Man sagte später, die Emigranten hätten den Geist der Filmstadt 1933 mit in alle Welt genommen. Ein trostreicher Gedanke, nicht wahr? Denn die Filmproduktion des Dritten Reichs gehorchte anderen Gesetzen als denen des Genies. Goebbels ließ bis zuletzt vor allem Unterhaltungsfilme drehen. Propagandastreifen und antisemitische Hetzfilme wie „Hitlerjunge Quex“ oder „Jud Süß“ waren die Ausnahme, Filme wie „Romanze in Moll“ und „Die Feuerzangenbowle“ die Regel. Romanzen und Komödien gaukelten eine heile Welt vor, dienten als „Durchhaltefilme“. Ein teuflisches Spiel, bis Berlin zerstört und in Trümmern lag.
Der Neuanfang im Mai 1945 begann denn auch mit „Trümmerfilmen“. Ruinen bildeten die Kulisse, etwa für das Kriegsheimkehrer-Drama „Die Mörder sind unter uns“ mit Hildegard Knef. Indes teilte sich die Stadt politisch in Ost und West und dies betraf auch die Filmproduktion. Im sowjetischen Sektor entstand die volkseigene DEFA und übernahm bald das alte Babelsberg-Gelände. In den Westsektoren versuchten private Filmunternehmer ihr Glück. Unter ihnen Produzent Arthur Brauner, der die CCC-Studios in Haselhorst gründete. Mit Unterhaltungsfilmen verdiente „Atze“ viel Geld, das er verwendete, um gleichzeitig anspruchsvollere Filme zu produzieren, die sich mit der Zeit des Nationalsozialismus auseinandersetzten.
Berlin war seit den Anfangsjahren der bewegten Bilder das unbestrittene Filmzentrum Deutschlands. Nach Kriegsende verlor sich diese Rolle, vor allem verursacht durch Teilung und Mauerbau. In Ost und West entstanden weiterhin bedeutende Produktionen, doch an die große Zeit der 1920er-Jahre konnte die Filmstadt Berlin kaum anknüpfen. Rollenweise wurde im Westen vornehmlich seichte Kinokost gedreht, wogegen Anfang der 1960er-Jahre endlich der „Neue Deutsche Film“ aufbegehrte. Unter dem Motto „Papas Kino ist tot“ griffen junge Filmemacher wie Alexander Kluge, Ulrich und Peter Schamoni, Volker Schlöndorff und Rainer Werner Fassbinder ästhetisch auf die Meisterwerke der Weimarer Republik zurück. Sie thematisierten bestehende gesellschaftliche Konflikte und brachen das Schweigen über die Nazijahre, das nicht nur im bundesrepublikanischen Alltag, sondern auch in der Filmwelt der Nachkriegszeit verbreitet war. Die jungen Wilden schafften es sogar, die 1951 gegründete und 20
Jahre später ins Taumeln geratene „Berlinale“ wieder auf Kurs zu bringen. Mit dem „Internationalen Forum des jungen Films“ erhielt das junge und progressive Kino ein Podium. Es wurde als fester Bestandteil etabliert und zu einem Aushängeschild der Internationalen Filmfestspiele. Forum-Gründer Ulrich Gregor (Jahrgang 1932) und seine Ehefrau Erika waren 1963 bereits Mitbegründer der Freunde der Deutschen Kinemathek und schufen 1970 mit dem „Arsenal“ ein bedeutendes Programmkino zur „Pflege der Filmkultur aus aller Welt“.