Freiflächenentwicklung 2020

Methode

Entsprechend den Kartiereinheiten der beiden Realnutzungskarten des Umweltatlas, insbesondere der Karte „Grün- und Freiflächenbestand“ (06.02), wurden für den ersten Bearbeitungsstand dieser Karte 1984/1985 – bezogen auf das Gebiet von West-Berlin – auf der Grundlage von alten Stadtplänen, weiteren Kartenwerken und Luftbildern die zum Ende des 2. Weltkrieges vorhandenen Freiflächen ermittelt. Durch Kriegszerstörungen entstandene, später abgeräumte Flächen wurden dabei für die Betrachtung des historischen Ausgangszeitpunktes nicht als Grün- und Freiflächen, sondern als bebaute Flächen gewertet. Diese Zeitdefinition wird mit dem Begriff „vor 1945“ in diesem Text beschrieben. Jahrzehntelang brachliegende Freiflächen, etwa am Potsdamer Platz, die erst nach der Wiedervereinigung der Stadt erneut bebaut wurden, gelten dagegen als Freiflächenverluste zum Zeitpunkt ihrer erneuten Bebauung.

Durch Überlagerung mit Realnutzungskarten zum Zeitpunkt 1970 und 1980 wurden die Freiflächenverluste und -gewinne in weitere Karten übertragen und dann aus den Flächengrößen die jeweiligen Verluste und Gewinne bilanziert. Diese Arbeiten erfolgten damals weitgehend analog im Maßstab 1 : 50.000. Erst später wurden die Ergebnisse in eine digitale Form überführt und bauten dann auf den seit 1985 kontinuierlich fortgeschriebenen Umweltatlaskarten zur Realnutzung auf.

Als Freiflächenverlust wurde fortan eine Flächennutzungsänderung dann gewertet, wenn die Nutzung von einer in der Karte “Grün- und Freiflächenbestand” enthaltenen Kategorie in eine Nutzung der in der Karte “Reale Nutzung der bebauten Flächen” enthaltenen Kategorien wechselte. Als Grün- und Freiflächen gelten die in der Umweltatlaskarte „Grün- und Freiflächenbestand“ (06.02) definierten Flächennutzungen „Wald“, „Grünland“, „Acker“, „Park/Grünfläche“, „Stadtplatz/Promenade“, „Friedhof“, „Kleingarten“, „Brachfläche“, „Sportnutzung“ und „Baumschule/Gartenbau“. Flächen baulicher Nutzungen, z. B. Gemeinbedarfsflächen, sind, wenn sie über große zusammenhängende und vegetationsbestandene unversiegelte Flächen verfügen (Doppelnutzungen, siehe SenStadtWohn 2021a), ebenfalls als Freifläche betrachtet worden. Dadurch ist es möglich, den Nutzungswandel seit 1945 in den angegebenen Zeiträumen zu quantifizieren. Dabei ist folgendes festzuhalten: Die in der Karte „Grün- und Freiflächenbestand” (06.02) dargestellten Freiflächen geben den Maximalbestand an unbebauten Flächen wieder, soweit diese die 1-ha-Erfassungsgrenze überschreiten. Die Karte zeigt somit eher die Landbedeckung durch Vegetation als die Nutzung im Sinne stadtplanerischer Kategorien.

