Brutvögel eignen sich aus vielerlei Gründen als Indikatoren zur Bewertung von Lebensräumen. Sie kommen in fast allen Landschaftstypen vor und besiedeln diese schnell, weisen keine extremen Bestandsschwankungen auf und haben am Ende der Nahrungskette stehend einen komplexen Anspruch an ihren jeweiligen Lebensraum.
Sie sind im Allgemeinen gut untersucht, da es viele avifaunistisch (vogelkundlich) interessierte Personen und Gruppen gibt; zudem sind Brutvögel relativ leicht zu beobachten.
Indikatoren reagieren in sichtbarer Weise auf Umweltbelastungen und repräsentieren dabei andere Gruppen von Organismen oder ganze Biozönosen. Brutvögel als Indikatoren können Defizite und Qualitäten von Lebensräumen, wie Naturnähe, Strukturvielfalt, Störungsintensität oder Beziehungen zu anderen Lebensräumen, anzeigen (vgl. Matthäus 1992) und bilden so eine Grundlage für Naturschutzplanungen. Dies gilt besonders für Leitarten, die auf den jeweiligen Lebensraum spezialisiert sind. Nach Untersuchungen von Flade (1991, 1994) erreichen Leitarten in einem oder wenigen Lebensraumtypen signifikant höhere Stetigkeiten (Frequenzen oder Antreffwahrscheinlichkeiten in den üblicherweise mindestens 10 ha großen Untersuchungsflächen) und meist auch wesentlich höhere Siedlungsdichten (Brutpaare pro 10 ha Untersuchungsfläche) als in allen anderen Lebensraumtypen. Leitarten finden in den von ihnen präferierten Landschaftstypen die benötigten Habitatstrukturen wesentlich häufiger und vor allem regelmäßiger vor als in allen anderen Landschaftstypen. Ubiquitäre Arten (Allerweltsarten) sind dagegen aufgrund ihres geringen Spezialisierungsgrades nur wenig aussagekräftig. Das Wintergoldhähnchen als Beispiel einer Leitart weist nur in vier von Fichten geprägten Lebensraumtypen hohe Stetigkeiten und Siedlungsdichten auf (vgl. Abb.1). Für den Fitis als Beispiel einer ubiquitären Art dagegen können signifikant bevorzugte Lebensraumtypen nicht festgestellt werden (vgl. Abb.2).