Drucksache - 2297/V
Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:
(Text siehe Rückseite)
Soziales und Bürgerdienste Tel.: 33900
Bezirksverordnetenversammlung Drucksache Nr.: 2297/V Mitte von Berlin
Vorlage -zur Kenntnisnahme- über „Ein Haus der Hilfe für Mitte“ Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen: Die Bezirksverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung am 30.04.2020 folgendes Ersuchen an das Bezirksamt beschlossen (Drucksache Nr. 2297/V):
Das Bezirksamt wird ersucht zu prüfen, ob und wie im Bezirk ein „Haus der Hilfe“ errichtet werden kann, welches diverse Hilfs- und Beschäftigungsangebote für Wohnungs- und Obdachlose unter einem Dach bündelt, um hierdurch modellhaft die Versäulung bestehender Hilfeangebote für Wohnungslose zu überwinden und entsprechend Betroffene bei der Überwindung ihrer prekären Lebenssituation besser zu unterstützen. Erkenntnisse aus diesem Modellprojekt sollen bei der Weiterentwicklung der Regelstrukturen der Wohnungslosenhilfe berücksichtigt werden. In Absprache mit der Senatsverwaltung für Soziales ist ein Konzept zum „Haus der Hilfe“ zu erarbeiten, um in den Genuss einer Finanzierung von 250.000 Euro zu kommen, welche die Regierungskoalition auf Landesebene für den Doppelhaushalt 2020 /2021 beschlossen hat (500.000 Euro für zwei Standorte unter dem Vorbehalt eines einzureichenden Konzepts bei der Senatsverwaltung für Soziales).
Das Bezirksamt hat am .02.2023 beschlossen, der Bezirksverordnetenversammlung dazu Nachfolgendes als Schlussbericht zur Kenntnis zu bringen:
Der damalige Bezirksbürgermeister von Dassel hatte im Sommer 2019 versucht, ein ähnliches Angebot, dessen mögliche Umsetzung in Anlehnung an die DS 1155/V der BVV Friedrichshain-Kreuzberg (s. Anlage) mit der DS 2297/V geprüft werden sollte, im ehemaligen Pflegeheim des Jüdischen Krankenhauses in der Schulstr. 97 zu etablieren. Aufgrund des schlechten baulichen Zustands der Immobilie kam diese dafür jedoch nicht in Frage. Ein alternativer Umsetzungsort konnte für das Vorhaben von dort nicht gefunden werden.
Die Zuständigkeit zur Einrichtung eines „Hauses der Hilfe“ liegt beim Amt für Soziales, da das Konzept der Sozialen Wohnhilfe, auf das sich die Bezirke im März 2019 verständigt haben, im Ansatz auf diese Hilfeform abzielt und in den Planungen des Sozialamtes bereits vorgesehen ist. Im Rahmen des Ausbaus der Sozialen Wohnhilfe sind vielfältige Zugangsöffnungen zum Hilfesystem (s. unten) notwendig und neue Formen der Unterbringung nach dem ASOG (s. unten) geplant. Diese sollen das Grundgerüst für ein „Haus der Hilfe“ bilden. Dabei ist u.a. angedacht, eine Verknüpfung zum SGB IX bzw. SGB XII herzustellen und zu entsprechenden Hilfen der Eingliederungshilfe bzw. Hilfe zur Pflege zu beraten, um eine möglichst umfassende „Hilfe aus einer Hand“ anbieten zu können. Auch ist vorstellbar, diese Angebote entsprechend der sozialräumlichen Bedarfe am Standort beispielsweise mit den Aspekten Beschäftigung und interkultureller Treffpunkt zu verbinden, wobei hierbei die Träger einbezogen werden sollten.
Mögliche Zugangsöffnungen zum Hilfesystem können sein:
• lebensweltbezogene/bedarfsgerechte sog. niederschwellige Angebote: Anonyme Not- und Grundversorgung durch Träger • Mittelschwellige Angebote: Klienten sind bekannt, sie bleiben aber in der Obdachlosigkeit und werden vom Amt mit Unterstützung der Träger betreut • Hochschwellige Angebote, welche in den Regelstrukturen verankert sind: Leistungen zur Teilhabe im umfassenden Sinne, die stärker zu vernetzen sind, z.B. ASOG, SGB XII, SGB IX
Eine sinnvolle Mehrfachnutzung von nieder- und mittelschwelligen Angeboten sollten im „Haus der Hilfe“ etabliert werden. Diese gilt es, im Rahmen der sozialräumlichen Netzwerkarbeit bedarfsgerecht weiterzuentwickeln. Eine entsprechende Ausrichtung der Angebote bietet die Chance, betroffene Klient*innen an das Hilfesystem anzubinden und ihre Obdachlosigkeit nachhaltig zu beenden bzw. menschenwürdig zu gestalten.
