Editorial

Wowereit

Berlin gedenkt in diesem Jahr des dunkelsten Kapitels seiner Geschichte. Zum 80. Mal jährt sich die Machtübertragung an die Nationalsozialisten und zum 75. Mal die Novemberpogrome. Anlass genug für ein Themenjahr mit dem Titel „Zerstörte Vielfalt – Berlin 1933– 1938–1945“, das mit einem vielfältigen Veranstaltungsprogramm zur Auseinandersetzung einlädt. Mehr als 120 Projektpartner, von den Museen über Gedenk-, Dokumentations- und Erinnerungsstätten bis hin zu privaten Initiativen, tragen das Themenjahr – ein Beleg dafür, wie vielfältig, lebendig und aktiv die Auseinandersetzung mit Nationalsozialismus und Holocaust in Berlin ist. So haben sich auch die Internationalen Filmfestspiele mit diesem Gedenkjahr beschäftigt, ganz besonders, wie Sie in diesem Heft nachlesen können, durch die Verleihung des Goldenen Ehrenbären an Claude Lanzmann, den Regisseur des Dokumentarfilms Shoah. Was im Rahmen dieses Veranstaltungsreigens in Berlin noch so alles geschah und geschieht, finden Sie im Internet unter www.berlin.de/2013 . Und natürlich auch in diesem Heft.

Für zahlreiche aktuell -Leserinnen und Leser endete am 30. Januar 1933 eine oft unbeschwerte Kindheit. Sie wurden verfolgt durch die Nazis, mussten fliehen und den Verlust ihrer Angehörigen im Holocaust hinnehmen. Bis heute nutzen Sie, liebe Leserinnen und Leser, aktuell, um in sehr bewegender Weise Auskunft zu geben über das, was Sie in der Nazi- Zeit erlebt und erlitten haben. Ihre Erinnerungen sind untrennbar mit der Geschichte Berlins verbunden, sie zeugen von den persönlichen Katastrophen, welche über die jüdischen Familien in der Nazizeit hereinbrachen und leisten damit einen wichtigen Beitrag für ein vielfältiges und lebendiges Gedenken. Dafür möchte ich Ihnen ganz herzlich danken.

Viele Leserinnen und Leser berichten auch von ihren Reisen nach Berlin und wie viel ihnen die Wiederbegegnung mit ihrer Heimatstadt bedeutet. Dass Sie sich in Berlin wohl fühlen, freut mich sehr. Ebenso, dass zahlreiche jüdische Berlinerinnen und Berliner wieder Kontakt zu ihrer alten Heimat aufgebaut haben. Eine von Ihnen war Dr. Helga Zwillenberg, die als Kind aus Nazi- Deutschland vertrieben wurde und Ihnen allen als Ermöglicherin des Berlin-Kalenders ein Begriff ist. Leider verstarb Frau Dr. Zwillenberg im Januar dieses Jahres. Ihr Vermächtnis ist die Zwillenberg-Tietz Stiftung. Was es damit auf sich hat, erfahren Sie in diesem Heft.

Mit ganz anderen Gefühlen erinnert sich Berlin an den Besuch John. F. Kennedys vor 50 Jahren. Es war die erste Visite eines amerikanischen Präsidenten nach dem Mauerbau. Das deutsch-amerikanische Verhältnis war im Vorfeld von Verstimmungen gekennzeichnet. Aber dann hielt Kennedy am 26. Juni 1963 seine berühmte Rede vor dem Rathaus Schöneberg.

Viel Geschichte steckt also in dieser Ausgabe von aktuell . Aber auch die Gegenwart kommt nicht zu kurz. Und sie ist erfreulich. Berlins Wirtschaft wächst und schafft neue Arbeitsplätze. Auch hier hilft ein Blick auf die Geschichte, um zu verstehen, dass dieser Aufschwung alles andere als selbstverständlich ist.

Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen

Ihr

Unterschrift Wowereit

Klaus Wowereit
Regierender Bürgermeister von Berlin