Klimawandel und Wärmebelastung der Zukunft 2008

Kartenbeschreibung

Mit den Werten für Hintergrundbelastung und Strahlungstageanteil aus den Tabellen 7 und 8 wurde das Kombinierte Bioklimamodell angetrieben. Dabei wurde zunächst von einem Status-quo-Zustand der Nutzungsverteilung und Einflussfaktoren wie Versiegelung, Begrünungsgrad etc. ausgegangen, an einem Fallbeispiel wird dargestellt, wie sich mögliche Flächennutzungsänderungen, die über einen solch langen Betrachtungszeitraum zu erwarten sind, als zusätzlicher Einflussfaktor auswirken könnten.

Karte 04.12.1 Jahresmittel der Anzahl der Tage mit Wärmebelastung für den Bezugszeitraum 1971 – 2000 für Berlin und Umland

Karte 04.12.4 Jahresmittel der Anzahl der Tage mit Wärmebelastung 1971-2000 (einheitliche Farbreihe in den Karten 04.12.4 bis 04.12.6)

Unter Verwendung der Realnutzungsdaten des Projektgebietes (vgl. Datengrundlage wurde zunächst die Verteilung der Gefühlten Temperatur, wie sie sich typischerweise am Nachmittag an einem windschwachen wolkenlosen Sommertag ausprägt, berechnet (Abbildung 8).

Deutlich bilden sich darin die Unterschiede zwischen den verschiedenen Nutzungen und Stadtstrukturen ab. Markant ist die Zunahme der thermischen Belastung zur dicht bebauten Innenstadt hin. Ebenso auffällig tritt aber auch im Stadtzentrum der Große Tiergarten als zentrale Parkanlage hervor. Dort wird mit einer um etwa 5°C geringeren Gefühlten Temperatur das innerstädtische Belastungsgefüge aufgebrochen. Im Sommer, wenn in der angrenzenden Bebauung bereits Wärmebelastung herrscht, lässt sich hier oftmals noch in eine thermisch angenehmere Umgebung ausweichen. Vergleichbar Funktionen erfüllen auch die übrigen großen Freiflächen, wie der Britzer Garten, das Südgelände oder der Treptower Park. Das offene Gelände des ehemaligen Zentralflughafens Tempelhof weist demgegenüber erhöhte Temperaturwerte auf, da hier aufgrund der tagsüber ungebremsten Einstrahlung auf den Wiesenflächen eine Schattenwirkung durch Bäume fehlt und auch die Erzeugung von Verdunstungskälte gegenüber “klassischen” Parkanlagen verringert ist.

Abb.8: Gefühlte Temperatur in °C an einem windschwachen, wolkenlosen Sommertag nachmittags in Berlin und Umland

Ausgehend von der Modellierung dieser typischen Einzelsituation wurde nachfolgend durch Einbeziehung der Werte für die Hintergrundbelastung mit Hilfe des Kombinierten Stadtbioklimamodells eine Bewertung der langjährigen Ist-Situation, bezogen auf die 30-jährige Periode von 1971-2000 als Referenzzeitraum.

Man sieht, dass im Vergleich zum Umland in der dicht bebauten Innenstadt deutlich häufiger, nämlich etwa doppelt so oft der Schwellenwert zu starker Wärmebelastung überschritten wird. Gleichzeitig wird in den innerstädtischen Grünanlagen diese Schwelle kaum häufiger als im Umland erreicht. Das bedeutet, dass die innerstädtischen Parks bei Wärmebelastung in der umliegenden Bebauung in der Hälfte der Fälle dem Menschen noch erträgliche thermische Bedingungen bieten.

Aufgrund der Einbeziehung der Hintergrundbelastung in die Bewertung liefert die Karte absolute Aussagen. Diese lassen sich mit auf die gleiche Weise erstellten Auswertungen, z. B. anderer Städte oder auch einfach nur mit der Hintergrundbelastung eines beliebigen Gebietes vergleichen.

Karte 04.12.2 Zunahme der Anzahl der Tage mit Wärmebelastung 2021-2050 im Vergleich zum Kontrolllauf 1971-2000

Karte 04.12.5 Jahresmittel der Anzahl der Tage mit Wärmebelastung 2021 – 2050

Mit den Werten für Hintergrundbelastung und dem Strahlungstageanteil aus den Tabellen 7 und 8 wurde das Kombinierte Bioklimamodell auf der Basis der REMO-Daten angetrieben. Nutzungsänderungen wurden dabei nicht berücksichtigt.

