Auszug - Hat der Bürgermeister die Finanzen nicht im Griff? Erneute Strafzahlung des Bezirks wegen Nichteinhaltung von Finanzregelungen – wie ist das möglich?  

 
 
52. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin (mit LIVESTREAM)
TOP: Ö 8.1
Gremium: BVV Mitte von Berlin Beschlussart: beantwortet
Datum: Do, 16.09.2021 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 23:15 Anlass: ordentlichen Sitzung
Raum: BVV-Saal
Ort: Karl-Marx-Allee 31, 10178 Berlin
3367/V Hat der Bürgermeister die Finanzen nicht im Griff? Erneute Strafzahlung des Bezirks wegen Nichteinhaltung von Finanzregelungen – wie ist das möglich?
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion DIE LINKEFraktion DIE LINKE
Verfasser:Urchs,Schrader und die anderen Mitglieder der Fraktion DIE LINKE 
Drucksache-Art:Mündliche AnfrageDringlichkeitsanfrage
 
Wortprotokoll

  1. Wie erklärt das Bezirksamt, dass der Bezirk Mitte in der letzten Sitzung des Hauptausschusses des Berliner Abgeordnetenhauses am 08. September 2021 erneut mit einer Vorlage zur nachträglichen Genehmigung von genehmigungspflichtigen Ausgaben vorstellig werden musste und dafür wieder mit einer Strafzahlung von 50.000 Euro belegt wurde?
  2. Wie erklärt das Bezirksamt das erneute Versagen der zuständigen Stellen im Bezirk angesichts der Tatsache, dass die Notwendigkeit einer Containeranlage als Ausweichfläche für die Baumaßnahmen an der Volkshochschule Mitte bereits in den Bauplanungsunterlagen vom 18. 07. 2019 enthalten und finanziell eingeplant war? Warum wurde nicht bereits zu diesem Zeitpunkt das Genehmigungsverfahren eingeleitet?

BzBm Herr von Dassel antwortet: Sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrte Bezirksverordnete, sehr geehrter Herr Urchs, sehr geehrte Frau Schrader. Die Kosten für die Sanierungsmaßahme Antonstraße 37 betragen laut Bauplanungsunterlagen vom 18.07.2019 3,7 Millionen Euro. In diesen Gesamtkosten sind die Kosten für die geplante Containeranlage sowie die Kosten für die Erstellung der erforderlichen Genehmigungen und Untersuchungen für Baugenehmigungen, Brandschutzkonzept und Baugrundgutachten enthalten. Die fachliche Zuständigkeit im Rahmen der Baumaßnahme die Container anzumieten, war bei der Serviceeinheit Facility Management (SE FM) gegeben und wurde so auch umgesetzt. Dies inkludierte aus Sicht des Amtes für Weiterbildung und Kultur auch alle damit zusammenhängenden Verfahren, wie unter anderem das Genehmigungsverfahren im Rahmen einer Anmietung über die Senatsverwaltung für Finanzen (SenFin) und den Hauptausschuss. Abzustimmen wäre zwischen den beiden Ämtern gewesen, ob tatsächlich die SE FM den Antrag bei SenFin stellt oder aber eher der Bedarfsträger, also hier das Amt für Weiterbildung und Kultur, zu einem bestimmten Zeitpunkt den Hinweis gibt und dann den Antrag stellen sollte. Also die haben jeweils von sich gedacht, dass das andere Amt tätig wird. Im vorliegenden Fall hatten die Abteilungen Personal und Finanzen den Bedarfsträger bzw. der SE FM, also beiden, den Hinweis gegeben, dass die Zustimmung seitens SenFin und des Hauptausschusses einzuholen ist, aber wie gesagt, erst nachträglich, weil zum Zeitpunkt der Bauplanungsunterlagen vom 18.07.2019 waren die Anforderungen an den Umfang der Container noch nicht konkret und die Höhe der Kosten nur geschätzt. Eine Berücksichtigung in den Planungen erfolgte dem Grunde nach pauschal. Im Zuge der weiteren Planungen wurden aber erst die Anforderungen an die Containeranlage in 2020 konkretisiert und Ende Oktober 2020 wurde auf Basis dieser Planungen eine öffentliche Ausschreibung durchgeführt. Die Auswertung der abgegebenen Angebote in 2021 ergab eine deutliche Kostensteigerung. Die Anmietung erfolgte dann durch die SE FM im Mai 2021. Jetzt wird es kompliziert. Zum Zeitpunkt der Bauplanungsunterlagen, also im Jahr 2019, galt noch die „Oder-Regelung“, die besagte, dass gegenüber dem Hauptausschuss keine Verpflichtung zu einer Anmietung bestand, wenn die Schwellenwerte von entweder 7000 Euro netto Kaltmiete oder 1000 Quadratmeter Mietfläche unterschritten waren. Dies war hier der Fall. Die Mietfläche für die Container lagen deutlich unter 1000 Quadratmetern. Tatsächlich bei 440 Quadratmetern. Erst mit dem Rundschreiben Nr. 39 2020 von SenFin mussten kumulativ, also beide Schwellenwerte, unterschritten werden, um es nicht dem Hauptausschuss vorlegen zu müssen. Also man hat 2019 diese Baumaßnahme gehabt und geschaut, was an Formalien eingehalten werden musste und zum damaligen Zeitpunkt wäre eine Vorlage vom Hauptausschuss nicht möglich gewesen. Das hat sich erst innerhalb dieses Verfahrens dann verändert.

