Drucksache - 1454/III  

 
 
Betreff: Hilfe für den Leopoldplatz zeitnah umsetzen!
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion der CDUBezirksamt Mitte von Berlin
Verfasser:Reschke Dr. Streb 
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
17.12.2009 
31. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
18.03.2010 
34. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin mit Zwischenbericht zur Kenntnis genommen   
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
17.06.2010 
37. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin mit Zwischenbericht zur Kenntnis genommen   
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
18.11.2010 
39. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin mit Zwischenbericht zur Kenntnis genommen   
BVV Mitte von Berlin Entscheidung

Sachverhalt
Anlagen:
1. Antrag vom 08.12.2009
2. Beschluss vom 17.12.2009
3. Vorlage zur Kenntnisnahme vom 09.03.2010
Anlage Projektskizze
Anlage Karte
4. Beschluss vom 18.03.2010
5. Vorlage zur Kenntnisnahme vom 08.06.2010
6. Beschluss vom 21.06.2010
7. Vorlage zur Kenntnisnahme vom 09.11.2010
8. Beschluss vom 18.11.2010
9. Vorlage zur Kenntnisnahme vom 24.04.2012

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

 

 

(Text siehe Rückseite)


Bezirksamt Mitte von Berlin                                                                                                                .04.2012

Abt. Gesundheit, Personal u. Finanzen                                                                                    32570

 

 

Bezirksverordnetenversammlung                                                                                    Drucksache Nr.

Mitte von Berlin                                                                                                                              1454/III

                                                       

 

Vorlage - zur Kenntnisnahme –

 

über „Hilfe für den Leopoldplatz zeitnah umsetzen!“

 

 

Die Bezirksverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung am 17.12.09 folgende  Anregung an das Bezirksamt beschlossen

(Drucksache Nr. 1454/III)

 

Das Bezirksamt wird ersucht, bis zum 1. März 2010 unter Federführung des Präventionsrates ein Gesamtkonzept zur Bewältigung der Probleme am Leopoldplatz (Alkoholmissbrauch, Verwahrlosung, Drogenszene) zu erstellen.

 

Das Bezirksamt hat am 10.04.2012 beschlossen, der Bezirksverordnetenversammlung dazu Nachfolgendes als Schlussbericht zur Kenntnis zu bringen.

 

 

Wir bitten, zur Kenntnis zu nehmen:

 

Die Bezirksverordnetenversammlung wurde in mehreren Zwischenberichten über den Stand und die Entwicklung auf dem Leopoldplatz informiert. Nachfolgend soll – ausgehend von den Handlungsfeldern des integrierten Konzepts für den Leopoldplatz – eine erste Bilanz gezogen werden.

 

Handlungsfelder und Zielsetzung des integrierten Konzepts Leopoldplatz

 

 

Die Probleme am Leopoldplatz haben ein konstruktives Netzwerk entstehen lassen, das sich seit über 2 Jahren aktiv und beharrlich um eine Verbesserung der Situation kümmert. Sehr unterschiedliche Akteure wurden an einen Tisch gebracht. In enger Zusammenarbeit haben viele engagierte Bürgerinnen und Bürger, Geschäftsleute, die ansässige Kirchengemeinde, soziale Projekte, das Quartiersmanagement Pankstraße, der Runde Tisch Leopoldplatz, die Bürgerplattform Wedding/Moabit, die Stadtteilvertretung Müllerstraße, das "Team Leo“ als gemeinwesenbezogenes Platzmanagement, Polizei und verschiedene Ressorts des Bezirksamts in Abstimmung mit dem beauftragten Prozesssteuerer Jahn, Mack & Partner im Rahmen des Bund-Länder-Programms Aktives Zentrum Müllerstraße Lösungen für den Leopoldplatz erarbeitet.

 

Handlungsfeld A: Nutzungsvielfalt durch kulturelle Belebung

Auf Initiative des Runden Tisches Leopoldplatz, durch das Zutun engagierter Kulturschaffender aus dem Bezirk, von Anwohner/innen und mit Mitteln aus dem Programm Aktive Zentren konnte seit 2010 die kulturelle Belebung des Leopoldplatzes durch Veranstaltungen verstärkt angestoßen werden. Viele Ideen entstehen dabei am Runden Tisch Leopoldplatz oder in der Stadtteilvertretung „mensch.müller“ und wurden bzw. werden gemeinsam mit den Anwohner/innen und Akteuren vor Ort umgesetzt.

