Versiegelung 2001

Einleitung

Definition

Die Versiegelung von natürlichen Böden durch Überbauung hat eine Reihe von negativen Auswirkungen auf den Naturhaushalt und den Lebensraum des Menschen. Im folgenden gilt ein Boden dann als versiegelt, wenn er mit festen Materialien bedeckt ist. Dabei lassen sich versiegelte Flächen in bebaute und unbebaut versiegelte Flächen trennen. Neben baulichen Anlagen und mit Asphalt oder Beton vollständig versiegelten Oberflächen werden auch durchlässigere Beläge als versiegelt betrachtet, obwohl diese, wie z. B. Rasengittersteine oder breitfugiges Pflaster z. T. noch ein reduziertes Pflanzenwachstum erlauben.

Die Auswirkungen der Versiegelung sind vor allem in den Großstädten und Ballungsräumen zu spüren, wo ein hoher Anteil der gesamten Fläche versiegelt ist.

Auswirkung der Versiegelung auf den Naturhaushalt

Die Auswirkungen von Versiegelung auf Klima, Wasserhaushalt, Boden, Flora und Fauna und den Lebensraum des Menschen werden im folgenden kurz beschrieben.

Die Versiegelung trägt zur Ausprägung eines speziellen Stadtklimas bei. Es kommt zu einer Aufheizung der Luft durch das hohe Wärmespeichervermögen von Gebäuden und asphaltierten Straßen. Vor allem im Sommer wird dadurch die nächtliche Abkühlung verringert (vgl. Abb.1).

Abb. 1: Temperaturverlauf über unterschiedliche Oberflächen

Abb. 1: Temperaturverlauf über unterschiedliche Oberflächen

Gleichzeitig wird auch die relative Luftfeuchtigkeit vermindert, da Vegetationsflächen und die davon ausgehende Verdunstung fehlen (vgl. Karte 04.04, 04.05, 04.06, 04.07 SenStadtUm 1993). Dies kann zum Auftreten von Extremwerten führen, die das Wohlbefinden des Menschen erheblich beeinträchtigen können.

Die Auswirkungen der Versiegelung auf das Berliner Stadtklima sind ausführlich in verschiedenen Karten des Bereiches Klima beschrieben.

In diesem Zusammenhang spielen nicht versiegelte Flächen wie z. B. Parkanlagen eine große Rolle; schon ab 1 ha Größe sind positive klimatische Auswirkungen auf das menschliche Wohlbefinden nachweisbar. Auch auf die Staub- und Schadstoffgehalte der Luft haben vegetationsbestandene Flächen Einfluss, da sie durch ihre großen Blattoberflächen in der Lage sind, Stäube und andere Luftschadstoffe zu binden.

Mit der Versiegelung des Bodens gehen durch den Verlust von Versickerungsflächen für Niederschläge tiefgreifende Veränderungen im Wasserhaushalt einher. Die für die Wasserversorgung notwendige Grundwasserneubildung wird reduziert. Das u. a. mit Reifenabrieb, Staub und Hundekot stark verunreinigte Regenwasser von versiegelten Flächen wird über die Kanalisation entweder direkt in den Vorfluter oder über ein Klärwerk abgeleitet (vgl. Karte 02.09, Entsorgung von Regen und Abwasser). In Stadtgebieten mit Trennkanalisation (getrennte Ableitung von Regen- und Abwasser) fließt das Regenwasser direkt in die Gewässer und belastet vor allem kleine Gewässer durch die hohe Schmutzfracht. In Gebieten mit Mischkanalisation (gemeinsame Ableitung von Regen- und Abwasser) kann es bei starken Regenfällen zu einer Überlastung der Kanalisation oder der Pumpwerke kommen. Auch dann gelangt ungereinigtes Mischwasser direkt in die Gewässer. Außerdem kann die zunehmende Versiegelung in bestimmten Gebieten zu einer Hochwassergefährdung führen; dies spielt z. B. im Einzugsgebiet der Panke eine erhebliche Rolle (Geiger 1992).

Durch Versiegelung und Verdichtung werden die Funktionen des Bodens stark beeinträchtigt. Mit der Unterbindung der Wasser- und Sauerstoffversorgung werden die Bodenorganismen zerstört. Da kein Wasser mehr versickern kann, werden über die Luft und die Niederschläge eingetragene Schadstoffe nicht mehr im Boden gehalten und in die Oberflächengewässer gespült.

Die vollständige Versiegelung eines Bodens bewirkt den gänzlichen Verlust von Flora und Fauna. Aber auch die Versiegelung von Teilbereichen verursacht immer einen Lebensraumverlust. Biotope werden zerschnitten oder isoliert; empfindliche Arten werden zugunsten einiger anpassungsfähiger Arten verdrängt.

