Auszug - KEIN ABRISS DER WOHNUNGEN IN DER SEYDLITZSTR.21 DURCH DIE STADTMISSION!  

 
 
55. öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Sanieren, Bauen und Bebauungspläne
TOP: Ö 10.2
Gremium: Stadtentwicklung Beschlussart: ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen
Datum: Mi, 23.06.2021 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 17:30 - 21:05 Anlass: ordentlichen Sitzung
Raum: Videokonferenz
Ort: Videokonferenz
3163/V KEIN ABRISS DER WOHNUNGEN IN DER SEYDLITZSTR.21 DURCH DIE STADTMISSION!
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion DIE LINKEFraktion DIE LINKE
Verfasser:Urchs, Mayer und die anderen Mitglieder der Fraktion DIE LINKE 
Drucksache-Art:DringlichkeitsantragBeschluss
 
Wortprotokoll

Vertreter*innen der Stadtmission sind heute anwesend.

 

Die vom Vorsitzenden an Frau BzStRätin Reiser gestellten Fragen bzgl. der Zweckentfremdung seien nur teilweise beantwortet worden, mit dem Hinweis, dass es sich um ein laufendes Verfahren handle (siehe Anlage 4).

 

Frau BV Mayer (Fraktion DIE LINKE) erläutert die Intentionen des Antrags bzw. formuliert Fragen an das Bezirksamt.

 

Herr BzStR Gothe gibt den Werdegang sowie Stand der Diskussionen wieder. Das Bezirksamt und die Stadtmission haben sich 2014/15 darauf verständigt, an diesem Ort ein Nachbarschaftszentrum zu errichten, das über das Stadtumbau-Programm ergänzend gefördert werde (siehe auch: https://www.berlin.de/ba-mitte/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/vo020.asp?VOLFDNR=8693). Ein Kooperations- und Nutzungsvertrag wurde abgeschlossen, in dem u. a. festgelegt wurde, dass das Nachbarschaftszentrum folgende bezirkliche Nutzungen aufnehmen soll: Volkshochschule, Integrationsbereich des Bezirksbürgermeisters, Büro Stadtteilkoordination.

Ein weiterer Themenfeld im Masterplan sei der mittelfristige Ausbau weiterer 200-300 Wohnungen. Ein Gedanke des Herrn BzStR Gothe sei, dass über die Weiterentwicklung und Umsetzung des B-Plans es möglich sein, sollte, den Ersatzwohnraum für die 18 entfallenden Wohnungen zu schaffen. Es seien zwei Problemfelder identifiziert worden: die kooperative Baulandentwicklung gegenübergestellt zur Gemeinwohlorientierung der Stadtmission.

Mit der Wohnungsbauleitstelle der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, die die Verwendung der Zuwendung prüft, konnte geklärt werden, dass das, was als sozialer Wohnraum über den B-Plan verpflichtend umgesetzt wird, nicht mit den abgerissenen Wohnungen verrechnet werden könne. Somit könne das Thema „B-Plan“ heute zur Seite gestellt und der Fokus auf das Nachbarschaftszentrum und die Zweckentfremdung gerichtet werden. Eine Lösung gebe es noch nicht. Folgende Varianten sind derzeit möglich:

 

  1. Das Projekt scheitert. Das würde bedeuten, dass viele Mittel umsonst geflossen wären und das Nachbarschaftszentrum zudem nicht realisiert würde.

 

  1. Ausgleichzahlung leisten. Wird abgerissener Wohnraum nicht ersetzt, sei eine Ausgleichszahlung in Höhe von 1,12 Mio. € zu leisten. Die Refinanzierung würde die Stadtmission über die Mieten reinholen müssen, z.B. auch gegenüber dem Bezirksamt von 1.400€/Monat, als auch über die Reduzierung der Baukosten durch Änderung des Bauvorhabens. Letzteres bedeutet, dass statt der Wohnungen Büroräume gebaut würden. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die Variante, Ausgleichszahlungen leisten zu lassen, die über Miete und Umwandlung in Büroräume refinanziert werden müssen, nicht im Interesse des Bezirks oder der BVV liegen könne.