Mittelschwellige Angebote beinhalten:
• Erfassen von Daten und Problemlage(n), • Persönliche Ansprache und Information über mögliche Hilfeangebote, • Stärkung der Eigeninitiative (orientiert am Interesse und Willen der Klienten), • Vermittlung von Angeboten ohne weitergehende Verpflichtung, z.B. die Obdachlosigkeit zu beenden, • Prüfen von möglichen Hilfsangeboten zum Lebensunterhalt, der Pflege oder Eingliederungshilfe etc., • Schaffung von Zugängen zu Einrichtungen und Angeboten in den Sozialräumen, • Förderung/Vermittlung von Angeboten, die eine Betreuung im System bzw. die Selbstständigkeit der Klienten unterstützen, • Identifikation und Weiterentwicklung von sozialräumlichen Ressourcen wie Einrichtungen und Angebote mittels Netzwerkarbeit, • Fortlaufende Beteiligung der Klienten an der Ausgestaltung von Informationsvermittlung, Zugängen sowie Themenschwerpunkte der Angebote durch die beauftragten Träger, • Träger mit der Umsetzung von Konzepten sowie transparenten Zielvereinbarungen beauftragen, welche unter angemessener Beteiligung aller relevanten Akteure im Sinne der Zielgruppe weiterentwickelt werden, gegebenenfalls auch in eigener Verantwortung des Amtes für Soziales.
Notwendige Unterbringungsformen nach dem ASOG können sein:
• ASOGLight: Angebote für Personen, die (noch) nicht wohnfähig sind; hierzu gehören unter Umständen auch Safe Places, die von der BVV und der Sozialen Wohnhilfe abgelehnt werden. • ASOGStandard: Durch die GStU vermittelte und vertraglich gebundene Einrichtungen nach einem einheitlichen Standard. • ASOGMix: Angebote, mit einem erhöhten Betreuungsaufwand und gemischter Belegung, die aus Tagessätzen finanziert werden. • ASOGPlus: Angebote, bei denen eine Unterbringung (ASOG) mit Angeboten anderer Träger zur Eingliederungshilfe oder ambulante Hilfe zur Pflege kombiniert werden kann. • ASOGSpezial: Angebote für spezielle Zielgruppen (z.B. Frauen) oder Lebenslagen (z.B. Hospize).
Dabei könnte das „Haus der Hilfe“, ähnlich dem Haus der Teilhabe, real und/oder virtuell sein. Es könnte als Arbeitsbündnis verstanden werden, um Teilhabe zu ermöglichen, Integration zu unterstützen und Mindeststandards der sozialen Sicherheit zu gewährleisten, und zwar mit Personen als Zielgruppe, die von prekären Wohnsituationen betroffen sind - auch aus EU-Ländern. Insbesondere suchtkranke Obdachlose müssen Berücksichtigung finden, da das Angebot für diese Gruppe nicht als ausreichend bewertet werden kann. Als bessere Variante sieht das Amt für Soziales das reale „Haus der Hilfe“ an, da hier die Hilfe quasi unter einem Dach erfolgen kann und die Betroffenen auf dem Weg zu vorgeschlagenen weiteren Hilfen direkt begleitet und nachversorgt werden können. Parallel dazu könnten Online-Angebote Klienten bei dem Weg in eine selbstständige Lebensführung zusätzlich unterstützen bzw. präventiv bei von Obdachlosigkeit bedrohten Menschen genutzt werden.
Mit dem Gebäude der ehemaligen IS-Bank in der Müllerstr. 150 konnte Anfang 2021 zunächst eine mögliche Immobilie gefunden werden, die Angebote eines in dieser Drucksache beschriebenen „Hauses der Hilfe“ teilweise hätte abdecken können und das Bezirksamt in konkrete Planungen gehen ließ. Während der Aspekt der Beschäftigung in Form von Arbeitsangeboten sowie Unterkünfte aus Platzgründen nicht hätte berücksichtigt werden können, war geplant, hier eine Anlaufstelle mit unterschiedlichen Beratungs- und Begegnungsangeboten einzurichten. Die geplante Mehrfachnutzung sollte sich an alle Anrainer des Leopoldplatzes und Umgebung richten. Zudem sollten durch soziale und gesundheitliche Angebote bestimmte Zielgruppen von dem Konzept profitieren. Basierend auf damaligen Bedarfen war ein Flächennutzungsplan in enger Abstimmung mit den potenziellen Nutzer*innen für die dreigeschossige Immobilie erstellt worden:
Mit dem Eigentümer wurden Verhandlungen über notwendige Umbauten, mögliche Investitionszuschüsse seitens des Bezirksamtes und die Miethöhe geführt. Eine Anmietung durch den Bezirk war für mindestens 10 Jahre geplant. Zeitgleich zu den Gesprächen mit dem Eigentümer der Müllerstraße 150 hatte der beteiligte Träger Vista eine alternative Immobilie für den Drogenkonsumraum in der Müllerstr. 120 gefunden, der im Dezember 2021 eröffnet wurde.
