In
Berlin-Friedrichshain sind in den letzten Jahren mehrere Gedenkzeichen
zur Erinnerung an den Nationalsozialismus entwendet worden. Im Rahmen des
Gedenkens an den 1992 von Neonazis ermordeten Antifaschisten Silvio Meier
wiesen AnwohnerInnen am 22.11.07 mit einer kleinen Aktion auf fehlende
Gedenktafeln hin.
Ich frage das Bezirksamt:
- Was kann das Bezirksamt über den Verbleib der in
der Anlage aufgeführten Gedenktafeln sagen?
- Welche Maßnahmen hat bzw. wird das Bezirksamt
eingeleitet/einleiten um mit den Gedenktafeln an den genannten Standorten
an das Schicksal antifaschistischer WiderstandskämpferInnen zu gedenken?
Anlage zur DS/0535/III:
- Barnimstraße, Ecke Weinstraße:
"HIER STAND DAS FRAUENGEFÄNGNIS IN DEM ROSA
LUXEMBURG WEGEN IHRER REVOLUTIONÄREN GESINNUNG INHAFTIERT WAR"
Ehemaliges Frauengefängnis für ca. 300 Widerstandskämpferinnen, letzte
Station vor der Hinrichtung in Plötzensee, 1973 abgerissen
- Colbestr.10:
"HIER WOHNTE DER ANTIFASCHIST MAXIMILIAN
KUBITZECK GEBOREN AM
31.12.1898 ERMORDET AM 3.10.1933"
- Ebelingstr. 5:
"IN DIESEM HAUS WOHNTE DER ANTIFASCHISTISCHE
WIDERSTANDSKÄMPFER
ALFRED FUCHS GEB. 2.2.1905 VON DEN FASCHISTEN ERMORDET AM 2.9.1944 EHRE
SEINEM ANDENKEN"
Gedenktafel für den parteilosen Alfred Fuchs, der als Soldat vom
Kriegsgericht wegen Wehrkraftzersetzung zum Tode verurteilt wurde.
- Gürtelstr. 20-24:
"ZUM GEDENKEN AN DEN VERDIENTEN ARBEITERSPORTLER
UND
ANTIFASCHISTISCHEN WIDERSTANDSKÄMPFER KURT RITTER GEB. AM 31.12.1909
HINGERICHTET AM 28.8.1944 VORBILD UND MAHNER DER JUGEND"
Heidenfeldstraße 3:
"IN DIESEM HAUS WOHNTE DER ANTIFASCHISTISCHE
WIDERSTANDSKÄMPFER ERICH PRENZLAU GEB. 6.7.1895 VON DEN FASCHISTEN
ERMORDET AM 25.9.1944 EHRE SEINEM ANDENKEN"
Führte die Widerstandsorganisation "Kampfbund" an.
Richard-Sorge-Straße 10:
"IN DIESEM HAUS WOHNTE DER ANTIFASCHISTISCHE
WIDERSTANDSKÄMPFER HEINZ NAWROT GEB. AM 31.10.1910 VON DEN FASCHISTEN
ERMORDET AM 11.4.1945 EHRE SEINEM ANDENKEN"
Gedenktafel für Heinz Nawrot, der sich in der sowjetischen
Kriegsgefangenschaft dem NKFD anschloß, Anfang April 1945 mit dem
Fallschirm bei Templin abgesetzt wurde und bei einem Gefecht mit der SS
umkam.
- Richard-Sorge-Straße/Ecke Weidenweg:
1895-1944 DR. R. SORGE
Erinnerungstafel für Dr. Richard Sorge, der seit 1929 als Spion für die
Sowjetunion vornehmlich in Asien tätig war. Als er Stalin bzw. die Führung
der UdSSR 1941 auf den drohenden deutschen Überfall hinwies, wurde seiner
Warnung kein Glauben geschenkt. Von der japanischen Geheimpolizei mit
seinen Mitarbeitern festgenommen, richtete man ihn 1944 in Tokio
hin.
- Warschauer Str. 46:
"HIER WOHNTE DER ANTIFASCHISTISCHE
WIDERSTANDSKÄMPFER GREGOR PINKE GEB. AM 11.7.1898 VON DEN FASCHISTEN ERMORDET
AM 9.5.1941 IN BERLIN-PLÖTZENSEE EHRE SEINEM ANDENKEN"
Georg Pinke wurde wegen der Unterstützung von Angehörigen Verfolgter
verhaftet und 1941 ermordet.
- Warschauer Str. 47:
"HIER WOHNTE DER ANTIFASCHISTISCHE
WIDERSTANDSKÄMPFER
HERBERT FIRL GEB. 29.09.1899 DURCH DIE ENTBEHRUNGEN IM LAGER VERNET,
FRANKREICH, VERSTARB ER AUF EINER ÜBERFAHRT NACH MEXIKO."
- Wilhelm-Stolze-Straße 32:
"IN DIESEM HAUS WOHNTE DER ANTIFASCHISTISCHE
WIDERSTANDSKÄMPFER WILLI HEINZE GEB. AM 28.MÄRZ 1910 VON DEN FASCHISTEN
ERMORDET AM 26.2.1945 EHRE SEINEM ANDENKEN"
Frau Klebba:
Ich muss allerdings doch auf die Anlage zu sprechen
kommen, aber man kann das sicherlich dann schriftlich dann noch mal im Nachgang
bekommen. Zu 1 und 2: Unser Fachbereich Bezirksmuseum hat zuletzt im Juni 2004
eine Bestandsaufnahme aller Gedenktafeln Friedrichshain-Kreuzberg vorgenommen.
