Auszug - Evaluation des Bürgerhaushaltes  

 
 
35. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin
TOP: Ö 8.3
Gremium: Bezirksverordnetenversammlung Beschlussart: beantwortet
Datum: Do, 15.10.2009 Status: öffentlich
Zeit: 16:30 - 21:30 Anlass: ordentliche Sitzung
1471/3 Evaluation des Bürgerhaushaltes
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:CDU/FDP 
Verfasser:Schmitt/Klose/Dr.Fest/Block 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
 
Beschluss

Zur Beantwortung Frau BzBm’in Thiemen:

Zur Beantwortung Frau BzBm’in Thiemen:

 

Sehr geehrte Frau Vorsteherin, ich beantworte für das Bezirksamt die Große Anfrage wie folgt:

 

Einleitend wird darauf hingewiesen, dass die Durchführung der in der Tat sehr aufwendigen Kiezkonferenzen auf den Beschlüssen der Bezirksverordnetenversammlung vom 26. Januar 2006/15. Februar 2007 beruhen. Diese Beschlüsse sind auch von den Fraktionen der Fragesteller mitgetragen worden.

Das Bezirksamt fühlt sich gemäß § 13 Bezirksverwaltungsgesetz in Verbindung mit § 12 an deren konsequente Umsetzung gebunden. Daher werden auch die einzelnen Schritte der Durchführung konsultativ mit der BVV, d. h. mit der einst eingesetzten Projektgruppe Bürgerhaushalt abgestimmt.

Im übrigen, auch da werde ich nicht müde darauf hinzuweisen, hat das Bezirksamt bzw. ich diesen Weg ursprünglich vor den BVV-Beschlüssen nicht favorisiert, sondern ich habe das so genannte Stellvertretermodell vorgezogen. Dies wurde jedoch von der BVV verworfen. Nun gehen wir anders vor.

 

Mit dem Bezirksdoppelhaushaltsplan 2008/2009 hat die BVV für die Durchführung des Bürgerhaushalts vorerst 50.000 Euro pro Haushaltsjahr aus den Verstärkungsmitteln reserviert. Eine notwendige Verdoppelung des Betrages aus den Verstärkungsmitteln scheint für die Haushaltswirtschaft 2009 und für die Haushaltsplanung der Folgejahre und auch im Vergleich mit anderen Bezirken realistisch.

 

Zu 1.

Zu den Kosten im Zusammenhang mit der Veranstaltung Markt der Angebote am 24. September 2007 und der Kiezkonferenz Klausenerplatz hat das Bezirksamt im Rahmen der Kleinen Anfrage 478/3 des Herrn BV Block am 3. November ausführlich geantwortet. Für die Veranstaltung Markt der Angebote entstanden Sachkosten in Höhe von 10.196,40 Euro. Die Sachkosten für die Durchführung der Kiezkonferenz Klausenerplatz beliefen sich auf 16.975,58 Euro. Für die Vorbereitung-, Durch- und Nachbereitung der vier in diesem Jahr veranstalteten Kiezkonferenzen sind bislang Sachkosten in Höhe von 95.888,42 Euro entstanden. In der Beantwortung der Kleinen Anfrage Nr. 635 des Herrn BV Evers vom 6. August 2009, hat das Bezirksamt zu den Personalkosten für die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Kiezkonferenzen ausgeführt, dass diese nicht beziffert werden können, da ein berlinweites Produkt Bürgerhaushalt für die Kosten- und Leistungsrechnung noch nicht geschaffen wurde und eine Bebuchung bzw. Erfassung im Rahmen der Kosten- und Leistungsrechnung daher nicht möglich ist. Aber das ist ja offenbar den fragestellenden Fraktionen bereits bekannt, wie wir gerade in den Ausführungen von Herrn Block hören konnten.

 

Zu 2.

Wie Ihnen bekannt ist, wird nach jeder Kiezkonferenz eine Auswertung erstellt, die nicht nur der Projektgruppe Bürgerhaushalt, sondern auch den betroffenen Fachausschüssen vorliegt und darüber hinaus für alle Bürgerinnen und Bürger im Internet veröffentlicht wird. Dieser Auswertung können Sie eigentlich die angefragten Daten entnehmen, aber hier als Serviceleistung die Daten:

 

Kiezkonferenz Klausenerplatz:  11.810 Haushalte angeschrieben oder eingeladen. Anwesend waren 138 Bewohnerinnen und Bewohner.

Alt-Wilmersdorf: 14.173 Haushalte. Anwesend 61.

Schmargendorf: 12.312 Haushalte angeschrieben. Anwesend 59.

Grunewald: 14.173 Haushalte angeschrieben. Anwesend 40.

Halensee/Kurfürstendamm/Wilmersdorfer Str.: 47.898 Haushalt. Anwesend 103.

 

Nicht aufgeführt hab ich diejenigen, die sich per Fragebogen an der Veranstaltung beteiligt haben.

 

Zu 3.

