Drucksache - 1509/XX  

 
 
Betreff: LARA über das Jahresende hinaus unterstützen
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Die Fraktion DIE LINKEBezirksamt
Verfasser:Frau Heiß, ChristianeSchöttler, Angelika
Drucksache-Art:DringlichkeitsantragMitteilung zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Ausschuss für Bürgerdienste und Ordnungsangelegenheiten Kenntnisnahme
28.01.2021 
29. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Bürgerdienste und Ordnungsamt - Die Sitzung findet im VIDEOCALL statt Informationen dazu entnehmen Sie bitte dem Infoblatt vertagt   
25.02.2021 
30. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Bürgerdienste und Ordnungsamt - DIe Sitzung findet im Videocall statt, die Einwahldaten entnehmen Sie bitte dem INFOBLATT Videocall mit Abschlussbericht zur Kenntnis genommen   
Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin Entscheidung
11.12.2019 
38. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen (Beratungsfolge beendet)   
Bezirksamt Erledigung
Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin Kenntnisnahme
18.03.2020 
entfällt - 41. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin      
29.04.2020    entfällt - öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin      
27.05.2020 
41. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin - Achtung! Sitzungsbeginn 17:00 Uhr! überwiesen   

Sachverhalt
Anlagen:
Dringlichkeitsantrag
Austauschseite
Mitteilung zur Kenntnisnahme

 Die BVV fasste auf ihrer Sitzung am 10.12.2019  folgenden Beschluss:

LARA über das Jahresende hinaus unterstützen.

 Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

Das Bezirksamt wird ersucht zu prüfen, wie LARA - Verein gegen sexuelle Gewalt an Frauen - e.V. bis zum Ende des Jahres die notwendige Genehmigung zur Zweckentfremdung erteilt werden kann, um die dort vorhandene psychosoziale Beratung für Frauen* nach sexualisierter Gewalt, konkret das Projekt "Mobile Beratung für geflüchtete Frauen*", an ihrem Standort in der Fuggerstraße 19 über das Jahresende hinaus fortsetzen zu können. Die BVV erkennt die Arbeit des Vereins als wichtigen Teil der Beratungs- und Unterstützungsstruktur innerhalb dieses Bezirks an.

Das Bezirksamt teilt hierzu mit der Bitte um Kenntnisnahme mit:

Das Bezirksamt teilt die Auffassung, dass das Beratungsangebot von LARA e.V. ein sehr wichtiger Teil der Beratungs- und Unterstützungsstruktur innerhalb dieses Bezirks darstellt. Das Bezirksamt unterstützt daher den Verein, soweit es gesetzliche Vorgaben zulassen.

Die Nutzung von Wohnräumen für eine Beratungstätigkeit stellt eine zweckfremde Nutzung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 ZwVbG dar. Die Nutzung bedarf einer Genehmigung. Für die Erteilung einer Genehmigung zur zweckfremden Nutzung einer Wohnung bestehen aber enge gesetzliche Regelungen, die vom Bezirksamt zwingend zu beachten sind. Die Erteilung einer Genehmigung einer zweckfremden Nutzung einer Wohnung steht im Ermessen der Behörde. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung handelt es sich hierbei jedoch nicht um ein freies, ungebundenes Ermessen, sondern um ein intendiertes Ermessen, das auf die Ablehnung eines Antrags ausgerichtet ist. Das Verwaltungsgericht Berlin hat hierzu unter Verweis auf die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg ausgeführt: „Wegen der Ausgestaltung als repressives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ist die Ermessensausübung im Sinne eines intendierten Ermessens auf die Versagung der Genehmigung hin angelegt“ (VG Berlin, Urteil vom 03.05.2019, - VG 6 K 139.18). Die Ablehnung stellt bei einem intendierten Ermessen den Regelfall dar, die Genehmigung die Ausnahme. Dies ist darin begründet, dass der Erhaltung von Wohnraum gesetzlich bereits ein überragendes öffentliches Interesse eingeräumt wird. Eine Genehmigung kann daher nur erteilt werden, wenn (gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Wohnraums) ein vorrangiges öffentliches Interesse besteht.

