Drucksache - 1803/5  

 
 
Betreff: Kurfürstendamm - Mein Dorf soll schöner werden
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:CDU-Fraktion 
Verfasser:Klose/Brzezinski 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
28.01.2021 
53. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin - Zoom-Meeting - Bitte melden Sie sich im BV-Büro an. Sie erhalten dann die Zugangsdaten. vertagt   
18.02.2021 
54. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin - Zoom Meeting Hier können Sie die BVV live verfolgen: https://www.youtube.com/watch?v=mxOFeGTkCLM vertagt   
18.03.2021 
55. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin - Zoom-Meeting - Unter diesem LINK können Sie die BVV verfolgen: https://www.youtube.com/watch?v=peOpLDtgOyM vertagt   
22.04.2021 
56. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin vertagt   
27.05.2021 
57. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin beantwortet   

Sachverhalt
Anlagen:
Große Anfrage
Große Anfrage - schriftliche Beantwortung

Sehr geehrte Frau Vorsteherin,

 

die Große Anfrage beantwortet das Bezirksamt wie folgt:

 

 

  1. Wie beurteilt das Bezirksamt die Entscheidung des Senats, den Kernbereich der City West zu einem Gebiet mit außergewöhnlicher stadtpolitischer Bedeutung zu erklären und somit die Zuständigkeit für die Aufstellung von Bebauungsplänen an die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen zu übertragen?

Selbstverständlich spielt die City West eine bedeutende und international wahrgenommene Rolle für das Image und die Attraktivität Berlins. Damit gibt es unbestritten ein Interesse der Gesamtstadt an der Entwicklung der City West. Die City West ist aber auch ein Wohnort für viele Bürgerinnen und Bürger des Bezirks. Die City West ist im klassischen Berliner Sinne eben auch Kiez. Gerade diese Mischung von lebenswertem Wohnkiez mit normalen Wohnnutzungen einerseits und starkem Wirtschafts-, Tourismus- und Handelszentrum andererseits macht die Einzigartigkeit und Attraktivität der City West aus und muss erhalten und gestärkt werden. Daher kommt es darauf an, beide Interessen auf Augenhöhe in einen gemeinsamen Planungsprozess einzubringen. Gleichzeitig besteht in der City West ein erheblicher Handlungsdruck, sowohl für die Sicherung des Wohnstandortes als auch für die weitere Erhaltung des Einzelhandelsstandortes. Zusätzlich dazu gibt es einen erheblichen Handlungsdruck zur Umgestaltung der Innenstädte in Richtung einer klimaneutralen Stadt. Im internationalen Vergleich (Paris, Barcelona, Madrid, London, Wien u.a.) hinkt Berlin mittlerweile den Entwicklungen deutlich hinterher und auch andere deutsche Städte haben sich wesentlich aktiver auf den Weg gemacht als Berlin.

Aufgrund der Entwicklungen und Erfahrungen der letzten Jahre, hat das Bezirksamt einen erheblichen Zweifel daran, dass die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung diesen Handlungsdruck wahrnimmt und zu einer Zusammenarbeit mit dem Bezirk auf Augenhöhe bereit ist.

 

Wohnungspolitischer Handlungsdruck

Schon seit Beginn der Wahlperiode weist das Bezirksamt auf den kontinuierlichen Strukturwandel des Eigentums in der City West hin, der dazu führt, dass die bisher gut funktionierenden Wohnungsbestände im Streubesitz mehr und mehr in die Hände von anonymen Finanzanlegern fallen, die deutlich höhere Verwertungsinteressen haben. Oftmals geht dies mit Abrissen von gut funktionierenden, gut erhaltenen und kostengünstigen Mietwohnungen oder zumindest mit der Umwandlung in Eigentumswohnungen einher. Gleichzeitig hat die explosionsartige Bodenpreisentwicklung dazu geführt, dass landeseigene Wohnungsbaugesellschaften oder Genossenschaften im Bezirk weder Grundstücke noch Gebäude erwerben können, da dies für sie wirtschaftlich nicht mehr darstellbar ist. Im Ergebnis hat der Bezirk in dieser Wahlperiode eine knapp 5-stellige Zahl an kostengünstigen Mietwohnungen verloren. Gleichzeitig gibt es seit 2016 keine einzige neu fertiggestellte Sozialwohnung im Bezirk und auch ein Erwerb von Beständen durch landeseigene Gesellschaften oder Genossenschaften hat faktisch nicht stattgefunden.

