Drucksache - 0972/5  

 
 
Betreff: Barrierefreier Bezirk - Wie inklusiv ist Charlottenburg-Wilmersdorf?
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:SPD-Fraktion 
Verfasser:Röder/Dr. Buß 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
13.12.2018 
26. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin vertagt   
17.01.2019 
27. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin schriftlich beantwortet   

Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Große Anfrage
Schriftliche Beantwortung

 

Wir fragen das Bezirksamt:

 

  1. Gibt es eine Bestandsaufnahme des Bezirksamtes, an welchen Stellen im öffentlichen Raum (beispielsweise Kultur, Straßenland, Schulgebäude und Wohnungsbau) in der Mobilität eingeschränkte Menschen in Charlottenburg-Wilmersdorf von der gesellschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen werden und wie sieht dieses en detail aus? 

 

  1. Wie viele Angebote für seh- und hörbehinderte und mobilitätseingeschränkte Menschen sowie für Menschen älterer Generation bieten welche Sportvereine an?

 

  1. Wie wirkt das Bezirksamt darauf hin, dass Arztpraxen barrierefrei ohne Stufen, mit Rampe oder mit dem Aufzug zugänglich sind?

 

 

 

Sehr geehrte Frau Vorsteherin,

 

die Große Anfrage beantwortet das Bezirksamt wie folgt:

 

 

  1. Gibt es eine Bestandsaufnahme des Bezirksamtes, an welchen Stellen im öffentlichen Raum (beispielsweise Kultur, Straßenland, Schulgebäude und Wohnungsbau) in der Mobilität eingeschränkte Menschen in Charlottenburg-Wilmersdorf von der gesellschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen werden und wie sieht dieses en detail aus?

Es gibt in keinem der genannten Bereiche aussagekräftige Bestandsaufnahmen. Die Beseitigung von Barrieren kann nur eingebunden in die alltäglichen Umsetzungsmaßnahmen gelingen und steht und fällt mit den zur Verfügung stehenden Kapazitäten und Ressourcen.

 

Der Fachbereich Tiefbau setzt besispielsweise jährlich verschiedene Baumaßnahmen um, bei denen die Schaffung von Barrierefreiheit mit einfließt. Die Umsetzung begrenzt sich nicht alleine auf das Bordsteinabsenkungsprogramm, dessen Mittel von der Senatsverwaltung Umwelt, Verkehr und Klimaschutz den Bezirken zur Verfügung gestellt werden, sondern auf viele weitere Programme von Sen UVK. Darunter sind das Fahrbahnsanierungsprogramm, Programm zur Verbesserung des Fußverkehrs für die Schaffung von Fußgängerüberwegen, Ausbau von Bushaltestelle mit taktilen Elementen und Einbau von Kasseler Bordsteinen sowie auch der Umbau von LSA – Anlagen, die je-doch von der Fa. Alliander umgesetzt werden.

 

Anzahl der barrierefreien Umbauten:

 

Baumaßnahme 201720182019

Bordsteinabsenkungen435

Fahrbahnsanierung201 + x

Fußgängerüberwege326

Bushaltestellen218

 

 

Im Jahr 2018 konnte aufgrund eines massiven Personalengpasses nur eine geringe Anzahl an Baumaßnahmen umgesetzt werden. Für 2019 verbessert sich der Perso-nalbestand nur geringfügig, aber durch Umstrukturierung erwarten wir ein Ansteigen der umzusetzenden Baumaßnahmen.

 

 

Weiterhin hat das Bezirksamt 2015 eine repräsentative Befragung unter 1.871 Menschen mit einer anerkannten Behinderung zu den Lebenslagen von Menschen mit Behinderung durchgeführt (DS-Nr.: 0509-4; Bericht online abrufbar). Erfragt wurde hierbei unter anderem wie die Barrierefreiheit des Wohnumfeldes, von Gebäuden und Einrichtungen wahrgenommen wird und ob den kulturellen und freizeitlichen Bedürfnisse entsprochen wird. Mit der offen gestellten Frage „Was müsste man tun, um die Lebensumstände von Menschen mit Behinderungen zu verbessern?“ wurden Problemlagen deutlich.

Eine differenzierte Auswertung für mobilitätseingeschränkte Menschen erfolgte nicht. Zudem kann aus den Antworten nicht eindeutig herausgestellt werden, ob ein Ausschluss von der gesellschaftlichen Teilhabe erfolgt.

 

Folgende Ergebnisse der Befragung liegen vor:

 

