Gebäudealter der Wohnbebauung 2016

Kartenbeschreibung

Die Karte bietet einen räumlichen und quantitativen Überblick über das Baugeschehen der dargestellten Jahrzehnte im Bereich des Wohnungsbaues.

Sowohl die Ausdehnung der Stadt zu Beginn des letzten Jahrhunderts als auch die Gebiete umfangreicheren Wohnungsbaus seit der Wiedervereinigung sowie in den letzten Jahren (Dekaden ab 1991) lassen sich deutlich voneinander trennen.

Durch den räumlichen Bezug auf die Blöcke und Blockteilflächen und die Darstellung der überwiegenden Baualtersklasse findet naturgemäß eine Generalisierung statt, der bei der Betrachtung eng begrenzter Ausschnitte, wie etwa demjenigen eines einzelnen Blockes, dessen mögliche „Feinstrukturen“ verdeckt. Dies soll an einem Beispiel durch den Vergleich der bereits erwähnten Erfassung durch Aust 1994 mit der vorliegenden Karte im Bereich nördlich des Kottbusser Tores verdeutlicht werden (vgl. Abb. 1).

Abb. 1: Vergleich der Einordnung nach „überwiegender Baualtersklasse“ pro Block/Blockteilfläche mit einer gebäudebezogenen Zuordnung zu Bauperioden (oben Ausschnitt aus der Karte „Gebäudealter Wohnbebauung“ (06.12) und unten Ausschnitt aus der Karte „Gebäudealter 1992/1993“

Ungeachtet der Tatsache, dass die gebäudebezogene Darstellung auch mögliche Nichtwohngebäude umfasst und damit nicht 1:1 mit dem in dieser Umweltatlaskarte erfassten Bestand übereinstimmt, entsprechen sich beide Darstellungen im Hinblick auf das überwiegende Baualter der Gebäude im Beispielsblock. Die Sachdaten zur Blockkarte erlauben darüber hinaus eine Beurteilung der weiteren im Block existierenden Bau-Dekaden sowie des Baujahres des ältesten und jüngsten Wohngebäudes. Die Darstellung der Verteilung dieser Gebäude innerhalb des Blockes ist jedoch nicht möglich, da eine adressscharfe Zuordnung aus Datenschutzgründen entfallen muss.

Beim Vergleich der Dekaden untereinander (vgl. Abb. 2) muss immer beachtet werden, dass es in diesem thematischen Zusammenhang nur um die Anzahl der Gebäude geht; Angaben zu Nutzflächen, errichteten Wohnungen, die Unterscheidung zwischen Ein- und Mehrfamilienhäusern sind auch unter Zuhilfenahme der Merkmalsausprägungen „Freistehendes Haus“, Doppelhaushälfte“ etc. nicht möglich.

Daher werden über die Sachdatenanzeige im Geoportal zusätzlich Angaben über die Stadtstruktur abrufbar gemacht, die den Erfassungsstand von 2010 widergeben.

Somit sind Angaben zu Flächentypen, die grün- oder freiflächenbezogene Nutzungen repräsentieren (etwa: Typ 57 „Brachfläche“ oder Typ 37 „Kleingartenanlage“) ein Hinweis darauf, dass diese Flächen zwischenzeitlich mit den in der Karte erfassten Gebäuden bebaut wurden und somit eine Nutzungsänderung erfahren haben.

Abb. 2: Anteile der Baualtersklassen an der Summe der Wohngebäude

Im Vergleich der Dekaden gemessen an ihrem Anteil an der Gesamtzahl der errichteten Wohngebäude weist kein Jahrzehnt einen deutlich hervortretenden Anteil auf (vgl. Abb. 2).

Die beiden Dekaden zwischen 1921-1940 sowie die beiden Dekaden zwischen 1981-2000 heben sich mit jeweils mehr als 10 % Anteil leicht heraus und sollen nachfolgend etwas ausführlicher beschrieben werden.