Die Freiflächenverluste werden in den angegebenen zeitlichen Abständen dargestellt, während sich die Freiflächengewinne auf den gesamten Zeitraum seit 1945 bis heute beziehen. Flächen, die innerhalb eines Zeitabschnittes bebaut worden sind (einschl. des Straßenlandes) und deren Nutzung daher von einer Kategorie der Freiflächennutzungen in eine Kategorie der baulichen Nutzungen wechselten, werden als Freiflächenverluste dargestellt. Dies gilt unabhängig davon, ob sie „vor 1945“ schon einmal bebaut waren. Dies bedeutet, dass auch Flächen, die in einer der früheren Fassungen der Karte als Freiflächengewinne dargestellt wurden, später als Verluste dargestellt werden, wenn sie dann wieder bebaut wurden. Beispiele dafür sind, wie bereits erwähnt, die Freiflächen um den Potsdamer Platz, die jahrzehntelang kriegs- und teilungsbedingte Brachflächen waren, aber auch abgeräumte Industrieflächen, die dann nach wenigen Jahren, aber in einer späteren Dekade, wieder bebaut wurden. Auch schleichende Entwicklungen, wie z. B. die zunehmende Bebauung und Verdichtung von Kleingartenanlagen mit anschließender Neuzuordnung zur Kategorie „Wochenendhausgebiet“, werden als Freiflächenverluste gewertet, da in diesem Fall die Flächennutzung von einer Kategorie der Grün- und Freiflächen in eine Kategorie der baulichen Nutzungen wechselte (vgl. SenStadtWohn 2021a).

Als Freiflächengewinne wurden Flächen erfasst, die vor 1945 (ohne Kriegszerstörung) bebaut waren und 2020 durch eine der oben genannten Freiraumkategorien genutzt werden. Durch Abriss und Aufgabe von Nutzungen (z. B. große Bahnanlagen) als Folge des Zweiten Weltkrieges entstanden Freiflächen, die z. T. bis heute nicht wieder bebaut wurden und entweder immer noch brach liegen und oft vegetationsbedeckt sind oder in öffentliche Grün- und Freiflächen umgewandelt wurden (z. B. Parkanlagen am Gleisdreieck). In der Karte wurden letztlich nur diejenigen Flächen als Freiflächengewinne übernommen, die „vor 1945“ bebaut waren.

Bereits Anfang der 2010er Jahre wurden die thematischen Inhalte der Karte von der lageuntreuen, die Straßen zur Veranschaulichung überzeichnenden digitalen Blockkarte 1 : 50.000 (ISU50, Raumbezug Umweltatlas 2005) auf die lagetreue Geometrie der Blockkarte 1 : 5.000 (ISU5, Raumbezug Umweltatlas 2010) überführt. Die Nutzbarkeit der Karte wurde dadurch erheblich verbessert und die Erstellung von Flächenbilanzen ermöglicht. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Methode zur Erstellung dieser Karte auch stärker automatisiert. Die Freiflächenverluste und -gewinne wurden nunmehr ausschließlich unter Verwendung der Daten der Realnutzungserhebung des Informationssystems Stadt und Umwelt (ISU) weitgehend automatisiert identifiziert. Lediglich in geringem Umfang fanden Überprüfungen mit Hilfe von Luftbildern bzw. Orthophotos statt. Die Gebiete mit Freiflächenverlusten der Dekaden bis 2010 und die bis dahin kartierten Freiflächengewinne wurden aus dem vorhandenen Datenbestand übernommen und für die aktuelle Karte um die Freiflächenverluste bzw. -gewinne der letzten Dekade 2010-2020 ergänzt. In diesem Zusammenhang wurde erstmals ein eindeutiges Regelwerk zur Generierung des Grün- und Freiflächenbestandes aus den Nutzungskategorien der ISU-Block(teil)flächenkarte entworfen (vgl. SenStadtWohn 2021). Damit ist es möglich, anhand nachvollziehbarer Kriterien den Grün- und Freiflächenbestand weitgehend automatisiert und ausschließlich auf den Nutzungsdaten der ISU-Block(teil)flächenkarte aufbauend zu erstellen. Dieses Regelwerk kann für alle zukünftigen Fortschreibungen der Karte „Freiflächenentwicklung“ genutzt werden. Unter „Freifläche“ werden demnach nun noch konsequenter als bisher alle in Tabelle 1 in der Spalte Umweltatlas unter „Freiflächen“ genannten Nutzungen verstanden.

