Violins of Hope

Die Berliner Philharmoniker spielen gegen das Vergessen

von Heike Kröger, Senatskanzlei

Die Philharmonie (links im Bild) und rechts daneben der Kammermusiksaal

„Violins of Hope“ nennt Geigenbauer Amnon Weinstein seine Sammlung alter Geigen. Viele der kostbaren Instrumente gehörten zuvor europäischen Juden, die den Holocaust nicht überlebt haben. Am 27. Januar 2015, dem 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, spielten Mitglieder der Berliner Philharmoniker auf einigen dieser restaurierten Geigen. Darunter waren auch Geigen, die in Auschwitz gespielt wurden.

Nach der Begrüßungsrede von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier dirigierte Sir Simon Rattle das Adagietto aus der Fünften Symphonie Gustav Mahlers. Der ehemalige Konzertmeister der Berliner Philharmoniker, Guy Braunstein, berührte das Publikum anschließend mit Werken von Johann Sebastian Bach und Ludwig van Beethoven. Die Uraufführung „Violins of Hope“ des israelischen Komponisten und Pianisten Ohad Ben-Ari gab dem Abend einen besonders feierlichen Ausklang, bei dem auch der israelische Cellovirtuose Zvi Plesser auftrat.

Sir Simon Rattle beim Gedenkkonzert für die Opfer des Holocaust

Besonders ins Herz schloss das Publikum im Kammermusiksaal den Mann, der zum Schluss des Konzerts auf die Bühne geführt wurde: Den 75-jährigen Amnon Weinstein aus Tel Aviv, der seine Geigen für dieses Konzert zur Verfügung stellte.

Amnon Weinstein aus Tel Aviv, der seine Geigen für das Gedenkkonzert zur Verfügung stellte

Zwischen den Musikstücken erzählte der Schauspieler Ulrich Matthes wie es möglich war, dass diese Instrumente zu „Violins of Hope“ wurden: Musiker, die sich vor dem Holocaust nach Palästina retten konnten, haben Amnon Weinsteins Vater, dem Geigenbauer Mosche Weinstein, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ihre Geigen zum Kauf angeboten. Sie wollten auf keinen Fall mehr auf ihren aus Deutschland mitgebrachten Instrumenten spielen. Diese Geigen legten den Grundstein für die Sammlung „Violins of Hope“. Mosche Weinsteins Familie wurde im Holocaust umgebracht – mit seinem Sohn Amnon sprach er darüber nicht. Erst 1992, durch die Bekanntschaft mit einem jungen Bogenmacher aus Dresden, der in Tel Aviv zu Amnon Weinstein kam und viele Fragen nach der Herkunft der alten Geigen stellte, wurde das Interesse von Amnon Weinstein für die Sammlung seines Vaters geweckt. Jetzt wollte er mehr über die jüdischen Musiker erfahren, die in den Ghettos und Konzentrationslagern gespielt hatten. Sogar einen Radioaufruf startete Weinstein. Daraufhin wurden ihm zahlreiche Instrumente angeboten, die er restaurierte und deren Geschichte er sorgfältig festhält. So umfasst die Sammlung heute über 50 Geigen.

Geigen aus der Sammlung „Violins of Hope“ wurden im Rahmen einer Ausstellung im Foyer des Kammermusiksaals gezeigt

Nachdem die Sammlung der Instrumente bekannter wurde, erhielt Weinstein Anfragen, die Instrumente für Konzerte mit den „Violins of Hope“ auszuleihen. Das erste Konzert fand in Istanbul statt, es folgten Konzerte in Paris, London und Jerusalem. Die Konzertreise nach Berlin fiel Amnon Weinstein schwer: „Es ist nicht leicht für mich, es ist sogar sehr schwer. Aber die Instrumente erzählen diese unglaubliche Geschichte. Für uns ist es schwer, sie zu verstehen, aber deshalb machen wir den Versuch, durch ihren Klang zu begreifen, was damals passiert ist. Die Musik ist für die sechs Millionen Menschen, die nicht mehr unter uns sind und die Violinen im Konzert erklingen für sie.“

  • Die Ausstellung „Violinen der Hoffnung“

    Ausgewählte Geigen aus Amnon Weinsteins Sammlung „Violins of Hope“ wurden von 28. Januar bis zum 22. Februar 2015 im Foyer des Kammermusiksaals ausgestellt. Zahlreiche Besucherinnen und Besucher nutzten die Möglichkeit, die Instrumente zu besichtigen und erfuhren anhand von Schautafeln vieles über das Schicksal der Menschen, denen die Geigen gehörten. In den Medien wurde ausführlich über die Ausstellung berichtet, so dass auch Menschen, die sonst nicht die Konzerthalle besuchen, angesprochen wurden.