Auszug - Gesamtkonzept "Inklusive Schule" der Senatsverwaltung, Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung und Diskussion über das Bezirkskonzept zur Inklusion  

 
 
43. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Schule
TOP: Ö 3.1
Gremium: Schule Beschlussart: erledigt
Datum: Do, 10.03.2011 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 20:36 Anlass: ordentlichen Sitzung
 
Wortprotokoll
Beschluss

Frau Kriegel-Wethkamp berichtet über das Papier der Senatsverwaltung im Verhältnis zu dem, wie im Bezirk Mitte die Umsetzung d

Frau Kriegel-Wethkamp berichtet über das Papier der Senatsverwaltung im Verhältnis zu dem, wie im Bezirk Mitte die Umsetzung dessen geplant ist. Sie teilt anschließend den IST-Stand mit, vor welchen Herausforderungen man stehe und wie man diese bewältigen könnte. Sie beschränkt sich auf den Artikel 24 auf den Bereich Schule. In der letzten Ausschusssitzung hat sich der Ausschuss über den Begriff Inklusion in der deutschen Fassung als Integration übersetzt wurde, geäußert. Das gesamte Papier umfasst den Bereich, der als Integration von Schüler/-innen mit Förderschwerpunkten bezeichnet, es umfasst nicht alle anderen Bedarfe und Bedürfnisse von Schüler/-innen, er umfasst auch nicht die Hochbegabung. Was Inklusion in der Schule heißt, hat sie vor ¼ Jahr dem Ausschuss vermittelt.

Zur aktuellen rechtlichen Situation in Berlin wird es Veränderungen geben. Derzeit umschreibt das Schulgesetz den Vorrang der Integration, aber unter Haushaltsvorbehalt. Wenn das Inklusionspapier dann so umgesetzt werden wird, wird es eine Schulgesetzänderung nach sich ziehen, die den Haushaltsvorbehalt dann nicht mehr enthält. Wenn Eltern es wünschen, dass ihr Kind integrativ inklusiv beschult werden sollen, dann haben sie einen Rechtsanspruch darauf. Das Elternwahlrecht, welches jetzt im Schulgesetz verankert wurde, wird erhalten bleiben.
In der Sonderpädagogikordnung werden alle Einzelheiten geregelt. Diese wird mit dem Konzept komplett überarbeitet werden.
Das Ganze beruht auch im wesentlichen Bestandteil auf dem Sozialgesetzbuch, denn dort sind Schulhelfereinsatz und der Anspruch auf Integrationserzieher/-innen in der ergänzenden Betreuung geregelt. Das wird auch weiterhin so stattfinden.

 

Zur Entwicklung der letzten 5 Jahre teilt sie folgendes mit: In diesem Schuljahr werden im Bezirk Mitte insgesamt 1.737 Schüler/-innen mit Förderschwerpunkten aller Arten unterrichtet. Das seien 6 % aller Schüler/-innen, die im Bezirk Mitte beschult werden. Von den 1.737 Schülern/-innen befinden sich 1.156 in der Integration (in Grundschulen, Sekundarschulen und vereinzelt in Gymnasien). Momentan befindet sich im Bezirk Mitte eine Integrationsquote von 66,5 % in diesem Schuljahr. Die Zahl ist steigend.
Weiterhin informiert sie anhand einer Tabelle über Zahlen, die sich in den Schulen verteilen.
In allen Sekundarschulen werden Förderschwerpunkte Lernen, Sprache und emotional-soziale Entwicklung unterrichtet werden. Hier sind die prozentualen Anteile sehr unterschiedlich. Das hängt damit zusammen, dass die Schulen zu sehr unterschiedlichen Zeitpunkten begonnen haben. Die Moses-Mendelssohn-Oberschule und die ehemalige Schule am Brunnenplatz machen seit vielen Jahren Integration. Das trifft auch für die Breitscheid-Oberschule und auch für die ehemalige Plievier-Oberschule zu. Hier werden diese Schüler/-innen auch entsprechend unterrichtet. Die Willy-Brandt-Oberschule hat erst im letzten Jahr begonnen, mit diesen Schüler/-innen zu arbeiten. Im kommenden Schuljahr wird sich das Bild völlig verändern.

