Drucksache - 1298/VI  

 
 
Betreff: Weniger Hürden, mehr Teilhabe! Den unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten eine Zukunftsperspektive ermöglichen!
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion Bündnis 90/Die GrünenFraktion Bündnis 90/Die Grünen
Verfasser:Kreße, Massalme, Luca und die übrigen Mitglieder der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 
Drucksache-Art:AntragAntrag
Beratungsfolge:
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
22.02.2024 
24. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin      
Jugendhilfeausschuss Entscheidung
07.03.2024 
22. öffentliche Sitzung des Jugendhilfeausschusses      
11.04.2024 
23. öffentliche Sitzung des Jugendhilfeausschusses      
Partizipation und Integration Entscheidung

Sachverhalt
Anlagen:
1. Antrag Grüne vom 13.02.2024
2. Austauschblatt Grüne vom 11.04.2024

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Das Bezirksamt wird ersucht ein Pilotprojekt zu initiieren und zu begleiten, welches unbegleiteten minderjährigen Geglüchteten (UMG)  frühzeitig ungehinderten, unverzüglichen und gebündelten Zugang zu Sprachkursen und beruflichen Ausbildungen (integrierte Berufsausbildungsvorbereitung), bzw. Arbeitsaufnahme bietet. Hier sollen unbegleiteten Minderjährigen Geflüchteten (UMG) ab dem 15. Lebensjahr ohne Aufenthaltstitel während des Asylverfahrens eine frühzeitige Integration in den Sprachkurs und Ausbildungsmarkt ermöglicht werden. Menschen, die im Laufe des Prozesses eine Ausbildungsduldung erhalten, sollten auch die Möglichkeit haben, Ausbildung mit weniger als zwei Jahren Ausbildunsgdauer zu absolvieren (z. Bsp. Pflegefachassistenz). Auch berufliche Qualifizierungen, die keinen anerkannten Ausbildungsabschluss haben, aber die Chancen auf Arbeit erhöhen, sollen genehmigt werden. Dies könnte beispielsweise mit dem neu einzurichtenden Projekt des gewählten Trägers für den Standort Nordufer 28 gestartet werden.

Dafür soll das Bezirksamt im Vorfeld eine Arbeitsgruppe der notwendigen unterschiedlichen Akteur*innen (z.Bsp. zuständige Vertreter*innen des Bezirksamtes: Jugendamt/Jugendberufshilfe, Sozialamt, Gesundheitsamt, Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten, Landesamt für Einwanderung, Willkommenszentrum der SenASGIVA, Senatsverwaltung für Inneres und Sport, Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, VHS Mitte, Migrationsbeauftragte der Jobcenter/Jugendberufsagentur Mitte; Akteur*innen der Jugendhilfe: die regionale Deutsche Kinder- und Jugendstiftung, Projektträger im Bereich „Beratung und Unterstützung beim Übergang von Schule und Beruf“ wie SOS Kinderdorf, AG 78, AG Flucht und Migration des Bezirksamtes, Stadtteilmütter und Integrationslots*innen) zusammenbringen und diese mit der Vorteilsübersetzung an die Jugendlichen beauftragen.

Zur Planung, Durchführung und Begleitung des Pilotprojektes soll in den entsprechenden Fachausschüssen (Jugendhilfeausschuss, Ausschuss für Partizipation und Integration, Ausschuss für Soziales, Bürgerdienste und Wohnen) berichtet werden.

 

Begründung:

Im vergangenen Jahr kamen über 3.200 unbegleitete minderjährige Asylsuchende nach Berlin Tendenz steigend (vgl. https://www.tagesspiegel.de/berlin/taglich-kommen-17-kinder-und-jugendliche-in-berlin-an-zahl-der-unbegleiteten-minderjahrigen-fluchtlinge-in-berlin-steigt-10513270.html?fbclid=IwAR3JFg3FJ8P).

Diese sind oft traumatisiert, für sie fehlen Schulplätze, Betreuung, Unterkünfte und Integration. Nach ihrer Ankunft heißt es für die minderjährigen Geflüchtete erst einmal monatelang auf ihr Erstgespräch bei der Senatsjugendverwaltung (Clearingsstelle) zu warten. Erst danach können sie einen Asylantrag stellen und müssen oft weitere Monate auf einen Platz in einer Berliner Schule warten.

hrend dieser Wartezeit sind sie ebenfalls nicht krankenversichert. Gerade in der Phase nach der Ankunft in Deutschland brauchen die Jugendlichen ein sicheres Umfeld und Stabilität. Der Berliner Flüchtlingsrat und das Beratungs- und Betreuungszentrum für junge Flüchtlinge und Migrant*innen (BBZ) verweisen auf die juristischen Nachteile der Jugendlichen durch das lange Warten und die Aufnahmebedingungen, Unterbringung, Versorgung und Betreuung der Jugendlichen, die immer schlechter werden (vgl. https://taz.de/Unbegleitete-minderjaehrige-Fluechtlinge/!5959616/).

