60 Jahre Israel in Berlin

_von Dr. Frank Ebbinghaus, Senatskanzlei_

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Die Ballons in den Farben Israels stiegen später noch in die Luft.

Wer in Berlin Gedenkveranstaltungen zum 60. Jahrestag der Gründung des Staates Israel besuchen wollte, dem konnte es geschehen, dass er den Wald vor lauter Bäumen nicht sah. Häufig wurde dieses bedeutenden Ereignisses gedacht – und gefeiert wurde es natürlich auch -, nicht selten aber unter anderem Etikett.

Um mit dem Wald und den Bäumen zu beginnen: Die Deutsch-Israelische Gesellschaft Berlin/Potsdam (DIG) beging das Jubiläum mit einer Aktion aus aktuellem Anlass. Die Berlinerinnen und Berliner wurden aufgerufen, für einen „Wald der deutsch-israelischen Gesellschaft“ zu spenden. Mindestens 5.000 Bäume sollen die verbrannte Erde aufforsten, die der Krieg vor zwei Jahren im Norden Israels hinterlassen hat.

Diese Spendenaktion ist ein Beispiel praktizierter Solidarität, die sich einem eng geknüpften deutsch israelischen Netzwerk verdankt. DIGVorstandsmitglied Mirko Freitag war selbst während des Krieges in Israel. 150 Menschen starben, hunderte wurden verletzt, hunderttausende flohen in den sicheren Süden, berichtet er. Und „in nur 34 Tagen gab es durch die über 4.000 Katyuscha- Raketen der Hizbollah mehr als 700 Waldbrände – und weit über 750.000 vernichtete Bäume.“

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Andrej Hermlin und sein Swing Dance Orchestra sorgten für gute Unterhaltung.

Dass der Wald mehr bedeutet als ein Ökosystem, war den Jeckes, den deutschsprachigen Einwanderern nach Palästina, wohl bewusst. Viele von ihnen pflanzten nach ihrer Ankunft Bäume, manche auch Wälder, was neben praktischen Erwägungen auch Ausdruck des Wunsches nach Verwurzelung in ihrer neuen Heimat war. Den Jeckes ist im Rahmen der 22. Jüdischen Kulturtage eine Ausstellung (bis 31. Dezember 2008) gewidmet, gemeinsam ausgerichtet vom Museum der deutschsprachigen Juden – Kulturzentrum der Jeckes, Tefen/Israel und der Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum.

Man kann nur staunen, welchen Anteil die Jeckes am Aufbau des Staates Israel hatten. Kultur und Bildung, Rechtswesen und Medizin, Verwaltung und Wirtschaft: Überall ist ihr Einfluss spürbar. Die Ausstellungsräume auf der ehemaligen Frauenempore der Neuen Synagoge werden von einer transparenten Wand mit den Namen der über 55.000 ermordeten Berliner Juden begrenzt. Ebenfalls zu sehen ist eine Arbeit der israelischen Künstlerin und Documenta-Preisträgerin Penny Yassour, die auf zwei Kautschukplatten das Schienennetz der Deutschen Reichsbahn von 1938 eingeprägt hat. All dies sind notwendige Hinweise auf den katastrophalen Zusammenhang von Auschwitz und Eretz Israel. Vor diesem Hintergrund erscheint die Gründung des Staates Israel Juden in aller Welt als großes und glückliches Ereignis nach Jahren der Angst, der Verfolgung und des Völkermords.

Diesem Zusammenhang spürte auch ein feierliches Konzert nach, das Berlins Jüdische Gemeinde anlässlich des 60. Jahrestages der Unabhängigkeit Israels im Konzerthaus am 8. Mai ausrichtete. Nicht nur der Termin war hochsymbolisch, die Musik selbst war in Noten gegossene Zeitläufte. Zur Aufführung kamen Werke von Josef Tal, Noam Sherif, Pavel Haas und Ernst Bloch – vier Komponisten mit vier höchst verschiedenen Biografien, die doch allesamt für jüdische Existenz im 20. Jahrhundert stehen.

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Viele Informationen gab es am Stand der Deutsch-Israelischen Gesellschaft.

Zur katastrophalen Vorgeschichte der Gründung Israels gehören auch zwei weitere unheilvolle Ereignisse, derer in diesem Jahr gedacht wurde. Vor 75 Jahren brannten die Bücher verfemter, auch jüdischer Schriftsteller, vor 70 Jahren brannten die Synagogen. Bücherverbrennung und Reichspogromnacht wurde in Berlin in einer Vielzahl von Veranstaltungen gedacht.

Gefeiert wurde aber auch – und wie. Die Jüdischen Kulturtage, die diesmal ganz im Zeichen des 60. Gedenktages der Gründung Israels standen, richteten das Straßenfest „Shuk Ha’ Carmel in Berlin“ aus. Und der Gendarmenmarkt war an einem schönen Maiwochenende in den Nationalfarben Israels beflaggt. Bei Falafel und israelischer Musik freuten sich Berliner und Israelis gemeinsam und ganz entspannt ihres Lebens. Auch das ist ein Stück deutsch-israelische Normalität im Jubiläumsjahr – und nicht die schlechteste.