Anschließend vermittelt Frau Kriegel-Wethkamp Ziele im Inklusionskonzept des Senats:

·         1. Ziel: beinhaltet die Erhöhung des Anteiles der inklusiven Beschulung von 80 %. Der Bezirk Mitte liegt bei 66,5 %. Schaut sie sich die Entwicklung in den letzten Jahren an, geht sie davon aus, dass die Schüler/-innen zunehmend in den Grundschulen verbleiben werden und aufgrund des Willens der Eltern und aufgrund der Weiterentwicklung in den Grundschulen der Wunsch in die Förderzentren an dieser Stelle gar nicht mehr so groß ist.

·         2. Ziel: Reduzierung der Anzahl der Förderzentren, unter Berücksichtigung des Elternwahlrechts. Die Jean-Paul-Schule ist zum Schuljahr 2008/2009 ausgelaufen und geschlossen worden. In diesem Jahr schließt die Wartburg-Schule mit dem Förderzentrum Lernen. Ziel ist es, die Gutsmann-Grundschule, die inzwischen eine 3-zügige Grundschule ist, so weiter zu entwickeln, dass sie zu einer inklusiven Grundschule mit dem Förderschwerpunkt Sprache wird. Sie wird einzelne Sprachheilklassen führen, aber nicht als großes zentrales Förderzentrum für den ganzen Bezirk fungieren. Geplant ist, das Förderzentrum Am Zillepark (Förderzentrum Lernen) und die Wilhelm-Busch-Schule zu erhalten. Die Schule an der Charité wird völlig neue Aufgaben erhalten. Weiterhin wird man das Förderzentrum am Standort Berolina-Schule aufbauen. In den Förderzentren Lernen und Sprache sind die Schülerzahlen in den letzten Jahren rückläufig. Diese Tendenz wird sich fortsetzen aufgrund des Elternwillens und der Entwicklung.

·         3. Ziel: Schaffung von vergleichbaren Rahmenbedingungen in den Bezirken. Es ist geplant, dass in allen Bezirken gleiche Standards für die Ressourcenausstattung vorhanden sind, unter Berücksichtigung des Sozialfaktors. Wissenschaftlich sei nachgewiesen, dass es einen engen Zusammenhang für die Förderschwerpunkte Lernen, Sprache und Emotional-Soziale Entwicklung zur Sozialstruktur gibt.

·         4. Ziel: Absenkung der Förderquote in Gesamtberlin auf 6,5 %. Mitte liegt bei 6,8 %. Im berlinweiten Vergleich liegt man im guten Mittelfeld.

·         5. und 6. Ziel: Abkopplung der Feststellungsverfahren. Für jede(n) Schüler/-in wird, damit der Förderbedarf zuerkannt wird, ein sehr umfangreiches diagnostisches Verfahren durchgeführt. Dieses endet mit einem Bescheid. In Mitte werden allein jährlich ca. 500 Feststellungsverfahren durchgeführt. Jedes Feststellungsverfahren bindet eine zeitliche Ressource je nach Förderschwerpunkt zwischen 7 und 20 Stunden. Dieser Aufwand muss oftmals zulasten des Unterrichts gehen. Die Senatsverwaltung sieht vor, den Schulen eine Festressource für die Förderschwerpunkte, anteilig zur Schülerschaft, zuzuweisen, mit der dann auch Unterrichtskonzeptionen zur Förderung dieser Schüler/-innen langfristig dauerhaft von Bestand sein wird, entwickelt werden kann. Im Papier ist für die Grundschulen eine Quote zwischen 3,5 % und 5,5 % für die Grundschulen; in den Oberschulen zwischen 3 % und 5 % nachzulesen. Man muss jetzt nur noch berücksichtigen, dass in den Gymnasien davon etwas ankommt. Hier soll als Rechengröße der Anteil der Schüler/-innen mit Lernmittelbefreiung angelegt werden. Dann soll es lineare Modelle für die Ausstattung der Schulen geben. Frau Kriegel-Wethkamp denkt, dass im Grundschulbereich die Umsetzung dieses Ziels im Bezirk relativ unproblematisch sei. Vorteil ist, dass es eine verlässliche Größe gibt.