Da weitere Träger Bedarfe an Räumlichkeiten in der Umgebung des Leopoldplatzes angemeldet hatten, hatte der Bezirk dennoch weiter mit dem Eigentümer verhandelt. Auch eine zeitweise Unterbringung der Galerie Wedding wurde überlegt. Nachdem nach einem Wassereinbruch im Gebäude Feuchteschäden und Schimmelbildung aufgetreten waren und der Eigentümer eine Beseitigung der Schäden hinauszögerte, gerieten die anzumietenden Flächen in einen Zustand, der bei Anmietung durch das Bezirksamt hohe Instandsetzungskosten zur Folge gehabt hätte. Angesichts dieser zusätzlichen Kosten und der für einen befristeten Mietvertrag ohnehin zu hohen Miete, musste die Anmietung des Objektes abgesagt werden.
Zwischenzeitlich stand die Arbeiterwohlfahrt in Verhandlungen mit dem Eigentümer, um die Immobilie zu kaufen. Stattdessen zogen ein Corona-Testzentrum und später ein Bekleidungsgeschäft in das Gebäude ein. Mittlerweile steht die Immobilie wieder leer und der Zustand hat sich augenscheinlich weiter verschlechtert.
Auch wenn derzeit keine Immobilie zur Verfügung steht und die Aussichten auf dem Berliner Immobilienmarkt eher schlecht sind, hat das Amt für Soziales Mitte die Idee, ein „Haus der Hilfe“ in Mitte zu schaffen, weiterhin auf der Agenda. Trotz intensiver Bemühungen verschiedener Bereiche konnte bisher aber kein geeignetes Objekt gefunden werden, sodass hier leider kein Fortschritt zu verzeichnen ist.
Die aufsuchende Arbeit des Amtes für Soziales findet auch ohne das Vorhandensein eines realen „Hauses der Hilfe“ statt, wenn auch mit Einschränkungen. Die persönliche Zusammenarbeit der Sozialen Wohnhilfe mit diversen Trägern im Sozialraum wird weiter intensiviert und damit das bereits gut funktionierende Netzwerk der Hilfe ausgedehnt und verfestigt. Damit bleibt es zunächst bei dem eingangs erwähnten Arbeitsbündnis als eine Art „virtuelles Haus der Hilfe“.
Als Teillösung auf dem Weg zu einem echten „Haus der Hilfe“ sucht die Mobile Sozialarbeit des Amtes für Soziales derzeit nach einem Standort, an dem obdachlose Personen ohne Zugangsregelung, lange Schlangen und starre Öffnungszeiten vorsprechen können. Durch die Schaffung einer solchen Kontaktstelle mit niedrigschwelligem Zugang und leichter Erreichbarkeit kann ein Raum geschaffen werden, der den auf der Straße geknüpften Kontakt abseits der Straße vertieft und in dem zusammen mit den Klient*innen an ihrer Lebensgestaltung gearbeitet werden kann. Personen, die die Mobile Sozialarbeit auf der Straße kennengelernt hat und zu denen eine Beziehung aufgebaut wurde, sollen wissen, dass sie in der Kontaktstelle vorbeikommen und an die Tür klopfen können, um ihre Angelegenheiten zu erledigen (Eingliederung in das Hilfesystem, Anträge stellen, Postbearbeitung, Wohnheimsuche, Beratung, Weitervermittlung, Telefon und Computer zur Verfügung stellen). Die Kontaktstelle stellt eine ideale Möglichkeit dar, „amtsscheue“ und schwer zugängliche obdachlose Personen (das sind fast alle der Klient*innen) niedrig- bis mittelschwellig zu erreichen bzw. „erstzuversorgen“ und in weitere Hilfeformen zu vermitteln.
Neben der Suche nach einem Standort für die Kontaktstelle der Aufsuchenden Sozialarbeit konzentriert sich das Amt für Soziales auf den Erhalt von vorhandenen Einrichtungen und Projekten, den Ausbau des Netzwerkes sowie auf die Suche nach einem Standort für einen Tagestreff am Alexanderplatz.
Das Bezirksamt wird dem Ausschuss für Soziales, Bürgerdienste, Wohnen bei neuen Erkenntnissen oder Planungen berichten.
A) Rechtsgrundlage: § 13 i.V. mit § 36 BezVG B) Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung
keine
Keine C) Auswirkungen auf den Klimaschutz Die BA-Vorlage hat voraussichtlich keine Auswirkungen auf den Klimaschutz, da diese lediglich einen berichtenden Charakter besitzt.
Berlin, den .02.2023 Bezirksstadtrat Spallek Bezirksbürgermeisterin Remlinger
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