Am 5. Oktober geht von Mitarbeitern des
Sicherheitsunternehmens im Kaufhof Ostbahnhof ein Notruf an die Berliner
Feuerwehr mit der Meldung, dass eine Person auf der Brüstung des Austritts vom
Treppenaufgang „Pariser Kommune 13“, 16. Etage (siehe Bild) sitzt. Es besteht
Suizidgefahr. Der Hinweis des qualifizierten Mitarbeiters, ohne Blaulicht und
in Zivil die notwendigen Maßnahmen einzuleiten, wird missachtet. Der Suizid
wird, als die Feuerwehr in voller Montur auf dem Austritt erscheinen,
vollzogen.
Ich frage das Bezirksamt
- Welche
Maßnahmen gedenkt das BA gegenüber den Eigentümern zu ergreifen, nachdem
es in der Vergangenheit von den Balkonen der Hochhäuser in der Straße der
Pariser Kommune aus immer wieder zu Suiziden gekommen ist,
um die Treppenhäuser oder doch zumindest aber die von dort aus abgehenden
Austritte künftig besser zu sichern?
- Welche
Ausbildung haben die Vor-Ort-Kräfte der Berliner Feuerwehr, um derartige
Todesfälle zu verhindern und die Einwohner des Bezirkes vor derartigen
Situationen zu schützen?
- Wurden
die wesentlichen Wahrnehmungen und Mitteilungen der Sicherheitskräfte des
Kaufhofes an die Feuerwehr (hier: höchste Durchführungswahrscheinlichkeit
des Suizids) den Einsatzkräften vor Ort und an die Notrufleitstelle der
Berliner Polizei weitergegeben und wenn ja, warum wurden die taktischen
Hinweise (hier: Annäherung ohne Sondersignal und nicht parkplatzseitig)
der sachverständigen Zeugen nicht beachtet?
Zusatzfragen:
- Welche
Möglichkeiten zur psychologischen Betreuung ziviler Zeugen eines
derartigen Geschehens gibt es in Berlin?
- Warum
erfolgten trotz Nachfrage über das Bürgertelefon diesbezüglich keine
Rücksprache oder Angebote an die Zeugen?
Dr.
Schulz: (Mündliche
Beantwortung)
Es gibt
öffentlich-rechtliche Anforderungen resultierend aus der Bauordnung Berlin
hinsichtlich dem Fallschutz und bezogen auf Austritte und Balkone. Nach unserer
1. Einschätzung ist das dort angehalten. Möchte ihnen allerdings deutlich
machen, und zwar in aller Deutlichkeit, dass zwar ein Fallschutz gewährleistet
ist, aber der oder diejenige, die einen Suizid mache möchte natürlich diese
Brüstungsgitter oder Austritte überwinden kann. Ich glaube, dass sie auch von
der Bauordnung Berlin nicht abverlangen können, zur Verhinderung von Suizid
enstpr. öffentlich-rechtliche Bauordnungsanforderungen zu formulieren. Dann
würden wir ja irgendwie im ziemlich verknasteten Gebäuden leben müssen und das
will auch keiner. Ich glaube, dass sie an dieser Stelle fehl gehen, wer Suizide
verhindern will, darf nicht die Bauordnung Berlin zur Hilfe rufen, sondern muss
die Hintergründe ausleuchten über diesen Menschen, zu dieser tragischen
Situation führen, nämlich dass sie Suizid anstreben oder ihn direkt ausführen.
Damit betreten wir ein völlig anderes Feld, das mit der Bauordnung Berlin
nichts zu tun hat. Zu 2, 3, 4 und 5: Betr. Dienststellen des Landes Berlin, die
nicht zur Bezirksverwaltung Friedrichshain-Kreuzberg gehören. Die werden wir
abfragen, was sie zu ihren Fragen beitragen können. Das war in der Kürze der
zeit bis heute nicht leistbar. Das liefern wir schriftlich nach.
Frau
Waldukat:
Warum war
es bisher nicht möglich, wie z.b. im Bezirk Marzahn-Hellersdorf, dort enstpr.
Netzte zu spannen, einfache Netze,
weil direkt unter diesen Austritten ist der Hinterausgang der Wohnhäuser in der
Pariser Kommune, d.h. eine fallende Person gefährdet Menschen, die dort
rausgehen.
Dr.