Baualtersklassen 1921-1940

Mit der Bildung von „Groß-Berlin“ im Jahre 1920 wurde die Zusammenfassung Berlins mit 7 anderen Städten, 59 Landgemeinden und 27 Gutsbezirken umgesetzt. Die Einwohnerzahl verdoppelte sich damit von 1,9 Millionen auf 3,8 Millionen Einwohner (SenStadtUm 1994). Berlin erlebte angesichts einer massiven Wohnungsnot eine umfangreiche Wohnungsbautätigkeit, die auch die sechs heute zum UNESCO-Welterbe gehörenden Siedlungsformen der „Berliner Moderne“ entstehen ließ (z.B. die Hufeisensiedlung in Britz und die Großsiedlung Siemensstadt). Abbildung 3 verdeutlicht die Anzahl und räumliche Verteilung der Blöcke und Teilblöcke, die in diesem Zeitraum vom Wohnungsbau geprägt wurden. Während die eigentliche Innenstadt, das heißt sowohl das Gebiet innerhalb der ehemaligen Zollmauer als auch der sogenannte „Wilhelminische Ring“ zwischen ehemaliger Zollmauer und Ringbahn bereits in den Jahrzehnten zuvor bebaut worden war, konzentrierte sich der Wohnungsbau jetzt auf angrenzenden Flächen der neu zu Berlin eingegliederten Gebiete. Der Stadtrand blieb bis auf Ausnahmen, z.B. die Gartenstadt Frohnau, noch weitgehend unbebaut.

Abb. 3: Verteilung der Blöcke und Blockteilflächen mit überwiegenden Baualtersklassen Wohnungsbau aus den Jahrzehnten 1921-1930 und 1931-1940

Baualtersklassen 1981-2000

Die Bauphase der 80er Jahre bis zum Fall der Mauer ist im ehemaligen Westteil der Stadt durch eine stärkere Berücksichtigung des Bestandes gekennzeichnet, der im innerstädtischen Bereich die Phase der Flächensanierungen ablöste. Als großes, vor allen Dingen in Kreuzberg wirkendes Demonstrationsobjekt wurde 1979 die Internationale Bauausstellung (IBA) gegründet. Das Wirken ihres zweiten Ansatzes der „behutsamen Stadtsanierung“ im Bestand kann sich in dieser Karte nicht räumlich wiederfinden, da in diesen Fällen ja kein Neubau, sondern eine Renovierung bestehender Gebäude stattfand. Die Ergebnisse des IBA-Teils „Neubau“ werden etwa an der Fläche „Am Tegeler Hafen“ in Reinickendorf sowie vor allem in Kreuzberg in Blöcken der Südlichen Friedrichstadt deutlich (vgl. Abb. 4). Insgesamt verschiebt sich der größere Teil des Baugeschehens im Wohnungsbau in Form neuer Siedlungen immer weiter in Richtung Stadtrand; im Ostteil der Stadt prägend sind besonders die Großwohnsiedlungen Marzahn und Hellersdorf, die in den 70er und 80er Jahren in mehreren Stufen errichtet wurden. Die West-Berliner Pendants „Märkisches Viertel“ und „Gropiusstadt“ wurden bereits in den vorangegangenen Jahrzehnten bis etwa zur Mitte der 70er Jahre vollendet.

In der Zeit nach der Wende verlagert sich das großflächige Wohnungsbaugeschehen weiter auf bislang unbebaute Freiflächen im ehemaligen Ostteil der Stadt, so nach Karow / Blankenburg / Französisch Buchholz, wo neue Siedlungen in Form niedriger Einfamilien- oder Doppelhaus-Wohnbebauung mit Hausgärten entstanden. Nachverdichtungen durch Neubauten nach Grundstücksteilungen setzten neben Baulückenschließungen in größerem Stil in Gebieten mit freistehenden Einfamilienhäusern auf großen Grundstücken ein, Schwerpunkte bildeten die Ortsteile Biesdorf / Kaulsdorf / Mahlsdorf.

Abb. 4: Verteilung der Blöcke und Blockteilflächen mit überwiegenden Baualtersklassen Wohnungsbau aus den Jahrzehnten 1981-1990 und 1991-2000

Baualtersklassen 1911-1920 und 1931-1940

Die deutlich geringsten Werte weisen die Jahrzehnte 1911-1920 bzw. 1941-1950 auf, hier wirkten sich vor allem die beiden Weltkriege auf das verminderte Baugeschehen aus (vgl. Abb. 2). So wurde zum Beispiel die Gartenstadt Frohnau bereits am 7. Mai 1910 eingeweiht, in der kurzen Zeit bis zum Ausbruch des I. Weltkrieges wurden aber nur wenige Häuser errichtet. Der größte Teil wurde erst zwischen den beiden Weltkriegen bebaut. Die Wiederaufbauprogramme in West- und Ost-Berlin nach dem II. Weltkrieg setzten erst in den 50er Jahren ein, nachdem sowohl in West-Berlin mit dem Marshallplan als auch in der DDR mit dem Aufbaugesetz die notwendigen Voraussetzungen geschaffen wurden.

