Wiedereröffnung des Museum Berggruen

von Udo Kittelmann, Direktor der Nationalgalerie

Museum Berggruen01

Das Museum Berggruen: Zwischen dem Stülerbau (links) und dem benachbarten Kommandantenhaus (rechts) wurde ein Verbindungsgang gebaut

Mit seinem beeindruckenden Bestand an Werken von Pablo Picasso, Henri Matisse, Paul Klee und Alberto Giacometti gehört das Museum Berggruen zu den wichtigsten Standorten der Klassischen Moderne in Deutschland. Name und Entstehung der Sammlung gehen auf den bedeutenden Galeristen und Sammler Heinz Berggruen (1914–2007) zurück, der seit der Nachkriegszeit in Paris gelebt und gewirkt hatte. Er präsentierte seine Sammlung zunächst in Genf und London, danach wurden die Werke in Berlin gezeigt, wo Berggruen sich in seinem letzten Lebensjahrzehnt wieder regelmäßig aufhielt. Seine herausragende Sammlung, die heute den Kernbestand des Museum Berggruen darstellt, ist über einen Zeitraum von mehr als einem halben Jahrhundert gewachsen. Sie ist das Vermächtnis von Heinz Berggruen: Seine Künstler, seine Qualitätskriterien, aber auch seine Themen und
Passionen sind in der Auswahl der Werke bis heute eindrücklich ablesbar.

Die Geschichte des Museum Berggruen begann im Jahr 1992, als die Staatlichen Museen zu Berlin Heinz Berggruen anboten, seine exquisite Sammlung in Berlin, und zwar in einem der beiden so genannten Stülerbauten gegenüber dem Schloss Charlottenburg, auszustellen. Tatsächlich entspricht das Gebäude mit seinen kleinen, intimen Räumen auf außerordentliche Weise dem privaten Charakter der Sammlung. Heinz Berggruen, geboren und aufgewachsen in Berlin, war überzeugt und bot an, die Sammlung zunächst für zehn Jahre nach Berlin zu leihen. Nach einem Umbau des westlichen Stülerbaus durch die Architekten Hilmer & Sattler und Albrecht wurde das Museum mit der Sammlung unter dem Titel »Picasso und seine Zeit« am 6. September 1996 eröffnet.

Neben den Picasso-Museen in Paris, Barcelona und Málaga beherbergt das Museum eine der bedeutendsten Picasso-Sammlungen in Europa. Auch die anderen Künstler der Sammlung, Paul Klee, Alberto Giacometti und Henri Matisse, sind mit beeindruckenden Werkkomplexen vertreten. Die große Publikumsresonanz trug entscheidend zu dem im Jahr 2000 gefassten Entschluss bei, die »Sammlung Berggruen« mit einem Bestand von 165 Werken für die Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin zu erwerben. Anlässlich des 90. Geburtstages von Heinz Berggruen erfolgte 2004 die Umbenennung der Sammlung in „Museum Berggruen“. Bis zu Heinz Berggruens Tod im Jahr 2007 waren zahlreiche weitere Leihgaben für das Museum hinzugekommen, sodass der Platz im Stülerbau sehr knapp wurde. Dass noch im gleichen Jahr mit dem benachbarten historischen Kommandantenhaus am Spandauer Damm ein Erweiterungsbau gefunden werden konnte, wurde daher sehr begrüßt. Das Engagement Heinz Berggruens in seinem Sinne fortführend, erklärten sich die vier Kinder Helen, John, Nicolas und Olivier sowie Heinz Berggruens Frau Bettina bereit, das Museum weiterhin großzügig zu unterstützen und es auch zukünftig um weitere Ankäufe zu ergänzen.

Das Land Berlin wiederum stellte dankenswerterweise das Gebäude der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zur Verfügung, und der Bund bewilligte die Finanzierung des notwendigen Umbaus. Das Architekturbüro Kuehn Malvezzi überzeugte vor allem mit der Idee eines modernen, gläsernen Verbindungsgangs zwischen dem westlichen Stülerbau und dem Kommandantenhaus und gewann mit seinem Entwurf den Wettbewerb für den Umbau.

Die Verbindung der beiden Gebäude gab zugleich den Blick auf einen dritten, natürlichen Raum frei: einen hofseits gelegenen, neu angelegten Garten, der zu Ehren von Heinz Berggruens Frau den Namen »Bettina Berggruen Garten« erhielt. Als eine zeitgenössische Hommage an die Kunst der Klassischen Moderne, die auch zukünftig die Sammlung des Museum Berggruen prägen wird, ist dort heute ein für den Garten entworfenes Skulpturenensemble des Düsseldorfer Künstlers Thomas Schütte aufgestellt. Mit der Erweiterung des Museums erhält die durch weitere zahlreiche Leihgaben der Familie angewachsene Sammlung endlich ausreichend Platz. Die zunehmend als zu eng empfundene Präsentation der Werke bekommt nun durch den Ausbau eine angemessene Form, ohne dass auf die intime Atmosphäre verzichtet werden musste, die von Beginn an den besonderen Charme dieses Museums ausmachte.

Es steht außer Frage, dass die Erwerbung der Sammlung Berggruen für die Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin, wie auch für die Stadt Berlin, als ein einzigartiger Glücksfall angesehen werden muss. Dieses Ensemble herausragender Werke der Klassischen Moderne und einiger ihrer wichtigsten und einflussreichsten kunsthistorischen Protagonisten ist ein Meilenstein in dem Bestreben, der durch den barbarischen Bildersturm der Nationalsozialisten stark geplünderten Berliner Museumslandschaft wieder einen internationalen Rang von Bedeutung zu verleihen. Die außergewöhnliche Sammlung des Museum Berggruen ist heute in Berlin fest verankert und leistet einen unverzichtbaren Beitrag zur Erschließung und Vermittlung bedeutender Teile der Kunst- und Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts.

Staatliche Museen zu Berlin
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Heinz Berggruen
Der bedeutende Kunstsammler Heinz Berggruen wurde am 6. Januar 1914 als Sohn einer jüdisch-bürgerlichen Familie in Berlin geboren.
Er studierte Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte an der heutigen Humboldt-Universität in Berlin. Nach dem Studium arbeitete er als Journalist bei verschiedenen Zeitungen. Unter seinen Artikeln durften allerdings aufgrund seiner jüdischen Herkunft nur seine Initialen stehen. Schließlich emigrierte Berggruen 1936 in die USA, um einer Verfolgung durch die Nationalsozialisten zu entgehen.
Nach Kriegsende lebte Berggruen in München, Südfrankreich, San Franzisco, New York und Paris. In den neunziger Jahren kam er zurück nach Berlin und brachte seine berühmte Kunstsammlung mit. Berggruen starb am 23. Februar 2007 in Paris.