Auszug - Beusselstraße 32/33: Vorkaufsrecht - Chance vertan?  

 
 
27. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin
TOP: Ö 8.2
Gremium: BVV Mitte von Berlin Beschlussart: beantwortet
Datum: Do, 16.05.2019 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 23:00 Anlass: ordentlichen Sitzung
Raum: BVV-Saal
Ort: Karl-Marx-Allee 31, 10178 Berlin
1890/V Beusselstraße 32/33: Vorkaufsrecht - Chance vertan?
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion DIE LINKEFraktion DIE LINKE
Verfasser:Mayer 
Drucksache-Art:Mündliche AnfrageMündliche Anfrage
 
Wortprotokoll

1. Aus welchem Grund wurde ein Negativzeugnis für das Grundstück ausgestellt?

2. Inwiefern können planungsrechtlich genehmigte Wohnungen auf dem Areal als betreffendes Schutzziel bei der Anwendung des Vorkaufsrechtes geltend gemacht werden?

3. Inwiefern ist der Käufer weiterhin dazu verpflichtet, die mit den vorhergehenden Eigentümer vereinbarten belegungs- und mietpreisgebundene Wohnungen zu bauen?

 

BzStaR Herr Gothe antwortet: Sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrte Frau Mayer. Bevor ich auf die Beantwortung der einzelnen Fragen eingehe, mache ich einen kleinen Vorspann, damit man diese Fragen einordnen kann. Die Beusselstrasse 32/33 stellt ein wunderschönes, großes, tief in den Block hereinreichendes Grundstück dar, welches lange von einem Autohandel genutzt wurde und diesem Autohändler auch gehörte. Dieses Grundstück wurde verkauft, ich glaube, das war im Jahr 2016 oder 2017. Als ich davon hörte, hatte es keine Minute gedauert, bis ich den Geschäftsführer der Gewobag angerufen hatte und ihn darauf aufmerksam gemacht habe, dass da ein interessantes Grundstück auf dem Markt ist und ihn gebeten dort in den Bieterwettbewerb miteinzusteigen. Das hat er auch getan, die Gewobag hat da wirklich ordentlich mitgeboten, ist aber leider nicht zum Zuge gekommen, sondern es war dann eine andere Firma namens Ten Brinke, die dieses Grundstück erworben hat. Allerdings ist Ten Brinke eine Firma, die durchaus seriös Grundstücke entwickelt und insofern war das ein Partner, wo wir von vornerein den Versuch unternommen haben, etwas für das Quartier, im Sinne des Sanierungsgebietes, herauszuholen. Das ist uns auch gelungen. Wir haben einen städtebaulichen Vertrag bei diesem Wohnungsbauprojekt abgeschlossen, wo wir festgeschrieben haben, dass immerhin 23 Prozent der Wohnraumfche den Kriterien der sozialen Wohnungsraumförderung unterliegt und genau so gehandhabt wird. Das ist durchaus nicht selbstverständlich, weil wir hier keine Handhabe hatten einen Bebauungsplan aufzustellen, um quasi die kooperative Baulandentwicklung im Reinverfahren durchzuexerzieren. Das haben wir sozusagen im Verhandlungsverfahren gemacht. Das zweite, was wir herausverhandelt haben war die Errichtung einer Kita mit immerhin 90 Plätzen. Das ist also keine kleine Kita, sondern schon eine größere Kita. Auch das ist in diesem städtebaulichen Vertrag fixiert worden. Das war alles unter Dach und Fach und wir hofften natürlich, dass das alles realisiert wird. Dann wurde dieses Grundstück, mit diesem Baurecht und diesem Vertrag erneut veräert. Darauf beziehen sich Ihre Fragen. Bei dieser Weiterveräerung mussten wir natürlich wieder den Kaufvertrag prüfen und ein Negativzeugnis ausstellen. Zu ersten Frage ist zu sagen, dass sich das Vorkaufsrecht im Milieuschutz eben auf vorhandene und bewohnte Gebäude bezieht und nicht auf nicht vorhandene, noch nicht gebaute Wohngebäude. Das ist auch entscheidend für die zweite Frage. Die Tatsache, dass dort schon Wohnungen genehmigt sind, das sind bereits 149 Wohnungen, die dort realisiert werden sollen, ist leider nicht hinreichend genug, um im Sinne des Milieuschutzes ein Vorkaufsrecht auszuüben. Die Wohnungen hätten da schon gebaut sein müssen und bezogen sein müssen. Das ist nach wie vor noch nicht der Fall. Was ich sagen kann ist, dass dieser städtebauliche Vertrag mit den Verpflichtungen, die die Firma Ten Brinke eingegangen ist, auf den Erwerber übergegangen ist und es völlig außer Frage steht, dass er sich daran halten muss und auch halten wird und dann eben 32 Wohnungen nach sozialer Wohnungsraumförderung realisiert und dann auch so vergeben werden und diese Kita, mit 90 Plätzen, gebaut wird. Vielen Dank.

