Drucksache - 1995/XX  

 
 
Betreff: Kältehilfeplätze für Obdachlose mit Rollstuhl schaffen – Obdachlose nicht sterben lassen
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Frakt. GRÜNE, SPDBezirksamt
Verfasser:Herr Steuckardt, MatthiasSchöttler, Angelika
Drucksache-Art:AntragMitteilung zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Ausschuss für Soziales, Senioren und demografischer Wandel Kenntnisnahme
15.04.2021 
35. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziales, Senioren und demografischer Wandel - Die Sitzung findet im Videocall statt (Einwahldaten folgen demnächst)      
Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin Entscheidung
16.12.2020 
47. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin - Tagesordnung auf Beschluss der Sondermittel reduziert - Tagungsort Rathaus Schöneberg vertagt     
20.01.2021 
48. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin - Besucher bitten wir um vorherige Anmeldung per E-Mail im BVV-Büro! (siehe Teilnehmer_innen-Anlage zur Einladung) ohne Änderungen in der BVV beschlossen   
Bezirksamt Erledigung
Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin Kenntnisnahme
24.03.2021 
50. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin - Videokonferenz - Youtube Link: https://youtu.be/POr_AzSHhEs überwiesen   

Sachverhalt
Anlagen:
Antrag
Mitteilung zur Kenntnisnahme

Die BVV fasste auf ihrer Sitzung am 20.01.2021 folgenden Beschluss:

 

Die Bezirksverordnetenversammlung ersucht das Bezirksamt, mindestens fünf Kältehilfeplätze für Obdachlose mit Rollstuhl zu schaffen. Dafür soll das Bezirksamt mit barrierefreien Hotels, Hostels, Pensionen kooperieren. Des Weiteren soll das Bezirksamt in Zusammenarbeit mit zuständigen Trägern und/oder über einen Aufruf in der Kältehilfe prüfen, inwiefern auch mindestens eine Pflegekraft und weitere Helfer*innen gewonnen werden können, die diese Obdachlosen unterstützen.


Das Bezirksamt teilt hierzu mit der Bitte um Kenntnisnahme mit:

 

Das Amt für Soziales hat mit den Einrichtungen der Kältehilfe, die ausweislich des Wegweisers 2020/2021 der Berliner Kältehilfe Plätze für Rollstuhlfahrer vorhalten, telefonischen Kontakt aufgenommen, um sich einen Überblick über den grundsätzlichen Bedarf an Plätzen für Obdachlose mit Rollstuhl und der tatsächlichen Nutzung der angebotenen Plätze im Land Berlin zu verschaffen. Im genannten Wegweiser werden acht Einrichtungen im gesamten Land Berlin ausgewiesen, die Notübernachtungen für Obdachlose mit Rollstuhl anbieten.

Die Recherchen haben ergeben, dass zwar einzelne barrierefreie Zimmer mit einem Bett für Rollstuhlfahrer vorgehalten werden, diese aber weder explizit freigehalten noch regelmäßig belegt werden. Die Zimmer können von rollstuhlfahrenden Obdachlosen genutzt werden, allerdings werden diese aufgrund des Bedarfs an Notschlafplätzen regelmäßig mit obdachlosen Hilfesuchenden belegt, die nicht auf ein barrierefreies Zimmer angewiesen sind.Im Ergebnis war festzuhalten, dass die meisten der Notübernachtungsplätze lediglich barrierearm sind und die Übernachtung voraussetzt, dass die betroffenen Personen noch ein gewisses Maß an Selbständigkeit besitzen, sich z.B. selbständig vom Rollstuhl in das Bett bzw. auf das WC heben können. Der Bedarf an Plätzen für Rollstuhlfahrende ist im Zentrum Berlins deutlich höher als am Stadtrand bzw. werden die vorhanden Kapazitäten in Einrichtungen die am Stadtrand liegen nicht bzw. kaum genutzt.

Gegenüber der Berliner Stadtmission ("Kältebus") wurde durch die Betroffenen ein sehr großer Bedarf geäert. Den Einsatzberichten ist zu entnehmen, dass es immer wiedertig ist, im Rahmen der Kältehilfe obdachlose Menschen im Rollstuhl zu versorgen. In dieser Kälteperiode 2020/21 werden die betroffenen Menschen regelmäßig in das Hostel "Pfefferbett" im Bezirk Pankow zur Notübernachtung gefahren. Da das Hostel pandemiebedingt aktuell keine Gäste beherbergt, hat es sich angeboten, im Rahmen der Notunterbringung der Kältehilfe obdachlose Menschen zu versorgen. Diese Kooperation ist aller Voraussicht nach abhängig von der Entwicklung der Pandemie und den entsprechenden Beschränkungen für Hotellerie und Tourismus auf die Kälteperiode 2020/2021 beschränkt.

r die kommende Kältehilfesaison ist zu berücksichtigen, dass die Anmietung nur von einzelnen Zimmern für den Personenkreis der obdachlosen Menschen bei laufendem Hotelbetrieb aus der Erfahrung heraus durchaus schwierig sein wird. Die Voraussetzungen für eine komplette Anmietung eines Hostels wird aufgrund der hoffentlich beendeten pandemischen Situation und deren Einschränkungen des öffentlichen Lebens nicht mehr gegeben sein.

