Drucksache - 0555/V
Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:
(Text siehe Rückseite)
Abt. Ordnung, Personal und FinanzenTel.: Bezirksbürgermeister
BezirksverordnetenversammlungDrucksache Nr. Mitte von Berlin
Vorlage - zur Kenntnisnahme –
über
Bildungsmonitoring Berlin Mitte - Bildungszugänge und Bildungsübergänge von im Bezirk Mitte lebenden Kindern im Alter von 0 - 18 Jahren und ihren Familien
Wir bitten, zur Kenntnis zu nehmen:
Das Bezirksamt hat am 27.06.2017 beschlossen, der Bezirksverordnetenversammlung Nachfolgendes zur Kenntnis zu bringen.
Das Bezirksamt beschließt den Aufbau und die Umsetzung eines Bildungsmonitorings Berlin Mitte - Bildungszugänge und Bildungsübergänge von im Bezirk Mitte lebenden Kindern im Alter von 0 - 18 Jahren und ihren Familien im Zeitraum 2017 – 2019.
Begründung:
Das Projekt Bildungsmonitoring Berlin Mitte liefert einen Beitrag dazu, das Bedingungsgefüge besser zu verstehen sowie Gründe für Bildungsdisparitäten zu identifizieren, die dazu führen, dass Kinder im Bildungssystem unterschiedliche Chancen haben, ihre Fähigkeiten bestmöglich zu entwickeln. Systemische und familiäre Rahmenbedingungen, die das Leben der Kinder prägen, werden detailliert mit dem Ziel betrachtet, quantitative Indikatoren zu entwickeln, die eine kontinuierliche Situationsbeobachtung und Einschätzung ermöglichen.
Im Projekt Bildungsmonitoring Berlin Mitte wird die Situation von Familien mit Kindern bis 18 Jahren in den 10 Bezirksregionen des Bezirkes analysiert.
In Deutschland und so auch in Berlin beeinflusst die soziale Herkunft und die Sozialisation im Elternhaus stark die Bildungschancen. Auch die PISA-Ergebnisse 2015 zeigen erneut auf, dass die Chancengerechtigkeit sich zwar verbessert hat, jedoch unter dem OECD Durchschnitt liegt[1]. Zum Gesamtverständnis gehört somit Wissen über das Umfeld der Kinder, das familiäre Umfeld, das Wohnumfeld und die spezifische Situation in der Kindertagesbetreuung bzw. in der Grundschule. Kindertageseinrichtungen und Grundschulen werden überwiegend wohnortnah besucht, so dass sich die Wohnsegregation mit entsprechend hohen Anteilen von Kindern mit Migrationshintergrund und einkommensschwachen Familien in den Einrichtungen niederschlägt. Um den Bildungserfolg besser analysieren zu können, wird in Zusammenarbeit mit der bezirklichen Schulaufsicht und der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie (Abt. II) geprüft, ob die Daten der Berliner Bildungsstatistik im Sekundarschulbereich für die Ebene der Bezirksregionen regionalisiert werden können. In Mitte leben überproportional viele Personen mit einem niedrigen sozioökonomischen Status[2] sowie SGB II-Empfänger und bildungsbenachteiligte Familien. Aus deutschlandweiten Untersuchungen ist bekannt, dass der sozioökonomische Status sich auf den Zeitpunkt der Einschulung und die späteren Schulleistungen auswirkt (u.a. NBB 2010, S. 59, NBB 2016, S. 186). Der Status hat auch Konsequenzen für die Wahl der weiterführenden Schule sowie der erreichten Kompetenzen, wobei über den soziökonomischen Status hinaus ein vorliegender Migrationshintergrund und die Familiensprache zusätzliche Effekte zeitigen (u.a. NBB 2010, S. 65; NBB 2016, S. 92). Bei näherer Betrachtung von Berlin Mitte wird schnell deutlich, dass der Bezirk weder als Ganzes noch in seinen Sozialräumen homogen ist, wenn die Bevölkerungsstruktur hinsichtlich Alter, Einkommen, Lebens- und Familienformen sowie Herkunft berücksichtigt wird. Folglich kann eine Analyse, die regional handlungsrelevante Informationen erbringen soll, nicht auf dieser hohen Aggregatebene stehen bleiben, sondern wird die sozialraumorientierte Aufteilung der Stadt in Lebensweltlich Orientierte Räume (LOR)[3] als Analyseebene nutzen. Schwerpunkt des Projektes Bildungsmonitoring Berlin Mitte ist die Identifizierung von Risiken, die der Chancengerechtigkeit entgegenstehen und die Chancen der Kinder für einen guten Start in die lebenslangen Bildungserfordernisse verringern. Das Projekt hat das Ziel Indikatorensets für ein nachhaltiges, regionales und effizientes Bildungsmonitoring unter Berücksichtigung der vier Dimensionen Individium, Rahmenbedingungen Bildung, Familie und soziales Umfeld zu entwickeln, welche über formal erreichte Bildungsschritte hinausgehen. Die Indikatorensets werden
Das Projekt Bildungsmonitoring Berlin Mitte wird Datenbestände aus der amtlichen Statistik sowie der Senatsverwaltung und der bezirklichen Verwaltung nutzen. Hier sind insbesondere die Auswertungen und Fachdaten des Gesundheitsamtes (Gesundheitsberichterstattung) und des Amtes für Weiterbildung und Kultur (Musikschule/Bibliotheken/VHS-Elternkurse) einzubeziehen. Dort wo z.B. aufgrund zu kleiner Stichprobengrößen für die detaillierte regionale Betrachtung weitere Erhebungen notwendig sind, werden bereits etablierte, evaluierte Erhebungsinstrumente genutzt, so z.B. der Fragebogen zum Mikrozensus[4], die Fragebögen zur Stichprobe Geflüchteter in Deutschland[5], der SOEP-Fragebogen[6], NEPS-Fragebogen[7] etc. Im ersten Schritt wird das bisherige Wissen aus den unterschiedlichsten Datenbeständen zum Gegenstandsbereich zusammengetragen.