  1. Durch wen und auf welchem Wege wurden und werden die Ämter und Abteilungen des Bezirksamtes regelmäßig über Auflagen bzw. Regelungen der Senatsverwaltung für Finanzen mit bezirklicher Relevanz informiert und deren Einhaltung durch ein diesbezügliches Umsetzungsverfahren nebst Controlling überprüft oder müht sich jedes Amt und jede Abteilung selber durch Protokolle des AGH-Hauptausschusses, Senats-Datenbanken o.ä.?

BzBm Herr von Dassel antwortet: Die Ämter und Abteilungen werden von der Serviceeinheit Personal und Finanzen über alle relevanten Regelungen und Auflagen informiert. Zur Auflage Nr. 2, also das, was man dem Hauptausschuss vorlegen muss, erfolgten mehrfach Hinwiese, zuletzt mit E-Mail vom 18.03.2021 an alle Amts- und Abteilungsleitungen sowie Referent*innen und Führungskräfte. Die Überprüfung der Einhaltung von Vorschriften obliegt der jeweiligen Abteilungsleitung in dezentraler Fach- und Ressourcenverantwortung. Die SE Personal und Finanzen kann erst dann tätig werden, wenn sie von dem jeweiligen Vorgang Kenntnis erhält. Ich glaube, das ist in diesem Fall wirklich auch ein besonderer Vorgang gewesen. Erstens, weil, was ich schon ausgeführt hatte, die rechtlichen Anforderungen des Abgeordnetenhauses sich im Verfahren geändert haben und zweitens, weil wirklich, sowohl ein Bedarfsträger als eben auch dann die Serviceeinheit involviert war. Es ist bedauerlich, dass Kollege Spallek, der dort in dieser Sitzung des Bezirksamts vertreten hat, nicht die Möglichkeit hatte auf diesen Sonderfall hinzuweisen und dann bei den Abgeordneten vielleicht auch nochmal Verständnis dafür zu bekommen, warum das hier nicht beantragt worden ist, denn die Sprecherrunde hat schon bevor der Punkt überhaupt aufgerufen wurde schon miteinander ausgemacht, dass es diese Strafe gibt. Aus meiner Sicht war das sehr pauschal und dem konkreten Fall nicht angemessen. Vielen Dank.

 

