Drucksache - 0110/6  

 
 
Betreff: Nahwärmeprojekte als Beitrag für Klimaschutz im Bezirk
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 
Verfasser:Kempf/Weise/Gusy/Centgraf 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
28.04.2022 
7. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin      
19.05.2022 
8. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin vertagt     
23.06.2022 
10. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin schriftlich beantwortet   

Sachverhalt
Anlagen:
Große Anfrage
Große Anfrage - Beantwortung

 

Sehr geehrter Herr Vorsteher,

die Große Anfrage beantwortet das Bezirksamt wie folgt:

 

 

  1. „Wie beurteilt das Bezirksamt Nahwärmeprojekte als einen Beitrag zum Klimaschutz im Bezirk?“
     

Das Bezirksamt begrüßt es, wenn Akteure aus dem Bezirk ihre Wärmeversorgung für Heiz-, Warmwasser- und Prozesswärme auf fossilfreie Energieträger umstellen. Aus Sicht des Bezirksamtes sind in den Teilen des Bezirks, die nicht bereits durch das Wärmenetz der Fa. Vattenfall Wärme Berlin oder Anderer erschlossen sind, grundstücksübergreifende Lösungen der fossilfreien Wärmeversorgung durch Nahwärmenetze Einzelhausversorgungen (beispielsweise Wärmepumpen, Holzpelletsfeuerungen) gegenüber zu bevorzugen, wo dies glich ist. Grund dafür ist, dass zahlreiche Technologien der fossilfreien Wärmeversorgung, beispielsweise Großrmepumpen, Wärme-Saisonspeicher, Holzhackschnitzelheizungsanlagen, ihre beste Effizienz und Wirtschaftlichkeit erzielen und ihre negativen Umweltauswirkungen durch Lärm, Transporte, Abgase usw. auf die Anwohnenden bestmöglich minimiert werden können, wenn sie in Quartiersgröße anstelle zahlreicher Einzelhausanlagen errichtet werden.

glich ist dies insbesondere, wenn ausreichend Interesse und Bereitschaft der Gebäudebesitzenden zur Umstellung ihrer Wärmeversorgung auf eine gemeinschaftliche Versorgungseinrichtung besteht, dies ist insbesondere bei selbstgenutztem Eigentum zu erwarten, und ein Träger bereit ist, die Versorgungseinrichtung einzurichten und dauerhaft zu betreiben. Neben diesen essentiellen gesellschaftlichen Kriterien sind technische und wirtschaftliche Bedingungen zu erfüllen. Die technische Realisierbarkeit ist in der Regel gegeben. Die wirtschaftliche Realisierbarkeit erfordert eine gewisse Mindestabnahmemenge pro zu versorgender Straßenlänge, die insbesondere durch große Wärmeabnehmer wie bezirkliche Liegenschaften verbessert werden kann.

Das Bezirksamt hat diese Sichtweise bereits durch sein jahrelanges, sehr umfangreiches, personelles und finanzielles Engagement in den Siedlungen Eichkamp/Heerstraße, mit den dortigen Siedlervereinen in Kooperation, unterstrichen und beabsichtigt, diese Unterstützung fortsetzen. Ein weiteres Konzept, das Nahwärmeversorgung vorsieht, hat das Bezirksamt auf dem Olympiagelände unterstützt. Das Bezirksamt begrüßt weitere Initiativen zu Nahwärmeprojekten im Bezirk und bietet diesen im Rahmen der verfügbaren Ressourcen vergleichbare Unterstützung an.

 

 

  1. „Welchen Beitrag können Liegenschaften des Bezirks für den wirtschaftlichen Betrieb von Nahwärmenetzen leisten, insbesondere im Nahwärmeprojekt Eichkamp?“
     

Es sind unterschiedliche Beiträge möglich. Neben der aufgrund der vorhandenen Platzverhältnisse in den Liegenschaften in der Siedlung Eichkamp stark limitierten Möglichkeit, Wärmeversorgungsanlagen für Nahwärmenetze in bezirkseigenen Liegenschaften aufzustellen, kommt insbesondere die Verbesserung der dauerhaften wirtschaftlichen Tragfähigkeit von Nahwärmenetzen durch Wärmeabnahme für die bezirkseigenen Liegenschaften in Betracht.

