Auszug - Ambulante Hilfe zur Pflege  

 
 
40. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziales und Bürgerdienste
TOP: Ö 2.1
Gremium: Soziales und Bürgerdienste Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 10.03.2015 Status: öffentlich
Zeit: 17:32 - 20:00 Anlass: ordentlichen Sitzung
Raum: Sitzungsraum 121
Ort: Karl-Marx-Allee 31, 10178 Berlin
 
Wortprotokoll

Herr BzStR von Dassel stellt Frau Tegeler, Gruppenleiterin in der Ambulanten Hilfe zur Pflege und Frau Rodenwald, Fachcontrollerin, vor.

Herr von Dassel verteilt die kamerale Entwicklung, in der dargestellt werde, welche Haushaltsansätze es seit 2006 gab und was das BA letztendlich von 2006 bis 2014 aufgegeben habe. Anschließend gibt er Erläuterungen dazu. Im Jahre 2012 sei es erstmalig gelungen, dass die realen Ausgaben unter den Ausgaben liegen, die der Haushaltsplan erwartet habe. Diese Differenz werde immer größer. Im Jahre 2014 lag der Haushaltsansatz von 29,5 Mio. ?. Man habe in der Ambulanten Hilfe zur Pflege nur 23,3 Mio. ? ausgegeben. Anschließend gibt er zu den vorliegenden Mengen Erläuterungen. Auch legt er anhand der verteilten Grafiken dar, dass man in den Jahren 2006, 2007, 2008 und 2009 nicht mit der von der Senatsverwaltung zur Verfügung gestellten Summe ausgekommen sei. 2008 wurden die Ausgaben des Haushaltsansatzes um 6,3 Mio. ? überschritten. Ab 2012 habe man weniger Geld ausgegeben, als der Senat zur Verfügung gestellt habe. 2014 habe man über 6 Mio. ? weniger in der Hilfe zur Pflege ausgegeben, als der Senat erwartet habe. Abschließend teilt Herr von Dassel mit, dass in den letzten 3 Jahren rd. 10 Mio. ? in der Hilfe zur Pflege weniger ausgegeben wurden, als der Senat erwartete. Dem Land Berlin konnte somit zu seinem Haushaltsansatz 10 Mio. ? erspart werden. Mitte habe somit 20 % des Haushaltsansatzes gespart.

Des Weiteren vermittelt Herr von Dassel, dass er die HbL-Hochrechnung den Ausschussmitgliedern übermittelte, in der nicht nur die Hilfe zur Pflege, sondern auch die Eingliederungshilfe berechnet sei. Im letzten Jahr wurde leider ein Verlust in Höhe von 400.000 ? erzielt. Aber im Bereich Hilfe zur Pflege ambulant habe man nach Basiskorrektur einen Gewinn von 2,2 Mio. ? gemacht.

Herr von Dassel betont, dass man das nur schaffen konnte, weil es zwei sehr engagierte und fachkundige Gruppenleiterinnen und sechs Pflegefachkräfte gibt. Gemeindedolmetscherinnen werden genutzt. Ein Datenaustausch mit den Pflegekassen sei vorhanden. Nach anfänglichen Irritationen gibt es eine gute informelle Zusammenarbeit mit dem MDK. Auch verfüge man über eine einmalige berlinweite Datenbank. Auch gäbe es eine gute Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt. Die Sozialämter haben inzwischen die Möglichkeit, sich rechtzeitig bei einem Fachanwalt beraten zu lassen.

 

Anschließend berichtet Frau Tegeler über einige Fälle aus dem Alltag. 2011 berichtete sie dem Ausschuss schon einmal. Man muss immer wieder feststellen, dass Dinge so nicht laufen, wie sie sollten. Sie habe das Gefühl, dass zunehmend Pflegebedarf vorgespielt werde, Angehörige werden außen vor gehalten und das es sich überwiegend im russischsprachigen und türkisch sprachigem Raum abspiele. Mittlerweile konnte man detaillierte Erkenntnisse im Laufe der Jahre gewinnen, weil man nun über eigene Pflegefachkräfte verfüge, die in der Regel unangemeldet Hausbesuche durchführen. Man könne auch mittlerweile sehr gut zwischen seriösen und nichtseriösen Pflegediensten unterscheiden, so dass man genau wisse, in welchen Fällen welche Person mit welcher Ausstattung die Hausbesuche durch führen lassen. Auch durchblicke man viele Mechanismen.

Über Krankenhausentlassungsberichte könne man jetzt über Kontoauszüge erfahren, dass Angehörige vorhanden sind, die dann in den meisten Fällen bei den jeweiligen Pflegediensten angestellt seien. Lasse man sich die Handzeichnungslisten der auffälligen Pflegedienste zukommen, könne man sehen, dass sie überwiegend aus Angehörigen der Personen, die gepflegt werden, bestehen. Auch seien es überwiegend Personen mit sonstigem Berufsschulabschluss (nicht ausgebildete Fachkräfte), die auch in ganz anderen Bereichen selbständig mit eigenen Firmen tätig sind, die Firmen aber immer so wenig Gewinn abwerfen, dass tatsächlich eine Unterhaltsverpflichtung nicht gegeben sei.