·         7. Ziel: Konzentration der Förderung im Bereich der Sprache auf die ersten Jahre der Grundschule. In diesem Jahr gibt es in der Sekundarschule noch 7 Schüler/-innen mit diesem Förderschwerpunkt. Der Förderschwerpunkt Sprache ist ein Schwerpunkt, in der man tatsächlich durch eine schulische Förderung etwas erreichen kann, denn in der Lernbehinderung oder bei einer Körperbehinderung geht es immer um unterstützende Maßnahmen, um möglichst weit gefördert zu werden. 90 % der Kinder mit diesem Förderschwerpunkt Sprache haben massive Sprachentwicklungsverzögerungen, die durch gute Förderungen in den Anfangsjahren ausgeglichen werden können. Klassische Stotterer oder der Stammler stellen eher die Ausnahme dar. Sie gibt es so gut wie nicht mehr. Bei den Schüler/-innen mit diesem Störungsbild sind immer therapeutische Maßnahmen notwendig; Schule schafft das alleine nicht. Angestrebt ist die Reintegration von diesen Schülern/-innen aus Sprachförderklassen – sehr intensive Förderung am Anfang in kleinen Klassen und mit fachlich guten Angeboten - durchzuführen mit dem Ziel, sie nach der 4. Klasse in die Grundschulklassen in die Regelklassen zu reintegrieren. Derzeit werden Einzelfälle reintegriert. Dieses Ziel muss man dringend angehen.

 

Für die Förderschwerpunkte Hören und Sehen  (körperliche Sinnesbehinderung, motorische Entwicklung, geistige Behinderung und Autismus) wird es weiterhin Feststellungsverfahren geben. Hier ändert sich durch das Inklusionspapier nichts. Hier werden auch weiterhin die Schulen entsprechend der Bescheide Mittel erhalten.

 

Ändern wird sich, wo Zentrale Diagnostik stattfinden wird. Sie wird nicht mehr wie bisher in den Bezirken stattfinden, sondern sie wird zentral für ganz Berlin durch eine Stelle koordiniert und durchgeführt, damit die Vergleichbarkeit der Entscheidung gewährleistet ist und damit die sehr unterschiedlichen Prozentsätze in den Bezirken nicht mehr zum Tragen kommen. Derzeit arbeitet man für die Zentrale Diagnostik daran, einheitliche Verfahren festzulegen, die dann für ganz Berlin gültig sein werden. Die Maßstäbe, nach denen bisher Bescheide erteilt oder nicht erteilt wurden und die Verfahren, die angewandt wurden, sind extrem unterschiedlich. Frau Kriegel-Wethkamp betont, dass es an der Zeit sei, das anzugleichen. In der Regel werden Bescheide mit Beginn des Schuleintritts erteilt und enden mit der Schuleingangsphase, danach kann eine Verlängerung nach Neuüberprüfung erfolgen. Eine weitere Schnittstelle gibt es zum Übergang in die Sekundarschule und ggf. in Klasse 9, wenn es darum geht zu überlegen, welche Abschlüsse werden angestrebt. Auch gibt es Förderschwerpunkte bei einem Kind mit Autismus und einem klar diagnostizierten Autismus. Hier wird die Befristung ein formaler Akt sein, denn beim Förderschwerpunkt Sprache oder Emotional-Soziale Entwicklung macht es Sinn, immer wieder hinzuschauen, ob die Förderung gegriffen hat und ob sie jetzt noch notwendig ist oder nicht.

 

Der Vorsitzende, Herr Dr. Knape, fragt, wer die Untersuchungen durchführt. Frau Kriegel-Wethkamp teilt mit, dass es momentan so geregelt sei, dass sowohl die Eltern, als auch die Schule einen Antrag auf ein Feststellungsverfahren stellen können Beim Schuleintritt stellen es häufig die Schulärzte fest und kreuzen das im Untersuchungsbogen an. Die Schulen geben in der Regel vor (es gibt klar beschriebene Verfahrenswege), was im Vorfeld geleistet werden muss, auch wenn die Kinder vorher schon in einer Schule waren. Nach Einreichung der Unterlagen und nach Prüfung wird ein Feststellungsverfahren durchgeführt. Das Verfahren selbst wird durchgeführt von speziell dafür ausgebildeten Sonderpädagogen.