Die Errichtung neuer Nahwärmenetze zeichnet sich versorgerseitig durch hohe Anfangsinvestitionen, aber vergleichsweise geringe laufende Kosten aus. Um ein solches Unternehmen erfolgreich zu führen ist es hilfreich, langfristig gesicherte Lieferbeziehungen zu etablieren. Eine bei den in Frage kommenden bezirklichen Liegenschaften vergleichsweise hohe, langfristig gesicherte Wärmeabnahme gibt Betreibenden von Nahwärmenetzen die notwendige Sicherheit, dass die Wärme langfristig abgenommen wird, die entsprechenden Preise gezahlt werden und die Betreibenden die aufgenommenen Kredite somit bedienen können.

 

Das Bezirksamt hat am Forschungsprojekt „Urbane Wärmewende Partizipative Transformation von gekoppelten Infrastrukturen mit dem Fokus auf die Wärmeversorgung am Beispiel Berlin“ teilgenommen, dessen auf www.urbane-waermewende.de einsehbaren Ergebnisse die hier geäerten Ansichten des Bezirksamtes unterstreichen. Dort wird dieses Vorgehen „Keimzellenansatz“ genannt. Keimzellen sind nach dem Projektverständnis Gebäude/-komplexe, die aufgrund ihres Wärmebedarfs eine gebäudeübergreifende Wärmeversorgung und die Nutzung größerer Potenziale an erneuerbarer Wärme und/oder Abwärme ermöglichen. In der Siedlung Eichkamp könnte der Gebäudekomplex Ernst-Adolf-Eschke-Schule/Reinfelderschule voraussichtlich eine solche Keimzelle bilden. Vor einer abschließenden Bewertung ist zu berichten, dass das Bezirksamt fortschreitende Untersuchungen durchführt, deren Erkenntnisse noch abzuwarten sind.

 

 

  1. „Welchen Spielraum sieht das Bezirksamt, um auch evtl. höhere Versorgungspreise für die Versorgung öffentlicher Gebäude mit Wärme zu zahlen, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren?“
     

Der letzte Stand der Wirtschaftlichkeitsberechnungen für eine erste Ausbaustufe des Wärmenetzes in der Siedlung Eichkamp vom 29.3.3022 nimmt eine Wärmeabgabe an die dortigen Schulen zu Vollkosten von 8,16 ct/kWh an, damit diese erste Ausbaustufe wirtschaftlich betreibbar ist (heutiges Preisdatum, kann sich bis Inbetriebnahme ändern). Momentan sind in den Schulen Erdgasheizungen und Erdgas-BHKW-Anlagen sowie eine Wärmepumpe installiert. Zurzeit kann keine belastbare Aussage über die Entwicklung der Gaspreise für das Land Berlin (Sammeleinkauf für das Bezirksamt) für die Jahre ab 2023 getroffen werden, es ist aber davon auszugehen, dass die Bezugspreise für Erdgas auch für das Land Berlin spürbar ansteigen. Das Bezirksamt kann daher, wenn es ein Bekenntnis zum Anschluss der Schulen an das Wärmenetz abgibt und die Errichtung des Netzes damit ermöglicht, von langfristig kalkulierbaren Konditionen, die die Nahwärmeversorgung bietet, profitieren und seine Wärmeversorgung ohne weitere eigene Investitionen fossilfrei betreiben. Sofern der Erdgaspreis sein aktuell hohes Niveau dauerhaft beibehält sind auch im Vergleich Kostensenkungen möglich. Das Bezirksamt wird vor einer abschließenden Entscheidung lieferunabhängige, umweltschonende sowie kostengünstige Alternativen (z.B. die Versorgung durch Geothermie) und deren Einbindungsmöglichkeiten in Versorgungsnetze prüfen. Schließlich wird ggf. eine Abwägung zwischen geringfügigen Mehrkosten oder einem Verzicht auf einen höheren Nachhaltigkeitsnutzen im Gesamtzusammenhang zu treffen sein.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

Schruoffeneger

 

 
 

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