Verweilzeit des Sickerwassers in der ungesättigten Zone 2003

Methode

In der Karte ist die Verweilzeit des Sickerwassers in der ungesättigten Zone als Maß für die intrinsische Verschmutzungsempfindlichkeit des Grundwassers dargestellt. Die Ausweisung der spezifischen Verschmutzungsempfindlichkeit erfordert die Berücksichtigung konkreter Schadstoffe, Schadstoffmengen und Nutzungen, was eher für konkrete und detaillierte Standortuntersuchungen als für großräumige Darstellungen sinnvoll ist.

Berechnet wurde die mittlere Verweilzeit des Sickerwassers in der ungesättigten Zone, d.h. die Zeitdauer, die das Sickerwasser benötigt, um unter dem Einfluss der Schwerkraft von der Erdoberfläche bis zur Grundwasseroberfläche zu gelangen. Ein Verfahren, welches die Abschätzung dieser Verweilzeit auf der Basis vorhandener klimatisch-hydrologischer und geologisch-pedologischer Daten gestattet, wurde an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus entwickelt (BTU-Methode) (Heinkele et al. 2000, Voigt et al. 2003). Die Berechnung der Sickerwassergeschwindigkeit und der Verweilzeit des Sickerwassers in der ungesättigten Zone erfolgt dabei in Anlehnung an die DIN 19732 "Bestimmung des standörtlichen Verlagerungspotentials von nichtsorbierbaren Stoffen". Diese Methode der DIN 19732 ist ursprünglich zur Bewertung lokaler Standorte gedacht, ist aber bei Modifizierung (s.u.) auch für großräumliche Betrachtungen geeignet.

In die Ermittlung der Verweilzeit des Sickerwassers in der Grundwasserüberdeckung gehen die folgenden Parameter ein:

  • die Grundwasserneubildung
  • die Feldkapazität der Grundwasserüberdeckung
  • die Mächtigkeit der Grundwasserüberdeckung.

Die Grundwasserneubildung wird aus der Sickerwasserrate abgeleitet und stellt die Wassermenge dar, die das Grundwasser erreicht und die Grundwasservorräte ergänzt (s. Karte 02.13.5).

Unter der Feldkapazität versteht man die Menge an Wasser, die in der ungesättigten Bodenzone aufgrund von Kohäsions- und Kapillarkräften adsorbiert ist und gegen die Schwerkraftwirkung gehalten werden kann (also nicht unmittelbar versickert). Es handelt sich dabei vor allem um Wasser in Porenmit Radien < 50 µm. Diese Wassermenge lässt sich als Bodenfeuchte in Volumenprozent des Bodens angegeben. Diese Feldkapazität ist von den Bodenarten abhängig. Die Zuweisung der Feldkapazitäten zu den Bodenarten erfolgt entsprechend der Bodenkundlichen Kartieranleitung KA 4 (Ad-hoc-Arbeitsgruppe Boden 1994). Feinkörnige Böden verfügen über eine hohe Feldkapazität (z.B. ein Ton zwischen 40% und 54%), grobkörnige Böden dagegen nur über eine geringe (z.B. ein grob- bis mittelkörniger Sand zwischen < 10% und 13%). In feinkörnigen Böden kann daher eine größere Menge an Sickerwasser adsorbiert und gespeichert werden. Eine Verlagerung des Sickerwassers durch die Schwerkraft erfolgt erst bei Wassergehalten über der Feldkapazität.

Die Feldkapazität der Grundwasserüberdeckung ist das Wasser, das auf diese Weise in der gesamten ungesättigten Zone adsorbiert und zurückgehalten werden kann. Sie lässt sich aus den Angaben zur Verbreitung der Bodenarten und Gesteine in Bodenkarten, geologischen Karten und den Ergebnissen von Bohrungen unter der Berücksichtigung der Mächtigkeit der Grundwasserüberdeckung flächenhaft bestimmen.

Die Mächtigkeit der Grundwasserüberdeckung entspricht dem Flurabstand des Grundwassers und ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten von ungespannten und gespannten Grundwasserverhältnissen unmittelbar aus entsprechenden Kartenwerken ableitbar. Die Mächtigkeit der Grundwasserüberdeckung wurde der Karte 02.07 "Flurabstand" des Umweltatlas entnommen und bezieht sich auf den jeweils oberflächennahen Grundwasserleiter (GWL) mit dauerhafter Wasserführung. Dabei handelt es sich zumeist um den in Berlin wasserwirtschaftlich genutzten Haupgrundwasserleiter (GWL 2 nach der Gliederung von Limberg und Thierbach 2002), der im Urstromtal unbedeckt, im Bereich der Hochflächen jedoch bedeckt ist. In einzelnen Bereichen wurde entsprechend dem Flurabstandsplan der GWL 1 (z. B. im Gebiet des Panketales) bzw. der GWL 4 (tertiäre Bildungen) bewertet.

Die Verweilzeit ts des Sickerwassers in der Grundwasserüberdeckung (und damit der Zeitraum in dem sich das Wasser von der Erdoberfläche bis zum Grundwasser bewegt) kann aus der Grundwasserneubildung, der Mächtigkeit und der Feldkapazität der der Grundwasserüberdeckung nach der folgenden Gleichung (Voigt et al., 2003) abgeleitet werden:

ts = Σ Mi ∗ FKi / GWNB = ( M1 ∗ FK1 + M2 ∗ FK2 +…+ Mn ∗ FKn) / GWNB

dabei ist:

ts Verweilzeit des Sickerwassers in der ungesättigten Zone
GWNB Grundwasserneubildungsrate in mm/a
FK Feldkapazität der gesamten Grundwasserüberdeckung in % bzw. mm/dm
FK1 , FK2 … FKn Feldkapazität der 1,2…n-ten Schicht des Bodens bzw. der tieferen Grundwasserüberdeckung in mm/dm,
M Mächtigkeit der gesamten Grundwasserüberdeckung in dm
M1 , M2 … Mn Mächtigkeit der 1,2…n-ten Schicht des Bodens bzw. der tieferen Grundwasserüberdeckung in dm.

Das folgende Ablaufschema (Abb.1) verdeutlicht die Ermittlung der Verweilzeit auf der Basis der genannten Datengrundlagen.

Abb. 1: Fließschema zur Ermittlung der Verweilzeit des Sickerwassers

Abb. 1: Fließschema zur Ermittlung der Verweilzeit des Sickerwassers

Die folgenden Einschränkungen für die Gültigkeit der auf der Grundlage der o.g. DIN 19732 berechneten Verweilzeiten sind zu beachten (modifiziert nach DIN 19732):

  • Die berechnete mittlere Verlagerungsgeschwindigkeit beschreibt den Massenschwerpunkt einer Verlagerungsfront. Der durch hydrodynamische Dispersion verursachte voraus- oder nacheilende Stofffluss kann nicht berechnet werden.
  • Die Berechnung gelten für weitgehend homogenen Untergrundaufbau. Der Einfluß stärkerer Heterogenitäten des Untergrundes, wie stark wechselnder Schichtaufbau und insbesondere bevorzugte Fließwege (Prozesse des Makroporenflusses und des preferential flow) können nicht berücksichtigt werden.