 

Frau Kriegel-Wethkamp fährt fort und vermittelt, dass ein wesentlicher Bestandteil des Konzeptes die Einrichtung von inklusiven Schwerpunktschulen sowohl in den Grundschulen, als auch in weiterführenden Schulen für die schwereren Behinderungen eingerichtet werden sollen. Sie hatte dargestellt, dass der Bezirk Mitte momentan an 4 Grundschulen vorrangig Schüler/-innen mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung, Autismus, körperlich-motorische Behinderungen und Sinnesbehinderung beschult. Die Planung sieht vor, in jedem Grundschulsprengel eine solche Schwerpunktschule mittelfristig zu qualifizieren und 2 Schwerpunktschulen im Sekundarschulbereich und mindestens ein barrierefreies Gymnasium im Bezirk zu haben. Verbunden mit diesem Konzept der Senatsverwaltung ist auch Festschreibung von Standards für diese Schulen. Hier wird man noch ausgiebig darüber diskutieren, denn es wird um zusätzliche Raumbedarfe gehen, es geht um Einrichtungsfrequenzen und es geht um Einzugsgebiete der Grundschulen.

 

Weiterhin vermittelt sie, dass ein Beratungs- und Unterstützungszentrum für die inklusive Schule eingerichtet werden muss. In Berlin liegt derzeit die sonderpädagogische Kompetenz in den Förderzentren. Das Fachpersonal ist dort verortet und wird auf Nachfrage in die Grundschulen geschickt, um dort Unterstützung zu geben. Dieses widerspricht dem Inklusionskonzept, denn wenn man in allen Schulen eine Förderung haben möchte, muss das Fachpersonal in den Schulen vor Ort sein. Mitte forciert das seit 5 Jahren. Derzeit habe man in den Grund- und Oberschulen 112 sonderpädagogische Fachkräfte. Man habe an allen Grundschulstandorten im kommenden Schuljahr Sonderpädagogen fest verortet. Auch habe man an den Oberschulen mindestens eine sonderpädagogische Fachkraft. Auch betont Frau Kriegel-Wethkamp, dass immer wieder die Fachkraft vor Ort nicht im speziellen Förderscherpunkt kompetent ist oder vor Ort nicht weiter kommt. Dafür soll es ein Unterstützungssystem in jedem Bezirk von wenigen, aber sehr hochqualifizierten Fachkräften, für die einzelnen Förderschwerpunkte geben.

 

Die Zuweisung der Personalressourcen ergeben sich automatisch – Sonderpädagogen an allen Schulen -. Neu im Konzept wird für die Schwerpunktschulen die Möglichkeit des Einsatzes von pädagogischen Unterrichtshilfen und –betreuern sein. Diese Fachkräfte dürfen momentan nur an Förderzentren Geistige Entwicklung eingesetzt werden und sie sollen dann analog an den Schwerpunktschulen eingesetzt werden dürfen.
Der Einsatz von Schulhelfern/-innen wird in ähnlicher Form bleiben und auch der Einsatz von Integrationserziehern/-innen. Der gesamte Prozess ist angelegt auf 4 Jahre, beginnend mit dem Schuljahr 2012/2013, bis auf die Zentrale Diagnostik, die schon im kommenden Schuljahr beginnen soll. Mitte hat gute Ausgangvoraussetzungen im Vergleich zu anderen Bezirken.
Frau Kriegel-Wethkamp bemerkt, dass noch viele Baustellen vorhanden seien, wie die Weiterentwicklung der pädagogischen Konzepte, denn die Anzahl der Schüler/-innen sagt noch lange nichts über die Qualität aus. Der Wille in allen Schulen ist vorhanden. Es gibt keine Schule mehr, die sich nicht mit diesem Thema auseinander setzen möchte. Es gibt aber auch noch Schulen, die sich die Frage stellen, wie sie es schaffen sollen. Hier muss man gemeinsam daran arbeiten.

 

Der Vorsitzende, Herr Dr. Knape, dankt für die Vorstellung des Konzeptes und eröffnet die Diskussion.

 

Herr BV Trinte (SPD) bezieht sich auf das Personal und möchte wissen, ob es genügend qualifiziert ausgebildete Fachkräfte geben wird. Er hält für dringend notwendig, dass es genügend Fortbildungsangebote für Kollegen/-innen gibt, die dann eingesetzt werden. Frau Kriegel-Wethkamp verneint die erste Frage. Anfragen gibt es, aber sie sind nicht ausreichend genug. Schulhelfer/-innen sind genügend vorhanden. Schulhelfer/-innen werden über Tandem e.V. eingesetzt. Die Frage zu den Fortbildungen beantwortet Frau Kriegel-Wethkamp wie folgt: Die Senatsverwaltung plant Fortbildungen für Kollegen/-innen mit nicht pädagogischer Ausbildung zentral für verschiedene Förderschwerpunkte in Form von längeren Jahreskursen anzubieten. Im Bezirk Mitte werden viele Anstrengungen unternommen, um fortzubilden. Im vergangenen Jahr konnte man an 3 Schulen Jahresfortbildungen für das gesamte Kollegium durchführen. Es werden weiterhin Kurse angeboten über das Kompetenzzentrum über Kollegen/-innen, die mit anderen Kollegen/-innen vernetzt sind.

