Drucksache - 2853/V  

 
 
Betreff: Keine faulen Kompromisse in der Habersaathstraße 40-48
Gutes und bezahlbares Wohnen in der Berliner Innenstadt erhalten!
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktionen DIE LINKE, Bündnis 90/Die GrünenBezirksamt Mitte von Berlin
Verfasser:Urchs, Diedrich sowie die anderen Mitglieder der Fraktion DIE LINKE, Neugebauer, Siewer, Bertermann sowie die anderen Mitglieder der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
28.01.2021 
45. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
17.06.2021 
50. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin mit Abschlussbericht zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlagen:
1. Antrag LINKE + Grüne vom 19.01.2021
2. Beschluss vom 28.01.2021
3. VzK SB vom 27.05.2021
4. VzK SB vom 27.05.2021

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

(Text siehe Rückseite)

 


Bezirksamt Mitte von Berlin Datum: 19.05.2021

Jugend, Familie und Bürgerdienste Tel.:23700

 

Bezirksverordnetenversammlung Drucksache Nr.: 2853/V 

Mitte von Berlin

Vorlage -zur Kenntnisnahme- über Keine faulen Kompromisse in der Habersaathstraße 40-48 - Gutes und bezahlbares Wohnen in der Berliner Innenstadt erhalten!

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

Die Bezirksverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung am 28.01.2021 folgende Anregung an das Bezirksamt beschlossen (Drucksache Nr. 2853/V)

 

Das Bezirksamt wird ersucht,

die von der Eigentümerin der Wohngebäude in der Habersaathstraße 40-48 beantragte Zweckentfremdung auf dem Wege der Vergleichsverhandlungen nur dann zu erteilen, wenn

• die Eigentümerin bedingungslos die 106 Wohnungen als schützenswerten Wohnraum akzeptiert,

• der Eigentümerin bedingungslos 106 Ersatzwohnungen in vergleichbarer Größe der bisherigen Wohnungen für eine maximale Nettokaltmiete von 7,92 €/qm Wohnraum errichtet,

• die Eigentümerin für 20 Jahre nach Errichtung der Ersatzwohnungen auf die Bildung von Einzeleigentum verzichtet,

• die Interessen der Mieter:innen im Rahmen eines vom Bezirksamt beauftragten Sozialplanverfahrens im Einvernehmen mit den Mieter:innen rechtsverbindlich definiert sind

 

und diese Forderungen grundbuchrechtlich gesichert werden und für nachfolgende Erwerber fortbestehen.

Sollte dieser Vergleich nicht zustande kommen, so soll die von Eigentümerin beantragte Genehmigung für Zweckentfremdung nur auf höchstrichterliche Entscheidung hin genehmigt werden.

Darüber hinaus wird das Bezirksamt aufgefordert, sämtliche Sanktionsmöglichkeiten des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes / der Zweckentfremdungsverbotsverordnung in Anwendung zu nehmen und den ungenehmigten Leerstand zu ahnden.

 

Das Bezirksamt wird weiterhin ersucht zu prüfen, ob wie die folgenden Ziele mit einem Bebauungsplan oder sonstiger planungsrechtlicher Möglichkeiten zu sichern zu erreichen sind:

• Sicherung der Kubatur des vorhandenen Baukörpers

• Sicherung der Kubatur des vorhandenen Baukörpers unter Berücksichtigung von Ergänzungsbebauung

• langfristige Sicherung der Wohnnutzung,

• Verhinderung städtebaulicher Missstände und schlechtere Wohnverhältnisse als bisher (z. B. Verschattung)

• Errichtung von Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten.

 

 

Das Bezirksamt hat am 25.05.2021 beschlossen, der Bezirksverordnetenversammlung dazu Nachfolgendes als Schlussbericht zur Kenntnis zu bringen:

 

In der Habersaathstraße 40-48 stehen seit Jahren 80 der 106 Wohnungen aus spekulativen Gründen leer. Die leerstehenden Wohnungen sind in einem guten Zustand und   bewohnbar. Ein größerer Modernisierungsbedarf besteht nicht. Schon Ende 2018 hat der Eigentümer Abrissanträge für 105 Wohnungen gestellt. Das Zweckentfremdungsverbot sieht vor, dass ein Abriss genehmigt wird, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu höchstens 7,92€/qm entsteht (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 ZwVbG; § 3 Abs. 1 ZwVbG; § 3 Abs. 4 ZwVbVO). Weil der Eigentümer die Einhaltung dieser Vorgabe lange abgelehnt hat, befindet sich das Bezirksamt Mitte seit Jahren in einem Rechtsstreit. Der Fall genießt eine hohe mediale Aufmerksamkeit. Aufgrund des Ausmaßes an Leerstand sowie als Vergleichsfall hat die Habersaathstraße eine gesamtstädtische Bedeutung.

 

Ende November 2020 lud das Verwaltungsgericht zu einem Erörterungstermin ein, um einen gerichtlichen Vergleich zu erörtern, indem einerseits der Eigentümer alle Wohnungen als „schützenswerten Wohnraum“ akzeptiert und hierfür Ersatzwohnraum schafft und andererseits der Bezirk die Abrissgenehmigung erteilt. Auf Basis dieses Vergleichsvorschlages nahm das Bezirksamt Verhandlungen mit dem Eigentümer auf.

