Impfverbot, Einstellungsverbot
Auf Grundlage des §2 Abs. l Nr. 2 Verordnung zum Schutz der Rinder vor einer Infektion mit dem Bovinen Virusdiarrhoe-Virus (BVDV) und nach Artikel 20 Absatz l und Artikel 18 Absatz l Buchstabe b Ziffer vi i. V. m. Anhang IV Teil VI Kapitel l der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 werden für den Bezirk Mitte von Berlin nachstehende Maßnahmen angeordnet:
l. Die Impfung von Rindern der Gattungen Bison, Bos (einschließlich der Untergattungen Bös, Bibos, Novibos, Poephagus) und Bubalus (einschließlich der Untergattung Anoa) und seine Kreuzungen gegen Infektionen mit dem BVD-Virus mit Impfstoffen aller Art (Lebendimpfsfoffe und Totimpfsfoffe) ist verboten.
2. Zur Bekämpfung von Ausbrüchen der BVD oder nach Feststellung von persistent mit BVD infizierten Tieren o.g. Arten oder aus anderen Gründen der Tierseuchenbekämpfung kann eine Impfung in den davon betroffenen Betrieben von der zuständigen Behörde genehmigt werden.
3. Im Gebiet des Bezirks Mitte von Berlin dürfen in einen Rinderbestand ausschließlich BVDV unverdächtige Rinder eingestellt werden, die nicht gegen BVDV geimpft worden sind, soweit das Land Berlin gemäß Artikel 38 der Verordnung (EU) 2016/429 als „BVD-freie Zone” gelistet ist.
Ausnahmen können nach Abwägung im Einzelfall genehmigt werden.
4. Die sofortige Vollziehung dieser Ordnungsverfügung wird im öffentlichen Interesse angeordnet, soweit nicht bereits kraft Gesetzes die aufschiebende Wirkung aufgehoben ist.
5. Diese Allgemeinverfügung tritt am Tage nach der Veröffentlichung in Kraft und gilt bis zu ihrer Aufhebung.
Begründung:
Die Bovine Virus Diarrhöe (BVD) ist eine Rinderkrankheit, die weltweit vorkommt und zu den bedeutendsten Virusinfektionen bei Rindern zählt. Die Übertragung des Virus erfolgt horizontal (von Tier zu Tier), über verschiedene Körpersekrete, oder vertikal als Infektion während der Trächtigkeit vom Muttertier auf das Kalb. Die Infektionen verlaufen oft symptomlos oder gehen mit Durchfällen, Atemwegserkrankungen und Leistungsabfall einher. Bei der Infektion serologisch negativer trächtiger Rinder kann es in Abhängigkeit vom Infektionszeitpunkt neben erschiedenen
Komplikationen zur Entstehung von persistent mit dem BVD-Virus infizierten (PI-)Kälbern kommen.
PI-Tiere können klinisch unauffällig erscheinen, spielen aber als dauerhafte Virusausscheider für die Aufrechterhaltung von Infekt-Keften in Beständen oder Regionen eine zentrale Rolle. So können sie das Virus über Kontakte, z. B. während des Transportes, sehr leicht weiterverbreiten. Die BVD wird seit dem 01.01.2011 in Deutschland staatlich bekämpft. Seitdem ist ein kontinuierlicher Rückgang der Anzahl BVD-Virus-infizierter Bestände zu verzeichnen. Im Vordergrund der Bekämpfung steht die Identifikation von PI-Tieren und deren Entfernung aus den Beständen. Langfristiges Ziel ist es, die Erkrankung vollständig zu tilgen. Berlin hat aufgrund des bisherigen Fortschritts bei der Bekämpfung der BVD bei der EU die Genehmigung eines Tilgungsprogramms gemäß Artikel 31 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2016/429 beantragt. Das Tilgungsprogramm zielt darauf ab, für das Land Berlin die Anerkennung als seuchenfreie Zone gemäß Artikel 36 zu erlangen. Ein solcher Status
ermöglicht es dann, durch verpflichtende Zusatzgarantien beim Verbringen von Rindern die Rinderbesfände in Berlin vor Neuinfektionen mit dem BVD-Virus zu schützen.
Die rechtliche Grundlage der Anforderungen zur Gewährung und Aufrechterhaltung des Status „frei von BVD” in Bezug auf Rinderhaltungsbetriebe ergibt sich aus Artikel 18 Absatz l Buchstabe b Ziffer vi i. V. m. Anhang IV Teil VI Kapitel l der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689. Mit Geltungsbeginn der Verordnung (EU) 2016/429 am 21. April 2021 haben alle Rinderhaltungsbetrieben, die gemäß § l Nummer 2 der Verordnung zum Schutz der Rinder vor einer Infektion mit dem Bovinen Virus Diarrhoe-Virus (BVDV-Verordnung) als „BVDV-2-unverdächtiger Rinderbestand” eingestuft waren, der Status „frei von BVD” erhalten. Dieser
Status kann nur aufrechterhalten werden, wenn seit der Gewährung des Status im Bestand kein Rind gegen BVD geimpft wurde (Anhang IV Teil VI Kapitel l Abschnitt 2 Absatz l Buchstabe b der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689).
Zu 1. und 2.
