Auszug - Charlottenburger Tor - ein rechtswidriges Sanierungsverfahren zu Lasten des Bezirkshaushalts?  

 
 
35. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin
TOP: Ö 8.5
Gremium: Bezirksverordnetenversammlung Beschlussart: beantwortet
Datum: Do, 15.10.2009 Status: öffentlich
Zeit: 16:30 - 21:30 Anlass: ordentliche Sitzung
1441/3 Charlottenburger Tor - ein rechtswidriges Sanierungsverfahren zu Lasten des Bezirkshaushalts?
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 
Verfasser:Ludwig/Dr.Hess/Wendt/Centgraf 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
 
Beschluss

Zur Beantwortung Herr BzStR Gröhler:

Zur Beantwortung Herr BzStR Gröhler:

 

Frau Vorsteherin, Frau Centgraf, meine Damen und Herren, gerne beantworte ich diese Große Anfrage, wobei gestatten Sie mir diese Vorbemerkung Frau Centgraf, so prüde hatte ich Sie bisher gar nicht erlebt, ich dachte immer, die Rollen seien eher umgetauscht bei der Bordelldiskussion, da war ich doch immer angeblich der Verklemmte und Sie waren die Liberale, aber bei Alice scheint es irgendwie anders zu sein.

 

Zu 1.

Bei der Beantwortung der ersten Frage, meine Damen und Herren, muss ich gleich die Geschichte noch einmal ein klein wenig in Erinnerung rufen, weil die scheint ja wieder bei dem einen oder anderen Kollegen in Vergessenheit geraten zu sein. Was war passiert? Am Charlottenburger Tor sind damals Steine, teilweise in Größe eines Menschenkopfes, heruntergefallen auf den Fahrdamm, auf den Radweg. Wir mussten damals Sperrmaßnahmen durchführen. Wir hatten kein Geld im Haushalt, um das Charlottenburger Tor zu sanieren, wir hatten auch keine Investitionsmaßnahme angemeldet. Es gab damals auch kein Bürgerhaushalt, wo die Menschen hätten drüber abstimmen können, also hatten wir zwei Chancen. Entweder wir finden jemand, der dieses Tor für uns saniert, oder wir sperren dauerhaft die Straße des 17. Juni ab. Variante zwei schied relativ klar und schnell aus und wir waren damals sehr glücklich, dass die Stiftung Denkmalschutz auf uns zukam, okay, wir machen das. Und die Stiftung Denkmalschutz ist ja nicht irgendein Krauter, es war die Organisation in der Stadt, die auch das Brandenburger Tor bereits mit dem Segen des Senats saniert hatte. Also, warum sollten wir nicht die ausgestreckte Hand der Stiftung annehmen und entsprechend einen Vertrag abschließen. Das war im Mai 2004.

 

Der Rechnungshof kam das erste Mal im August 2006 und wollte gern die Unterlagen über die vertragliche Situation „Tor mit Stiftung“ sehen. Begründung: Er hat Probleme bei der Finanzierung des Strandbades Wannsee durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gesehen, weil dies finanziert wurde mit Fremdwerbung auf öffentlichem Straßenland, ich sage mal, die 50 Strandbadsegel, die Sie alle kennen, von denen ja leider immer noch einige auch bei uns rumstehen müssen. Also, es ging um die vertragliche Gestaltung zwischen dem Land Berlin, SenStadt, Bäderbetrieben und der Stiftung. Hatte überhaupt nichts mit uns zu tun. Es folgte im Dezember 2006 ein Gespräch von Vertretern des Rechnungshofes mit leitenden Mitarbeiter meiner Abteilung und mit mir, wo der Rechnungshof kritisiert hat, dass in unserem Vertrag für das Charlottenburger Tor drinsteht, wenn Einnahmeüberschüsse erzielt werden, dann muss die Stiftung in denkmalgeschützte andere Gebäude investieren. Und da sagt der Rechnungshof zu uns, das ist gefährlich, weil z. B. jemand aus der Stiftung Denkmalschutz in einer denkmalgeschützten Villa wohnen könnte und dann könnte er die Überschüsse in seine Villa investieren. Haben wir gesagt, haben wir so nicht gesehen, herzlichen Dank für ihren Hinweis, wir sind gerade an den Verhandlungen zu dem Kandelaber-Vertrag, werden wir in den Kandelaber-Vertrag aufnehmen (Dezember 2006).

