Auszug - Straßenumbenennungen im Afrikanischen Viertel - Senatsgutachten  

 
 
16. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin
TOP: Ö 9.2
Gremium: BVV Mitte von Berlin Beschlussart: beantwortet
Datum: Do, 22.03.2018 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 22:21 Anlass: ordentlichen Sitzung
Raum: BVV-Saal
Ort: Karl-Marx-Allee 31, 10178 Berlin
1073/V Straßenumbenennungen im Afrikanischen Viertel - Senatsgutachten
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion der CDUFraktion der CDU
Verfasser:Pieper, Fritz, Lemke und die anderen Mitglieder der Fraktion 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
 
Wortprotokoll

Im Rahmen der von der Bezirksverordnetenversammlung von Mitte vorangetriebenen Straßenumbenennungen im Afrikanischen Viertel des Weddings, soll auch die Petersallee davon betroffen sein. Diese wurde zwar ursprünglich nach dem Kolonialpolitiker und Unternehmer Carl Peters benannt, 1986 jedoch zu Ehren des NS-Widerstandskämpfers und CDU-Politikers Hans Peters umgewidmet, weshalb das Rechtsamt des Bezirks Mitte auch von einer Umbenennung abrät und mögliche Klagen dagegen als erfolgsversprechend einschätzt.

 

Wir fragen das Bezirksamt, 

 

  1. In einem vom „Der Tagesspiegel“ verfassten Artikel vom 02. März 2018 ist die Rede von einem Gutachten des Senats, demzufolge die Umwidmung der Petersallee nie rechtskräftig geworden ist. Existiert ein solches Gutachten tatsächlich?
  2. Wenn dies der Fall ist, welchen Inhalt hat dieses Gutachten?
  3. Wann und auf wessen Initiative hin wurde es in Auftrag gegeben?
  4. Wieso hat das Rechtsamt des Bezirks Mitte keine solchen eklatanten Verfahrensfehler bei der Umwidmung von 1986 in seiner Untersuchung zur Rechtmäßigkeit einer möglichen Umbenennung der Petersallee festgestellt?

 

Frau BzStRätin Weißler antwortet: Zunächst eine nicht ganz unwichtige Klarstellung: Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz hat kein Gutachten erstellt, die in der Frage impliziert ist, sondern lediglich eine Stellungnahme zu der Möglichkeit der Umbenennung der Petersallee auf Nachfrage an uns übersandt. Das Schreiben der Senatsverwaltung ist auf der Webseite des Fachbereichs Geschichte unter der Rubrik Straßenumbenennung im Afrikanischen Viertel hinterlegt und öffentlich einsehbar. Die Stellungnahme sagt aus, dass eine Umwidmung der Straßen nach den Erfordernissen des Berliner Straßengesetzes und der AV-Benennung im Jahr 1986 nicht stattgefunden hat, sondern nur ein Austausch der Erläuterungsschilder veranlasst wurde. Die Benennung vom 15.03.1939 wurde also nicht durch einen Verwaltungsakt aufgehoben. Die Straße ist, so die Auffassung in der Senatsverwaltung, weiterhin nach Carl Peters benannt und unterliegt den gleichen Beurteilungskriterien wie Lüderitz und [].

Anlass der Nachfrage bei der Senatsverwaltung war eine eigene Recherche zum Gesamtthema Afrikanisches Viertel und diverse Nachfragen aus der Bevölkerung und von der Presse. Bei dieser Recherche wurde festgestellt, dass auf der Webseite des Kauperts darauf verwiesen wird, dass eine eigentliche Umbenennung der Petersallee nie stattgefunden habe. Diese überraschende Aussage dazu, die immer als vollzogen vorausgesetzte Umbenennung zu hinterfragen. Da keine Unterlagen im Aktenbestand des Bezirksamtes aus dem Jahr 1986 mehr vorhanden sind, wurde in den Amtsblättern der Senatsbibliothek nach der Veröffentlichung einer Allgemeinverfügung in dem entsprechenden Jahr gesucht. Eine Allgemeinverfügung erklärt, ob eine Straße benannt oder umbenannt wird. Wir haben keine gefunden. Das Rechtsamt des BA Mitte erstellte ebenfalls kein Gutachten, worauf mehrfach hingewiesen wurde, sondern unterstützte im Februar 2017, somit vor der Stellungnahme der Senatsverwaltung, das Bezirksamt durch Informationen zu einer Rechtsfrage. Der Unterschied in der Beurteilung von Rechtsamt und der Senatsverwaltung ist folgender: Das Rechtsamt geht davon aus, dass die Straße 1986 tatsächlich neu Hans Peters zugeordnet wurde. Die Senatsverwaltung hingegen geht davon aus, dass der Austausch von Schildchen den gültigen Verwaltungsakt nicht aufhebt, also die Straße weiterhin nach Carl Peters benannt ist. Das ist der Unterschied zwischen den beiden Beurteilungen.

Ich kann das nicht entscheiden. In letzter Konsequenz könnten das nur Gerichte entscheiden.