Gemäß § 2 Absatz l Nummer 2 der BVDV-Verordnung kann die zuständige Behörde die Impfung der Rinder eines bestimmten Gebietes gegen die Infektion mit dem BVD-Virus verbieten, wenn Belange der Tierseuchenbekämpfung nicht entgegenstehen. Außerdem ist die Impfung während eines Tilgungsprogramm nach Artikel 12 Absatz l Buchstabe c Ziffer i in V. m. Artikel 18 und Anhang IV Teil VI Kapitel l der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 in der gesamten Tilgungszone nicht zulässig.
Das Verbot der Impfung ist aus Gründen der Tierseuchenbekämpfung geeignet, erforderlich und angemessen. Das Verbot soll verhindern, dass bei serologischen Untersuchungen in Rinderhaltungsbetrieben gegen BVDV geimpfte Rinder nicht von an BVDV erkrankten Rindern zu unterscheiden sind. Dieses würde das Erkennen eines Seuchenausbruchs verzögern und
einschränken und ein frühzeitiges Einsetzen von Seuchenbekämpfungsmaßnahmen erschweren.
Das Verbot ist außerdem Voraussetzung für Anerkennung als seuchenfreie Zone, in der einer Ausbreitung der BVD durch Verbringungsbeschränkungen wirksam vorgebeugt werden kann. Bei der Abwägung, ob im vorliegenden Fall ein milderes Mittel ausreicht, sind die Eigenschaften des Erregers sowie die Interessen der betroffenen Tierhalter in die Entscheidungsfindung eingeflossen.
Das Bezirksamt Mitte von Berlin ist gemäß § 4 Abs. 2 Satz l des Gesetzes über die Zuständigkeiten in der Allgemeinen Berliner Verwaltung (AZG) i.V.m. § 2 Abs. 4 Satz l des Allgemeinen Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin (ASOG Bin) i.V.m. Nr. 16a Abs. 4 des Zuständigkeitskatalogs Ordnungsaufgaben (ZustKatOrd) zuständig für den Erlass dieser Allgemeinverfügung. Von einer Anhörung konnte auf der Grundlage des § l Abs. l des Gesetzes über das Verfahren der Berliner Verwaltung (VwVfG Bin) i.V.m § 28 Abs. 2 Nr. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) abgesehenwerden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei der vorliegenden Sachlage die Anhörung der Betroffenen nicht zu einer anderen Beurteilung der Umstände führen würde.
Zu 3. Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung
Nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse besonders angeordnet werden. Diese Voraussetzung liegt hier vor, da die Ausbreitung des BVDV und somit die Gefahr von tiergesundheitlichen wie auch wirtschaftlichen Folgen sofort unterbunden werden muss. Es besteht ein öffentliches Interesse daran, dass ein BVDV Ausbruch möglichst frühzeitig erkannt wird, um sofort notwendige Seuchenbekämpfungsmaßnahmen einleiten zu können.
Käme es hierbei zu einer zeitlichen Verzögerung durch Rechtsmittel mit aufschiebender Wirkung, würde die Verbreitung des BVDV begünstigt oder könnte eine bereits stattgefundene Verschleppung erst verspätet erkannt werden. Dadurch würden den betroffenen empfänglichen Tieren erhebliche, letztlich vermeidbare Leiden und Schäden zugefügt werden sowie den
Halterinnen und Haltern erhebliche wirtschaftliche Schäden entstehen.
Im Interesse einer effektiven Tierseuchenbekämpfung überwiegt das öffentliche Interesse daran, dass auch während eines Rechtsmittelverfahrens die erforderlichen Seuchenerkennungsmaßnahmen durchgeführt werden können. Die Maßnahmen dienen dem Schutz sehr hoher Rechtsgüter. Die Gefahr der Weiterverbreitung der Seuche und der damit verbundene wirtschaftliche Schaden sind höher einzuschätzen als persönliche Interessen an der aufschiebenden Wirkung als Folge eines eingelegten Rechtsbehelfs.
Zu 4. Bekanntgabe
Diese tierseuchenrechtliche Allgemeinverfügung gilt gemäß § 4l Abs. 4 Satz 4 des VwVfG an dem auf die öffentliche Bekanntmachung folgenden Tag als bekannt gegeben.
Die Allgemeinverfügung tritt wegen der Dringlichkeit der Seuchenbekämpfung bereits am Folgetag der Bekanntmachung über die Internetseite des Bezirkes Mitte von Berlin, also am 04.06.2025, in Kraft.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist schriftlich oder mündlich zur Niederschrift beim Bezirksamt Mitte von Berlin, Ordnungsamt – Veterinär- und Lebensmittelaufsicht, Beusselstr. 44 N-Q
(Gebäude 32), 10553 Berlin oder in elektronischer Form mit einer qualifizierten elektronischen Signatur an die E-Mail-Adresse post@ba-mitte.berlin.de zu erheben.
Es wird darauf hingewiesen, dass bei schriftlicher Einlegung des Widerspruchs die Widerspruchsfrist nur dann gewahrt ist, wenn der Widerspruch innerhalb dieser Frist eingegangen ist. Gemäß § 80 Abs. 2 VwGO hat der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung.
Im Auftrag
Dr. Fischer
Leitender Amtstierarzt