 

Wir haben den Kandelaber-Vertrag geschlossen am 11. Januar 2007 und haben diesen Hinweis des Rechnungshofes mit aufgenommen. Der Rechnungshof hat uns am 17.04.2007, also drei Monate später, nachdem wir den Kandelaber-Vertrag geschlossen haben, schriftlich darauf hingewiesen, dass er meint, die damalige Vergabe an die Stiftung zum Charlottenburger Tor würde nicht den Vergabegrundsätzen entsprechen. Das heißt, zu dem Zeitpunkt, als ich den Vertrag zu den Kandelabern unterschrieben habe, hatte ich nicht die Kenntnis, dass der Rechnungshof der Auffassung ist, Charlottenburger Tor war vergaberechtswidrig. Bitte also noch mal die Reihenfolge beachten: Erst Vertragsschluss, dann schriftlicher Hinweis des Rechnungshofes, vorher ein ganz anderer Hinweis des Rechnungshofes, den wir auch beachtet haben.

 

Zu 2.

Wir haben nicht auf Einnahmen verzichtet, Frau Centgraf, sondern es gab keine rechtliche Möglichkeit, diese Einnahmen zu erheben, denn die Stiftung ist gemeinnützig und hat die entsprechenden Unterlagen des Finanzamtes für Körperschaften vorgelegt. Dementsprechend sagen die Rechtsvorschriften des Landes Berlin, dann kannst Du auch kein Sondernutzungsentgelt erheben.

Übrigens beim Brandenburger Tor sind der Stiftung auch keine Sondernutzungsentgelte abgenommen worden für die Sanierung und auch für das Aufstellen der Strandbad Wannsee-Werbesegel hat die Senatsverwaltung selbstverständlich auch keine Sondernutzungsentgelder erhoben. Übrigens, was würde da auch für eine Überlegung dahinter stehen? Da sagt man zur Stiftung, bau uns bitte für einen siebenstelligen Betrag die im Mai 1945 zerstörte Kandelaber wieder auf und schenk uns die und mach noch eine Rückstellung für die bauliche Unterhaltung dieser Kandelaber und sanier uns auch noch das steinerne Brückengeländer am Charlottenburger Tor und dann hätten wir gern noch von dir 1,5 oder 1,8 oder 2 Millionen Euro dafür, dass du überhaupt die Baustelle einrichten kannst.

Meine Damen und Herren, Frau Centgraf, vielleicht laden Sie ja Leute zu ihrem Geburtstag ein und sagen, und im Übrigen musst Du Eintritt zahlen oder so. Das kann ja alles sein, aber so eine Konstruktion hätte ich der Stiftung Denkmalschutz nie vorgeschlagen, sie wäre übrigens erstens nicht rechtmäßig gewesen und zweitens wäre sie für die Stiftung nicht darstellbar gewesen. Es kann ja nicht sein, dass jemand etwas schenkt und dann noch Geld dazugeben darf, dass er es überhaupt schenken darf!

 

Zu 3.

Wie kommen Sie eigentlich darauf in Ihrer Fragestellung? Sie fragen: Warum verzichtet der Bezirk auf die Rechenschaftslegung der Werbeerlöse? Wie kommen Sie eigentlich darauf? Stimmt doch überhaupt nicht. Explizit ist im Vertrag Kandelaber eine Vorschrift drin, wie  auch beim Charlottenburger Tor, dass die Stiftung verpflichtet ist, uns eine Rechnungslegung nach Durchführung der Maßnahme zu geben, um zu sehen, wie hoch waren die Werbeerlöse und wie hat sie das Geld ausgegeben. Und wie gesagt, wenn Geld übrig bleibt, nein umgekehrt, erst muss sie noch eine Rückstellung machen für die bauliche Unterhaltung der Kandelaber und wenn dann Geld übrig bleibt, muss die Stiftung diese Erlöse in andere denkmalgeschützte Gebäude des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf, also nicht mehr die private Villa eines Mitglieds der Stiftung, sondern im Gebäude dieses Bezirks stecken, also überhaupt gar keine Möglichkeit, dass an der Stelle irgendwo Geld versackt oder an uns vorbeigeht.

 

Zu 4.

Warum sind keine Vorkehrungen getroffen worden, eine rechtswidrige Werbung unverzüglich unterbinden zu können?