Bezirksbezogene Verteilung der Baualtersklassen

Die sich verändernde verwaltungsmäßige Gliederung Berlins auf der Ebene der Stadtbezirke hängt eng mit der Gründung Groß-Berlins 1920 und den in den kommenden Jahrzehnten einwirkenden politischen Entwicklungen und Veränderungen zusammen. Bis zur Bezirksgebietsreform 2001 gliederten sich die 23 Bezirke in solche, die die Kernstadt repräsentierten (Mitte, Tiergarten, Wedding, Prenzlauer Berg, Friedrichshain, Kreuzberg) und diejenigen, die sich zum Teil bis an die Stadtgrenze ausdehnten. Abbildung 5 verdeutlicht diesen Raumbezug, der in großen Teilen auch mit der baulichen Entwicklung der Stadt korrespondiert. Mit der Gebietsreform 2001 und der Bildung der zwölf Groß-Bezirke mit zum Teil knapp 400.000 Einwohnern verlor dieser Bezug zur Stadtentwicklung bis auf den Bezirk Mitte an Deutlichkeit, da nun fast alle weiteren Bezirke sowohl innerstädtische als auch Stadtrandgebiete umfassen.

Abb. 5: Berliner Stadtgebiet 1861 bis heute, Bezirksgliederung vor und nach der Gebietsreform 2001

Für die Auswertung der Verteilung der Baualtersklassen auf die Bezirke wurde daher auf die Gebietsgliederung vor der Zusammenlegung zurückgegriffen (vgl. Abb. 6). Es lässt sich ein deutlicher Zusammenhang der Lage des Bezirks innerhalb des Stadtgebietes mit der bezirksbezogenen Verteilung der Baualtersklassen feststellen:

  • Die Kernstadt-Bezirke weisen einen hohen Anteil an Altbausubstanz im Wohnungsbau (Baufertigstellung bis 1920) auf (z.B. Mitte 48,2 %, Tiergarten 54,1 %, Kreuzberg 65,7 %).
  • Die Bauphase des Wiederaufbaus (1951-1960) nimmt aufgrund der großen Kriegszerstörungen in den Innenstadtbezirken einen relevanten Anteil von durchschnittlich 10 % ein.
  • In der Tendenz verschiebt sich in den nachfolgenden Jahrzehnten das Neubaugeschehen im Wohnungsbau angesichts der zunehmenden Flächenknappheit im Innenstadtbereich immer weiter an den Stadtrand. Vorwiegend auf vorher landwirtschaftlich genutzten Rieselfeldflächen wurden im Ostteil der Stadt die Großsiedlungen Marzahn (ab 1977 (BA Marzahn-Hellersdorf o.J.)) und Hellersdorf ab 1981 (vgl. hier) errichtet. Der Umfang dieser und späterer Baumaßnahmen am Gesamtgebäudebestand der beiden Bezirke wird anhand der Anteile der Baualtersklassen (1981 ff) deutlich: in Hellersdorf wurden 67,4 % und in Marzahn 63,8 % des Bestandes nach 1981 errichtet (vgl. auch Abb. 4). Der Einfluss der westlichen Großsiedlungen innerhalb ihres bezirklichen Gebäudebestandes war zu ihrem Entstehungszeitraum ähnlich bedeutend: in Reinickendorf macht die Bauperiode der Großsiedlung ‚Märkisches Viertel‘ (1961-1980) etwa 25,5 %, in Neukölln diejenige der Gropiusstadt im selben Zeitraum vergleichbare 28,3 % aus. Jedoch liegt hier das Baugeschehen im Wohnungsbau in den Jahren nach der Wiedervereinigung wesentlich niedriger als in den Bezirken im ehemaligen Ostteil der Stadt.

Abb. 6: Verteilung der Baualtersklassen pro Alt-Bezirk in %

h6. Zur Verteilungsdarstellung wurde hier die Gliederung Berlins vor der Gebietsreform genutzt, da die damalige Bezirksstruktur räumlich deutlicher nach Kernstadt und äußerer Stadt unterscheidet und sich daher für eine städtebauliche Betrachtung besser eignet. Zum 01.01.2001 wurden die seit 1990 bestehenden 23 Stadtbezirke zu 12 Bezirken zusammengelegt.