Das Foto der Straßenbahn Nr. 66 aus dem Jahr 1925 in der letzten aktuell brachte mir Erinnerungen an meine Jugendzeit.
Mein Vater (Dr. med. dent. Max Berger) hatte seine Praxis über dem Kino in der Nonnendammallee 99. Hier lebten wir auch von meinem zehnten Lebensjahr an (ich bin am 16.09.1923 geboren) bis zur Auswanderung am 8. April 1938. Später war der Eingang mit einem „Stürmerkasten geschmückt“.
1936 durfte ich als Jude nicht mehr die staatliche Schule besuchen und war gezwungen, auf eine private Schule zu gehen. Die Wahl meiner Eltern fiel auf die „Höhere Privatschule Dr. Briede“, in der Nähe der Gedächtniskirche. Jeden Tag hatte ich, oft auch alleine, den langen Weg von Siemensstadt zum Rankeplatz.
Meine geliebte Großmutter lebte glücklich in einer schönen kleinen Parterrewohnung in der Bleibtreustraße 25. Ihr Mann, mein Großvater, starb 1935 in Insterburg, wo er eine Apotheke besaß. Diese wurde nach seinem Tod von der Familie verkauft. Meine Großmutter kam von Ostpreußen nach Berlin und traf sich jeden Tag mit Freunden zum Kaffee am Kurfürstendamm und spielte gerne Bridge. Sie glaubte nicht, dass sie eines Tages nach Theresienstadt gebracht und von dort aus nach Minsk verschleppt und umgebracht wird. Nur ein versteckter Stolperstein vor der Bleibtreustraße 25 erinnert jetzt an sie.
Bei meiner Großmutter wartete ich nachmittags auf meine Mutter, bis sie mich abholte. In der Zwischenzeit traf ich mich mit Freunden am Olivaer Platz, am Kurfürstendamm und bei Aschinger. Im Winter erzählten mir Freunde auf der Eisbahn an der Leipziger Straße von den Schwierigkeiten der Auswanderung.
Ich bin dem Regierenden Bürgermeister von Berlin dankbar für die Erinnerung an diese Zeit von 1936 bis 1938, die für mich wichtige „Straßenbahn-Zeit“.