Neben den oben beschriebenen Folgen auf den Naturhaushalt hat der Grad der Versiegelung eines Stadtgebietes auch eine unmittelbare Auswirkung auf den Lebensraum des Menschen. So ist eine hohe Versiegelung meist gepaart mit einem Missverhältnis zwischen Einwohnerzahl und Freiflächenangebot. Die Aneinanderreihung von Gebäuden, häufig nur durch Asphalt- oder Betonflächen unterbrochen, kann auf die Bewohner eine bedrückende, monotone Wirkung haben. Natur, wie z. B. der Wechsel der Jahreszeiten, kann in der direkten Wohnumgebung nicht mehr erlebt werden. Es müssen weite Wege in Kauf genommen werden, um das Naturerlebnis am Stadtrand oder im Umland nachzuholen.

Entwicklung der Versiegelung

Zur Charakterisierung der Versiegelungsentwicklung wurde im Text zur Ausgabe 1993 die Ausdehnung der Siedlungs- und Verkehrsflächen auf Grundlage der Statistik des Statistischen Landesamtes herangezogen. Diese quantitativen Angaben zum Flächenverbrauch sind für die Beschreibung der realen Bodenversiegelung allerdings nur eingeschränkt aussagefähig. Zum Beispiel werden Freiflächen innerhalb von Wohngebieten nicht erfasst und folglich deren Überbauung auch nicht als Zunahme der Versiegelung registriert. Auch wenn keine Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche mehr stattfinden würde, kann die Versiegelung der Stadt – z.B. durch Verdichtung bestehender Siedlungsgebiete – trotzdem weiter zunehmen.

Da das Liegenschaftskataster Grundlage der Erhebung ist, wird die tatsächliche Landbedeckung auch in Zukunft nicht korrekt erfasst werden. So sind z.B. auch große Flurstücke, die als “Gebäude- und Freifläche” ausgewiesen sind, aktuell möglicherweise gar nicht bebaut.

Die Zahlen zur Siedlungs- und Verkehrsfläche eignen sich mehr zur Charakterisierung der Zunahme des Siedlungsraumes als solchem. Flächeninanspruchnahme bedeutet damit einzig und allein die Inanspruchnahme von Wald und von landwirtschaftlichen Flächen. Da die Waldflächen in Berlin unter weitgehendem Schutz stehen, würde sich der Flächenverbrauch damit auf die Reduzierung der landwirtschaftlichen Flächen beschränken, die Bebauung zB. von Kleingärten und Parkanlagen werden nicht erfasst.

Für den Zeitraum vor 1989 und für West-Berlin geben diese Zahlen, allenfalls einen groben Überblick über die Inanspruchnahme von Siedlungsflächen und damit eine potentielle Zunahme der Versiegelung.

Für den Zeitraum nach 1989 liegen wegen der unterschiedlich definierten statistischen Größen für West- und Ost-Berlin keine vergleichbaren Daten des Statistischen Landesamtes für die Siedlungsentwicklung vor.

Im Text zur Karte 06.03 Freiflächenentwicklung wird die Entwicklung der Flächeninanspruchnahme bis zum Jahr 2000 anhand der höher aufgelösten blockbezogenen Daten des Umweltatlas bzw. des GIS “Flächen mit gesamtstädtisch bedeutenden Veränderungspotentialen” dargestellt. Auf dieser Grundlage hat sich die Flächeninanspruchnahme in der Dekate 1990-2000 innerhalb der Stadtgrenzen von Berlin drastisch reduziert (von 370 ha zwischen 1980 und 1990 auf 48 ha pro Jahr). Gleichzeitig konnte allerdings ein starker Anstieg der Flächeninanspruchnahme im näheren Umland Berlins festgestellt werden.

Unabhängig von der Entwicklung der Flächeninanspruchnahme ist im Zusammenhang mit der vorliegenden Karte die Entwicklung des gesamtstädtischen Versiegelungsgrades von Interesse. Die nunmehr vorliegenden Daten ermöglichen die Berechnung der zwischenzeitlich erfolgten Veränderungen. Dabei muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass die methodisch bedingten Unterschiede in der Datenerhebung einen konsistenten Vergleich der Werte nur bedingt zulassen. Der Datenbestand zur Versiegelung wird in erster Linie für die Berechnung von umweltbezogenen Modellen erarbeitet. Dabei wird größerer Wert auf die Genauigkeit und Aktualität der erfassten Daten gelegt als auf die methodische Vergleichbarkeit mit früheren Zeiträumen.

Die blockbezogen ermittelten Versiegelungsgrade (vgl. Methode) der vorliegenden aktualisierten Karte zeigen für den Zeitraum zwischen 1990 und 2001 einen nur sehr geringen Anstieg des Versieglungsgrades, was der geringen Flächeninanspruchnahme im betrachteten Zeitraum entspricht. Dabei muss allerdings berücksichtigt werden dass alle in der Zwischenzeit möglicherweise erfolgten Veränderungen im nicht aktualisierten Bestand nicht erfasst wurden. Die vorgenommene Schwerpunkt-Aktualisierung betrifft nur etwa 20 % der Blöcke deren Nutzung sich im genannten Zeitraum wesentlich verändert hat.