 

Der Bezirk hat auf diese Missstände mehrfach hingewiesen:

-          Schreiben an Senatorin Lompscher zu notwendigen Änderungen, um den Bau von Sozialwohnungen im Bezirk wieder möglich zu machen (11.2.2019)

-          Schreiben an Senatorin Lompscher zur notwendigen Anpassung der Bauordnung um Abrisse funktionierender Wohnungsbestände weniger attraktiv zu machen (9.3.2017)

-          Schreiben an Senator Kollatz zur Notwendigkeit von Flächenankäufen im Bezirk zur Stärkung des Wohnungsmarktes (16.1.2018)

-          Schreiben an Senatorin Lompscher und Finanzsenator Kollatz zum Rückkauf der Künstlerkolonie von der Vonovia.

 

Auch in diversen Presseerklärungen hat das Bezirksamt die dramatische Situation des Wohnungsmarktes im Bezirk immer wieder erläutert und Lösungsvorschläge vom Land eingefordert. (u.a. 2.1.2018, 15.1.2018, 15.3.2018,16.5.2019, 25.9.2020). All diese Initiativen haben leider nicht zu angemessenen Reaktionen oder Lösungsvorschlägen für die wohnungsmarktpolitischen Problemsituationen der City West geführt.

 

Auch die Neubaupotentiale werden von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung systematisch falsch eingeschätzt. So wurde dem Bezirk im ersten Vertrag für die bezirklichen Bündnisse zur Förderung des Wohnungsbaus eine Zielvorgabe von 700 Wohnungen jährlich auf Basis einer Potentialschätzung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vorgegeben. Erst nach einer Intervention des Bezirks beim Regierenden Bürgermeister wurde diese Zahl auf Vorschlag des Bezirks auf 1200 Wohnungen pro Jahr erhöht. In der Realität hat der Bezirk auch diese Vorgabe bisher jedes Jahr deutlich übertroffen. Die zusätzliche Personalzumessung für den Bezirk zur Förderung des Wohnungsbaus wurde aber trotz mehrerer Schreiben des Bezirks auf der Basis der ursprünglichen Potentialanalyse der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung fortgeschrieben und nicht an der Realität orientiert. Damit wurde der Bezirk faktisch für seine Bemühungen abgestraft.

 

Auch die Problematisierung der Struktur des Neubaus im Bezirk gegenüber der Senatsverwaltung hat zu keinen politischen Konsequenzen geführt. Dem Bezirk fehlt weiterhin außerhalb der wenigen Großprojekte mit der Neuschaffung von Baurecht für über 5000 qm neuer Wohnungsbaufläche (Berliner Modell) jegliches Instrument, um beim Neubau einen Anteil von Mietwohnungen oder sogar günstigen Mietwohnungen durchzusetzen. Von uns vorgebrachte Anregungen hierzu durch das Land im gesamtstädtischen Interesse mit einer planungsrechtlichen Lösung für die Innenstadt Abhilfe zu schaffen, wurden von der Senatsverwaltung zurückgewiesen.

 

Wirtschaftspolitischer Handlungsdruck

Wirtschaftspolitisch sind seit geraumer Zeit erhebliche strukturelle Probleme in der City West erkennbar. Noch im Entwurf des Stadtentwicklungplans Zentren hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung festgestellt, dass es in der City West keinen besonderen Handlungsbedarf gäbe. Dies wurde erst nach Eingang der gegenteiligen bezirklichen Stellungnahme abgeschwächt. Die dahinterstehende inhaltliche Einschätzung scheint aber immer noch das Handeln zu bestimmen. Während bundesweit die Städte mit Stadtentwicklungskonzepten unterwegs sind, die sich der Frage zuwenden, wie die Innenstädte auf den Wandel des Einkaufsverhaltens reagieren sollen und ihre Attraktivität durch eine neue Nutzungs- und Angebotsstruktur sichern, gibt es vergleichbare Konzepte der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung bisher nicht. Dies ist umso bedauerlicher, da sich durch die Neuprogrammierung der Innenstadt auch erhebliche Potentiale für die Allgemeinheit und das soziale und kulturelle Leben vor Ort entwickeln lassen, wie konkrete Beispiele anderer Städte zeigen.