 

  1. Ausgleichszahlung, die auf einem Unterkonto der Stadtmission gesperrt wird. Die angebotenen Wohnungen müssen für 7,92 € angeboten werden. Die bevorstehende Grundsatzentscheidung des Oberverwaltungsgerichtes zur Rechtmäßigkeit der Festlegung dieser Mietobergrenze könnte diesen Betrag kippen, sodass die Mietforderungen offen definiert werden könnten. Der Mietpreis könnte sich an den Baukosten orientieren.

 

Herr BzStR Gothe weist zudem darauf hin, dass der Ersatzwohnraum im unmittelbaren Zusammenhang zum Abriss stehen müsse. Ein diesbezügliches liegt vor. Er regt an, das Thema auch im Ausschuss für Bürgerdienste und Wohnen zu behandeln, da jede Entscheidung in das Zweckentfremdungsverbotsgesetz berührt.

 

Herr Zwick (Vertreter der Stadtmission) erklärt, dass aktuell der Bebauungsplan erarbeitet werde. Das Bezirksamt habe sich zum Nachbarschaftszentrum und zur Kulturbrücke bekannt verhalten. Auf den Flächen, die zur Verfügung gestellt werden, soll Ersatzwohnraum für die abgerissenen Wohnungen geschaffen werden. Dazu finden derzeit Gespräch statt. Sollte es aus irgendwelchen Gründen dazu kommen, dass die Ersatzwohnungen nicht gebaut werden könne, würde die Ausgleichszahlung geleistet werden. 20-40 neue Wohnungen werden unabhängig davon gebaut, jedoch nicht nach den Vorgaben des Zweckentfremdungsverbotgesetzes. Die Stadtmission sei nicht mit anderen Investoren vergleichbar, da das Projekt soziale Nutzungen beeinhaltet.

 

Herr Möller (BA Mitte, Bereich Bürgerdienste) bestätigt die Ausführungen von Herrn BzStR Gothe, merkt aber auch an, dass nicht nur die Mietpreisobergrenze ausschlaggebend sei, sondern auch die Größe der Wohnung. Das seien somit zwei verschiedene Aspekte, für die aktuell keine Lösung vorliege, die das Amt für Bürgerdienste aber bei seiner Beurteilung zwingend berücksichtigen muss. Dies sei durchaus vergleichbar mit dem umstrittenen Projekt in der Habersaathstraße 40-48.

 

Frau BV Mayer betont nochmals das Interesse, bei Abriss von bezahlbaren Wohnraum Ersatz zu schaffen bzw. nicht zu unterscheiden, mit welchen Intentionen Investoren bauen.

 

Herr BV Schug (SPD-Fraktion) äert, dass die Lage sehr misslich sei, auch damit begründet, dass an einen sozialen Träger durchaus höhere Ansprüche gestellt werden, was die Einhaltung von sozialen Regelungen angeht. In den Protokollen aus 2017 sei leider nicht aufgenommen worden, dass es wichtig sei, den Bestandsmieterinnen und mietern angemessenen und gleichwertigen Wohnraum zeitnah zum weiterhin vernünftigen Preis angeboten wird. Das scheint sich im Moment als schwierig herauszustellen. Dass es keinen Einklang mit dem Zweckentfremdungsverbotsgesetzes geben soll, ist nicht akzeptabel. Die bisher vorgestellten Varianten sollten nachgebessert werden. Dubios sei für ihn die dargestellt „Verrechnung“herer Kosten mit einen Umlage auf die Mietkosten des Bezirksamtes. Auch ist nicht nachvollziehbar, welche laufenden Kosten dem Bezirk ansonsten entstehen.

 

Herr Kuhl (BüDep der Fraktion der SPD) hinterfragt ebenfalls sehr kritisch die vor 2 ½ Jahren gegeben Antwort der Stadtmission zur Frage der Ersatzwohnungen mit angemessenen und sozialverträglichen Konditionen. Er sei irritiert, dass sein damaliges Wort heute nicht mehr gelte.

 

Herr BV Diedrich (Fraktion DIE LINKE) bittet Herrn Zwick um Bestätigung, aus dessen Ausführungen das Bekenntnis zur kooperativen Baulandentwicklung als auch die Anerkennung der Regelungen nach dem Zweckentfremdungsverbotsgesetzes und der entsprechenden Verordnung. herausgehört zu haben. An einer Ausgleichszahlung habe die Fraktion DIE LINKE kein Interesse, sondern allein an der Herrstellung von bezahlbarem Ersatzwohnraum.