Dies geht ebenfalls aus einer Studie vom Sinus-Institut im Auftrag von Unicef Deutschland und dem Deutschen Institut für Menschenrechte (DIMR: https://www.unicef.de/informieren/materialien/das-ist-nicht-das-leben/338346) hervor. Rund 40 Prozent der seit 2015 in Deutschland Asylsuchenden sind Kinder oder Jugendliche unter 18 Jahren. Für sie, genauso wie für jedes Kind und jeden Jugendlichen, das/der sich in Deutschland aufhält, gilt verbindlich die UN-Kinderrechtskonvention.

Einige in Berlin geförderte Projekte bieten UMG beispielhafte Unterstützung und eine Erstperspektive beim Übergang in Schule und Ausbildung an (https://tjp-ev.de/projekte/fit-fuer-die-schule/ ; https://www.s27.de/portfolio/lernwerkstaetten/ ).Berlinweit werden 45 solche Lerngruppen mit je 15 Teilnehmer*innen umgesetzt. Diese sind aber quantitativ deutlich unzureichend, um die Anzahl ankommender Jugendlicher aufzunehmen. Weitere solcher Einrichtungen sollten also strukturell gefördert und finanziert werden.

Junge unbegleitete minderjährige Geflüchtete ohne Aufenthaltsstatus sollten unverglich die Chance auf Spracherwerb, einen reibungslosen Übergang von Schule zu Beruf und Berufsausbildung erhalten. Sie sollen die Möglichkeit erhalten, sich in die Gesellschaft und Arbeitsleben zu integrieren, ohne mehrere Jahre zu verlieren. Beispielsweise wird die Zeit bis zur Asylantragstellung nicht als Aufenthaltsdauer anerkannt. Zeitverlust schafft Strukturen, die sich später hinderlich auf eine erfolgreiche Integration auswirken.

Infolgedessen sollen für diesen Personenkreis Anreize zur gesellschaftlichen Teilhabe und Integration sowie zur Identitätsklärung geschaffen werden, ohne dass die Betroffenen eine Abschiebung befürchten müssen.

In Rahmen eines Pilotprojektes können zwecks Erfolgsauswertung auch Berufe wie Berufskraftfahrer*in mit einer kürzerer Ausbildungsdauer und sehr guten Berufsperspektiven angeboten werden. Aber auch Berufe wie Hotelfachmann/Hotelfachfrau mit Möglichkeiten der Unterkunft, sind neben anderen Berufen aussichtsreich. Nur so kann das Fordern mit dem Fördern rechtzeitig im Einklang gebracht werden. Bedingungen und Regeln für eine dauerhafte Lebensgestaltung in Deutschland müssen aufgezeigt und die Motivation der unbegleiteten Geflüchteten für ein Neustart in Deutschland in Potentiale für Berlin und Deutschland umgewandelt werden. Rechtzeitige Sprachkurse über das BAMF (Jugendintegrationskurse) ermöglichen einen schnelleren Spracherwerb als in der Schule, wo die Lehrkräfte damit überfordert sind, Deutsch als Zweitsprache zu vermitteln. Junge Menschen können unterschiedliche Schulbildungen mitbringen, aber die Fähigkeit eine Sprache schneller zu erlernen, bringen sie grundsätzlich mit. Qualifikation kann schrittweise dadurch viel nachhaltiger und schneller erfolgen. Bereits zu Beginn der Ausbildung sollten die Jugendlichen weiterhin mit Berufssprachkursen nach dem Integrationskurs verstärkt unterstützt werden. Das Projekt EMSA (Erfolg mit Sprache und Berufsabschluss) mit dem Konzept der integrierten Sprachförderung innerhalb der Qualifizierung kann hier als Vorbild dienen.

Aus diesen Erkenntnissen können notwendige Potenziale, die die Möglichkeit zur gesellschaftlichen Teilhabe fördern, das Gefühl der Zugehörigkeit stärken und Perspektiven aufzeigen, die reelle Chancen und Zielentwicklungen für UMG ermöglichen. Auf diesem Wege soll zweckgemäß dem großen Fachkräftebedarf auf dem Arbeitsmarkt Rechnung getragen werden.

 

 
 

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