In § 3 Abs. 2 ZwVbG ist geregelt, in welchen Fällen in der Regel ein vorrangiges öffentliches Interesse besteht. Dies ist der Fall, wenn Wohnräume zur Versorgung der Bevölkerung mit sozialen Einrichtungen, für Erziehungs-, Ausbildungs-, Betreuungs- oder gesundheitliche Zwecke verwendet werden soll. Dies setzt nach § 3 Abs. 2 ZwVbG jedoch zwingend voraus, dass andere Räume nicht zur Verfügung stehen oder nicht zeitgerecht geschaffen werden können. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt.

Die Beratungsstelle LARA e.V. hat für ihre Beratungstätigkeit zwei Wohnungen angemietet. Für eine der Wohnungen besteht ein Bestandsschutz nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 ZwVbG, da sie bereits vor dem Inkrafttreten des Verbots der Zweckentfremdung genutzt wurde. Die zweite Wohnung wurde erst nach dem Inkrafttreten des Verbots angemietet und als Beratungsstelle genutzt. Hierfür wurde LARA e.V. am 31.07.2018 eine vorübergehende Genehmigung bis zum 31.12.2019 (17 Monate), erteilt. LARA e.V. wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Genehmigung nur vorübergehend erteilt werden kann, um es dem Verein zu ermöglichen, die Beratungstätigkeit kurzfristig auszuweiten und geeignete Räumlichkeiten im gewerblichen Bereich zu finden. Das Bezirksamt ist dabei davon ausgegangen, dass es kurzfristig nicht möglich ist, geeignete Räumlichkeiten zu finden.

Nunmehr hat LARA e.V. die Verlängerung der Genehmigung beantragt und dies vor allem damit begründet, dass der Vermieter der Bestandsschutzwohnung den Verein nicht aus dem Mietvertrag lasse. Zwar hat LARA e.V. erklärt, geeignete Gewerberäume gesucht zu haben; es wurden auch einige Objekte benannt. Es wurde jedoch nicht nachvollziehbar dargelegt, aus welchen Gründen diese nicht in Betracht kommen. Es wurden wiederholt widersprüchliche Angaben gemacht und nicht nachvollziehbare Begründungen vorgebracht, weshalb Objekte ungeeignet wären. So wurde beispielsweise von LARA e.V. unter Vorlage einer Liste mit mehreren Objekten erklärt, dass diese nicht angemietet werden konnten, da die Vermieter nicht an gemeinnützige Organisationen vermieten möchten. Im Rahmen der Ermittlungen der Zweckentfremdungsstelle musste dann aber festgestellt werden, dass lediglich zwei der aufgelisteten Objekte tatsächlich angeschaut wurden und davon nur für eines eine Ablehnung durch den Vermieter mit der o.g. Begründung ausgesprochen wurde. Der von LARA e.V. beauftragte Makler hat den Auftrag schließlich von sich aus beendet, da er aufgrund der durchgehenden Absagen seitens LARA e.V. der Auffassung war, dass die von LARA e.V. vorgegebenen Kriterien eine erfolgreiche Suche unwahrscheinlich erscheinen lassen. Die Gründe für eine Ungeeignetheit von Gewerbeobjekten waren zum Teil auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil sie auch vom derzeitigen Standort in der Fuggerstraße 19 nicht erfüllt werden. Es ist beispielsweise nicht nachvollziehbar, dass sämtliche im Erdgeschoss bzw. Hochparterre gelegenen Räumlichkeiten als ungeeignet abgelehnt werden, weil die Beratungsräume nicht einsehbar sein sollen. Dass es die Möglichkeit gibt, Fenster mit Folien zu versehen oder einen Sichtschutz anderer Art anzubringen, wird bei der Suche nicht berücksichtigt.

Widersprüchlichkeiten bestanden auch dahingehend, dass Räumlichkeiten mit der Begründung für LARA e.V. nicht in Betracht kamen, weil die geforderten Mieten nicht durch die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung übernommen werden, während eine Nachfrage des Bezirksamtes bei der Senatsverwaltung ergab, dass derartige Mieten durchaus übernommen werden können. Die Zweckentfremdungsstelle hat LARA e.V. unterstützt, indem sie nach eigener Recherche weitere Objekte benannt hat. Diese wurden aber leider ebenfalls aus zumeist nicht nachvollziehbaren Gründen als nicht geeignet beurteilt.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Regel-Annahme eines vorrangigen öffentlichen Interesses nach § 3 Abs. 2 ZwVbG liegen nicht vor. Der Antrag auf Erteilung einer Zweckentfremdungsgenehmigung musste daher mit Bescheid vom 17.01.2020 abgelehnt werden. LARA e.V. hat gegen die Ablehnung der Genehmigung Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden wurde.