An die zahlreichen Aktivitäten und Erfahrungen des Vorjahres konnte 2011 angeknüpft werden. Einige Veranstaltungen etablierten sich bereits zu regelrechten Klassikern wie der Kunst-, Kultur- und Weihnachtsmarkt auf dem Leopoldplatz oder die Fête de la Musique. Weitere größere Veranstaltungen wie der Open-Air-Tango-Abend oder der Kinoabend lockten ein vielschichtiges Publikum aus ganz Berlin an. Für das jüngere Publikum gab es ein Hip-Hop-Fest und die Aktion „Wunschsterne“ in der Weihnachtszeit. Hinzu kamen auch kleinere Projekte des erstmals aus dem Programm Aktive Zentren finanzierten Gebietsfonds wie die „Happy Grooves für den Leopoldplatz“ oder die auf dem Mittelstreifen der angrenzenden Schulstraße durchgeführte Pflanzaktion.

Auf dem hinteren Leopoldplatz fanden verschiedene nachbarschaftliche Projekte statt, zum Beispiel wurden gemeinsam Beete bepflanzt und gepflegt oder Erntedank gefeiert.

Daneben galt es in der Mitte des Jahres, den Umzug der „Trinkerszene“ zum neuen Aufenthaltsbereich zu begleiten (siehe Handlungsfeld C). So wurde durch das Projekt „leo kene“ der freiwerdende Bereich am vorderen Leopoldplatz mit ornamentalen Wegemustern künstlerisch gestaltet, und auch die neu installierte gastronomische Zwischennutzung („Café Leo“) soll diesen Bereich neu beleben und für neue Nutzergruppen öffnen. Unterstützt wurden die Veränderungen auch durch die temporäre (Wieder-)Inbetriebnahme des Brunnens auf dem Leopoldplatz.

Begleitet wurde die Belebung durch eine aktive Öffentlichkeitsarbeit, die in Artikeln der Sanierungszeitung „ecke müllerstraße“ sowie in Berichten der Presse über die Veränderungen am Leopoldplatz ihren Niederschlag fand.

Die bunte Programmmischung soll es auch 2012 geben. Die Qualität und Vielfältigkeit der bisherigen Veranstaltungen zeigen, welche Bedeutung der Leopoldplatz für die Anwohner und Akteure an der Müllerstraße hat und haben kann.

 

Handlungsfeld B: Bauliche Umgestaltung

Die aus dem Programm Aktive Zentren finanzierten Umgestaltungsmaßnahmen auf dem Leopoldplatz sollen im Wesentlichen Ende 2012 abgeschlossen sein. Die sozialen und kulturellen Begleitmaßnahmen sollen darüber hinaus wirksam bleiben und weitergeführt werden.

Nach dem Bau des neuen Aufenthaltsbereichs und der Errichtung von temporären Toiletten im Sommer 2011 an der Schulstraße wurden bis zum Ende des letzten Jahres der 1. und 2. Bauabschnitt (Spielplatz „Burg Leopold“ und Aktionsband) zwischen der Alten Nazarethkirche und der Turiner Straße bzw. entlang der Nazarethkirchstraße weitgehend realisiert. Die Fertigstellung des letzten Abschnittes des Aktionsbands erfolgt in diesen Wochen. Die Wünsche der Kinder aus dem Gebiet sind im Rahmen einer Kinderbeteiligung (2010) in die Planung des Spielplatzes eingeflossen. Der Resonanz aus der Anwohnerschaft zufolge wird der neue Spielplatz – trotz Winterzeit – gut angenommen.

 

Der neue Aufenthaltsbereich wurde bisher abhängig von der Witterung ebenfalls gut angenommen (siehe Handlungsfeld C). Die temporäre Einrichtung der Toiletten, die kostenlos nutzbar sind, hat dazu beigetragen, die Nutzungskonflikte auf dem Leopoldplatz deutlich zu entschärfen. Eine dauerhafte (bauliche) Lösung für die Toiletten im Bereich Schulstraße, Ecke Turiner Straße wird angestrebt. Hierbei sind die besonderen Anforderungen an den Standort und durch die Nutzergruppen zu berücksichtigen. Außerdem soll der Aufenthaltsbereich 2012 mit einer Teilüberdachung versehen werden, um auch bei schlechtem Wetter einen „erträglichen“ (trockenen) Aufenthalt zu ermöglichen.

