Die Berliner Wälder und Forsten sind aufgrund ihrer vielfältigen Funktionen einem starken Nutzungsdruck ausgesetzt. Dabei steht die Bedeutung des Waldes für die Erholung an erster Stelle. Der Wald erfüllt Schutz- und Ausgleichsfunktionen für Wasser, Boden und Klima und ist Lebensraum für Tiere und Pflanzen. In Berlin spielt die wirtschaftliche Bedeutung des Waldes eine nachgeordnete Rolle. Fast 20 % des Berliner Stadtgebietes sind mit Wald bedeckt. Damit verfügt Berlin im Vergleich zu Hamburg und München, die einen Waldanteil von 5,7 bzw. 5,1 % aufweisen, über einen sehr hohen Anteil an Wald.
Wald ist ein komplexes, ökologisches System, dessen Wirkungszusammenhänge bis heute nur unzureichend bekannt sind. Abhängig von den vorherrschenden Boden- und Klimaverhältnissen bilden sich die entsprechenden Kraut- und Strauchschichten sowie eine entsprechende Fauna aus. Die Wälder in Berlin sind nahezu vollständig künstlich begründet. Die Flächen sind geprägt durch eine mehrhundertjährige forstliche Bewirtschaftung und die Funktionen, die der ballungsraumnahe Wald heute erfüllt. In Abhängigkeit von Bestockungszuständen und Maßnahmen haben sie sich im Laufe des letzten Jahrhunderts sehr unterschiedlich entwickelt. Auf einem überwiegenden Teil der Flächen finden sich noch Reinbestände, in vielen Fällen hat sich jedoch durch die entsprechenden Pflegemaßnahmen wieder ein der naturnahen Vegetation sich nähernder Zustand entwickelt.
Der Karte 05.02 (Vegetation) sind die auf den heutigen Standortverhältnissen vorkommenden natürlichen Waldgesellschaften zu entnehmen. Die vorliegende Forstbetriebskarte gibt dagegen den aktuellen Zustand des Waldes wieder.
Mit der Verabschiedung des Landeswaldgesetzes (LWaldG) 1979 wurde die gesamte Waldfläche des damaligen West-Berlin zum Schutz- und Erholungswald erklärt, die Erholungsfunktion erhielt Vorrang vor der Holzproduktion. Damit hat Berlin einen in der Bundesrepublik einmaligen Weg eingeschlagen, der der besonderen Situation der damals noch von einer Mauer umgebenen Stadt Rechnung trug.
Im damaligen Ost-Berlin waren die Vorgaben für die forstwirtschaftliche Nutzung des Waldes zwar strenger. Auch hier wurde jedoch entgegen den im übrigen Gebiet der DDR üblichen Verfahren mit verringerten Kahlschlagsgrößen und Nutzungsmengen gearbeitet.
Seit der Vereinigung der beiden Forstverwaltungen 1990 gilt das Landeswaldgesetz für die gesamte Stadt. Das Ziel der naturnahen und standortgerechten Waldbewirtschaftung wurde in den neuen Waldbaurichtlinien von 1992 konkretisiert. Erklärtes Ziel dieser Waldbaurichtlinien ist es, den Berliner Wald nach und nach auf der gesamten Fläche zu einem naturnahen Wald aus standortgerechten, naturraumtypischen heimischen Baum- und Straucharten zu entwickeln. Damit wurde die nachhaltige Forstwirtschaft um wesentliche Aspekte des Natur- und Artenschutzes sowie der Natürlichkeit und des Strukturreichtums erweitert.
Gesundheitszustand des Waldes
Seit Mitte der achtziger Jahre wurden Entwicklungsprozesse offenbar, die für die langfristige Stabilität von Wäldern als ernsthafte Bedrohung erkannt wurden. Sich im Bestand und Boden akkumulierende Immissionen insbesondere von Schwefeldioxid (SO2) und Stickoxide (NOx) führten zu Bodenversauerung, Nadelschädigungen und zum großflächigen Absterben gefährdeter Waldbestände. Die komplexen Sachverhalte und Zusammenhänge erlangten unter der Überschrift „Waldsterben“ globale Aufmerksamkeit.
Die Waldzustandserhebung dokumentiert die Waldgesundheit in einem bundesweit einheitlichen Verfahren. In Berlin wird die Waldzustandsentwicklung seit 1991 in einem einheitlichen Stichprobennetz beobachtet. Die Netzdichte variierte in den einzelnen Aufnahmejahren, seit 2001 wird der Kronenzustand der Waldbäume im 2 km x 2 km Netz an gegenwärtig 41 Stichprobenpunkten in den Landesgrenzen Berlins aufgenommen.