 

Herr BV Dr. Streb (CDU) bezieht sich auf die Absenkung der Förderquote von 6,8 % und meint, dass man nichts absenken kann, wenn der Bedarf da ist. Er geht davon aus, dass die Feststellung darüber, wer gefördert werden muss, objektiv unantastbar ist. Er fragt, wie man das absenkt.
In einigen Bezirken gibt es mehr Menschen mit Förderquoten als in anderen.
Anschließend bezieht sich Herr Dr. Streb auf das Störungsbild Sprache. Er sei der Auffassung, dass Inklusion etwas mit Behinderung zu tun habe, die eine Langfristigkeit einschließt. In dem Moment, wo man die Möglichkeit hat, etwas durch spezielle Förderung vollkommen auszugleichen, würde das nicht mehr unter dem UN-Begriff der Behinderung stehen. Er würde Integration besser finden, als Inklusion, wenn er die Möglichkeit hätte, Menschen durch Sonderförderung auf den Stand aller zu heben. Abschließend bittet er um Erläuterung des Begriffes Tandem. Frau Kriegel-Wethkamp teilt mit, dass hier ein Missverständnis vorliege. Sie meinte in ihren Ausführungen, dass es sich um etwas völlig anderes handele, als das, wovon Frau BzStR´in Schrader in ihren Ausführungen zum TOP 1.2 sprach. Frau Kriegel-Wethkamp teilte mit, dass die Schulhelfer/-innen über einen Freien Träger Tandem e.V. gestellt werden.
Zur Absenkung der Förderquote teilt sie mit, dass man darüber noch intensiv diskutieren muss. Bei der Festsetzung der Quote von 6,5 % ist die Senatsverwaltung von statistischen Werten deutschlandweit und international ausgegangen und meint, wenn es dort so sei, warum soll es in Berlin anders sein. Frau Kriegel-Wethkamp stellte in ihren Ausführungen die Zahlen vor und hatte versucht darzustellen, dass die Objektivität keineswegs durch die bisherigen Feststellungsverfahren gegeben ist. Interessant wird die Frage, wenn die Zentrale Diagnostik jetzt berlinweit nach gleichen Kriterien stattfindet, wie sich die Zahlen im nächsten Jahr entwickeln. Frau Kriegel-Wethkamp vermittelte auch, dass es Bezirke gibt, wie z. B. Tempelhof-Schöneberg mit einer Quote von 3 % und Mitte liegt etwa dazwischen. Es kann momentan nicht eindeutig der Zusammenhang der jetzigen Zahlen (Quote und die Sozialstruktur) festgestellt werden. Es gibt einen Zusammenhang, aber der spiegelt sich nicht in den derzeitigen Zahlen wieder. Schulen kann man im gleichen Gebiet mit der gleichen Größe und Anzahl der Schüler/-innen und der gleichen Anzahl der Schüler/-innen NDH und Lehrmittelbefreiung nehmen und man hat trotzdem extrem unterschiedliche Zahlen. Es gibt momentan keine Objektivität. Ob sie durch die Zentrale Diagnostik hergestellt wird, bleibt abzuwarten.
Zur Frage Störungsbild Sprache hatte sie in ihrem Vortrag ausführlich berichtet. Das Störungsbild Sprache – sonderpädagogische Förderung – zielt darauf ab, so gut wie möglich zu fördern und Erfolge zu erzielen. Das Störungsbild Sprache ist genauso, wie das Störungsbild Emotional-Soziale Entwicklung durch gute Konzepte zu mildern bis hin zu beheben. Es geht nicht immer, aber es geht.