Teilweise mit Sorge wird derzeit noch - von der Szene und von Teilen der Anwohnerschaft - die Nähe zwischen Aufenthaltsbereich und dem neuen Spielplatz gesehen. Die durch die Beteiligten geschaffenen Strukturen sichern die enge Abstimmung zwischen den einzelnen Akteuren (siehe Handlungsfeld C und D), die die Situation im Frühjahr sehr genau beobachten werden, um gegebenenfalls aufkommende Konflikte zu entschärfen.

 

Da es sich beim Leopoldplatz nicht nur um landeseigene Flächen handelt, wird bei der baulichen Umsetzung immer auch mit der Nazarethkirchengemeinde zusammengearbeitet. Dies bezieht sich insbesondere auf die im Jahr 2012 anstehende wichtige Neugestaltung des Platzbereichs vor der alten Nazarethkirche. Basierend auf dem Gestaltungs- und Nutzungskonzept soll hier eine neue Brunnenanlage (Fontänefeld) für neue Nutzungsmöglichkeiten durch beispielsweise Kinder und Eltern sorgen.

 

Handlungsfeld C: Gemeinwesenorientiertes Platzmanagement

Seit September 2010 arbeitet das „Team Leo“ (Träger: Gangway e. V.) als Soziales Platzmanagement am Leopoldplatz. Zu seinen Schwerpunkten gehört die aufsuchende Sozialarbeit (Streetwork) sowie die gemeinwesenorientierte Konfliktvermittlung. Die Zielgruppe des sozialarbeiterischen Angebots sind diejenigen lokalen Szenen, die sich regelmäßig im öffentlichen Raum aufhalten und dort Alkohol- und/oder Drogen konsumieren.

 

Die Etablierung des Sozialen Platzmanagements erfolgte vor allem mit dem Ziel, die Nutzungskonflikte im öffentlichen Raum zwischen der sogenannten „Trinker- und Drogenszene“ und Anwohnern, Gewerbetreibenden und anderen Platznutzern zu entschärfen. Hauptanliegen ist dabei, den Leopoldplatz auch für andere Nutzergruppen attraktiver zu machen, ohne die ansässigen Szenen vom Platz zu vertreiben bzw. in andere Stadt- und Wohngebiete abzudrängen.

 

Zum Kern der Konfliktvermittlung gehörte die Beteiligung der ansässigen Szenen, die im Rahmen der Veränderung des Leopoldplatzes aktiv in die Problemlösung einbezogen wurden. Ein zentraler Baustein im Umgestaltungsprozess war die Errichtung eines neuen Aufenthaltsbereichs für diese Szenen (im Bereich Schul- / Ecke Turinerstraße). Für das „Team Leo“ stand von vornherein fest, dass ein solcher Umzug kein mechanischer Vorgang ist, sondern nur gelingen kann, wenn möglichst viele aus der Szene mitmachen. An einem solchen Aktivierungs- und Beteiligungsverfahren hat das Soziale Platzmanagement intensiv mit den Mitgliedern der Szenen gearbeitet. Dabei haben Teile der Szene auch eigene Vorschläge zur Ausgestaltung des neuen Aufenthaltsbereichs eingebracht.

 

Im Juli letzten Jahres wurde der neue Bereich mit rund 80 Personen aus der Szene eingeweiht. Ausgestattet ist er u. a. mit zwei (noch provisorischen) kostenfreien Toiletten für Männer und Frauen sowie Bänken, Müllkörben und einer Tischtennisplatte. Seither identifiziert sich ein großer Teil der Szene mit „ihrem“ neuen Aufenthaltsbereich und kümmert sich auch darum, dass dort bestimmte Regeln eingehalten werden (z. B. Müllentsorgung, Lärmvermeidung, keine szeneinterne Gewalt). Bis zur kälteren Jahreszeit hielten sich dort täglich bis zu 60 Personen auf, was für eine gelungene Aneignung des neuen Ortes spricht.

 

Ihren angestammten Bereich auf dem vorderen Leopoldplatz hat die Szene gänzlich aufgegeben, was zu einer deutlichen Entspannung im gesamten sozialen Feld und einer insgesamt positiven öffentlichen sowie medialen Resonanz geführt hat. Im Ergebnis konnte der akute Nutzungskonflikt am Leopoldplatz entschärft werden. Dies war nur mit Beteiligung der Szene möglich. Dafür war (und ist) aber auch eine breit angelegte und  intensive Netzwerkarbeit im Gemeinwesen und die Kooperation mit vielen zivilgesellschaftlichen Akteuren erforderlich, die sich schon länger am Leopoldplatz engagiert haben, darunter der „Runde Tisch Leopoldplatz“, die Stadtteilvertretung Müllerstraße, die Bürgerplattform Wedding / Moabit oder die Kirchengemeinde der Alten Nazarethkirche (Trinkraum „Knorke“). Hinzu kommt die Kooperation mit sozialen Einrichtungen wie die Sucht- und Wohnungshilfe oder Fixpunkt e. V. mit einem Drogenpräventionsmobil auf dem Leopoldplatz.