BzStaR Herr Spallek: Sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrte Damen und Herren. Das Bezirksamt spricht mit einer Stimme und nutzt manchmal auch die Gelegenheit ergänzende Informationen beizutragen, Ich will eingangs zwei Dinge feststellen. Zum einen, die eben vorgetragene Antwort ist mit mir nicht abgestimmt gewesen. Zum anderen, auch die Vorlage in den Hauptausschuss, die von der Stadträtin Frau Weißler eingebracht wurde, war mit mir nicht abgestimmt. Sie erfolgte auf alleinige Veranlassung der zuständigen Stadträtin. Es trifft zu, dass diese von mir physisch vertreten wurde, weil an dem Tag der Hauptausschuss getagt hat und unter TOP 6 die Entsperrung der Mittel für den Erweiterungsbau der Papageno-Grundschule auf der Agenda stand und auch die Genehmigung des Erweiterungsbedarfsprogramms durch Fortschreibung, weil unter anderem der Ergänzungsbau an einer anderen Stelle vorgenommen werden soll und auch eine konzeptionelle Veränderung vorgenommen wurde. TOP 7 war die eben von Herrn von Dassel vorgetragene Berichterstattung, warum bzw. dass die gemäß Auflagenbeschluss Nr. 2 zum Haushaltsgesetz notwendige vorherige Zustimmung des Hauptausschusses des Abgeordnetenhauses zur Anmietung von Flächen, Räumen oder Containern nicht eingeholt wurde. Warum weiß ich das leider so genau? Weil, wie Sie auch wissen, im Bereich des Schul- und Sportamtes als Bedarfsträger, wir reden hier also über die Bedarfsträgereigenschaft, wir reden nicht über die Funktion einer Serviceeinheit, auch die Serviceeinheit Personal und Finanzen ist eine Serviceeinheit, weil es bei Bedarfsträger Schule und Sport im Jahre 2018 mehrere Versäumnisse gab. Darüber habe ich im Schulausschuss und auch hier berichtet. Das ist auch an dieser Stelle mindestens ärgerlich und hat zu den entsprechenden Folgen, sprich einer Strafzahlung geführt. Nach dem was Herr von Dassel gerade sagte, ordne ich das aber zeitlich vorher ein. Also die Anmietung der Containeranlagen r die damaligen Ergänzungsmaßnahmen an den Schulen, wo schon der Auflagenbeschluss Nr. 2 zum Haushalt des Landes Berlin bekannt war und dann auch eben die genannten Regelungen hätten gelten müssen. Ich selber kann derzeit nicht abschließend beurteilen, ob das, was gerade vorgetragen wurde, vollumfänglich stimmt. Ich möchte aber natürlich die Möglichkeit dazu nutzen darauf hinzuweisen, dass was in den Geschäftsbereich IV als Versäumnis stattgefunden hat entsprechend aufgearbeitet wurde und das was im Hauptausschuss vorgetragen wurde eben nicht, wie gerade vielleicht vermittelt wurde, ohne Kenntnisnahme der sonstigen Umstände verhandelt wurde, sondern dass auf Grundlage der Zuarbeiten der Vorlage mit der entsprechenden roten Nummer an den Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses die Sprecher:innen sich darauf verständigt haben, sowohl den Tagesordnungspunkt 6, das war also die Erweiterung der Papageno-Grundschule, aber auch den TOP 7 ohne Aussprache zu behandeln und haben sich dann darauf verständigt in Abwägung offenbar der für die Sprecher*innen des Hauptausschusses vollumfängliche Darstellung des Sachverhaltes durch die Kollegin hier die entsprechenden Maßnahmen zu treffen.

 