Es zeigt sich, dass sich die thermische Situation insbesondere in den schon aktuell am häufigsten belasteten Arealen weiter verschärft. Während im Umland bis Mitte des Jahrhunderts nach beiden Modellläufen mit 3 bis 5 Tagen etwa 50% häufiger Wärmebelastung erwartet wird, sind es in der dicht bebauten Innenstadt über 7 zusätzliche Belastungstage. Zum Vergleich wurde auch auf der Basis eines Antriebs mit WettReg-Daten gerechnet; in diesem Falle (vgl. Abbildung 9) ist der Stadtumland-Unterschied etwas stärker ausgeprägt, was im Wesentlichen durch die leicht stärkere Zunahme an Strahlungstagen bedingt wird. Gleichzeitig bewegen sich die Änderungen im Bereich der größeren unbebauten innerstädtischen Flächen in beiden Fällen auf dem Niveau des Umlandes.

Abb.9: Änderung der Tage mit Wärmebelastung im Jahresmittel des Projektionszeitraums 2021 - 2050 gegenüber dem Kontrolllauf 1971 - 2000 mit WettReg-Antrieb

Karte 04.12.3 Zunahme der Tage mit Wärmebelastung 2071-2100 im Vergleich zum Kontrolllauf 1971-2000

Karte 04.12.6 Jahresmittel der Anzahl der Tage mit Wärmebelastung 2071-2100

Die projizierte Entwicklung der thermischen Situation in der Zukunft zeigt, dass in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts die Tage mit Wärmebelastung deutlich ansteigen werden.

Sowohl auf der Basis mit REMO- als auch mit WettReg-Antrieb (vgl. Abbildung 10) kommt es in der Innenstadt zu einer Zunahme von teilweise mehr als 25 Tagen, was eine Steigerung um rund 150% gegenüber dem Status-Quo bedeutet. Selbst für die locker bebauten Außenbereiche der Stadt sowie die großen Grünflächen einschließlich der Waldgebiete wird eine Verdoppelung der Belastungssituationen projiziert.

Damit wird deutlich, dass spätestens zu diesem Zeitpunkt der globale Effekt des Klimawandels sehr deutlich in allen Stadtbereichen zu spüren sein wird, sofern nicht rechtzeitig angemessene Maßnahmen zur Minderung der Effekte eingeleitet werden.

Abb.10: Änderung der Tage mit Wärmebelastung im Jahresmittel des Projektionszeitraums 2071 - 2100 gegenüber dem Kontrolllauf 1971 - 2000 mit WettReg-Antrieb

Fallbeispiel Projektionsergebnis mit gleichzeitiger Nutzungsänderung

Die möglichen, in den gezeigten Projektionen nicht behandelten zusätzlichen Effekte von Flächenutzungsänderungen sollen anhand des Fallbeispieles in Abbildung 11 illustriert werden. Hier geht es nicht um die “Nachstellung” einer realen Situation, sondern um die Verdeutlichung der additiven, gegebenenfalls jedoch auch abschwächend wirkenden Einflüsse durch planerische Maßnahmen.

Im linken Teil der Abbildung zeigt sich, wie durch die Umwandlung einer bisher durch Bauten der Infrastruktur genutzten Fläche in eine Grünanlage der Effekt der globalen Temperaturzunahme aufgehoben werden kann, während die in unterschiedlichen Rottönen dargestellten Bereiche Gebiete zeigen, wo die Auswirkungen möglicher baulicher Maßnahmen in unterschiedlicher Dichte auf bisher grün- bzw. landwirtschaftlich genutzten Arealen simuliert werden.

Hier würde dann bereits Mitte des Jahrhunderts 1,5-mal häufiger die Schwelle zu starker Wärmebelastung überschritten als heute, während diese Werte ansonsten erst im letzten Drittel des Jahrhunderts zu erwarten sind.

Abb.11: Änderung der Tage mit Wärmebelastung durch Flächennutzungsänderungen (Bebauung) und den globalen Klimawandel im Jahresmittel des Projektionszeitraums 2021 - 2050 gegenüber dem Kontrolllauf 1971 - 2000 mit REMO-Antrieb (Fallbeispiel)

Abschließende Bemerkungen

Auf die fachlich gebotenen Einschränkungen bei der Ergebnisinterpretation auf Grund der Bandbreite der möglichen Emissionsszenarien, des Pilotcharakters der Untersuchung und weiterer Einflüsse auf die zukünftige Klimaentwicklung, die heute noch nicht abschätzbar sind, wurde bereits hingewiesen. Dennoch stellen die hier gezeigten Ergebnisse der Kooperation mit dem Deutschen Wetterdienst DWD eine wesentliche Hilfe dar, um die bei den verantwortlichen Stellen im Berliner Senat laufenden Bemühungen zur Entwicklung notwendiger Anpassungsmaßnahmen an die bereits nicht mehr zu vermeidenden Klimawirkungen zu unterstützen. Sie stellen außerdem eine wichtige Informationsquelle für die interessierte Öffentlichkeit dar.