Schulz:
Ich sag’s
nun mal gleich in etwas abgewandelter Form. Derjenige, der ein Suizid machen
will, wird immer dazu eine Gelegenheit finden und den oder diejenige, wird dann
auch irgendein Netz nicht hindern, eine andere Stelle zu suchen. Also, entweder
es gibt dort diesen Fallschutz und damit vertreten wir einen ganz andere
Situation, nämlich gewöhnlicher Weise eintretbaren Unfallgefahren zu
verhindern. Das regelt die Bauordnung Berlin. Das ist nach Prüfung dort erfüllt und alles andere
glaube ich, ich erwähnte es schon, ist ein anderes Thema, dass glaube ich auch
eine andere Behandlung, als solche mündliche Anfrage in der BVV erfordert.
Herr
Lüdecke:
Das man
sicher auch auf andere Weise dagegen tätig werden muss, würde ich ihnen
zubilligen, aber ist dem BA bekannt, dass es schon seit vielen, vielen Jahren
auch wissenschaftliche Untersuchungen sogar zu der Frage gibt, ab welch einer
Höhe von Brüstungen, solche Suizidschwerpunkte deutlich abgemildert werden
können und wenn nicht, wollen sie, dass ich sie ihnen zustelle?
Dr.
Schulz:
Die
Bauordnung Berlin ist von ausgewiesenen Sicherheitsexperten hinsichtlich diesen
technischen Daten erstellt worden. Dabei wurden betrachtet Risikogruppen,
Kleinkinder, Menschen mit Behinderungen und sonstigen Gruppen, die gefährdet
sein könnten bei einem Austritt oder bei einem Balkon beispielsweise das
Gleichgewicht verlieren und dann hinunter stürzen. Darüber wurden bestimmet
Mindesthöhen formuliert, die dort eingehalten werden müssen und das scheint
dort realisiert worden zu sein. Alles was darüber hinaus geht, werden sie nicht
verhindern können. Da können sie jetzt auch noch mehrere Nachfragen oder
bohren, alles darüber hinaus werden sie nicht mit weiteren Sicherheitshöhen
o.ä. verhindern können. Auf dem Eifelturm im übrigen , lassen sie mich das im
Nachgang sagen, dass meine ich jetzt nicht zünig, hatte man dieses Problem
gehabt. Auch dort hat man Netze gespannt usw. und nicht wirklich substanziell
ist dort die rate von Selbstmorden gesunken, weil die Leute immer noch die
Lücke oder eine Ecke gefunden haben, wo sie dann Barrieren überwunden haben,
weil sie an diesen Orten und keinem anderen ihren Selbstmord durchführen
wollten.
Sehr geehrte Frau Waldukat,
Ihre mündliche Anfrage beantworte
ich wie folgt:
Frage 1 wurde mündlich beantwortet.
- Welche Ausbildung haben die
Vor-Ort-Kräfte der Berliner Feuerwehr, um derartige Todesfälle zu
verhindern und die Einwohner des Bezirkes vor derartigen Situationen zu
schützen?
- Wurden die wesentlichen
Wahrnehmungen und Mitteilungen der Sicherheitskräfte des Kaufhofes an die
Feuerwehr (hier: höchste Durchführungswahrscheinlichkeit des Suizids) den
Einsatzkräften vor Ort und an die Notrufleitstelle der Berliner Polizei
weitergegeben und wenn ja, warum wurden die taktischen Hinweise (hier:
Annäherung ohne Sondersignal und nicht parkplatzseitig) der
sachverständigen Zeugen nicht beachtet?
Zusatzfragen:
- Welche Möglichkeiten zur
psychologischen Betreuung ziviler Zeugen eines derartigen Geschehens gibt
es in Berlin?
4.
Warum
erfolgten trotz Nachfrage über das Bürgertelefon diesbezüglich keine
Rücksprache oder Angebote an die Zeugen?
zu den
Fragen 2. – 5.:
Eine
angemessene Beantwortung der Fragen ist seitens der Berliner Feuerwehr auf
Grund der Kurzfristigkeit nicht möglich.
Darüber
hinaus ist die Beantwortung in grundsätzlichen und politisch/administrativen
Angelegenheiten über die Senatsverwaltung für Inneres und Sport, Abteilung III,
zu führen.
Ob
und in welchem Umfang die Senatsverwaltung für Inneres und Sport dann die
Beantwortung von Anfragen von Bezirksverordnetenversammlungen – ggf. unter
Einbindung der Berliner Feuerwehr – wahrnimmt, liegt dann in deren eigenem
Ermessen. Grundsätzlich besteht dafür – nach Kenntnisstand des Persönlichen
Referenten des Landesbranddirektors der Berliner Feuerwehr – jedoch keine
Verpflichtung bzw. Zuständigkeit.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Franz Schulz