Frau Schrader (DIE LINKE): Sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrtes Bezirksamt. In der Tat war es beabsichtigt, dass Sie Herr Bürgermeister, als zuständiger Finanzstadtrat diese Frag beantworten, weil wir auch schon eine Gesamtverantwortung des Bezirksamtes sehen und da sind Sie für uns der erste Ansprechpartner, wenn es um die Finanzen geht. Ich habe mich sehr gewundert, dass Sie eingangs gleich nicht zu dieser Verantwortung stehen, sondern versuchen hier Schuldige zu finden. Das wundert auch, weil das Bezirksamt durchaus mit einer Stimme spricht. Das sehen wir an dieser Stelle etwas seltsam an. Immerhin geht es mittlerweile um 100.000 Euro an Strafzahlungen, die vermutlich jetzt im Rahmen der pauschalen Minderausgabe und der Neutralstellung der Bezirke erstmal nicht, ich will nicht sagen weh tun, aber nicht so zu Auswirkungen kommen, wie das zu befürchten ist. Ich vermute das jedenfalls, dass das so am Ende ausgeht. Anderseits fällt es schon auf, dass Mitte der einzige Bezirk ist im Hauptausschuss, der durch derartiges Verhalten auffällt und dem aus diesen Gnden auch Strafzahlungen verordnet werden. Da fragt man sich schon, was da schiefläuft, auch in der Kommunikation innerhalb des Amtes und in der Kommunikation zwischen den Ämtern, also der SE PersFin, Ihnen und den anderen Ämtern. Ich glaube, da müsste man schon nochmal hinsehen und über Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten und letztendlich auch Konsequenzen denken. Ich erlaube mir die Frage zu stellen, wie es angesichts des faktischen Haushaltsbedarf jetzt aussieht? Sehen Sie hier Veranlassungen hier nochmal tätig zu werden, um auch mit der SE PersFin hier gegenüber den Ämtern entsprechende Verfahren klarzuziehen? Immerhin hatte auch Herr Spallek, und das glaube ich ihm auch mit gutem Gewissen, in der August-Sitzung gesagt, dass nichts mehr geht. Wir haben das aufgearbeitet und es gibt hier keine Fälle mehr, zumindest im Schulbereich, wo Auflagenbeschlüsse des Abgeordnetenhauses nicht eingehalten werden. Nun hatte ich mich sehr gewundert, als ich das gehört hatte in der Sitzung des Hauptausschusses und da frage ich mich dann doch, ob das eine Frage ist, die dann wieder den Ämtern zugeschoben werden soll oder ob Sie da nicht auch als Finanzstadtrat Bedarfe sehen, das aufzuarbeiten und nochmal Klarheit zu schaffen, wer verantwortlich ist. Für uns ist klar, dass die Gesamtverantwortung bei Ihnen liegt und das ist auch nochmal bei den Äerungen von Herrn Spallek deutlich geworden. Es ist nicht nur ein peinlicher Vorgang, es ist auch ein teurer Vorgang und da sollte schnellstmöglich, auch im Hinblick auf die neue Legislaturperiode, eine Klarstellung erfolgen und Vorkehrungen getroffen werden, so dass das nicht nochmal passiert.

 

BzBm Herr von Dassel: Sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrte Damen und Herren. Ich würde zunächst einmal gerne eine Präzisierung vornehmen, das hat der Kollege Spallek schon gesagt, die Vorlage, also die Darstellung des Sachverhaltes, ist natürlich dem Hauptausschuss berichtet worden. Wenn ich mich hier missverständlich ausgedrückt habe, dann tut mir das leid. Er hatte bloß keine Möglichkeit mehr, sich mündlich dazu zu äern. Das ist das, was im Bezirksamt besprochen worden ist. Den Sachverhalt haben wir natürlich vorher schriftlich dargelegt. Jetzt zu Ihrer Frage. Eine grundsätzliche Gesamtverantwortung für den Bezirk nehme ich natürlich immer gerne an. Allerdings haben wir hier auch eine Fach- und Ressourcenverantwortung, wie Sie wissen, so dass die Stadträt:innen ihre Geschäftsbereiche eigenständig verantworten und das gilt natürlich auch für Baumaßnahmen. Sie können sich vorstellen, dass es die Baumaßnahmen nicht beschleunigen würde, wenn das alles über meinen Tisch geht. Klar ist, dass wir hier zwei Organisationseinheiten hatten. Klar ist, dass man sich mit den Containern schon zu einem Zeitpunkt beschäftigt hatte, als es diese Auflage noch nicht gab. Klar ist auch, dass die SE PersFin in Deutlichkeit, die absolut ausreichend war, das habe ich mir nochmal angeschaut, an die Ämter übermittelt hat, wann dann eine Zustimmung des Abgeordnetenhauses notwendig ist. Wie gesagt, der Bedarfsträger war das Amt für Weiterbildung und Kultur. Die Anmietung selbst erfolgte am 17.05.2021 und als Kollege Spallek gesagt hat, er habe das aufgearbeitet fürs Bezirksamt, aber da war dieser Vorgang mit dieser Anmietung mehrere Monate her, als in dem Sinne dann nicht mehr heilbar. Mehr kann ich aktuell dazu nicht sagen. Natürlich werden wir grundsätzlich in einer neuen Wahlperiode, da muss das Bezirksamt auch nochmal rückblickend schauen, an welchen Stellen es insbesondere bei der Zusammenarbeit der Ämter Verbesserungsbedarf gibt und an welchen Prozessen wir noch arbeiten müssen. Vielen Dank.

 

 

 
 

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