Auszug - Konzepte zu Vermeidung von Corona-Infektionen   

 
 
39. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin (mit LIVESTREAM) - Gäste bitte vorher anmelden
TOP: Ö 6.1
Gremium: BVV Mitte von Berlin Beschlussart: im Ausschuss abgelehnt
Datum: Do, 18.06.2020 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 21:06 Anlass: ordentlichen Sitzung
Raum: OSZ Banken, Immobilien und Versicherungen
Ort: OSZ Banken, Immobilien und Versicherungen
2564/V Konzepte zu Vermeidung von Corona-Infektionen


   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion Bündnis 90/Die GrünenFraktion Bündnis 90/Die Grünen
Verfasser:Neugebauer, Siwer, Stein und die übrigenj Mitgllieder der Frakton Bü90/Die Grünen 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
 
Wortprotokoll

  1. Welche Konzepte bestehen seitens des Gesundheitsamtes, um einen Anstieg von Coronainfektionen zu verhindern, wenn größere Personengruppen zusammenkommen, die nicht aus demselben Haushalt kommen, wie bspw. in Grund- und Oberschulen, Kitas, dem Flüchtlingsbüger*innenamt oder Gemeinschaftsunterkünften für Geflüchtete und Obdachlose?

 

BzStaR Herr Gothe antwortet: Sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrte Damen und Herren. Es gibt da zunächst eine ganz lapidare Antwort. Das Konzept lautet: Finden, Isolieren und Testen. Das ist vom ersten Tag an unser Mantra und tatsächlich kann man es immer auf diese drei Begriffe reduzieren. Die Umsetzung ist aber immer wieder einem starken Wandel unterzogen und sorgt täglich für Diskussionen über den richtigen Weg im Gesundheitsamt, weil man sich den Gegebenheiten anpassen muss. Wir selber sind mit diesen Gemeinschaftseinrichtungen im stetigen Kontakten. Dazu zählen die Schulen, die Kitas, die Gemeinschaftsunterkünfte und die Senior*innenenwohnheime. Immer wenn dort ein Anlass besteht, dann sind wir natürlich mit der jeweiligen Leitung in Gesprächen über die Hygienekonzepte und die Maßnahmen, die dort bestehen und versorgen diese dann mit Tipps über Anpassungen. Ich hatte das im Zusammenhang mit den Senior*innenwohnheimen auch ausgeführt, dass wir nicht nur hingegangen sind und getestet haben, sondern dass wir auch die Gelegenheit genutzt haben, das Personal zu schulen und wenn nötig mit Material und Schutzkleidung auszuhelfen, um so dann die Eindämmung weiter aufrecht zu erhalten. Das heißt, man kann nur sehr schwer pauschal schriftlich niederlegen, wie man in einer bestimmten Einrichtung den besten Weg vorzeichnet, um die Ausbreitung von Corona zu verhindern. Der Senat hat zudem eine Teststrategie beschlossen, der als Schlüsselpunkt gilt in der richtigen Art und Weise zu testen, um zum Erfolg zu kommen. In dieser Teststrategie sind sieben Arbeitsgruppen gefunden worden, die verschiedene Typen von Fällen