 

 

Herr BV Pieper von der Fraktion der CDU spricht die Rechtsbegriffe Umbenennung und Umwidmung an und bittet vor diesem Hintergrund um Erläuterung, welche der beiden Tatbestände greife, da beide Begriffe im Bericht genutzt worden seien. Die rechtlichen Voraussetzungen seien unterschiedlich, sodass diese Differenzierung in der Prüfung vorgenommen werden sollte.

Frau BzStRätin Weißler erklärt, dass die Senatsverwaltung von einer Umwidmung spreche und räume ein, dass die Begriffe durcheinander gingen. Nach Rücksprache mit dem Rechtsamt rde bei einer Umwidmung der Name nicht ausgewechselt werden, sondern die bezugnehmende Person. Juristisch gebe es zwei Auffassungen, die Entscheidung könne sie nicht treffen.

 

Herr BV Schug von der Fraktion der SPD nimmt erstaunt zur Kenntnis, dass Unterlagen nicht gefunden worden seien. Im Archiv der BVV habe er die DS 0502/XII des Bezirksamts Wedding von Berlin gefunden, wonach das Bezirksamt Wedding von Berlin am 15.04.1986 die Umbenennung von Carl Peters zu Prof. Dr. Hans Peters beschlossen habe und zitiert den Beschluss des BA. Frau BzStRätin Weißler bestätigt den BA-Beschluss, die darauf zu erstellende Allgemeinverfügung sei jedoch nicht auffindbar. Letzteres sei ausschlaggebend, der Beschluss allein nicht.

 

Frau BV Morgenstern von der Fraktion der SPD bestätigt ebenfalls, dass das Vorhandensein des BVV- und BA-Beschlusses nicht strittig gewesen sei. Sie stelle fest, dass nicht nur die Beschsse der BVV zeitnah bearbeitet werden, sondern genauso wenige die Beschlüsse des BA. Offenbar sei die Verfügung anschließend nicht erstellt worden. Allein um diese Verwaltungsmaßnahme sei es gegangen. Dass das alleinige Austauschen keine Umbenennung begründe, sei gut so. In dem Fall scheint es keine Umbenennung gegeben zu haben.

 

Herr BV Pieper von der Fraktion der CDU bezieht sich erneut auf die beiden Begriffe Umbenennung und Umwidmung und bittet zu prüfen, ob letzteres erfolgt sein könnte. Er bittet, die Senatsverwaltung auf diese Differenzierung bei der Bitte um Prüfung hinzuweisen.

 

Herr BV Dr. Hanke von der Fraktion der SPD könne sich an die damalige Debatte erinnern, und auch daran, dass die damaligen Fraktionen der SPD und CDU in der Umwidmung von Carl Peters zu Prof. Dr. Hans Peters die einzige Möglichkeit sahen. Dass es nicht zur Umsetzung gekommen sei, irritiere ihn. Er erkundigt sich, ob es nach dem Berliner Straßengesetz den Tatbestand der Umwidmung gebe. Kann eine solche durch BVV- oder BA-Beschluss erfolgen. Er erkundigt sich weiter, ob beim Landesarchiv nach den betreffenden Akten erkundigt wurde. Er könne sich nicht vorstellen, dass diese Akten vernichtet wurden.

 

Herr BV Schepke von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erläutert, dass ein Beschluss des Bezirksamt kein Verwaltungsakt sei und somit in eine Allgemeinverfügung münden müsse, die einer Veröffentlichung bedarf. Dies sei offenbar nicht erfolgt. Ob dieser Verfahrensfehler durch das Nachholen der Verfügung und Veröffentlichung in diesem Jahr möglich sei, müsse auch vor dem Hintergrund des sich geänderten Berliner Straßengesetzes geprüft werden. Unabhängig davon, ob die Akten zum Beschluss auffindbar seien, die Amtsblätter sind weit rückwirkend archiviert. Eine Veröffentlichung war nicht zu finden. Der BA-Beschluss sei nie rechtskräftig geworden. Ohne Veröffentlichung könne auch das Rechtsmittel der Klage nicht eingesetzt werden. Die sehr gut gemeinte Würdigung des Prof. Dr. Hans Peters sei demnach nicht erfolgt.

Da die Ehrung offenkundig nicht stattgefunden habe, sei er im letzten Ausschuss Bildung und Kultur auf die Liste der zu Ehrenden gesetzt worden, mit dem Ziel, die nächste sich bietende Möglichkeit zu nutzen.

 

Frau BzStRätin Weißler erklärt, dass die Straßenumwidmung keine Straßenumbenennung sei, die Senatsverwaltung habe von Umbenennung gesprochen. Sie bestätigt, dass das Archiv des Amtsblattes gesichtet wurde, auch nachdem die Akten des Bezirksamtes nicht auffindbar gewesen seien, und keine Verfügung gefunden worden sei. Eine Nachfrage beim Landesarchiv hatte keine positive ckmeldung zum Verbleib der Akten.

 
 

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