Das berlinweite Kontingent an Notschlafplätzen für die Kältehilfesaison 2020/21 ist bereits erfüllt, wie dies an den aktuellen Zahlen auch hinsichtlich der Belegung erkennbar ist. Die Platzkapazitäten werden aktuell nicht mehr im vorgehaltenen Umfang genutzt. Der Rahmen von 18 € (Zuweisungspreis inkl. Verwaltungskosten), der im Regelfall pro Schlafplatz und Nacht von Seiten der Senatsfinanzverwaltung zur Verfügung steht, ist auch zukünftig nicht geeignet, Kosten für ein Zimmer in einem Hotel oder Hostel zu finanzieren.

Die Kosten z.B. für das Hostel „Pfefferbett“ im Bezirk Pankow betragen im Rahmen der Kältehilfe pro Platz und Nacht 43,44 €. Hier wurde die Zuwendung durch den Internationalen Bund gGmbH (IB) beantragt. Das Hostel erhält dann vom IB einen Anteil aus der Zuwendungssumme für die Nutzung der Räumlichkeiten, dabei ist anzumerken, dass der normale Hostelplatz dort vorher nur 12,00 €/ Bett kostete. Hier im Bezirk wären gegebenenfalls mit erheblichen Mehrkosten zu rechnen.

Das Amt für Soziales im Bezirk Tempelhof-Schöneberg arbeitet seit Jahren in enger Kooperation mit KommRum e.V. und dem Internationalen Bund gGmbH zusammen. In der Rembrandtstraße wird durch KommRum e.V. ein Wohnheim für obdachlose Männer betrieben. In dieser Einrichtung wird für den Bezirk im Rahmen des Katastrophenschutzes (Notunterbringung) ein Zimmer bereitgehalten, welches im Falle eines Schadensereignisses schnell und kurzfristig zur Notunterbringung genutzt werden kann. Dieses Zimmer ist jedoch nicht barrierefrei und es gibt auf dieser Etage keine sanitären Anlagen, sodass es für die Unterbringung Obdachloser im Rollstuhl ausscheidet. Auch in der Einrichtung für wohnungslose Frauen in der Czeminskistraße gibt es kein barrierefreies Angebot.

Am Alboinplatz wird durch den Internationalen Bund gGmbH eine Einrichtung zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach § 67 SGB XII betrieben. Die Einrichtung ist allerdings nicht barrierefrei. Des Weiteren besteht das Problem, dass nachts und am Wochenende vor Ort kein Personal anwesend ist. Somit ist auch diese bezirkseigene Einrichtung nicht für eine Notübernachtung im Rahmen der Kältehilfe geeignet.

Nach allen Recherchen und im Dialog mit den befassten Trägern wird die Suche nach geeigneten Räumen und Immobilien als erheblichsterde zur Schaffung geeigneter Notübernachtungsplätze gesehen.

Der Koordinierungsstelle der Berliner Kältehilfe der Gebewo Berlin gGmbH sind derzeit auch keine Immobilien bekannt, die zur Verfügung stehen, um Plätze für rollstuhlfahrende Obdachlose zu schaffen. Die Koordinierungsstelle sieht zwar einen erhöhten Bedarf an Notübernachtungsplätzen für Rollstuhlfahrende in der Kältehilfe, aber aktuell sind die Plätze, welche die Berliner Stadtmission schaffen wollte, kurzfristig zu Quarantäneplätzen umfunktioniert worden.

Zur Problematik Pflegekräfte in der Kältehilfe ist zu berichten, dass das Thema bekannt und ungelöst ist, da die Kältehilfe durch Zuwendungen finanziert wird. In der Zuwendungsfinanzierung können Pflegekräfte rechtlich keine Berücksichtigung finden. Weiterhin sei es schwierig, freiwillige Helferinnen und Helfer dafür zu gewinnen. Da in keiner Einrichtung der Berliner Kältehilfe Plätze gezielt für Obdachlose im Rollstuhl freigehalten werden, ist der Einsatz nicht vorhersagbar oder planbar. Die Aktivierung von ehrenamtlichen Helfern zur Pflege oder Betreuung obdachloser Menschen im Rollstuhl ist unter Berücksichtigung der aktuell vorherrschenden Covid-19-Pandemie kaum möglich. Auch das Ehrenamtsbüro des Bezirksamts Tempelhof-Schöneberg weist darauf hin, dass ehrenamtlich tätige Helferinnen und Helfer aktuell keine körpernahen Hilfestellungen leisten sollen. Entsprechende Hinweise sind auf der Internetseite der Corona-Nachbarschaftshilfe Koordinierungsstelle Tempelhof-Schöneberg zu finden.

 
 

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