Frau Mayer (Die Linke): Vielen Dank für die Antwort. Ich habe nur eine ganz kleine Detailfrage. Waren es 23 Prozent der Wohnfläche oder der Wohnungen?

BzStaR Herr Gothe antwortet: Es sind 23 Prozent der Wohnfläche, also ein bisschen weniger als ein Viertel. Das ist natürlich unter dem, was man in der kooperativen Baulandentwicklung üblicherweise macht, nämlich 33 Prozent. Aber diese 23 Prozent entsprechen in diesem Projekt mit 149 Wohnungen, 32 Wohnungen. Ob das genau 23 Prozent sind ist unerheblich, weil es sich nicht auf die Zahl der Wohnungen bezieht, sondern auf die gebauten Quadratmeter. Das ist deshalb passiert, weil wir in der ersten Runde der kooperativen Baulandentwicklung in der letzten Legislaturperiode festgestellt haben, da waren es noch 25 Prozent der Wohnungen, die da festgeschrieben waren, dass da die Projekte so gebaut worden, dass dann große und kleine Wohnungen gebaut wurden und die kleinen Wohnungen dann den 25 Prozent zugeordnet wurden. Um das auszuschalten, bezieht man sich jetzt bei solch einer Prozentangabe auf die Gesamtwohnfläche, die realisiert wird.

Herr Schug (SPD): Sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Gothe. Sehen Sie den Möglichkeiten, das Vorkaufsrecht über gesetzliche Nachbesserungen so zu verändern, dass es auch bei solchen Fällen künftig greifen kann? Was müsste auf Landesebene dafür getan werden?

BzStaR Herr Gothe antwortet: Sehr geehrter Herr Schug, das ist eine zentrale Frage, die mich schon sehr lange beschäftigt und auch andere politische Akteure sehr lange beschäftigt. In der Tat ist es nämlich so, dass im Baugesetzbuch §24 (1) Nr.6 drin steht, dass zum Wohnungsbau geeignete Flächen über das Vorkaufsrecht erworben werden können. Das klingt wie ein Freibrief, ist aber vermutlich in der Umsetzung nicht einfach. Es gibt dazu aber kein eingespieltes Prozedere im Land Berlin. Ich habe da schon in Richtung Senat nachgefragt, ob man diese Möglichkeit aus dem Baugesetzbuch nicht zu einem regelhaften Prozess für Baugrundstücke, die für Wohnungsbau geeignet sind, herleiten kann, damit wir als Bezirke, zusammen mit dem Senat, in Zukunft an die raren Grundstücke, die noch bebaut werden können, vielleicht einen Zugang bekommen, der es der Stadt erlaubt, für die Wohnungsbaugesellschaften der Stadt, Baugrundstücke zu erwerben. Insofern ist das eine explizit wichtige und richtige Frage. Bisher habe ich keine Antwort darauf, ich wüsste auch nicht, wie man so etwas anleiert. So wie man auch ein mittlerweile eingespieltes Verfahren hat, um in den Milieuschutzgebieten Häuser im Vorkaufsrecht zu erwerben oder dort eine Abwendungsvereinbarung zu erzwingen, müsste man auch ein Verfahren für Baugrundstücke herleiten. Auch da wird es so sein, wenn dann der Bezirk oder die Stadt sich dazu äert, im Vorkaufsrecht dieses Baugrundstück erwerben, dass es dem Eigentümer eingeräumt werden muss, eine Abwendungsvereinbarung zu schließen, wo wir festhalten, dass das Baugrundstück zu einem bestimmten Zeitpunkt, in bestimmter Weise bebaut werden. Was da allerdings der Korridor der Möglichkeiten ist und was man da alles hineinschreiben kann, das ist noch nicht festgelegt. Ein politischer Handlungsauftrag, den sie damit wachrufen. Vielen Dank.

Herr Koleckar (Die Linke): Vielen Dank Herr Stadtrat Gothe. Mich würde bei dieser Gelegenheit interessieren, da Sie haben diesen Prozess angesprochen, der bisher nicht ausgearbeitet wurde, ob für Ihren Bereich im Bezirksamt die Möglichkeit besteht, Konzepte anzudenken und gegebenenfalls zu entwickeln und diese dem Senat vorzustellen?

BzStaR Herr Gothe antwortet: Sehr geehrter Herr Koleckar, ja das ist in der Tat der Fall. Ich habe mich mit meinem Kollegen aus Pankow bereits darüber ausgetauscht. In seinem Stadtplanungsamt wird darüber schon nachgedacht. Meine Planungsjuristin ist im Kontakt mit dem Planungsjuristen aus Pankow. Möglicherweise entsteht dort eine Idee, die man dann in den Gesamtmeinungsbildungsprozess einbringen kann.

 

 

 
 

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