 

Frau BD Stöcker (Die Linke) bittet noch einmal zu den pauschalen Zuweisungen an den Schulen, die zwischen 3,5 % und 5,5 % liegen, und zur Diagnostik zu berichten. Sie fragt, ob die Pauschale fest an der Schule verbleibt. Frau Kriegel-Wethkamp teilt mit, wenn das Konzept ab 2012/2013 anfängt zu greifen, werden die Förderschwerpunkte Lernen, Sprache und Emotional-Soziale Entwicklung nicht mehr generell diagnostiziert, denn man geht davon aus, in jeder Klasse befindet sich ein bestimmter Prozentsatz an Schülern/-innen. Für diese Schüler/-innen werden die Mittel bereit gestellt. Nicht mehr diagnostiziert heißt nicht, man schaut nicht mehr hin, sondern es wird keine Feststellungsdiagnostik mehr gemacht. Das stellt eine weitere Herausforderung dar. In den Schulen selber muss lernprozessbegleitende Diagnostik gemacht werden, um entsprechend fördern zu können. Für diese Förderschwerpunkte wird dann nur noch zentral diagnostiziert im Sinne eines Feststellungsverfahrens, wenn ein Elternwunsch auf Beschulung für ein Förderzentrum besteht, dann ja, sonst nicht mehr.
Frau Stöcker fragt nach, ob für alle anderen Kinder in der Klasse oder in den Schulen Förderpläne entwickelt werden müssen, so wie das bisher nur für diese diagnostizierten Kinder stattfand. Sie würde es begrüßen, denn es würde allen Kindern die spezielle und individuelle Förderung zukommen. Das würde bedeuten, dass der Förderschwerpunkt Lernen aufgehoben würde, wenn durch entsprechende Förderung hier ein Erfolg über mehrere Jahre hinweg zu verzeichnen sei. Frau Kriegel-Wethkamp bejaht die erste Frage. Würde man das umsetzen, könnte man von Inklusion sprechen. Die 2. Frage beantwortet sie wie folgt: Wenn man nicht mehr diagnostizieren würde, bräuchte man ihn nicht aufheben. Dort, wo noch diagnostiziert wird, kann man ihn selbstverständlich aufheben. Geschieht jetzt schon. Es gibt Einzelfälle von Aberkennung. Im Einzelfall muss man schauen, warum war er zuerkannt, hat die Förderung tatsächlich zu einem Erfolg geführt oder war es vielleicht gar keiner im eigentlichen Sinne.

 

Frau BzStR´in Schrader verweist abschließend darauf, dass man in der Diskussion um dieses Konzept erst am Anfang stehe. Der Bezirk wird sich in einem längeren Prozess damit auseinander setzen. Jetzt ist schon deutlich, dass die eingesetzte Debatte deutlich kritische Akzente setzt.
Neben der Frage der Zeitplanung birgt die Diagnostik mit den prozentualen Zielvorgaben ein großes Fragezeichen für alle auf. Der Senat geht davon aus, dass diese Umsetzung kostenneutral erfolgen kann. Man muss darüber nachdenken, wie man das umsetzt. Ihr Amt sei bei der Frage der Ausstattung der Schulen dabei, Räume zu finden. Im Bezirk Mitte ist noch nicht die Frage der Barrierefreiheit an Schulen angegangen worden. Immer wieder wurde die Frage des Elternwunsches thematisiert. Vorgesehen sind 2 Förderzentren. Mitte hat sich Gedanken darüber gemacht, dass die gemachten Vorgaben von der Senatsverwaltung in Übereinstimmung mit dem Schulgesetz gesetzt werden. Die Eltern haben ein Wahlrecht. Die jetzige Festlegung von einer Anzahl von Förderzentren sei schwer in Übereinstimmung zu bringen. Es fehlen Erfahrungswerte, auch wenn Mitte davon ausgeht, dass bei der Umsetzung dieses Konzeptes mehr Eltern als bisher eine inklusive Beschulung für ihre Kinder wünschen werden. Dafür müssen aber die Voraussetzungen an den einzelnen Schulen geschaffen werden, damit dieser Wunsch weiter bestärkt wird.

 

Herr BV Dr. Streb (CDU) meint, in der UN-Konvention und in der vorgetragenen Sichtweise, dargestellt von Frau BzStR´in Schrader, geht es um die Gewährung von Menschenrechten. Diese können nicht unter Haushaltsvorbehalte gestellt werden. Wird so etwas formuliert und das Konzept wird unterschrieben, dann muss man darlegen, wie man das organisatorisch und finanziell bewältigen kann.