Im Bezirk Friedrichshain hat die letzte Bestandsaufnahme durch das Kulturamt im
Oktober 1996 stattgefunden und folgende Gedenktafeln wurden 1996 schon nicht
mehr vorgefunden: das ist die von Alfred Fuchs in der Ebelingstraße, von Kurt
Ritter in der Gürtelstraße, von Heinz Nawrot in der Richard-Sorge Straße und die von Richard in der Richard-
Sorgestraße in der Weitringstraße und folgende Tafeln fehlten bei der Bestandsaufnahme
2004: Die von Erich Prenzlau in der Heidenfeldstraße, von Georg Pinke in der
Warschauer Straße, von Herbert Firl in der Warschauer Straße und Willi Heinze
in der Wilhelm Stolpe Straße. Über den Verbleib der Originaltafeln ist trotz
Nachforschungen nichts bekannt geworden und die in der Anlage zur Drucksache
jeweils unter 1 genannten beiden Tafeln sind nach dem Kenntnisstand des BA
allerdings vorhanden und zwar zur Barnimstraße. Da gibt es ja die provisorische
und inzwischen stark verwitterte Tafel von 1994 zur Erinnerung der 300 im
Frauengefängnis Barnimstraße inhaftierten Widerstandskämpferinnen. Allerdings
wird die Tafel hinsichtlich Esthetik und Ausführung der Gedenkabsicht nicht
gerecht und deshalb gab es ja schon einen Beschluss der BVV Friedrichshain im
September 1993, an dieser Stelle eine würdige Gedenkstätte zu errichten,
allerdings konnte das damals vom BA Friedrichshain nicht realisiert werden. Die
BVV Friedrichshain-Kreuzberg hat im Januar 2006 erneut das Thema aufgerufen und
dem BA aufgetragen, ein Gesamtkonzept zur Erinnerung an das Frauengefängnis zu
entwickeln. In der Ausführung des Beschlusses sind wir ja jetzt im Dezember
2007 einen wirklich großen Schritt voran gekommen, in dem jetzt ein
künstlerischer Ideenwettbewerb ausgelobt werden kann, zu dem 7 KünstlerInnen
eingeladen werden. Die Senatsverwaltung für kulturelle Angelegenheiten
finanziert diesen Wettbewerb mit 23000 € und im Rahmen diesen Wettbewerbes ist
auch eine umfassende Bürger- und Expertenbeteiligung vorgesehen. Der Hinweis
auf die Gedenktafel in der Colbestraße zu Maximilian Kubitzeck müssen wir noch
mal überprüfen. Aus unserer Sicht ist diese Gedenktafel vorhanden und insofern
wäre das sozusagen ein weiteres Entwenden, wenn die dort nicht mehr vorhanden
ist und als Ersatz für die, in der Anlage unter Nr. 2, 5 und 6 genannten Tafeln
hatte der VVN Mitte bis Ende der 90iger Jahre einfache Ersatztafeln aus
kostengünstigen Materialien anbringen lassen. Diese Praxis hat sich aus Sicht
des BA nicht bewährt, da die Tafeln Wind und Wetter nicht stand hielten und sie
nicht Vandalismusresistent sind. Auch der Ersatz durch Stolpersteine im
Bürgersteig ist dort, wo es vorher Gedenktafeln gab natürlich nicht der
adäquate Ersatz und trotzdem ist ohne enstpr. Spendenmittel nichts Vergleichbares
schnell eine Abhilfe möglich. Wünschenswert wäre zur Erinnerung zu unter 2-8
aufgeführten Widerstandskämpfer der Ersatz der Originaltafeln an der Hauswand.
Fotos sind dafür in dem Bezirksmuseum vorhanden. Die Realisierung ist aber pro
Gedenktafel, kostet zwischen 2500 und 5000 € und darüber hinaus gibt es häufig
nicht immer die Bereitschaft der Hausbesitzer, eine Genehmigung der Anbringung
der Tafeln zu erteilen und trotzdem gelang es in den letzten Jahren u.a., dass
durch das Arrangement von Herrn Schettlinger, ist hier bekannt, Tafeln entweder
wieder aufzufinden oder mit Mitteln des QM neu anzufertigen und zu ersetzen,
nämlich Tafeln für Georg Klinner in der Grünberger Straße, die Tafel für Karl
Pinnow in der Kopernikusstraße und 2 weitere, in der Anlage nicht genannte
Tafeln befinden sich wegen Schwierigkeiten mit der Anbringung und Genehmigung,
nämlich die von Herbert Neumann und Wilhelm Harnisch noch in der Obhut des
Bezirksmuseums. Die Ehrung und das Gedenken an Richard Sorge ist durchaus auch
umstritten. Auch erst kürzlich erreichte uns ein Schreiben auch bezüglich der
Straße. Inwieweit der Bezirk damit das ehrende Gedenken rechtfertigt und bei
Bedarf sollte es eine Befassung in der Gedenktafelkommission geben. Auch das
könnte aus der BVV angeregt werden. Insgesamt werden wir immer mit den
Schwierigkeiten bezüglich der Erreichung oder Bereitstellung der Finanzmittel
zu kämpfen haben. Wir sind dort auf Spenden und Sponsoren angewiesen und trotz
engster und strengster Prioritätensetzung ist es uns sehr häufig nicht möglich
auf die dringlichsten Anliegen diesbezüglich zu verwirklichen, aber nichtsdesto
trotz könnte auch damit die Gedenktafelkommission der Kulturausschuss sich
damit befassen, um ein Prioritätensetzung dort erneut vorzunehmen.