Obwohl die Emissionen besonders kritischer Substanzen wie Schwefeloxide seit damals drastisch zurückgegangen sind, spielen für den Zustand der Wälder der historische und auch der aktuelle Schadstoffeintrag in die Ökosysteme nach wie vor eine wichtige Rolle. Die Stickstoffeinträge liegen immer noch über den kritischen Eintragsraten und zeigen weiterhin steigende Tendenz. Damit wird die Bodenversauerung weiter angetrieben und wichtige Nährelemente wie Kalzium und Magnesium mit dem Sickerwasser aus den Böden ausgewaschen. Dies spielt auf den überwiegend basenarmen Standorten der Berliner Forsten eine wichtige Rolle. Daneben führt der Stickstoffeintrag zu einer Veränderung der Bodenflora mit einer Zunahme stickstoffliebender Pflanzen.
Auch klimatische Veränderungen haben einen nicht unerheblichen Einfluss auf den Gesundheitszustand des Waldes. Konkrete Aussagen über die Reaktion bestimmter Baumarten z. B. bei sich verändernden Niederschlagswerten und –verteilung sind zwar nur schwer zu treffen. Ziemlich sicher kann jedoch davon ausgegangen werden, dass das Risiko von Witterungsextremen mit der Klimaerwärmung zunimmt. Die damit steigenden Risiken der Forstwirtschaft müssen durch Sorgfalt bei der Baumartenwahl, der Auswahl geeigneter Herkünfte, Prüfung der Standorteignung und Pflege der Waldbestände zum Aufbau vitaler, stresstoleranter Wälder berücksichtigt werden. Daraus abgeleitet folgen Berliner Forsten weiterhin dem Konzept, möglichst naturnahe und struktur- und artenreiche Waldbestände aus heimischen Baum- und Straucharten zu entwickeln, die eine hohe Widerstandsfähigkeit (Resilienz) gegenüber Umweltveränderungen zeigen. Der Erhaltung und Mehrung der Humusvorräte zur Steigerung der Speicherkapazität der Waldböden sowohl für Wasser als auch Nährstoffe kommt dabei in unserer Region große Bedeutung zu.
Die bisherigen Fortschritte zur Reduzierung der Fremdstoffbelastung und zum Klimaschutz sind zur nachhaltigen Stabilisierung der Waldökosysteme in der Region bisher nicht ausreichend.
Schwerpunkte für den Immissionsschutz müssen aus Sicht der Forstwirtschaft die Reduzierung der Stickstoff-Emissionen aus landwirtschaftlichen Quellen in Brandenburg und die Reduzierung der Emissionen von Vorläufersubstanzen der Ozonbildung vor allem aus verkehrsbedingten Emissionen sein. Hierbei hat der Ballungsraum Berlin besondere Verantwortung.
Entwicklungsgeschichte der Berliner Wälder vor dem 2. Weltkrieg
Vor der Besiedlung im 12. Jahrhundert war das Gebiet des heutigen Berlins weitgehend mit Wald bedeckt. Die vorherrschenden Waldtypen waren Eichen-Hainbuchenwälder auf den lehmigen Böden der Hochflächen (Teltow, Barnim, Nauener Hochfläche) und die Kiefern-Eichenwälder auf Tal- und Hochflächensanden des Urstromtals und des Grunewalds. Auf grundwasserfernen Standorten war der Kiefern-Eichenwald als Traubeneichen-Kiefernwald, auf grund-wassernahen als Stieleichen-Buchenwald und Stieleichen-Birkenwald mit Kiefernanteil ausgeprägt. Der Kiefernanteil blieb in den ursprünglichen Kiefern-Eichenwäldern jedoch meist unter 50 %, so dass Laubbäume vorherrschten. In den Flusstälern und den Überschwemmungsgebieten wuchsen Ulmen-Auenwälder und grundwassernahe Eichen-Hainbuchenwälder. Unterbrochen wurde die Waldlandschaft nur von einigen Mooren sowie Wasserflächen. Vor der Besiedlung hatten die Eichen-Hainbuchenwälder und die Kiefern-Eichenwälder einen Anteil von je ca. 45 % an der Waldfläche, wobei nur 9 % auf reine Kiefernbestände entfielen. 10 % der Fläche nahmen die Wälder der feuchten bis nassen Standorte ein.