 

Klimapolitischer Handlungsdruck.

Weder in Bezug auf rechtliche Veränderungen zur Durchsetzung der klimapolitischen Ziele der EU (Bauordnung) noch in Bezug auf die politische Formulierung von Zielsetzungen und Meilenschritten für diesen Prozess ist die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung bisher vorangekommen. Konkrete Initiativen des Bezirks wurden selbst bei solch kleinen Schritten, wie der Formulierung von Wettbewerbsvorgaben für den Neubau einer Kita abgelehnt, da nicht über die Vorgaben der Energieeinsparverordnung hinausgegangen werden sollte. Das Thema Solarpflicht wird nun von der Senatsverwaltung für Wirtschaft in Form einer eigenständigen rechtlichen Regelung angegangen, weil es anscheinend durch die für die Änderung der Bauordnung zuständige Verwaltung nicht vorangetrieben wird.

 

Bewertung

Angesichts dieser inhaltlichen Versäumnisse der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen stellt das Bezirksamt fest, dass die zuständige Senatsverwaltung augenscheinlich nicht dazu in der Lage ist, die vielfältigen gesamtstädtischen Aufgaben zur Sicherung und Schaffung einer zukunftsfähigen City West wahrzunehmen. Hintergrund ist nach Auffassung des Bezirks ein veraltetes Planungsverständnis, dass sich auf rein städtebauliche Fragen verengt und damit wesentliche Faktoren der Zukunftsentwicklung außer Acht lässt, sowie eine Konzentration auf richtige wohnungspolitische Ziele, die sich aber in der City West mit den vorhandenen Instrumenten nicht flächendeckend verwirklichen lassen und deshalb zu einer zu geringen Beachtung der Problemstellungen der City West geführt haben.

 

Angesichts dieser Situation begrüßt das Bezirksamt sehr, dass es gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Strukturen gelungen ist, einen mittlerweile auch international beachteten Prozess in Gang zu setzen, der mittelfristig zu einem Konsens über die notwendigen Ziele und Entwicklungsschritte in der City West führen kann. Das Bezirksamt sieht es als seine Aufgabe an, diesen Prozess zu stärken und in die Planungen des Senats einzubringen. Dafür ist eine gleichberechtigte Beteiligung an den Planungsprozessen und Entscheidungen unabdingbar, die auch strukturell abgesichert werden müssen.

In der verbalen Beschreibung dieses „Planens auf Augenhöhe“ besteht zwischen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und dem Bezirksamt Einvernehmen. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben beim Bezirksamt aber zu Zweifeln geführt, ob diese Augenhöhe ohne strukturelle Absicherung erreicht werden kann.

Dies sei an den Abläufen für die Planungen der City West deutlich gemacht:

Ende 2016 hat die Senatsverwaltung die Zuständigkeit für die Bereiche Hardenbergplatz, Hertzallee-Nord und Hertzallee-Süd an sich gezogen.Für den Bereich der Hertzallee-Nord wurde ein Wettbewerb mit nach Ansicht des Bezirks einer deutlich zu hohen Baumassenvorgabe gestartet. Dies führte zu insgesamt drei Jurysitzungen jeweils mit dem Ergebnis einer wesentlichen Überarbeitungsnotwendigkeit und damit zu wesentlichen Zeitverzögerungen. Nach Einschätzung des Bezirks kann auf der Basis des jetzigen Wettbewerbsergebnisses kein gut durchmischtes und abends belebtes neues Quartier entstehen. Ob das Projekt letztendlich in einem Bebauungsplan vom Abgeordnetenhaus so festgesetzt wird, erscheint zumindest fraglich. Die grundsätzlichen Bedenken des Bezirks wurden im Prozess nicht aufgenommen. Nach Ansicht des Bezirks fehlt jegliche sinnvolle städtebauliche Begründung für diesen Hochhausstandort mit mehreren Hochhäusern. Stadtentwicklungspolitisch hält das Bezirksamt die Entscheidung für fatal. Nach Ansicht des Bezirksamtes kommt es in den nächsten Jahren darauf an, den integrierten Standort Kurfürstendamm/Tauentzien zu stärken. Durch den neuen Büroflächenschwerpunkt in der Hertzallee Nord wird aber eine erhebliche Anzahl an täglichen Nutzern vom Bahnhof direkt von den Handelsstrukturen weggeführt, statt diese zu stärken. Diese Grundsatzdiskussion hätte nach Auffassung des Bezirksamtes vor Auslobung des Wettbewerbs geführt werden müssen.

 

Im Bereich Hetzallee-Süd war das Bezirksamt bis 2019 an einigen Gesprächen mit den Investoren beteiligt. Letzter Stand war ein gemeinschaftliches neues Verfahren anzustreben. Stattdessen wurde im Herbst 2020 ein zwischen Senat und Investor abgestimmtes neues Konzept öffentlich präsentiert. Der Bezirk war von diesem Vorgehen überrascht.

 

In Bezug auf den Hardenbergplatz war der Bezirk zu zwei Kick-off Gesprächen im Jahr 2018/19 eingeladen. Seitdem gibt es keine weitere Kommunikation zu den Absichten des Senats.

 

Besonders extrem war aber das Vorgehen in Bezug auf den Masterplan City West. Nach einer öffentlichen Veranstaltung im Jahr 2018 gab es keine weiteren Diskussionen mit dem Bezirk zu dieser Planung. Stattdessen wurde in der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses des Abgeordnetenhauses ein Entwurf präsentiert, der dem Bezirksamt bis dato noch nicht zur Kenntnis gegeben worden war.

 

Auf die Spitze getrieben wurde das Verhalten der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung durch das Vorgehen bei dem Senatsbeschluss zur §-9-Vorlage. Am 18.11. wurden Bezirksbürgermeister und Bezirksbaustadtrat bei einem Termin mit dem Stadtentwicklungssenator über die Absicht der Senatsvorlage informiert. Vereinbart wurde die gemeinsame Formulierung eines Textbausteins, der als Teil des Senatsbeschlusses dann die Struktur der zukünftigen Zusammenarbeit beschreiben sollte. Drei Tage später erfuhr das Bezirksamt dann von Dritten, dass die Senatsvorlage zu diesem Zeitpunkt schon seit fast zwei Wochen unterschrieben und in die Mitzeichnung der anderen Senatsverwaltungen gegeben worden war. Nach einer Intervention des Bezirksamtes bei der Senatskanzlei kam es dann in der Woche vor Weihnachten zu einem Telefonat zwischen Bezirksbaustadtrat und Stadtentwicklungssenator, indem darüber Verständigung erzielt wurde, dass seitens des Bezirksamts ein entsprechender Textbaustein verfasst wird. Dies erfolgte dann umgehend und der Entwurf wurde Stadtentwicklungssenator am 6.1.2021 per Mail übersandt. Bis heute gibt es darauf keinerlei Reaktion. Stattdessen wurde die Senatsvorlage unverändert eingebracht.

 

Dieses Vorgehen zeigt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Senat ein Interesse an einem gemeinsamen Erarbeitungsprozess der Ziele für die City West hat. Der Wortlaut des Textentwurfs liegt dieser Beantwortung als Anlage bei. Nach Ansicht des Bezirks würde das vorgeschlagene Verfahren die gesamtstädtischen Interessen durch die Notwendigkeit für alle Beschlüsse auf Landesebene voll berücksichtigen, gleichzeitig aber durch die Erarbeitung des B-Plans im Bezirk die Einbringung der hiesigen Interessen und Fachkenntnisse in das Verfahren gesichert. Das Verfahren würde damit auch dem bisherigen aktiven Diskussionsprozess im Bezirk gerecht.