 

In insgesamt drei ausführlichen Verhandlungsrunden unter Beteiligung von Frau Reiser, Herrn Gothe und dem Rechtsamt zeigte die Rechtsvertretung des Eigentümers zunächst die Bereitschaft in den Vergleichsvorschlag des Verwaltungsgerichts Berlin nachzubessern. Nach mehreren Verhandlungsrunden musste das Bezirksamt jedoch feststellen, dass beim Eigentümer keine Bereitschaft vorhanden ist, den Forderungen des Bezirksamtes nach einer zeitnahen Bereitstellung von angemessenen Ersatzwohnraum zu 7,92€/qm glaubhaft nachzukommen. In den Gesprächen wurde mehrfach die Unwirtschaftlichkeit von Neubau zu diesen Konditionen betont. Stattdessen ergab sich in den Verhandlungen massiv der Eindruck, dass der Eigentümer zeitlich auf die Erklärung der Nichtigkeit der bisher geltenden Mietobergrenzregelung des § 3 Abs. 4 ZwVbVO spekuliert.

 

Den Wünschen der Bestandsmieter*innen scheint sich der Eigentümer nur unzureichend verpflichtet zu fühlen. Bei der Ausgestaltung der Konditionen zum Wiedereinzug und bei der Höhe möglicher Abfindungen für die verbliebenen Bestandsmieter*innen, zeigte der Eigentümer nur wenig Entgegenkommen. Kein hinreichendes Entgegenkommen gab es hinsichtlich des Wunsches auf die Umwandlung der Mietwohnungen und Bildung von Wohneigentum zu verzichten oder einen Anteil von geförderten Wohnungen als Ersatzwohnraum zu errichten.

 

Unabhängig von der Rechtswirksamkeit der 7,92€-Regelung erklärte sich der Eigentümer in den Verhandlungen lediglich dazu bereit eine Anzahl von 10 Wohnungen je ca.40qm zu einem Mietzins von max. 6,50€/qm netto kalt zu vermieten und für einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren die Miete um nicht mehr als 10Cent/qm jährlich anzuheben. Des Weiteren verpflichtete sich der Eigentümer für 20 Jahre ab Neubezug dieser preisgebundenen 10 Wohnungen auf die Geltendmachung einer Eigenbedarfskündigung zu verzichten. Eine Anzahl von 10 weiteren Wohnungen je ca. 40qm sollten zu max.10€/qm vermietet werden. Diese Konditionen würden jedoch nur einen kleinen Teil der insgesamt geplanten 115 Wohnungen abdecken.

 

Eine Einigung, die dem BVV-Beschluss und damit sowohl den Interessen der Stadtgesellschaft als auch der Bestandsmieter*innen Rechnung trägt, war nicht zu erzielen. Zweckentfremdungsrechtlich war der angebotene Ersatzwohnraum nicht angemessen und damit nicht genehmigungsfähig. Das Bezirksamt ist dementsprechend nicht auf den angebotenen Vergleich eingegangen. Der Fall liegt nun wieder in den Händen der Gerichte. Ein neuer Verhandlungstermin ist bislang nicht angesetzt. Die mündliche Verhandlung steht noch aus. Falls notwendig, ist das Bezirksamt bereit das Gerichtsverfahren bis auf die höchstrichterliche Ebene zu tragen und verfügt über eine Zusage der Kostenübernahme für ein Berufungsverfahren durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen.

 

Sollte die höchstrichterliche Entscheidung den Fall im Sinne des Bezirksamts positiv bescheiden und der Eigentümer die Wohnungen weiter leer stehen lassen, ist der Bezirk gewillt sämtliche Sanktionsmöglichkeiten zu nutzen, ungenehmigten Leerstand zu ahnden und die Wiederzuführung des leerstehenden Wohnraums anzuordnen. Eine Abrissgenehmigung wird nur erteilt, wenn der Eigentümer glaubhaft versichert für den gesamten, schützenswerten Wohnraum angemessenen Ersatzwohnraum unter Einhaltung der zweckentfremdungsrechtlich vorgeschriebenen Mietobergrenzen bereit zu stellen.

 

Der Fachbereich Stadtplanung bringt darüber hinaus Folgendes zur Kenntnis:

 

Für das Grundstück gilt planungsrechtlich der festgesetzte Bebauungsplan I-17B. Als einfacher Bebauungsplan setzt er als Art der Nutzung Allgemeines Wohngebiet fest. Somit ist die überwiegende Nutzung für Wohnen gesichert.

Darüber hinaus greifende Mittel um den Wohnbestand sozial zu steuern, sind im System des Bauleitplanverfahrens dann vorgesehen, wenn sich der Wohnungsbau aus einem planungsrechtlichen Erfordernis ergibt oder sich ein deutlicher Mehrwert einstellt, so dass das Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung anzuwenden wäre. Die Art der Nutzung ist bereits festgesetzt, der Mehrwert durch zusätzlichen Wohnungsbau kann hier über § 34 BauGB erfolgen, so dass das Berliner Modell nicht angewandt werden kann.

 

A)    Rechtsgrundlage

§ 2 Abs. 1 Nr. 5 ZwVbG; § 3 Abs. 1 ZwVbG; § 3 Abs. 4 ZwVbVO; §34 BauBG

 

B)    Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung 

  1. Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben:

keine

  1. Personalwirtschaftliche Auswirkungen:

keine

Berlin, den 25.05.2021

Bezirksstadträtin Reiser Bezirksbürgermeister von Dassel

 
 

Legende

Ausschuss Tagesordnung Drucksache
BVV Aktenmappe Drucksachenlebenslauf
Fraktion Niederschrift Beschlüsse
Sitzungsteilnehmer Auszug Realisierung
   Anwesenheit Kleine Anfragen