Drucksache - 2906/V  

 
 
Betreff: Drachenbootrennen im Freibad Plötzensee
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:SportausschussBezirksamt Mitte von Berlin
Verfasser:Böttger 
Drucksache-Art:DringlichkeitsantragVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
28.01.2021 
45. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin mit Änderungen in der BVV beschlossen   
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
19.08.2021 
51. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin (mit LIVESTREAM) ----- FORTSETZUNG FOLGT AM 26.08.2021 mit Abschlussbericht zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlagen:
1. DrAntrag Sportausschuss vom 27.01.2021
2. Beschluss vom 28.01.2021
3. VzK SB vom 04.08.2021

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

(Text siehe Rückseite)


Bezirksamt Mitte von Berlin  06.07.2021

Weiterbildung, Kultur, Umwelt, Natur, Straßen und Grünflächen  33500

 

 

 

 

Bezirksverordnetenversammlung Drucksache Nr.:  2906/V

Mitte von Berlin


Vorlage - zur Kenntnisnahme -

Drachenbootrennen im Freibad Plötzensee

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

Die Bezirksverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung am 28.01.2021 folgendes Ersuchen an das Bezirksamt beschlossen (Drucksache Nr.2906/V)

 

Das Bezirksamt wird ersucht, die Durchführung vom Drachenbootrennen im Freibad Plötzensee schnellstmöglich zu prüfen.

 

Das Bezirksamt hat am 13.07.2021 beschlossen, der Bezirksverordnetenversammlung dazu Nachfolgendes als Schlussbericht zur Kenntnis zu bringen.

 

Das Umwelt- und Naturschutzamt hat als zuständige Behörde das Anliegen eines Drachenboot-rennens auf dem Plötzensee geprüft. Der Durchführung einer solchen Veranstaltung wird nicht stattgeben. Die Erlaubnis für die Benutzung des Gewässers ist gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) zu versagen, wenn schädliche, auch durch Nebenbestimmungen nicht vermeidbare oder nicht ausgleichbare Gewässerveränderungen zu erwarten sind.

 

Begründung der Entscheidung:

 

Die Gewässerunterhaltung muss sich in Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) an den Bewirtschaftungszielen nach Maßgabe des § 27 WHG (keine Verschlechterung bzw. Erhalt eines guten ökologischen und chemischen Zustandes) ausrichten und darf die Erreichung dieser Ziele nicht gefährden. Es besteht somit die rechtliche Verpflichtung, im Rahmen der Gewässerunterhaltung unter anderem die Ufer, insbesondere durch Erhaltung und Neuanpflanzung einer standortgerechten Ufervegetation, sowie die ökologische Funktions-fähigkeit des Gewässers, insbesondere als Lebensraum von wildlebenden Tieren und Pflanzen, zu erhalten und zu fördern.

 

Der Plötzensee ist nicht nur Teil des Landschaftsschutzgebietes (LSG) “Volkspark Rehberge einschließlich des Plötzensees mit Ufergelände”, sondern wurde auch als FFH-Lebensraumtyp 3150 („Natürliche eutrophe Seen mit einer Vegetation vom Typ Magnopotamion oder Hydrocharition“) im Erhaltungszustand C (mittlerer bis ungünstiger Erhaltungszustand) eingestuft.

 

Es besteht EU-Berichtspflicht. Auch hier ist (wie bei der oben genannten Wasserrahmen-richtlinie) ein günstiger Erhaltungszustand herbeizuführen, bzw. im Umkehrschluss eine Verschlechterung unbedingt zu vermeiden.

 

Der Plötzensee ist ein intensiv genutztes Erholungsgewässer. Das Ufer ist seit längerem einer sehr hohen Belastung ausgesetzt, auch da viele Erholungsuchende die Einzäunung des geschützten Uferbereiches nicht respektieren und die Zäune zum Baden überklettern. Das Gewässerufer ist erheblich erodiert und weist starke Trittschäden auf; die steilen natürlichen Ufer dieses eiszeitlichen Rinnensees sind für Erosion extrem anfällig.

 

Die ohnehin fragile Röhricht- und Seggen-Vegetation wurde bereits nahezu zerstört. Die Ufer werden ausgespült und die Wurzeln der hier wachsenden Bäume verlieren ihren Halt.