Es entspricht im Übrigen auch der Intention des Senats sowie der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, insbesondere Büronutzungen, wie sie auch eine Beratungstätigkeit darstellt, nicht dauerhaft in Wohnungen zuzulassen. Aus diesem Grunde hat der Senat von Berlin in § 3 Abs. 1 der Zweckentfremdungsverbot-Verordnung (ZwVbVO) eine Genehmigungsfreistellung ausdrücklich nur auf die Vermietung von Wohnraum zum Zwecke der Überlassung zu Wohnzwecken an Leistungserbringende und Zuwendungsempfangende (soziale Träger) beschränkt. Dies hat seinen Grund darin, dass hierfür geeignete Räume, die keine Wohnräume im Sinne des ZwVbG sind, aber eine Wohnnutzung zulassen, kaum vorhanden sind. Entscheidend anders sieht es jedoch bei Büroräumen aus, denn diese sind vorhanden. Es ist durchaus möglich geeignete Gewerberäume für eine Beratungstätigkeit zu finden, so dass Wohnraum hierfür nicht zweckentfremdet werden muss. Ein vorrangiges öffentliches Interesse nach § 3 Abs. 2 ZwVbG besteht aber nur dann, wenn geeignete Gewerberäume nicht zur Verfügung stehen.

Das Bezirksamt möchte ausdrücklich klarstellen, dass es die erfolgreiche Arbeit von LARA e.V. respektiert und unterstützt. Es geht eben nicht darum, darauf hinzuwirken, dass die Tätigkeit von LARA e.V. behindert oder gar eingestellt wird. Das Bezirksamt ist aber verpflichtet, das Zweckentfremdungsrecht zu beachten und darauf hinzuwirken, dass Wohnräume zum Wohnen genutzt werden. LARA e.V. ist deshalb für einen Zeitraum von beinahe eineinhalb Jahren die Möglichkeit eingeräumt worden, Gewerberäume zu finden. Diese Zeit wurde leider nicht genutzt.

Anzumerken ist insbesondere auch, dass LARA e.V. durch die Verlängerung des Mietvertrages der Bestandsschutzwohnung die Ursache für die nun bestehende Problematik selbst gesetzt hat. Mit Bescheid vom 31.07.2018 wurde die vorübergehende Nutzung der Wohnung im 2. OG bis zum 31.12.2019 genehmigt. Die Wohnung wurde daraufhin von LARA e.V. auch bis zum 31.12.2019 befristet angemietet. Hier wurde nachvollziehbar gehandelt, indem die Mietdauer an die Gültigkeitsdauer der Genehmigung geknüpft wurde. Nicht nachvollziehbar ist dagegen, dass LARA e.V. den Mietvertrag für die Wohnung im 3. OG, die dem Bestandsschutz unterliegt, am 14.09.2018 – also in Kenntnis der nur bis zum 31.12.2019 genehmigten Nutzung der anderen Wohnung im 2. OG – bis zum 31.03.2021 verlängert hat. Es wäre zu erwarten gewesen, dass die Verlängerung nur bis zum 31.12.2019 erfolgt, um die beiden Mietdauern zu synchronisieren. Ob diesem Handeln eine mangelnde Sorgfalt oder ein Kalkül zugrunde liegt, vermag das Bezirksamt nicht zu beurteilen. Bei einer ernsthaften Suche nach einem neuen Standort wird ein vernünftig handelnder Mensch einen Mietvertrag nicht derart lange in die Zukunft verlängern.