Die Bestandsaufnahme dient dem Aufzeigen der Wissenslücken und der Generierung der Fragestellungen und Hypothesen. Im nächsten Schritt ist zu entscheiden, wie die Gesamtheit der Familien in Mitte repräsentativ im Hinblick auf die Fragestellungen abgebildet werden kann, wobei die schutz- und asylsuchenden Familien in die Analyse einbezogen werden sollen. Ausgangspunkt hierfür bildet zunächst der Überblick über die sozioökonomische Situation die Einwohner*innen und im Folgenden dann der Familien.
Für die Umsetzung des Projektes Bildungsmonitoring Berlin Mitte konnte die ehemalige Präsidentin des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg, Mitverfasserin des Dritten Bildungsberichtes für Berlin und Brandenburg und des Nationalen Bildungsberichtes, Prof. Dr. Ulrike Rockmann, gewonnen werden. Diese Erhebung, Analyse und Verknüpfung der Daten aus Lebensweltlich Orientierten Räumen (LOR)[8] als Analyseebene soll die Basis für bezirkliche Abteilungsleitungen und Fachverwaltungen für die nächsten Jahre schaffen, um noch zielgruppenspezifischer und gebietsdifferenzierter zu handeln. Der Aufbau der Analysearchitektur und erster Auswertungen soll von Mitte 2017 bis Ende 2019 zwischen den bezirklichen Fachverwaltungen gemeinsam mit Frau Prof. Rockmann erfolgen, um es dann in die eigenständige Nutzung der bezirklichen Fachverwaltungen für die nächsten Jahre zu überführen. Folgende Arbeitsschritte sind vorgesehen: (1) Betrachtung systembedingter und familiärer Rahmenbedingung (2) Generierung von Fragestellungen für die weitere Datenerhebung in Familien und Bildungseinrichtungen (06/2018) (3) Einbindung weiterer Datensätze z.B. Kita – Wohn-LOR, QuaSta; Schule – VERA 3, ndHS, Bildungsempfehlung, Bärenstark (06/2018) (4) repräsentative Erhebung (Fragebogen) in Familien und Bildungseinrichtungen (Kita/ Grundschule) (12/2018) (5) Indikatorensetting (06/2019) (6) 1. Monitoringbericht (12/2019)
Das Projekt Bildungsmonitoring Berlin Mitte wird in ressortübergreifender Zusammenarbeit von JugPlan und der OE IB umgesetzt. Die OE Sozialraumorientierte Planungskoordination, die Datenkoordination (Stadt 1 DK) und die bezirkliche Gesundheitsberichterstattung, das Amt für Weiterbildung und Kultur und die regionale Schulaufsicht sind aktiv einzubeziehen.
A. Rechtsgrundlage:
§ 13 i.V.m. §36 BezVG
B) Auswirkungen auf den Haushaltplan und die Finanzplanung:
a. Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben:
Im HHPl 18/19 (3300 42701) werden jeweils 9.000,- € für die ergänzende Datenerhebung sowie die Aufbereitung/Auswertung der Daten eingestellt. Die Mittel werden als externe Honorare für ergänzende Datenerhebungen – Fragebogenerhebung in Familien und Bildungseinrichtungen (Kita/ Schulen) – verwendet. Bei der Analyse/Auswertung bestehender Datensätze entstehen keine Kosten.
b. Personalwirtschaftliche Ausgaben:
keine
Berlin, den 27.06.2017
Bezirksbürgermeister von Dassel
[1] OECD (2016), PISA 2015 Ergebnisse (Band I): Exzellenz und Chancengerechtigkeit in der Bildung, W. Bertelsmann Verlag, Bielefeld. DOI: http://dx.doi.org/10.1787/9789264267879-de [aufgerufen 21.1.2017] [2] Definition sozioökonomischer Status u.a. möglich über HISEI = „Der International Socio-Economic Index of Occupational Status (ISEI) gruppiert Personen nach ihrer Berufsangabe unter den Aspekten der Ausbildungsdauer, des Einkommens sowie des sozialen Berufsprestiges und ordnet sie hierarchisch. Zur Ermittlung des sozioökonomischen Status wird in den vorliegenden Analysen jeder Person der jeweils höchste Index-Wert der Eltern HISEI (Highest ISEI) zugeordnet. Durch die Bildung von HISEI-Quartilen lassen sich folgende Statusgruppen gegenüberstellen: Niedrig (0 bis < 25 % mit den niedrigsten HISEI-Werten), Mittel (25 bis < 50 % sowie 50 bis < 75 % mit mittleren Werten) und Hoch (75 bis < 100 % mit den höchsten Werten)“. Der HISEI kann aus dem Mikrozensus ermittelt werden. Möglich sind auch die Kombination von Schulabschluss, Berufsabschluss, Einkommen, Eigentum, etc. (NBB 2016, S. VIII) [3] http://www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/basisdaten_stadtentwicklung/lor/ [aufgerufen 21.1.2017] [5] Durchgeführt durch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und das Forschungszentrum Migration, Integration und Asyl des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF-FZ). [6] Das SOEP führt seit 1984 die größte deutsche Wiederholungsbefragung von privaten Haushalten und Personen durch (Serviceeinrichtung im DIW der Leibniz-Gemeinschaft). [7] Das Nationale Bildungspanel (NEPS) erhebt seit 2009 im Längs- und Querschnitt Daten zu Bildungsprozessen und Kompetenzentwicklungen in Deutschland. |
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