 

Herr Zwick stellt klar, dass die im Protokoll von 2017 angegebenen Mieten von 6-8,- € die bisherigen Mieten seien. Der Bau der Micro-Wohnungen werde 1 ½ -stöckig sein, d.h. 3,60m hoch. Sie seien zu refinanzieren aus den Sätzen der sozialen Gesetzgebung bzw. den Sätzen für Arbeitslosengeldbeziehende. Da Micro-Wohnungen eine andere Größenordnung haben, gebe es eine Veränderung zum jetzigen Stand. Sie unterscheiden sich daher grundsätzlich zu den Bestandswohnungen und sind daher nicht mit Ersatzwohnraum vergleichbar. Es werde Wohnraum gebaut, der von Menschen, die von der Sozialhilfe abhängig sind, bezahlt werden können. Da werde die Verantwortung seitens der Stadtmission übernommen. Das Modell der kooperativen Baulandentwicklung werde mit einbezogen. Die Diversität der Nutzung soll auch zur sozialen Mischung führen, damit kein sozialer Brennpunkt entstehe.  Es habe offenbar Missverständnisse gegeben, die in Gesprächen nicht ausreichend ausgeräumt worden seien. Die Stadtmission sei bereit, Ersatzwohnraum zu schaffen, jedoch nicht im Gebäude, da bezüglich der Architektur andere Größen habe. Der Zeitplan hängt davon ab, wann der B-Plan abgeschlossen werden kann.

 

Herr BzStR Gothe bestätigt, dass hierzu noch Gespräche mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen über den Grundsatz der kooperativen Baulandentwicklung erfolgen. Sollte das Bauprojekt eine schwarze Null tragen, müsste die Miete mehr als 7,92 € betragen. Aus diesem Grund eignen sich die Wohnungen nicht für die Zweckentfremdung. Für die geplante Nutzfläche des Bezirksamtes von 2.018qm würden Betriebs- und Instandsetzungskosten anfallen, deren Höhe noch nicht bezifferbar ist.

 

Herr Möller gibt zu bedenken, dass die Nichteinhaltung der Vorgaben des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes als Präzedenzfall für zukünftige Projekte dienen wird.

 

Herr Geistardt (Vertreter der Stadtmission) erklärt, dass nicht die Absicht besteht, gegen die Vorgaben des Zweckentfremdungsrechtes zu verstoßen. Das Vorhaben ist jedoch im Zusammenhang mit allen neugebauten Wohnungen zu betrachten.

 

Frau BV Mayer findet die Aussagen hier sehr erschreckend. Günstiger Wohnraum ist nicht nur für Menschen erforderlich, die betreut werden müssen. Zudem sei ein Wohnraum nicht deshalb günstig, weil aufgrund der Verkleinerung der Fläche die Miete für eine Wohnung gering erscheint.

 

Herr BV Kurt (Gast und BV Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen) sieht den Bedarf des Nachbarschaftszentrums. Er sieht aber in den Ausführungen der Stadtmission den Widerspruch, dass einerseits der Mangel an Wohnraum für derzeit betreute Obdachlose kritisiert wird, andererseits selbst Micro-Appartements für eine höhere Mittelschicht gebaut werden. Gegebenenfalls muss eine andere Fläche gefunden werden.

 

Frau Laduch (Stadtplanungsamt Mitte) weist darauf hin, dass das B-Plan-Verfahren erst weitergehe, wenn die Stadtmission kooperative Baulandverfahren anerkenne.

 

Herr Schug stellt das Problem des Zeitablaufs im Prozess fest. Er bittet alle Beteiligten, sich dazu zeitnah zusammenzusetzen. Bezüglich der Maisonettwohnungen gibt er zu bedenken, dass diese Wohnungsart Menschen mit Behinderungen und ältere Menschen ausschließt. Heute werde sich die Fraktion der SPD noch enthalten, sollte im August 2021 keine Lösung gefunden werden, werde die Fraktion der SPD dem Antrag jedoch zustimmen.

 

Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Sanieren, Bauen und Bebauungspläne empfiehlt der BVV mehrheitlich die Annahme des Antrags (3 Ja-Stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, 2 Ja-Stimmen der Fraktion DIE LINKE, 1 Nein-Stimme der Fraktion der CDU, 5 Enthaltungen der Fraktion der SPD, 1 Enthaltung der Fraktion der AfD).

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 A4 Stadtmission Info Stadträtin Reiser (83 KB)    
 
 

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