betreuen, zum Beispiel in Schulen oder Krankenhäusern. Dann gibt es eine Arbeitsgruppe, die heißt Population, da geht es mehr um die allgemeine Philosophie. Da drüber gibt es eine Steuerungsgruppe, unter Leitung der Charité, die das alles sortiert und ordnet und die tatsächlich ständig daran arbeiten weiter über den richtigen Weg nachzudenken. Was ich zu dem Feld der Schulen sagen kann ist, dass wir relativ atemlos bei der Nachverfolgung von einzelnen Fällen sind und bis heute glücklicherweise in der Lage zu sagen, dass es reicht, eine Teiklasse weiter zu verfolgen und gegebenenfalls in Quarantäne zu stecken. Wir haben keinen Fall, wo wir sagen müssten, dass wir eine ganze Schule in Quarantäne stellen müssen. Man stelle sich vor, dass wir am vorletzten Schultag einer Schule verkünden müssten, dass alle komplett 14 Tage in Quarantäne müssen und nicht in den Urlaub fahren können. Man kann also sagen, wir beten dafür, dass wir uns in die Sommerpause retten und haben schon jetzt vor Augen, wie es wohl werden wird, wenn der Schulbetrieb wiederaufgenommen wird. Ein Schlüssel, um dort erfolgreich agieren zu können, ist zum Beispiel, dass Finden neuer Testmöglichkeiten. Das wird in der Arbeitsgruppe Schule besprochen. Da wird zum Beispiel gehofft, dass es einen Test gibt, der über Speichelproben funktioniert und die es erlauben, dass man sozusagen jeden Tag die komplette Schule einmal testet, in dem jeweils die Klassenlehrer*innen dazu verpflichtet werden, jeden Tag eine Speichelprobe aller Schüler*innen zu nehmen und in einen Karton zu tun und einem Testinstitut zuzuführen. Das wäre eine Möglichkeit, wie man in einer wirklich dichten Folge, jeden Tag, eine Überprüfung bekommt, ob man nicht doch einen positiven Fall in den Reihen hat. Sowas muss eigentlich gefunden werden. Wenn das nicht gefunden wird, gibt es auch den Gedanken, dass man dann nur den Lehrköper testet, als Indikatoren, mit der Überlegung, dass wenn sich das Virus in einer Schule verbreitet, dass das auch ein Lehrer*in erreichen muss und man dann quasi durch diesen Indikatorentest einen Hinweis bekommt, wo man weiter testen muss. Solche Überlegungen werden ständig unternommen und man guckt mit den Ressourcen die man hat, die beste Eindämmungsstrategie zu verfolgen. Es ist nochmal zu betonen, dass wir zu allen Einrichtungen gute Kontakte haben. Wir haben gerade auch eine Liste mit den Telefonnummern aller Schulleiter*innen bekommen, Handynummern, damit man auch samstags morgens über die Schuleiter*innen an die Klassenlehrer*innen findet, um dann Eindämmungsmaßnahmen auch am Wochenende vornehmen zu können. Somit sind wir dicht dran am Geschehen, auch wenn uns die Puste manchmal droht auszugehen, sind wir trotzdem Herr der Lage und hoffen, dass wir uns in die Sommerpause retten können.

