der zu erwartenden Veränderung des Wasserhaushalts durch städtebauliche Projekte zu nennen. Die Abschätzung der Effekte von Entsiegelungsmaßnahmen oder Abkopplungsmaßnahmen wären eine weitere Anwendungsmöglichkeit. Mit entsprechend differenzierten Eingangsdaten kann das Programm auch für Einzelvorhaben auf Grundstücksebene kleinteilig angewendet werden. Änderungen der Modellparameter durch Einbeziehung aktueller Untersuchungsergebnisse sind jederzeit möglich.

Die Karte der Versickerung ohne Berücksichtigung der Versiegelung (02.13.4) zeigt gegenüber der Versickerungskarte, in der die Versiegelung berücksichtigt wurde zum Teil erheblich veränderte Verhältnisse.

Mit 200-250 mm jährlicher Versickerung erreichen die stark anthropogen veränderten aber unversiegelten Böden der Innenstadt und der Industriegebiete die höchsten Versickerungsleistungen im Stadtgebiet, gefolgt von den überwiegend sandigen Gebieten des Urstromtals und den sandigen Teilen der Hochflächen mit ca. 150-200 mm. Sind die sandigen Böden mit Wald bestanden, sinkt die durchschnittliche jährliche Versickerung auf 100-150 mm, da die Bäume auf Grund ihrer Wurzeltiefe wesentlich mehr Wasser verdunsten können. Bedingt durch die höhere Wasserspeicherfähigkeit der lehmigen Böden der Hochflächen des Teltow und des Barnim, kann hier von der Vegetation ebenfalls wesentlich mehr Wasser verdunstet werden, so dass nur noch ca. 50-100 mm versickern. In Bereichen mit flurnahem Grundwasser tritt durch den Kapillaraufstieg von Grundwasser in die verdunstungsbeeinflusste Bodenzone eine erhöhte Verdunstung auf, so dass im Jahresdurchschnitt nur noch weniger als 50 mm versickern. Liegt die reale Verdunstung höher als der Niederschlag, tritt Wasserzehrung auf, d.h. die berechneten Werte sind negativ.

Einzelne Flächen haben Versickerungsleistungen von mehr als 300 mm; hierbei handelt es sich um Flächen mit geringer Vegetationsbedeckung oder ohne Vegetation. Daher gelangen hier nur geringe Anteile des Niederschlags zur Verdunstung, der überwiegende Anteil versickert.

Werden die Daten der Karte 02.13.4 für die Abschätzung der Folgen zusätzlicher Versiegelungen im Rahmen von Planverfahren verwendet, ist folgendes zu beachten :

Die in der Karte angegebenen Versickerungsleistungen werden durch Versiegelungen nur dann auf Null reduziert, wenn die geplante Versiegelung tatsächlich völlig wasserundurchlässig ist (Dachflächen, Asphalt) und das Niederschlagswasser von diesen Flächen vollständig in die Kanalisation abgeleitet wird. Sind teilweise wasserdurchlässige Versiegelungen geplant oder soll das ablaufende Niederschlagswasser nur teilweise in die Kanalisation abgeführt werden, sind hinsichtlich der Reduzierung der Versiegelungsleistung entsprechende Abschläge vorzunehmen. Für genauere Berechnungen empfiehlt sich die Anwendung des Abflussmodells ABIMO, in dem auch simulierte Daten für geplante Flächenstrukturen als Eingangsdaten eingegeben und damit Ist-Bestand und Planung miteinander verglichen werden können.