Alle diesbezüglichen Auswertungen befinden sich derzeit bei der BVV bzw. in deren Ausschüssen. Ergebnisse bzw. Ersuchen der BVV sowie geplante Rechenschaftslegung hierzu sind dem Bezirksamt bisher nicht bekannt. Insofern muss davon ausgegangen werden, dass bisher kein Vorschlag umgesetzt wurde, da die Beratungen der BVV nach wie vor nicht abgeschlossen zu sein scheinen.

 

Zu 4.

Wie inzwischen bekannt sein dürfte, ist der Name Bürgerhaushalt etwas irreführend gewählt worden, aber inzwischen etabliert. Sein ursprünglicher Hintergrund war ein politischer und nicht verwaltungsmäßiger. Die ersten Erfahrungen des Bürgerbeteiligungshaushaltes wurden vor über zehn Jahren in der brasilianischen Millionenstadt der Landeshauptstadt Porto Alegre gemacht. Dort forderten die Bürgerinnen und Bürger aufgrund der immer knapper werdenden öffentlichen Kassen und nichtnachvollziehbaren Ausgaben der Verwaltung diese Beteiligung ein. Der Wissensvorsprung von Bürgerinnen und Bürgern im Kiez gegenüber Politik und Verwaltung soll zielgerichtet zu besseren, unter Umständen auch gerechteren Entscheidungen einschließlich späterer Mittelverwendung führen. Die dadurch direkten Kontakte, Beteiligungsverfahren bzw. Konsultationen zu den Bürgerinnen und Bürgern führen letztlich auch zu einem besseren gegenseitigem Verstehen unterschiedlicher Interessenlagen sowie schließlich zu beidseitig akzeptablen Lösungsvorschlägen.

 

Dies ist von besonderer Bedeutung aus meiner Sicht bei immer enger werdendem Finanzrahmen. Die Mehrheit der an den bereits angebotenen Veranstaltungen teilgenommenen Bürgerinnen und Bürger haben dies auch so bewertet. Es gibt auch andere Stimmen. Die hat gerade Herr Block angeführt und haben auch diese direkte Art der Basisdemokratie begrüßt und lassen Sie mich hinzufügen, echte und gewollte Basisdemokratie kostet Geld und ist leider nicht zum Nulltarif zu bekommen.

Nachdem das Bezirksamt aufgrund eines Ersuchens der BVV, ein von der BVV, ich muss sagen bisher akzeptiertes Verfahren, zur Einführung des Bürgerhaushaltes vorgeschlagen und im ständigen Vergleich mit anderen Bezirken Berlins und Kommunen des In- und Auslandes mit Erfolg umgesetzt hat, ich beziehe mich darauf, auf unsere hohe Beteiligung und Akzeptanz, die ist in allen Bezirken nicht so gegeben, steht der BVV selbstverständlich frei, eine andere Form zu wählen. Die Suche nach einer Form sollte dann aber eigenständig durch die BVV erfolgen, ausgearbeitet, organisiert und umgesetzt werden, da die immer geringer werdende Personaldecke der Verwaltung für derartige neue Spielwiesen, vor Abschluss einer alten Spielwiese, keine Kapazität mehr hat und auch nicht zur Verfügung stehen wird.

Insofern stellt sich meiner Meinung nach die Frage, ob die BVV mit dem Bezirksamt ein Täuschungsmanöver veranstaltet. Sollte die Drucksache 1472/3 eine Mehrheit bekommen.

 

Das Bezirksamt bzw. die Verwaltung hat weder die BVV noch die Bürgerinnen und Bürger in irgendeiner Weise getäuscht, vielmehr sind immer sehr deutlich die gegenwärtigen Grenzen und Risiken aufgezeigt worden.

 

Zu 5.

Es hat mich sehr gefreut zu lesen, dass bei der Herausnahme dieser genanten Maßnahme nun auf die Willensbildung durch die Bürgerinnen und Bürger hingewiesen wird. Wurde doch vor einigen Monaten darüber diskutiert, ob überhaupt vom Willen der Bevölkerung gesprochen werden kann, da die Beteiligung mit 814 zurückgesandten Fragebögen sehr gering war. Aber so ist es eben, man diskutiert so, wie man es gerade braucht.

Ich kann für das Bezirksamt abschließend zu dieser Investitionsmaßnahme sagen und feststellen, dass wir vorhaben, dass diese Investitionsmaßnahme aus der gezielten Zuweisung realisiert werden soll, voraussichtlich zugegebenermaßen mit einer Zeitverzögerung. Insoweit kann ich nicht erkennen, dass hier die Prioritätensetzung aus der Bürgerbeteiligung nicht umgesetzt werden soll. Die vorhandenen Möglichkeiten des Bezirks verhindern hier keineswegs erzielte Ergebnisse aus der Bürgerbeteiligung und zum Abschluss: Der Bürgerhaushalt ist nicht dazu da, bestehende Regelungen, Vorlaufplanung z. B. für die Investitionsplanung des Landes Berlin außer Kraft zu setzen, sondern sie sind nach wie vor einzuhalten, trotz Bürgerbeteiligung.

 

 
 

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