 

 

  1. Wie beurteilt das Bezirksamt die ablehnende Haltung der Senatsverwaltung zu den von Signa geplanten Hochhäusern auf dem Karstadt–Areal, insbesondere unter dem Aspekt, dass mit der Zusage des Senats für eine Entwicklung an diesem Ort die Rettung der Karstadt–Häuser auch in unserem Bezirk verknüpft war?

Der Umbau der Städte zu nachhaltigen, klimaneutralen Städten wird nur gelingen, wenn es einerseits klare politische Vorgaben gibt und andererseits dann aber in der Umsetzung alle Beteiligten gemeinsam an der Umstrukturierung öffentlicher und privater Flächen arbeiten. Dazu ist nach Ansicht des Bezirksamts die Verlässlichkeit von politischen Zusagen Absprachen unverzichtbar.

 

 

  1. Der Prozess der „Charta City West“ beruht darauf, die gesamte City West im Kontext zu sehen; welchen Sinn hat dieser Prozess nach Ansicht des Bezirksamts, wenn einzelne Bereiche ohne Einwirkungsmöglichkeiten des Bezirks durch den Senat parallel entwickelt werden?

Wie oben beschrieben ist es die große Qualität des Prozesses, dass verschiedenste Aspekte der Entwicklung unter den Überschriften Nutzungsmix, Mobilität, Nachhaltigkeit, öffentliche Räume, Wohnungsversorgung, Digitalisierung u.a. gemeinsam betrachtet und weitgehend aufeinander bezogen wurden. Damit ging der Prozess weit über die üblichen Diskussionen städtebaulicher Entwicklungsfragen hinaus und hat einen Anschluss zum internationalen Diskussionsniveau hergestellt. Die zweite Qualität war es, sich von einer grundstücksbezogenen Betrachtung zu lösen und die gesamte Region zu betrachten. Zukunftsfähige und nachhaltige Städte sind nicht grundstücksbezogen zu erreichen. Insbesondere die Einbeziehung des Bestandes in die Zielplanungen spielt eine wesentliche Rolle. Diese Qualität des Prozesses droht durch das Vorgehen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen wieder verloren zu gehen. Schon alleine die Tatsache, dass die oben genannte Senatsvorlage zur Mitzeichnung zwar an die Wirtschaftsverwaltung gegeben wurde, nicht aber an die für Verkehr und Klimaschutz zuständige Verwaltung, zeigt, dass weiterhin eine stark eindimensionale Betrachtung der Entwicklung vorherrscht, die der Komplexität moderner Stadtentwicklungspolitik nicht gerecht wird.

 

 Anlage

 Textbaustein für den Senatsbeschluss zu

 Planungen im zentralen Bereich der City West

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

Oliver Schruoffeneger

 

 


Anlage: Textbaustein für den Senatsbeschluss zu Planungen im zentralen Bereich der City West

 

Seit 2016 führt die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ein Masterplanverfahren für die City West. Im Jahr 2019 hat im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf auf Initiative von Werkbund, AG City, VBKI, IHK und Bezirk ein zivilgesellschaftlicher Prozess zur Entwicklung eines Leitbildes für die Entwicklung der City West begonnen, der mittlerweile als Zwischenschritt 79 Ziele definiert hat. Der räumliche Geltungsrahmen ist dabei wesentlich weiter gefasst, als der Rahmen des Masterplans City West. Beinhaltet aber auch diesen und definiert in seinen Zielen in erheblichem Umfang Maßnahmen, die auch planungs- und baurechtliche Konsequenzen und Voraussetzungen haben, aber nicht automatisch mit den Strukturen eines planungsrechtlichen Masterplans gefasst werden können.