Nach wie vor konnte man auch feststellen, dass russischsprachige und türkischsprachige Ärzte und Betreuer mit involviert seien. Dem Amt sei bekannt, dass Leasingverträge mit den Betreuern finanziert werden. An diesem geschlossenen System, verdienen alle sehr gut (wie an den Kosten, die der Sozialträger aufbringt und die Kosten, die die Pflegekasse aufbringt sowie die SGB V-Leistungen [z. B. Medikamentengabe, Blutdruckmessen, Kompressionsstrümpfe anziehen helfen; diese Leistungen werden über die Krankenkassen abgerechnet]). Der Bezirk Mitte habe 3.000 Fälle zu bearbeiten. Man gehe davon aus, dass es 1.600 Fälle gibt, wo Missbrauch ausgeübt werde. Pro Fall liegen die Durchschnittskosten bei 1.300 ?. Hinzu kommen die Ausgaben der Pflegekassen und der Krankenkassen. Anschließend schildern Frau Tegeler und Frau Rodenwald Fälle, wo es momentan Schwierigkeiten gäbe.

Herr von Dassel teilt ergänzend mit, dass es per Januar 2015  223 Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft gegen Pflegedienste aus ganz Berlin gab. Gegen insgesamt 154 Pflegedienste lagen Anzeigen vor, davon zehn gegen gemeinnützige Pflegedienste, gegen 144 private Pflegedienste. Bisher gab es drei Geldstrafen, unzählige Verfahrenseinstellungen. Herr von Dassel betont, dass sich die Staatsanwaltschaft allmählich dieser Thematik annehme. Es gäbe Treffen auf Bundesebene. Herr von Dassel sei in der nächsten Woche beim Bundeskriminalamt zum Thema Missbrauch eingeladen. Was die Strafverfolgung angehe, sei man momentan am Anfang. Aber die Zahl der Anzeigen sei ein flächendeckendes Problem.

 

Herr BV Dr. Streb (CDU) dankt für die Arbeit des Stadtrates. Er habe im letzten Jahr beobachten können, wie Herr von Dassel gegen Windmühlen ankämpfte. Herr von Dassel tut der Stadt und dem Bezirk Mitte einen großen Dienst.

Er fragt, wie viel Prozent an Missbrauch es gäbe? Frau Tegeler teilt mit, dass Mitte mit rd. 270 Pflegediensten zusammen arbeite, davon seien etwa 70 % auffällig. Bei 80 Prozent der russischen und türkischen Pflegedienste hätte man belegbare Hinweise, dass es zu organisiertem Betrug käme. Dort liege ein anderes Geschäftsverständnis vor. Man habe zahlreiche Gespräche mit Inhabern und Pflegedienstleitern geführt, um zu verstehen, was dahinter stecke, ob Fahrlässigkeit oder ob es ein Versehen gäbe. Man musste aber insgesamt feststellen, dass es tatsächlich das Geschäftsgebaren insgesamt bei den türkischen und russischen Pflegediensten sei.

 

Die Frage von Frau BD Dr. Ernst (SPD), ob es immer noch so sei, dass in Straßenzügen Zettel verteilt werden, wird mit Ja beantwortet.

 

Herr BV Looff (DIE LINKE) möchte wissen wie es möglich sein kann, dass ein neuer Antrag über eine Pflegestufe gestellt werde und dem dann stattgegeben werde? Er meint, dass die Vorgeschichte zur Kenntnis gegeben werden müsste. Frau Tegeler teilt mit, weil ein Widerspruchsverfahren laufe und weil diejenigen gegen die Aberkennung der Pflegestufe Widerspruch eingelegt haben. Dann gehe ein völlig neuer Gutachter hinaus. Der MDK gibt nicht mehr den gesamten Vorgang an denjenigen, sondern es gibt noch ein Vorgutachten. Da das ein großes Problem darstelle, müsse man mit dem MDK reden und schauen, ob man strukturell etwas verändern könnte.

 

Herr BD Lötzer (DIE LINKE) regt an, eine Entwicklung über berechtigte Anträge dem Ausschuss zukommen zu lassen und schlägt vor, in einer nächsten Sitzung über berechtigte Hilfe zur Pflege zu sprechen, das Thema nicht nur unter den Gesichtspunkten des Missbrauchs zu thematisieren. Herr von Dassel teilt mit, dass auch wenn man die Zahl der  zweifelhaften oder unberechtigten Fälle so hoch ansetze, wie es getan wurde, würde die Mehrheit der zu Pflegenden seriös gepflegt, da die Zahl der Klienten bei den einzelnen Diensten stark schwanke. Er stelle immer wieder die Frage, wie sichert man, dass man in keinen "Tunnelblick" komme, wofür er aber keine Anhaltspunkte sähe. Verbesserungsbedarf sei auch immer bei den landesvertraglichen Regelungen. Es gäbe einen Rahmenvertrag, nach dem werden die Leistungen der Pflegedienste abgerechnet. Der Rahmenvertrag beschreibe auch, welche Leistungen wie zu erbringen sind. Das Land Berlin sei seit 1 ½ Jahren dabei zu versuchen, diesen Rahmenvertrag ein wenig so zu verändern, dass die, die bezahlen (das Land Berlin) ein wenig mehr Rechte haben. Es sei nicht nur schwer, weil unseriöse Pflegedienste und Verbände agieren, die sich nicht in die Karten schauen lassen wollen, sondern es gäbe Wohlfahrtsverbände, die auf dieser Ebene genauso agieren, wie unseriöse Verbände.

 

Abschließend vermittelt Herr von Dassel, das es Ziel sei, aktivierende Pflege zu vermitteln. Man möchte die Ressourcen der Menschen aktivieren und stützen. Anhand eines Films wird dargestellt, dass ein Mann, der seit vielen Jahren Leistungen erhalten hatte (monatlich 600,00 ?) nicht pflegebedürftig sei.

 

Der Vorsitzende, Herr Lüthke, dankt für die Berichterstattung und für die Beantwortung der gestellten Fragen.

 
 

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