Die früheste großflächige Nutzung des Waldes war die Waldweide. Das Vieh wurde in den Wald getrieben und ernährte sich von Laub, Rinde und Früchten sowie Keimlingen des Jungwuchses. Dies bewirkte die Auflichtung des Waldes, d.h. es wuchsen weniger junge Bäume nach. Die Folge war eine veränderte Artenzusammensetzung und die Ausbildung gleichaltriger Bestände. Die Besiedlung und Urbarmachung des Landes und damit die Rodung des Waldes begannen auf den fruchtbarsten Böden, die in Ackerland umgewandelt wurden. So wurden die Eichen-Hainbuchenwälder auf den lehmigen Böden zuerst verdrängt. Durch die im 19. Jahrhundert einsetzende starke Siedlungsentwicklung wurden später auch fruchtbare Ackerflächen überbaut. Weitere Waldflächen wurden gerodet, so dass der Wald nur auf den ärmsten Böden, den Kiefern- und Eichenwaldstandorten, erhalten blieb und sich somit die Dominanz der Kiefer und Eiche verstärkte.
Nicht nur die direkte Inanspruchnahme des Bodens bewirkte einen ständigen Waldrückgang; mit der steigenden Bevölkerungszahl stieg auch der Bedarf an Holz als Rohstoff und Energieträger. Durch Misswirtschaft entstand bald ein Mangel in der Holzversorgung, so dass diese bereits um 1700 ersten gesetzlichen Regelungen unterworfen wurde. Die Eiche wurde in den Berliner Wäldern mehr und mehr zugunsten der Kiefer zurückgedrängt, da diese auf den durch Waldweide stark beeinträchtigten Böden besser wuchs und die Eiche als Viehfutter nicht mehr interessant war. Seit Beginn des 19. Jahrhunderts war die Hauptursache der wachsenden Verluste an Waldflächen die Spekulation mit Bauland. So beschloss der Berliner Magistrat 1823 trotz heftiger Proteste der Bürgerschaft, die Cöllnische Heide abzuholzen. Um 1875 verfügte die Stadt Berlin über keinen öffentlichen Waldbesitz mehr. 1890 bestand der Grunewald nahezu vollständig aus Kiefernmonokulturen. Um die Jahrhundertwende begann die staatliche Forstverwaltung, große Waldflächen des Grunewalds (bis 1909 insgesamt 1.800 ha) an Bauspekulanten zu verkaufen (vgl. SenStadtUm 1991).
Im Rahmen des Landankaufs zur großflächigen Anlage von Rieselfeldern erwarb die Stadt die Reviere Buch (1898) und Gorin (1909). Zur Sicherstellung der Trinkwasserversorgung der wachsenden Bevölkerung kam 1910/11 die Wuhlheide hinzu. 1911 schlossen sich Berlin und die umliegenden Gemeinden zum Zweckverband für Groß-Berlin zusammen. Wesentliche Anliegen waren u.a. der Erwerb und die Erhaltung größerer von Bebauung freizuhaltender Flächen. 1915 wurde zwischen dem Königlich-Preußischen Staat und dem Zweckverband Groß-Berlin der “Dauerwaldkaufvertrag” abgeschlossen. Der Zweckverband erwarb große Teile der Förstereien Grunewald, Tegel, Köpenick, Grünau und Potsdam vom preußischen Staat (ca. 10.000 ha). In diesem Vertrag verpflichtete sich der Zweckverband, die erworbenen Waldflächen nicht zu bebauen oder weiterzuverkaufen, sondern auf Dauer für die Bürger als Naherholungsfläche zu erhalten. Um auch den Einwohnern des dichtbesiedelten Industriebezirks Wedding nach Norden Erholungsmöglichkeiten zu bieten, kaufte die Stadt das Waldgebiet Lanke hinzu. Durch die Gründung von Groß-Berlin im Jahre 1920 gingen die Gemeindewälder von Spandau, Köpenick sowie die Waldungen Wansdorf, Carolinenhöhe und Tasdorf aus Rieselgütern in den Besitz der Stadt über. Erst nach der Inflation konnte Berlin im Jahre 1928 weitere kleinere Waldgebiete erwerben (z.B. Gut Düppel und Neu-Kladow). Der letzte größere Ankauf erfolgte 1937 mit dem an Tegel grenzenden Waldbesitz Stolpe. Der Waldbesitz der Stadt Berlin umfasste vor Beginn des Zweiten Weltkriegs 25.480 ha. Dieser lag sowohl innerhalb als auch außerhalb der Stadtgrenzen (vgl. Abb. 1).