Im Rahmen der Fortschreibung der Freiflächenentwicklungskarte 2020 wurde die Karte weiterhin erstmals in zwei verschiedene Ebenen aufgeteilt. Der Grund dafür ist die Tatsache, dass die Geometrie der Block(teil)flächenkarte ISU5 durch die stetige geometrische Anpassung dieser Karte im Rahmen der Fortschreibungen von der Geometrie der Verlust- und Gewinnflächen aus den vorhergehenden Zeitabschnitten abweicht. Durch die Aufteilung in zwei Ebenen ist es möglich, beide Geometrien, die aktuelle und die historische, in ihren jeweiligen Ausprägungen zu erhalten und durch eine Überlagerung in der Freiflächenentwicklungskarte gleichzeitig darzustellen.

Die beiden Ebenen beinhalten die folgenden Inhalte:

  • Ebene 1: Aktueller Grün- und Freiflächenbestand sowie ISU-Block(teil)flächen in der aktuellen Geometrie mit Attributen für jeden Freiflächenverlust- und -gewinnzeitabschnitt. Die Attribute enthalten den prozentualen Flächenanteil des jeweiligen Zeitabschnittes an der aktuellen ISU-Block(teil)fläche.
  • Ebene 2: Ursprüngliche Flächen-Geometrien der Freiflächenverlust- und -gewinnflächen aus den verschiedenen Zeitabschnitten. Eine Fläche kann stets nur einer Kategorie zugeordnet werden. Demnach sind keine Überschneidungen von unterschiedlichen Verlust-Zeitabschnitten innerhalb der Ebene 2 erlaubt.

Die Kartendarstellung erlaubt es somit, einerseits die exakten geometrischen Abgrenzungen der Verlust- und Gewinnflächen zu erkennen (Ebene 2), sowie andererseits für jede aktuelle ISU-Block(teil)fläche über die Attribute abzufragen, welcher Prozentanteil der Fläche von jedem Verlust- und Gewinnzeitabschnitt eingenommen wird. Der Arbeitsablauf zur Erstellung der Freiflächenentwicklungskarte 2020 gliedert sich in die folgenden Arbeitsabschnitte (vgl. SenStadtWohn 2021):

  1. Generierung der Grün- und Freiflächenbestände 2010 und 2020 anhand der in Tabelle 1 dargestellten Zuordnung.
  2. Verschneidung der Grün- und Freiflächenbestände 2010 und 2020 zur Identifizierung der Differenzflächen zwischen beiden Datensätzen, die die potentiellen Freiflächenverluste und -gewinne darstellen.
  3. Manuelle Überprüfung der potentiellen Freiflächenverlustflächen im Luftbild hinsichtlich tatsächlicher Freiflächenverluste aus dem vorherigen Zeitabschnitt.
  4. Manuelle Überprüfung der potentiellen Freiflächengewinnflächen im Luftbild hinsichtlich tatsächlicher Freiflächengewinne im Vergleich zum Status „vor 1945“.
  5. Erstellung der Ebene 2: Vereinigung der neuen Verlust- und Gewinnflächen mit den Freiflächenverlusten und -gewinnen aus den vorherigen Zeitabschnitten.
  6. Erstellung der Ebene 1: Verschneidung der Gewinn- und Verlustflächen aus allen Zeitabschnitten mit der aktuellen ISU-Block(teil)flächengeometrie und Berechnung der prozentualen Anteile der verschiedenen Kategorien in jeder ISU-Block(teil)fläche.

Grundsätzlich ist bei der block(teil)flächenbezogenen Betrachtung aller Flächen zu berücksichtigen, dass kleinteilige Freiflächenverluste innerhalb eines Blocks (z. B. durch Nachverdichtung) mit der gewählten Methode nicht erfasst werden können. Flächen unter 1 ha Größe oder einer Mindestbreite von 20 m wurden in der Regel nicht erfasst.