Berlin und Warschau feiern ihr 30-jähriges Jubiläum

Michael Müller in Warschau

Ulrike Kind, Referentin für Ostmitteleuropa, Senatskanzlei Berlin

In diesem Jahr begehen Warschau und Berlin ihr 30. Städtepartnerschaftsjubiläum. Schon vor 1989 hatte es formalisierte Verbindungen zwischen Warschau und Ost-Berlin gegeben. Heute misst Berlin der Partnerschaft angesichts der wechselvollen gemeinsamen Geschichte, der geografischen Nähe, zahlreicher gewachsener Verbindungen und der Attraktivität Warschaus eine sehr hohe Bedeutung bei.

Die Partnerschaft wurde 1991 von zwei Hauptstädten neu begründet, die teilweise in unterschiedlichen ideologischen Systemen beheimatet waren. Berlin war für Warschau zugleich auch die Stadt, von der nicht zuletzt im Nationalsozialismus schlimmes Unrecht gegenüber Polen ausgegangen war. 1991 waren die deutschpolnischen Beziehungen noch stark von traumatischen historischen Erfahrungen geprägt und zuerst musste Vertrauen wachsen. Seitdem haben sich in beiden Städten rasante politische, wirtschaftliche und städteplanerische Veränderungen vollzogen – Berlin und Warschau galten lange als die größten Baustellen Europas. Warschau hat seinen Kulturpalast in eine Skyline eingebettet, Berlin musste aus West- und Ost-Berlin eine Einheit schaffen. Die Beschäftigung mit der deutsch-polnischen Konfliktgeschichte wurde von einem gemeinsamen Ringen um die Gestaltung von innovativen und lebenswerten Stadtkulturen abgelöst, bei denen das Beste der einen Stadt die andere inspirierte. Neben dem Erfahrungsaustausch stehen die politische und zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit sowie das gemeinsame Engagement in internationalen Netzwerken im Vordergrund. Die frühere Warschauer Stadtpräsidentin Hanna Gronkiewicz-Waltz erwähnte oft, dass Warschau dank eines Berlinbesuchs heute eines der modernsten Abwassersysteme habe. Aber auch die politische Dimension spielt eine wichtige Rolle. Warschau sucht als deutliches Gegenmodell zur rechtskonservativen und antieuropäischen Entwicklung auf nationaler polnischer Ebene oft den Schulterschluss mit Berlin. Und von Berliner Seite wird immer wieder betont, dass gerade die liberalen polnischen Städte eine wichtige Gegenöffentlichkeit im eigenen Land bilden und sich für enge Beziehungen nach Europa einsetzen.

Seit 2013 lädt die Berliner Senatskanzlei regelmäßig zu deutsch-polnischen Netzwerktreffen ein. Diese Treffen sind offen für Vertreterinnen und Vertreter von NGOs, Stiftungen, Kultureinrichtungen, aus der Wissenschaft und Politik, die sich in Berlin im deutsch-polnischen Bereich engagieren. Mit mehr als 150.000 Berlinerinnen und Berlinern mit polnischen Pässen oder Wurzeln verfügt Berlin über eine große Bevölkerungsgruppe, die beiden Kulturen und Sprachen verbunden ist, und die sich als natürliches Bindeglied für eine enge Zusammenarbeit engagiert. Somit ist es auch der Berliner Migrationsgeschichte zu verdanken, dass die Stadt heute so eng mit Warschau verbunden ist. Als Senatskanzlei Berlin können wir Vernetzungsräume und europäische Verbindungen bereitstellen, Projektideen aufgreifen und immer wieder deutlich machen, dass die Partnerschaft nur von der Basis her lebendig sein kann.