 

Der Wasserkörper des Plötzensees weist ebenfalls verschiedene Defizite auf. Er ist – unter anderem auch durch die Badenutzung, Ufererosion, Füttern der Wasservögel und weitere Einträge anthropogenen Ursprungs – stark eutrophiert und zeitweise von starkem Sauerstoffschwund gezeichnet. Der vorhandene Zustand erfordert es, jegliche weitere Schädigung zu vermeiden.

 

Bei einer, wie der Vorhabenbeschreibung zur Drachenbootregatta zu entnehmen, 250 m langen und 45 m breiten, von vier Booten gleichzeitig befahrenen Wettbewerbsstrecke ist davon auszugehen, dass es hier durch den Wellenschlag der Drachenboote zu einer weiteren Beschädigung der Ufervegetation und der, wie oben beschrieben, bereits stark erodierten Ufer kommt.

 

Hinsichtlich der Beeinträchtigungen des Plötzensees und der Bemühungen des Bezirksamtes, hier Verbesserungen zu erwirken, sei auch auf die Drucksache 2550/V sowie deren Beant-wortung verwiesen. Eine Zulassung dieser Veranstaltung würde das Anliegen der Drucksache, die Flora und Fauna am Plötzensee verstärkt zu schützen, konterkarieren.

 

Neben den naturschutzfachlichen Aspekten muss auch der Veranstaltungscharakter bei der Bewertung des Vorhabens herangezogen werden. Mit einer angestrebten Teilnehmerzahl von ca. 40-50 Mannschaften aus 20 Kanuten*innen ist eine hypothetische Teilnehmerzahl von bis zu 1.000 Personen anzunehmen.

 

Wenn diese zusätzlichen Gäste und/oder Familie mitbringen, potenziert sich dies zu einer sehr großen Anzahl von Menschen, die an der Veranstaltung teilnehmen. Große Events und Sportveranstaltungen innerhalb der Grenzen des Landschaftsschutzgebietes entsprechen weder den Naturschutzbelangen noch den Vorgaben des Grundstückübertragungsvertrages vom 09.12.2012, mit dem das Strandbad Plötzensee vom Land Berlin an die Berliner Bäderbetriebe (BBB) übergeben wurde.

 

Laut § 8 (4) wird mit dem Vertrag gestattet, die Fläche des Strandbades zum Baden zu nutzen bzw. nutzen zu lassen (mit dem Recht, die Gestattung mit allen Rechten und Pflichten an Pächter des Freibads weiterzugeben). Dies macht deutlich, dass die hauptsächliche Zweckbestimmung des Strandbades in der Badenutzung liegt und nicht in anderen Wassersportarten oder in der Durchführung von Veranstaltungen am,im und auf dem Gewässer.

 

Setzt man dies in Beziehung zu den Regelungen in der Landschaftsschutzgebietsverordnung, kann man die geplante Veranstaltung ebenfalls nicht genehmigen, da die Veranstaltung vom kommerziell betriebenen Strandbad aus auf dem Plötzensee als Teil des Landschafts-schutzgebietes staatfinden soll.

 

Die angestrebte Nutzung entspricht nicht den zulässigen Nutzungen nach § 3 der Landschaftsschutzgebietsverordnung. Aufgrund der genannten Rahmenbedingungen ist die geplante Veranstaltung als wirtschaftliche Nutzung des Landschaftsschutzgebietes zu verstehen. Der § 2 Absatz 2 Punkt h) untersagt sämtliche wirtschaftlichen Nutzungen im Landschaftsschutzgebiet.

 

Aufgrund der oben ausgeführten Ausgangslage, der bestehenden Entwicklungsziele, naturschutzfachlichen Schutzgüter und Potenziale des Gewässers sowie der bereits massiv festzustellenden und in den letzten Jahren durch die kumulativen Wirkungen der starken Erholungsnutzung immer mehr verschärften Defizite und Gefährdungen des Plötzensees ist die Durchführung dieser und ähnlich gelagerter Veranstaltungen nicht vereinbar mit den rechtlich bindenden Vorgaben für die Erhaltung und Entwicklung dieses störungsanfälligen Gewässers.

A)    Rechtsgrundlage

§ 13. i.V.m. § 36 BezVG

B)    Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung 

  1. Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben:

keine

  1. Personalwirtschaftliche Auswirkungen:

keine

Berlin, den 13.07.2021

Bezirksbürgermeister von Dassel Bezirksstadträtin Weißler

 
 

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