 

Handlungsfeld D: Verbesserung der Sicherheit

Im Sinne des „integrierten Handlungskonzepts“ bestand von vornherein die Notwendigkeit, auch ordnungspolitische Instanzen wie Polizei und Ordnungsamt in den Prozess der Verlagerung der Szenen auf dem Leopoldplatz einzubeziehen. Soziale Arbeit braucht in diesem Zusammenhang einen begleitenden ordnungsregulierenden Rahmen, um wirken zu können. Die enge Abstimmung zwischen Sozialem Platzmanagement, dem zuständigen Polizeiabschnitt 35 und dem Ordnungsamt – das seit Juli letzten Jahres gezielt und regelmäßig eine Platzstreife mit kontinuierlich gleicher personeller Besetzung auf dem Leopoldplatz einsetzt - hat insgesamt wesentlich zur Entschärfung des Konflikts beigetragen (Begleitung des Umzugs der Szene; Unterstützung der Szene bei der notwendigen Regeleinhaltung im öffentlichen Raum etc.). Positiv hervorzuheben ist das kooperative Zusammenwirken der unmittelbar auf dem Platz tätigen sogenannten „Praktiker am Leo“ (Sozialarbeit bzw. Platzmanagement, Suchthilfe, Kirche, Polizei und Ordnungsamt sowie BVG-Sicherheitsdienst), die - wenngleich in unterschiedlichen Rollen und Funktionen - mit dem gemeinsamen Ziel vor Ort sind, die Situation am Leopoldplatz weiterhin zu verbessern und dauerhaft zu stabilisieren. Dieser vernetzte Ansatz sollte im Sinne nachhaltiger Prävention unbedingt verstetigt werden.

 

Nicht nur in der Anwohnerschaft und seitens der Kirchengemeinde gibt es eine positive Resonanz auf die erreichten Veränderungen auf dem Platz. Auch der zuständige Polizeiabschnitt und das Ordnungsamt bewerten die Entwicklung positiv. Aus Sicht des Ordnungsamtes sind die anfallenden Ordnungswidrigkeiten zurückgegangen, das Aufkommen von Bürgerbeschwerden tendiert gegen Null, die Wahrnehmung der Ordnungsanstrengungen durch die Bürgerschaft ist positiv.

 

Zwischenfazit:

Schon jetzt gilt das Projekt „Leopoldplatz“ bei vielen (auch über die Grenzen Berlins hinaus) als Modell. Es hat Wege aufgezeigt, wie Nutzungskonflikte mit sogenannten „problematischen Gruppen“ im öffentlichen Raum ohne Verdrängung und mit Beteiligung dieser Gruppen entschärft werden können. Allerdings ist dieser fragile und dynamische Prozess am Leopoldplatz nicht abgeschlossen, sondern muss auch weiterhin begleitet werden.

 

Neben dem Erfolg der unmittelbaren Veränderungen auf dem Platz ist es bemerkenswert, wie - sehr unterschiedliche - am Prozess Beteiligte partnerschaftlich zusammenarbeiten und wie seit nunmehr 2 ½ Jahren Bürger/innen und Geschäftsleute aus dem Quartier Verantwortung für den Platz übernehmen und ehrenamtlich an einer Verbesserung der Situation mitarbeiten.

 

Im Übrigen besteht Einvernehmen, dass ein möglicher Budgetverlust, welcher aus dem Einsatz der Mitarbeiter des Ordnungsamtes resultiert, ausgeglichen wird.

 

 

Wir bitten, diesen Bericht als Schlussbericht zur Kenntnis zu nehmen.

 

Rechtsgrundlage:

 

§ 13 i.V.m. § 36 BezVG

 

 

Auswirkungen auf den Haushaltplan und die Finanzplanung:

 

a)              Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben:              keine
 

 

b)              Personalwirtschaftliche Ausgaben:              keine

 

 

 

Berlin, den 10. April 2012

 

 

 

 

 

Bezirksbürgermeister

 

 

 
 

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