Nunmehr beruft sich LARA e.V. auf die noch bis zum 31.03.2021 laufende Mietdauer der Bestandsschutzwohnung und wünscht die Genehmigung der Zweckentfremdung über den 31.12.2019 hinaus bis zum 31.03.2021. Dieses Vorgehen und die zumindest defensive Suche nach einem neuen Standort erwecken den Eindruck, dass LARA e.V. von einer Verlängerung der Genehmigung ausging und die sehr deutlichen Aussagen des Bezirksamtes, dass die Gültigkeitsdauer der Genehmigung für die Suche eines neuen Standorts zu nutzen sei, nicht ernst nahm. Das Zweckentfremdungsrecht und die notwendige Ermessensabwägung kann jedenfalls nicht durch vollendete Tatsachen bestimmt werden. Das Bezirksamt findet es sehr schade, dass die wertvolle Tätigkeit von LARA e.V. durch dieses Handeln beeinträchtigt wird. Es muss aber festgestellt werden, dass nicht das Verhalten des Bezirksamts ursächlich dafür ist, sondern das von LARA e.V.

Wie oben bereits ausgeführt wurde, hat eine Anfrage bei der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung ergeben, dass von dort auch höhere Gewerbemieten übernommen werden. LARA e.V. erklärte jedoch wiederholt, dass Objekte nicht in Betracht kämen, weil man davon ausging, dass die Miete nicht von der Senatsverwaltung übernommen wird.

Das Land Berlin fördert den Bau von Wohnungen in großem Maße, da diese dringend für die Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum benötigt werden. In diesem Rahmen wäre es sehr widersprüchlich und wenig konsequent, wenn die Zweckentfremdungsbehörden sozialen Trägern eine Nutzung von Wohnräumen genehmigen würden, weil die Kosten für Gewerberäume nicht von der Senatsverwaltung, also dem Land Berlin, übernommen werden. In diesem Zusammenhang würde sich das Bezirksamt wünschen, dass ein Engagement und eine Fürsprache, wie sie hier gezeigt wird, auch gegenüber der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung vorgebracht würde. Es besteht schließlich nicht nur die Möglichkeit, aus Kostengründen Wohnräume zu nutzen, die von Menschen bewohnt werden könnten, die dringend darauf angewiesen sind. Es besteht daneben auch die Möglichkeit, auf die Senatsverwaltung einzuwirken, um zu verhindern, dass die Anmietung geeigneter Gewerberäume an der geforderten Gewerbemiete scheitert. Derartige Bemühungen vermag das Bezirksamt leider nicht erkennen. Offenbar scheint als Lösung einzig die Erteilung einer Genehmigung zur Nutzung einer Wohnung in Frage zu kommen.

Es wird zudem auch verkannt, dass das Bezirksamt nicht willkürlich Genehmigungen erteilen darf. Gleiche Sachverhalte verlangen auch im Ermessenswege einheitliche Entscheidungen. Wenn für LARA e.V. eine Genehmigung erteilt werden würde, müsste auch in allen anderen Fällen eine solche erteilt werden. Eine Ausnahme nur für LARA e.V. würde gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen.

Um eine Lösung herbeizuführen, wurde am 06.02.2020 mit LARA e.V. ein Gespräch geführt. Die Vertreterin von LARA e.V. hat in diesem Gespräch erklärt, dass ein Objekt in der Manfred-von-Richthofen-Straße gefunden wurde, das als neuer Standort geeignet wäre. Die Vertreterin bestätigte auf wiederholtes Nachfragen, dass das Objekt noch zur Verfügung steht. Vom Bezirksamt wurde daraufhin eine Hilfestellung dahingehend angeboten, dass eine Unterstützung bei der Anmietung neuer Räumlichkeiten in der Manfred-von-Richthofen-Straße sowie bei der Vertragsbeendigung der Bestandsschutzwohnung in dem derzeitigen Haus erfolgt. Es wurde hierüber eine konkrete Vereinbarung geschlossen, deren Inhalt zudem auch vorsah, dass sich das Bezirksamt bei der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung um eine Finanzierungszusage bemüht. Leider hat LARA e.V. nur vier Tage später erklärt, dass man die Vereinbarung nicht einhalten wird und sich nicht mehr daran gebunden sieht. Zudem stellte sich heraus, dass das Objekt in der Manfred-von-Richthofen-Straße schon am Tage des Gesprächs nicht mehr zur Verfügung stand. Die Vertreterin von LARA e.V. stellte im Gespräch somit einen bereits überholten Sachstand dar oder war zumindest über diesen nicht informiert.

 
 

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