Drucksache - 0665/2  

 
 
Betreff: Ehrentafel im Olympiastadion
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:SPD-Fraktion 
Verfasser:Schulte/KuntzeAndres, Evelyn
Drucksache-Art:AntragAntrag
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
18.09.2003 
öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin      
Ausschuss für Sport Beratung
09.10.2003 
Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Sport      
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
30.10.2003 
öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin      

Sachverhalt

Die BVV möge beschließen :

Die BVV möge beschließen :

 

Das Bezirksamt wird beauftragt, sich bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung als Auftraggeber für die Sanierung und Modernisierung des Berliner Olympiastadions mit Nachdruck dafür einzusetzen, dass das Ehrenporträt von Carl Diem am Stadion – Marathontor nach Abschluss der Bauarbeiten nicht wieder angebracht bzw. entfernt wird.

Die nachfolgende Begründung ist zu übermitteln.

 

Der  BVV ist bis zum 15.12.2003 zu berichten.

 

Begründung :

Neben den Namen der Olympiasieger 1936 an den Innenseiten der Marathontürme sind auch Porträtreliefs und Namen der Veranstalter, Organisatoren und Baumeister der Olympiade 1936 dort verewigt.

Nach 1945 wurden Namen und Tafeln u.a. von Hitler und Tschammer und Osten eliminiert. Entfernt wurde auch das Diem – Relief  ( damaliger NOK– Generalsekretär und Leiter der Spiele ). 1965 wurde ein Ehrenporträt von Diem wieder angebracht und  vom  DOG – Präsidenten eingeweiht ( lt. Volker Kluge,  Olympiastadion Berlin, Steine beginnen zu reden, 1999, Parthas Verlag Berlin ).

 

Dokumentation über Carl Diem :

·        Diem entwickelte die organisatorische und propagandistische Vorbereitung von “Hitlers Olympiade”  ( lt. R.Mandell, Hitlers Olympiade Berlin 1936, München 1980 )

·        Eröffnungszeremoniell der XI. Olympischen Spiele 1936 mit dem Festspiel “Heldenkampf und Totenklage” in der Aufforderung zum “Opfertod” ( lt. C.Diem, Olympische Flamme. Das Buch vom Sport, Bd.1, Berlin 1942, S.279).  

·        Carl Diem, der schon in den vorhergehenden Kriegsjahren Wehrmachtspropaganda in  besetzten Gebieten betrieben hatte, forderte im  März 1945 zum “siegreichen Endkampf” gegen die deutschen Feinde auf ( lt. Bericht des Augenzeugen Reinhard Appel / später ZDF – Chefredakteur, zit. nach H.Bernett, Symbolik und Zeremoniell.., S.394 ).

·        Diems Festspiele “Olympische Jugend” endete mit einer Apothese des freiwilligen “Opfertodes” für das Vaterland. Vor der im Kuppelsaal des Reichssportfeldes versammelten Hitlerjugend hielt er am 18.März 1945 eine pathetische Rede, die sich dem Augenzeugen Reinhard Appel tief einprägte. Diem suchte die Jugendlichen für das Vorbild antiker Größen zu begeistern. Er verklärte den Heldentod mit den Versen des Dichters Tyrtaios im Militärstaat Sparta : “Schön ist der Tod, wenn der edle Krieger für das Vaterland fällt”.SeinAufruf zum Opfergang !  ( lt. R.Appel : Mit 17 im Hitlerjugend – Regiment. In R.Appel / Hrsg. Erinnerungen an das Kriegsjahr 1945 S.19-22 ).Diem, auch Adjudant eines Volkssturmbataillons “Reichssportfeld”, hat hier das letzte Aufgebot an Hitlerjungen noch zum “siegreichen Endkampf” aufgefordert. Diese Opferbereitschaft kostete im April 1945 zweitausend Jugendlichen, meist Kinder im Alter von 13 und14 Jahren, auf dem olympischen Schlachtfeld das Leben.

   

 

·        In einer vorangegangenen Diem–Rede im Kuppelsaal im November 1944 hatte er die

Einberufung des Volkssturms, die Aufstellung von Volksgrenadier-Divisionen und Einführung des Sturmgewehrs angekündigt ( lt. K.Blume : Carl Diems Aktivitäten 1945, Leserbrief in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, 7.6.1995 ).

 

Fazit :

Kritische wissenschaftliche Untersuchungen fanden seit den 70er und 80er Jahren  allmählich größere Bedeutung und lösten eine breitere öffentliche Diskussion aus.

Es ist inzwischen unbestritten : Diem und andere frühere Sportfunktionäre waren dem NS-Regime eng verbunden.

Carl Diem hat sich als Repräsentant des Sports und seiner Tradition in den Dienst der psychologischen Kriegsführung gestellt.

Dafür sollte kein Ehrenporträt im Olympiastadion an Diem erinnern.

 

 

 

 

 

 
 

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