 

Frau BV Kaliga (SPD) fragt, wenn ein Förderbedarf festgestellt wird, werden die Eltern gefragt, ob sie sich wünschen, dass ihr Kind ein Förderzentrum besuchen möchte oder soll es integrativ beschult werden oder kommt das Kind automatisch auf die eine oder andere Schule. Frau Kriegel-Wethkamp teilt mit, bevor ein Förderbedarf festgestellt wird, gibt es einen Vorlauf, wo im Vorfeld Gespräche mit den Eltern stattfinden. Am Ende des Verfahrens wird in einem Gespräch den Eltern das Ergebnis mitgeteilt und welcher Entscheidungsvorschlag gemacht wurde (Entscheidung liegt bei der Schulaufsicht) und wie er begründet wird und welche Schulplatzempfehlung gegeben wurde. Zukünftig wird noch sehr viel mehr Beratung im Vorfeld stattfinden, bevor ein Feststellungsverfahren beginnt. Das Verfahren wird erst dann einsetzen, wenn die Eltern nach einer umfänglichen Beratung darauf hingewiesen wurden und selbst entscheiden, in welche Einrichtung sie ihr Kind einschulen möchten.

Frau BzStR´in Schrader teilt ergänzend mit: Das bestehende Schulgesetz entspricht noch nicht dem Anspruch der Inklusion, den die Bundesrepublik unterzeichnet hat. Schüler/-innen haben danach kein Recht auf Inklusion. Das Schulgesetz muss demzufolge formuliert und geändert werden. Schulen können Schüler/-innen, wenn sie die Voraussetzungen nicht erfüllen, abweisen. Das derzeitige Schulgesetz besagt, dass Schüler/-innen, die eine integrative Beschulung wünschen, an ein sonderpädagogisches Zentrum verwiesen werden können.
Für den Übergangszeitraum wird ein Wahlrecht bestehen bleiben.

 

Frau BV Schauer-Oldenburg (Grüne) bezieht sich auf die Lernmittelbefreiung und möchte wissen, in wie weit die emotionale Lage berücksichtigt wird. Frau Kriegel-Wethkamp teilt mit, dass die soziale Lage am Indikator Lehrmittelbefreiung gemessen wird. Sie weiß nicht, wie man die emotionale Lage in Familien messen könnte (wer bestimmt die Kriterien und wer soll das prüfen).

 

Herr BV Dr. Streb (CDU) bittet um Definition

1.       Wer stellt eine Behinderung fest und nach welchen Kriterien.

2.       Was sind bei diesem Konzept die Grundlage der Behinderung gewesen, was waren die Kriterien bei der Entwicklung des Konzeptes.

3.       Unterschied zwischen Inklusion und Integration im Bezug auf die Behinderung.

Frau Kriegel-Wethkamp teilt mit: Behinderung ist medizinisch definiert. Hier wird aber nicht von Behinderung gesprochen, sondern hier wird von einem sonderpädagogischen Förderbedarf gesprochen. Sonderpädagogischer Förderbedarf bezieht sich auf den Bereich Schule, Lernen. Die einzelnen Förderschwerpunkte sind definiert durch die KMK (Richtlinien) mit sämtlichen Erklärungen.
Es gibt Kinder, die ein medizinisches Gutachten haben und eine starke Störungsbildung aufweisen, die aber in der Schule nicht auffallen und kein Problem haben und somit auch keinen sonderpädagogischen Förderbedarf haben (z. B. Kinder mit Krankheitsbildern, mit denen sie gut umgehen können, wo sie medikamentös eingestellt sind und therapeutisch behandelt werden). Diese Kinder haben unter Umständen gar keinen sonderpädagogischen Förderbedarf es sei denn, es geht darum, dass sie bestimmte Nachteilsausgleiche benötigen, bestimmte Hilfsmittel oder Zeitverlängerungen. Die erste Frage beantwortet sie wie folgt: Sonderpädagogen erstellen Gutachten. Sie betont noch einmal, dass es um den Bereich Schule gehe. Deshalb gibt es auch Kinder, die am Nachmittag in der ergänzenden Betreuung sind, und einen Integrationsstatus haben, weil sie die entsprechenden Paragraphenzuordnungen haben. Sie haben aber am Vormittag keinen sonderpädagogischen Förderbedarf. Diese Abgrenzung muss man klar voneinander vornehmen.
Die 3. Frage beantwortet sie wie folgt: Bei der Integration werden die Kinder berücksichtigt, die tatsächlich den Feststellungsbescheid haben. Bei der Inklusion werden alle Kinder berücksichtigt.

Abschließend bemerkt Herr Dr. Streb, man sollte die Bereiche Integration und Inklusion trennen.

 

 


 

 
 

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