Fischfauna 1993

Methode

Im Rahmen der Aktualisierung des Berliner Umweltatlasses wurden Daten von 151 beprobten Gewässern ausgewertet. Damit diese auch für eine Beurteilung der jeweiligen Gewässer genutzt werden können, ist es erforderlich, Vorstellungen von der unter gegebenen Umständen lebensfähigen und damit im Gewässer zu erwartenden Fischfauna zu entwickeln. Die Differenz zwischen dieser potentiellen und der tatsächlich vorgefundenen Artenzahl kann als Anhaltspunkt für die Beurteilung der Naturnähe eines Gewässers dienen. Zur Problematik der in einem Gewässer zu erwartenden Fischartenzusammensetzung gibt es eine Vielzahl wissenschaftlicher Veröffentlichungen u. a. aus geologischer, geomorphologischer, faunistischer und fischereilicher Betrachtungsweise. Ihnen allen ist gemeinsam, daß die Anzahl der Fischarten von der Strukturvielfalt des Lebensraumes und damit direkt vom Gewässertyp abhängt. So verfügen z. B. durchflossene Seen sowohl über strömende als auch über Stillwasserbereiche. Sie bieten damit rheophilen (strömungsliebenden) und limnophilen (stehendes Wasser bevorzugenden) Fischarten geeignete Lebensbedingungen. Deshalb beherbergen Flußseen i.d.R. ein vielfältiges Fischartenspektrum. In geschlossenen Seen können nur limnophile Arten optimale Lebensbedingungen vorfinden, in Flüssen meistens nur rheophile. Die in diesen Gewässertypen zu erwartende Fischartenzahl wird deshalb geringer sein als in Flußseen.

Damit die untersuchten Berliner Gewässer miteinander verglichen werden können, wurden folgende neun Kategorien festgelegt:

  • Fließgewässer
  • Flußseen
  • natürliche Landseen
  • künstliche Landseen
  • Rückhaltebecken
  • Kleingewässer
  • Kanäle
  • Gräben
  • Klärwerksableiter

Bei den Landseen war eine Gliederung in natürliche und künstlich geschaffene notwendig, da erstere auch natürlich besiedelt werden konnten, während Fischvorkommen in letzteren auf Besatz zurückzuführen sind. Rückhaltebecken und Klärwerksableiter als stehende bzw. fließende, künstlich geschaffene Kleingewässer wurden ebenfalls als eigene Kategorien betrachtet, da sie i. d. R. den höchsten Ausbauzustand aufweisen. Die Anzahl der beprobten Gewässer für die jeweilige Kategorie ist Tabelle 2 zu entnehmen.

Tab. 2: Anzahl der Berliner Gewässer mit Vorkommen der nachgewiesenen Fischarten

Tab. 2: Anzahl der Berliner Gewässer mit Vorkommen der nachgewiesenen Fischarten

Für alle Gewässer eines Typs wurde der Durchschnitt der in ihnen nachgewiesenen Fischarten errechnet. Hierbei wurden auch offenkundig auf Besatz zurückzuführende Arten berücksichtigt, sofern sie in Deutschland als einheimisch oder eingebürgert gelten. Dieser Wert ± 1 wurde als Bereich der mittleren Fischartenzahl für diesen Gewässertyp in Berlin festgelegt (s. Tab. 2). Da eine hohe Fischartenzahl i. d. R. auf ein vielfältiger strukturiertes und damit ökologisch wertvolleres Habitat schließen läßt, wurde eine Abweichung vom Durchschnitt nach oben positiv, analog dazu die Abweichung nach unten negativ bewertet.

Der Durchschnittswert kann nur ein Hilfsmittel zum Vergleich der jeweiligen Berliner Gewässer untereinander sein, keine wissenschaftlich fundierte, allgemeingültige Bewertung. Grundsätzlich ist anzumerken, daß ein Gewässer mit relativ wenig Fischarten (immer innerhalb des gleichen Typs betrachtet) nicht zwangsläufig als schlecht einzuschätzen ist. Es kann trotzdem ein sehr wertvolles Biotop sein (auch für Fische). Andererseits kann das Vorhandensein relativ vieler Fischarten auf Besatzmaßnahmen zurückzuführen sein, so daß derartige Gewässer nicht ohne Einschränkungen als gut zu bewerten sind. Dennoch kann in der Karte abgelesen werden, welche Gewässer innerhalb einer Gruppe in Bezug auf ihre Fischfauna artenreicher und damit i. d. R. auch vielfältiger sind.

Da die Klärwerksableiter zu einer eigenen Kategorie zusammengefaßt wurden, finden sich auch hier aufgrund ihrer Fischartenzahl positiv bewertete Gewässer. Dies darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß es sich bei dieser Kategorie um fischfeindlich ausgebaute, naturferne und in diesem Zustand wenig schutzwürdige Fließe handelt. Wenn z. B. der Lauf der Panke von einem reich gegliederten, vor 80 Jahren noch Bachneunaugen beherbergenden Flüßchen zu einer geraden Rinne mit trapezförmigem Querschnitt umgestaltet wurde, so ist er als übermäßig durch den Menschen beeinträchtigt zu betrachten, unabhängig von der Zahl der heute noch dort nachgewiesenen Fischarten.

Für jedes der untersuchten Gewässer können der Karte Angaben über die Zahl der nachgewiesenen Fischarten, ihre relative Häufigkeit und den Gefährdungsgrad entnommen werden. Wurde eine Fischart bei mehreren Beprobungen nur unregelmäßig und in Einzelexemplaren beobachtet, so wurde ihr Vorkommen in diesem Gewässer als selten eingeschätzt. Wurde eine Art regelmäßig, aber nur in relativ geringen Stückzahlen gefangen, so galt ihr Bestand als gering. Häufige Arten waren bei allen Befischungen in größerer Stückzahl präsent.

Der Gefährdungsgrad der einzelnen Fischarten wurde nach der neu erarbeiteten Roten Liste eingeschätzt (s. Tab. 1). Dabei wurde das Vorkommen gefährdeter Fischarten positiv bewertet. Die Anordnung der gefundenen Arten im Fischsymbol wurde so vorgenommen, daß der Gefährdungsgrad innerhalb des Symbols von rechts nach links zunimmt.