Erstens, meine Damen und Herren, war  zum Zeitpunkt des Vertragschlusses die Stiftung Denkmalschutz ein zuverlässiger Vertragspartner. Es gab keinerlei Veranlassung zu glauben, dass die irgendeine rechtswidrige Werbung machen würden. Punkt zwei: Wir haben entsprechende Vertragssanktionen drin, nämlich dass das Land Berlin den Vertrag fristlos kündigen kann, wenn es zu Vertragsverstößen kommt und die Stiftung diese Vertragsverstöße nicht abstellt. Bei der Werbung, die am Charlottenburger Tor war und die hier ja auch offensichtlich so ihr Ungemach erregt, Frau Centgraf, wo Sie sagen, die Volksseele hätte gebrodelt, also das Brodeln kam bei mir nicht an, hat die Stiftung sich ja selbst bemüht, den entstandenen Schaden und den Fehler zu beseitigen. Wir müssen nur eins sehen, meine Damen und Herren. Eigentlich lag der Fehler bei der Senatsverwaltung. Die AllA Werbung, auf die wir abgestellt haben in unserem Vertrag, hatte eine begrenzte Laufzeit und die Senatsverwaltung hat diese AllA Werbung einfach verlängert, aber sie hat das nicht so gemacht, wie sie vorher die AllA Werbung veröffentlicht hat, nämlich im Amtsblatt von Berlin, sondern sie hat sie nur mit einem internen Rundschreiben verlängert. Das ist bedenklich. Trotzdem habe ich der Stiftung gesagt, selbstverständlich gilt die AllA Werbung weiter und du Stiftung hättest ja bei uns Nachfragen können, ob sie denn noch gilt, aber, meine Damen und Herren, muss man der Stiftung an der Stelle zugute halten, sie hatte einen rechtmäßigen Vertrag mit einer Werbeagentur und diese Werbeagentur hatte mit einer großen deutschen Volkspartei wiederum einen auch rechtmäßigen Vertrag. Insofern gab es gar keine Möglichkeit in diese Konstruktion einzugreifen, selbst wenn wir eine andere Vertragskonstruktion gehabt hätten.

 

Zu 5.

Auf Ihre Frage, wer ist Beschuldigter im Ermittlungsverfahren, das Bezirksamt oder der Leiter der Bauabteilung, darf ich Ihnen mitteilen, der Leiter der Bauabteilung persönlich. Insofern müsste ich Ihnen eigentlich keine weiteren Auskünfte mehr nach Datenschutz geben, weil ich selbst Beschuldigter in Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft bin. Da ich aber nichts zu verbergen habe, meine Damen und Herren und der Meinung bin, dass das Verfahren für mich gut ausgeht, habe ich auch gar keine Veranlassung, irgendetwas zu verschweigen, also sage ich Ihnen, dass die Durchsuchung der Büroräumen meiner Abteilungsbüroräume konstruktiv und positiv verliefen, so wurde es mir jedenfalls berichtet, ich selbst war ja nicht da, ich saß in der Bezirksamtssitzung, als der Herr Oberstaatsanwalt mit drei Mitarbeitern des Landeskriminalamtes einritt. Es war eine konstruktive Durchsuchung, die hat am 7. Juli stattgefunden und eine Beschlagnahme hat nicht stattgefunden.

 

Und jetzt erlauben Sie mir noch abschließend eine Bemerkung:

Zum einen, Frau Centgraf, ich habe eben nicht verstanden, was die Bemerkung sollte, da werden so nachempfundene Leuchter gebaut? Sie werden original nach den vorhandenen Unterlagen wieder errichtet,  in Abstimmung mit dem Bezirksamt fachlich die ganze Zeit versiert und auch begleitet von entsprechenden Unternehmen der Denkmalpflege. Also, tun Sie doch bitte nicht so, als wenn an der Stelle irgendwie was entsteht, was überhaupt keine Relevanz hat. Aber, was mir noch viel wichtiger ist, ich verwahre mich gegen die Stigmatisierung und Kriminalisierung, die hier stattfindet. So, finde ich, sollten wir auch nicht mit dem Vertragspartner Stiftung Denkmalschutz umgehen. Ich bin auch manchmal mit der Stiftung im Clinch, insbesondere nachdem der Geschäftsführer gewechselt hat, das weiß jeder, da gibt es manchmal beinharte Auseinandersetzungen. Das liegt vielleicht daran, dass der Geschäftsführer natürlich den Auftrag hat, möglichst der Stiftung auch ihr Interesse zu vertreten. Aber, meine Damen und Herren, eine Stiftung Denkmalschutz Berlin, in deren Vorstand z. B. Dr. Hans Stimann, oder Lothar de Maiziere oder die Mitarbeiterin des Bezirksamtes Frau Jochens, oder im Kuratorium, Wolfgang Schäuble, der ja eben noch als großer Kronjurist von Herrn Wendt hier benannt wurde, oder Rudi Kujath, oder Dr. Flierl, oder Dr. Lindner oder Walther Momper. Also, meine Damen und Herren, nun tun wir doch nicht so, als wenn es sich um eine kriminelle Vereinigung handelt, die nur dabei ist, uns zu schaden.

 

 
 

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