Abflussbildung durch Niederschläge 1990

Einleitung

Definition

Das durch Niederschläge einem Gebiet zugeführte Wasser wird in Abhängigkeit von Gebietseigenschaften und klimatologischen Bedingungen mit unterschiedlichen Anteilen in die Wasserhaushaltsgrößen Verdunstung, ober- und unterirdischer Abfluss und Wasservorratsänderung aufgeteilt. Der hier betrachtete Parameter Abflussbildung ergibt sich als zeitlicher Mittelwert aus der Differenz zwischen Niederschlägen und Verdunstung pro Teilfläche eines Wassereinzugsgebiets, d. h. die Wasservorratsänderung (Boden-, Grundwasser, Gewässer) wird vernachlässigt. Die Abflussbildung charakterisiert am besten die hydrologischen Bedingungen von Teilflächen und Einzugsgebieten. Vegetationsbedeckte Flächen und besonders Flächen mit flurnahem Grundwasser bzw. Gewässerflächen verdunsten viel, versiegelte Flächen wenig, so dass die Abflussbildung im ersten Fall gering, im anderen Fall hoch ist. Zusätzlich zur Abflussbildung wird die Teilfläche durch ober- und unterirdischen Zufluss aus der Abflussbildung oberhalb liegender Teilflächen gespeist. Die aus Abflussbildung und Zufluss stammenden Wassermengen fließen zu unterhalb liegenden Flächen ab. Für geschlossene Einzugsgebiete entspricht die Summe des gebildeten Abflusses aller Teilflächen dem gesamten ober- und unterirdischen Abfluss des Gebietes, dem Wasserdargebot. Die im allgemeinen geringere nutzbare Wassermenge ist daraus unter Berücksichtigung hydrologischer (zeitliche Verfügbarkeit), hydrogeologischer (Gewinnbarkeit), hydrochemischer (Beschaffenheit) sowie nutzungsbedingter (Grad der Bebauung, Schutzgebiete) Faktoren zu ermitteln.

Aussagekraft des Parameters

Kenntnisse zur Regionalverteilung der Abflussbildung sind Grundlage, um

  • den Naturraum hinsichtlich der Wasserressourcen zu beurteilen sowie Nähr- und Zehrgebiete auszuweisen,
  • die Wasserressourcen durch Gegenüberstellung von Wasserdargebot und Wassernutzung zu ermitteln und Maßnahmen zur nachhaltigen Sicherung der Wasserversorgung zu ergreifen,
  • ressourcenschonende wasserwirtschaftliche Nutzungsgenehmigungen zu erteilen,
  • je nach Verfügbarkeit der Wasserressourcen, Anlagen der Wassernutzung hinsichtlich Lage und Bemessung optimal festzulegen.

Als Medium des Stofftransports ist die ausgewiesene maximal verfügbare Abflussmenge notwendige Berechnungsgröße für die Stofffracht und somit für die Einschätzung der Kontaminationsgefährdung der Wasserressourcen.

Gebietsbeschreibung

Das Gebiet Berlin-Brandenburg ist Teil des norddeutschen Tieflandes mit relativ mächtigen Lockergesteinsablagerungen. Dazu gehören die eiszeitlich geprägten Grundmoränen-Hochflächen, in denen die Grundwasserleiter von 10 bis 30 m mächtigen und gering durchlässigen Geschiebemergelkomplexen bedeckt werden.

Die Bereiche der Endmoränen sind aufgrund ihrer heterogenen Gesteinszusammensetzungen und der glazialdynamisch bedingten Störzonen als unbedeckte komplexe Grundwasserleiter zu betrachten.

In den Gebieten der Grund- und Endmoränen wird das Grundwasser der einzelnen Stockwerke insgesamt aus der Abflussbildung gespeist. Hier muss jedoch durch hydrologische Untersuchungen und Abflussbeobachtungen in den Wasserläufen geklärt werden, welcher Anteil der Speisungsmengen im oberen Grundwasserstockwerk lokal genutzt werden kann, welcher Anteil als bodeninnerer Abfluss zu den Wasserläufen der Hochflächen gelangt oder über tiefere Grundwasserstockwerke als Grundwasserabfluss zu den Urstromtälern abfließt. Diese Berechnungen setzen die Kenntnis des unterirdischen Einzugsgebietes (Bilanzgebiet) voraus.

Die eiszeitlichen Schmelzwasserablagerungen der Sander und Urstromtäler bilden dagegen großflächig unbedeckte Grundwasserleiter, d. h. sie werden nicht von stauenden Schichten überdeckt. Im Gebiet der Urstromtäler und Sander versickert das infiltrierte Niederschlagswasser nach Minderung durch die Verdunstung bis zur Grundwasseroberfläche; im zeitlichen Mittel entspricht hier die Grundwasserneubildung der Abflussbildung (vgl. Karte 01.05, SenStadtUm, in Vorbereitung).

Besondere hydrologische Probleme treten in städtischen Gebieten mit versiegelten Flächen (Gebäudedächer, Straßen, Plätze usw.) auf. Hier ist die Abflussbildung infolge verminderter Wasserspeicherung deutlich erhöht gegenüber unversiegelten Flächen. Je nach der Regenwasserableitung fließt ein Teil des Niederschlags den Wasserläufen direkt zu (vgl. Karte 02.09, SenStadtUm 1992b). Der verbleibende Teil der Abflussbildung versickert am Rande der versiegelten oder innerhalb der teilversiegelten Flächen in tiefere Schichten unterhalb der verdunstungsbeeinflussten Zone und speist das Grundwasser. Für diese Flächen kann somit bei Kenntnis des Ausbauzustands der Regenwasserableitung die Grundwasserneubildung aus der Abflussbildung durch Abzug der Regenwasserableitung ermittelt werden. Solche Aussagen sind relevant für den Wasser- und Stoffhaushalt der innerstädtischen Wasserläufe und des Grundwassers.