 

  1. Wie sind die aktuellen Zahlen von Infektionen in Schulen, Kitas und Gemeinschaftsunterkünften im Bezirk Mitte und wie wird das Beratungsangebot der vorgenannten Einrichtungen seitens des Gesundheitsamts angenommen?

 

BzStaR Herr Gothe antwortet: Die Frage ist, was ist aktuell? Wir haben jetzt in den letzten zwei Wochen 14 Fälle von infizierten Schülern in sieben Schulen und wir hatten neun Fälle in zwei Pflegeeinrichtungen. Wir können allgemein sagen, dass wir immer sehr wohlwollend angenommen werden, was unsere Beratungsangebote angeht und wir uns mit sehr viel Institutionen mittlerweile im regelmäßigen Austausch befinden.

 

  1. Wie und vom wem werden die Corona-Hygienemaßnahmen, die Schulen, Kitas, einzelne Bezirksamtsstellen, oder Gemeinschaftsunterkünfte selbst entwickelt haben, auf ihre Wirksamkeit überprüft?

 

BzStaR Herr Gothe antwortet: Die Frage ist ein wenig schwierig. Man könnte, wenn man sie ernsthaft betrachtet sagen, dass die Wirksamkeit dieser Maßnahmen, die jetzt an diesen ganzen Institutionen laufen, zu überprüfen, das ist tatsächlich etwas, was wir nicht leisten können, sondern da müsste ein wissenschaftliches Institut oder das RKI eine Studie veranlassen, um dann tatsächlich herauszubekommen, ob es etwas bringt, Klassen zu teilen oder auf dem Schulhof die Gruppen einzuteilen und diese nicht zu mischen. Zu ergründen, wie wirksam das wirklich ist, das ist tatsächlich gar nicht so einfach. Ich vermute aber, dass die Frage etwas anders gemeint ist. Wie werden die Hygienekonzepte in diesen ganzen Institutionen überprüft, ob sie auch eingehalten werden? Dazu kann man sagen, dass es landesweit für die verschiedenen Bereiche generelle Regelungen und Empfehlungen gibt, wie solche Hygienekonzepte aussehen sollen. Es ist aber tatsächlich jeder einzelnen Einrichtung überlassen, daraus dann ein individuelles Hygienekonzept zu erarbeiten. Deshalb hat auch jede Schule einen eigenen Beauftragten für das Hygienekonzept, der oder die das zusammenfasst und dann auch regelmäßig die Aufgabe hat daran zu appellieren, dass das eingehalten wird. Die tagtägliche Überprüfung ist im Gesundheitsamt bei der großen Anzahl von Schulen definitiv nicht möglich. Wir müssen darauf vertrauen, dass die Lehrkräfte und die Sozialarbeiter*innen dort wirklich auch gewissenhaft handeln und nicht nachlassen. Wir haben den Schulen nochmal individuelle Beratungen durch das Gesundheitsamt angeboten. Interessanterweise war der Rücklauf an Beratungsbedarf gering. Es haben nur zwei Schulen einen gesonderten Beratungsbedarf geltend gemacht, dem wir dann auch nachgekommen sind. Die restlichen, ich glaube 55 Schulen, hatten offensichtlich das Gefühl, dass sie schon zu Recht kommen und wissen, was sie tun müssen.

Auf Nachfrage von Frau Stein (Grüne) antwortet BzStaR Herr Gothe: Sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrter Frau Stein. Reichen die Analysekapazitäten? Tatsächlich ist es so, dass die klassische Variante des Abstriches, die wir zurzeit im Wesentlichen durchführen, da sind die Kapazitäten mittlerweile so hoch, dass wir da noch viel Reserve im Land Berlin haben. Das ist gut. Das Anstrengende oder das Zeitraubende, was uns immer an die Grenzen führt ist die Zahl der Tests, die wir eben durchführen müssen. Dazu sei nochmal gesagt, dass in dem Fall, wo eine einzelne Person in der Wohnung zu Hause getestet wird, muss man hinfahren, sich im Treppenhaus umziehen, den Test machen, anschließend wieder umziehen, die Testmontur wegschmeißen und dann zum nächsten Klienten fahren. Deshalb ist es so viel günstiger, wenn man zum Beispiel die Möglichkeit hat zum Testplatz zu fahren. Da muss man jeweils nur mit einem neuen Handschuh durch das Seitenfenster des Autos gehen. Für Fahrradfahrer*innen und Fußgänger*innen haben wir es ähnlich eingerichtet, auch da geht es so, dass die Ärztin oder der Arzt nur mit dem Handschuh durch, ich sage mal Loch, dann in den Rachen des Klienten geht und den Abstrich macht. Trotzdem ist auch das ein Aufwand und wir hoffen, dass wir durch das Testmobil, das wir jetzt haben, unsere Testkapazität gut steigern können. Interessant ist eben, ob es noch andere Testmöglichkeiten bezüglich einer veränderten Methodik gibt, wie zum Beispiel Speichelproben oder dieses Boschgerät, vielleicht ist das mittlerweile so serienreif, praktikabel und preiswert, dass man das einsetzen kann und damit mehr Tests durchführen kann. Das wäre nochmal ein Schub. Die Frage, ob wir als Gesundheitsamt dichter an diesen ganzen Einrichtungen dran sein können, man stelle sich vor, wir würden sämtliche Schulen auf die Eigenverantwortlichkeit der Institutionen setzen, ich denke auch, dass das funktioniert. Wir haben es bei den Senior*innenwohnheimen nachvollziehen können. Da gab es plötzlich eine steigende Anzahl von Fällen in einer steigenden Anzahl von Einrichtungen. Das hat alle alarmiert. Zuerst die Gesundheitsämter, dann auch die Presse und sämtliche Heimleitungen. Wir können nachweisen, das hatte ich im letzten Gesundheitsausschuss auch gemacht, dass in den Senior*innenwohnheimen die Zahlen der Infektionen, sowohl beim Personal als auch bei den Bewohner*innen rückläufig ist, dadurch, dass da Maßnahmen nachgesteuert wurden. Insofern ist es ein lernendes System, das auf Eigenverantwortung setzt und sich am Ende als erfolgreich erweist und so müssen wir das in alle anderen Institutionen auch sehen.

 
 

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