 

Der Bezirk führt zu diesem Zielepapier zurzeit verschiedene Bürgerbeteiligungsformat durch. Nach einer online Beteiligung unter MeinBerlin.de und drei thematischen Veranstaltungen, die aufgrund der Corona Situation auch im November/Dezember wieder nur online durchgeführt werden konnten, sind im Frühjahr 2021 weitere Veranstaltungen geplant. Die bisherigen Veranstaltungen mit jeweils rund 60 Teilnehmer/innen werden als positiv bewertet und haben vielfältige Anregungen erbracht. Die Auswertung wird der Senatsverwaltung nach Fertigstellung zur Verfügung gestellt. Als ersten Schritt zur förmlichen Befassung der politischen Gremien mit dem Zielkatalog beabsichtigt der Bezirk für einen Teilbereich des Gebietes eine Bereichsentwicklungsplanung zu erstellen, die wesentliche Ziele definiert. Bezirk und Senatsverwaltung sind sich darüber einig, dass dieser Senatsbeschluss die Arbeit des Bezirks und der zivilgesellschaftlichen Strukturen zur Erarbeitung eines Leitbildes einer umfassenden Entwicklung des Bezirks hin zu einer nachhaltigen, sozialen und smarten Stadt nicht beeinträchtigen soll, sondern dafür einen Rahmen definiert.

Der Senat beabsichtigt mit seinem Beschluss daher nicht, einzelne Bebauungsplanverfahren oder Baugenehmigungsverfahren an sich zu ziehen, sondern strebt vielmehr an, mit einem noch zu definierenden Instrument (Rahmenplan, koordinierender Bebauungsplan, informelle Planung etc.) zügig einen Rahmen zu schaffen, auf dessen Basis dann die Einzelmaßnahmen vom Bezirk vorangetrieben werden können. Im Rahmen dieses Verfahrens werden alle 79 definierten Ziele geprüft und bei inhaltlicher Zustimmung in jeweils geeigneter Form festgeschrieben. Dies kann in Form einer Festsetzung ebenso erfolgen, wie in einer Empfehlung zur Berücksichtigung in städtebaulichen Verträgen oder in Form einer Empfehlung für Grundsätze von Abwägungsentscheidungen. Die Beschlussfassung über die Ergebnisse sollen dann sowohl in der BVV wie auch im Abgeordnetenhaus erfolgen.

 

Im Sinne dieses gemeinsamen Grundverständnisses wollen die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und der Bezirk ein neues Verfahren entwickeln, dass die bisherige Frontstellung zwischen Landes- und Bezirkszuständigkeit aufhebt und zu einem gemeinsamen Prozess führt. Für die konkreten Verfahren beschließen Senat und Bezirk folgenden Umgang miteinander.

 

Der Senat erarbeitet den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan entsprechend des LOI für das Karstadt Grundstück am Tauentzien. Nach den notwendigen Beschlussfassungen über den Aufstellungsbeschluss, der insbesondere eine Definition der Baumasse enthält, wird das Verfahren vom Bezirk weitergeführt. Alle notwendigen formalen Beschlüsse werden sowohl in der BVV wie auch im Abgeordnetenhaus, bzw. im Bezirksamt und im Senat getroffen. Die Kosten des Bebauungsplanverfahrens werden für die Jahre 2021/22 auf 150.000 Euro geschätzt, die dem Bezirk erstattet werden. Dies kann teilweise auch durch die Abordnung einer Stelle für die Dauer von 2 Jahren erfolgen. Der Bezirk lädt die Senatsverwaltung vierteljährlich zu einem Gespräch über den konkreten Fortschritt des Verfahrens ein.

 

Alle weiteren Bebauungspläne und Bauanträge werden normal vom Bezirk erarbeitet, wofür bei den B-Plänen aus formalen Gründen auch hier innerhalb eines 9er Gebietes die formalen Beschlüsse jeweils auf Bezirks- und Landesebene gefasst werden müssen. Die Verfahren unterscheiden sich also von den oben beschriebenen lediglich dadurch, dass auch der Aufstellungsbeschluss in das gemeinsame Verfahren einbezogen ist.

 

Der Bezirk stellt in den Jahren 2021/22 die erwähnte Bereichsentwicklungsplanung auf. Die dafür erforderlichen Mittel werden aus der dem Bezirk zustehenden Wohnungsbauprämie des Landes finanziert. Dem stimmt der Senat ausdrücklich zu.

 

 
 

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