  • Fast 50% der Befragten mit eigenem Haushalt gibt an, keine oder eine nur teilweise bedürfnisgerechte Wohnung zu haben. Ein Teil der Befragten wünscht sich mehr behindertengerechten, bezahlbaren Wohnraum, eine behindertengerechte Anpassung der Wohnung sowie alternative Wohnformen. 
  • Die Barrierefreiheit von öffentlichen Plätzen und Straßen im Wohnumfeld war für ca. 67% der Befragten gegeben; etwa 20% sind nicht zufrieden. Probleme wurden insbesondere in fehlenden abgesenkten Bordsteinen, vorhandenen Hindernissen im Straßenland und versperrten Straßenübergängen gesehen.
  • Alltägliche Erledigungen und Einkäufe sind für ca. 22% der Befragten nicht barrierefrei möglich, 67% empfinden keine Barrieren.
  • Für ca. 22% ist der ÖPNV nicht zufriedenstellend barrierefrei gestaltet, 63% empfinden keine Barrieren. Barrieren bestehen insbesondere in fehlenden/defekten Aufzügen und Rolltreppen.
  • Für ca. 20% sind Behörden und Ämter nicht barrierefrei gestaltet, 44% sind mit der Barrierefreiheit zufrieden. 36% können dies nicht beurteilen.
  • Kultur,- Freizeit- und Sporteinrichtungen sind für 19% nicht zufriedenstellend barrierefrei gestaltet. 35% sind mit der Barrierefreiheit zufrieden. 46% können dies nicht beurteilen. 12,8% der Befragten geben an, keine bedürfnisgerechten Angebote im Freizeit,- Sport- und Kulturbereich zu finden. 45% sind mit den vorhandenen Angeboten zufrieden.
  • Einschränkungen im Zugang zur Gastronomie und Diskotheken bestehen für 23% der Befragten. Keine Einschränkungen empfinden 40%. 37% können dies nicht beurteilen.
  • 32% beschreiben die Barrierefreiheit von Arztpraxen als unzureichend. Für 53% ist sie zufriedenstellend gegeben.

 

 

 

  1. Wie viele Angebote für seh- und hörbehinderte und mobilitätseingeschränkte Menschen sowie für Menschen älterer Generation bieten welche Sportvereine an?

Sport und damit auch der organisierte (Vereins-)Sport ist eine nahezu ideale Möglichkeit, Inklusion zu leben. Die Aktivitäten der Sportvereine bieten vielfältig Gelegenheiten für den nachgefragten Personenkreis, sportliche und soziale Angebote der Vereine anzunehmen. Im Klartext: Es ist für das Bezirksamt in vielen Fällen nicht erkennbar, ob und gegebenenfalls welcher Teil des nachgefragten Personenkreises die vielfältigen Vereinssportangebote inklusiv wahrnimmt und das ist auch gut so und ganz im Sinne der Inklusion.

 

Insofern kann die Große Anfrage nur bezüglich spezieller, erkennbar für einen eingeschränkten Personenkreis zugeschnittener Angebote beantwortet werden. Auch bei diesen "Spezialangeboten" findet sich häufig eine Durchmischung von Menschen mit und ohne Behinderungen und unterschiedlichen Alters. Ebenso können in die Beantwortung nur Sportangebote einfließen, die auf durch den Bezirk betriebenen öffentlichen Sportanlagen realisiert werden, da weitere hier nicht bekannt sind. Über die Angebote der Sportvereine im Schwimmsport können keine verlässlichen Aussagen getroffen werden, da die Organisation der Wasserzeiten in den Schwimmbädern den Berliner Bäder-Betrieben AöR obliegen und in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit keine Informationen eingeholt werden konnten. Sowohl auf den Websites des Landessportbundes Berlin als auch des Behinderten- und Rehabilitations-Sportverbands Berlin und der einzelnen Vereine können weitere Informationen abgerufen werden.

 

Spezielle Angebote im Sinne der Großen Anfrage sind u. a.:

         Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf, Abt. Sozialwesen: Seniorensport

         BSC Comet: Fußball für Schwerhörige und Gehörlose

         Rollstuhl-Sport-Club Berlin: Rollstuhl-Badminton, Rollstuhl-Basketball, Rollstuhl-Tischtennis

         Sportgemeinschaft Handicap: Rollstuhl-Basketball, Hockey, Bosseln, Fußballtennis, Gymnastik, Cheerleading, Bewegung Integrale, Fußball

         Paralympischer Sport Club Berlin: Handball

         ECC Preussen: Sledgehockey

         Behinderten- und Rehabilitations-Sportverband Berlin e.V.

 

 

 

  1. Wie wirkt das Bezirksamt darauf hin, dass Arzt-praxen barrierefrei ohne Stufen, mit Rampe oder mit dem Aufzug zugänglich sind?

Für das Bezirksamt gibt es keine gesetzliche Grundlage einen barrierefreien Umbau von bestehenden Arztpraxen zu fordern. Meist werden bestehende Arztpraxen an einen/eine Kollegen/Kollegin verkauft bzw. übertragen, sodass die neuen Kollegen sich auf einen Bestandsschutz beziehen können.

Bei neu geplanten reinen Arztpraxen wird das Bezirksamt nicht eingebunden, da es keine Anzeigepflicht beim Bezirksamt gibt. Daher sind dem Bezirksamt auch nicht alle Arztpraxen im Bezirk bekannt. Sofern es sich um eine Arztpraxis handelt, in der ambulante Operationen durchgeführt werden, ist eine Anzeigepflicht auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes und der Berliner Hygieneverordnung gegeben. Hier kann das Gesundheitsamt in Zusammenarbeit mit dem bezirklichen Bauamt auf einen barrierefreien Zugang im Sinne der UN-Behindertenkonvention beratend einwirken.

 

Im weiteren Sinne in diesem Zusammenhang hat sich das Bezirksamt anlässlich Beschluss Nr. 4/2017 des bezirklichen Beirats für Menschen mit Behinderung an die Kassenärztliche Vereinigung gewandt und um bessere Identifizierungsmöglichkeiten von Arzt- und Therapiepraxen im Hinblick auf bestimmte Arten von Barrierefreiheit gebeten.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Oliver Schruoffeneger

 

 

 


 

 
 

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