Drucksache - 0665/2
Die BVV möge beschließen : Das Bezirksamt wird
beauftragt, sich bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung als Auftraggeber
für die Sanierung und Modernisierung des Berliner Olympiastadions mit Nachdruck
dafür einzusetzen, dass das Ehrenporträt von Carl Diem am Stadion –
Marathontor nach Abschluss der Bauarbeiten nicht wieder angebracht bzw.
entfernt wird. Die nachfolgende Begründung
ist zu übermitteln. Der BVV ist bis zum 15.12.2003 zu berichten. Begründung : Neben den Namen der
Olympiasieger 1936 an den Innenseiten der Marathontürme sind auch
Porträtreliefs und Namen der Veranstalter, Organisatoren und Baumeister der
Olympiade 1936 dort verewigt. Nach 1945 wurden Namen und
Tafeln u.a. von Hitler und Tschammer und Osten eliminiert. Entfernt wurde auch
das Diem – Relief ( damaliger
NOK– Generalsekretär und Leiter der Spiele ). 1965 wurde ein Ehrenporträt
von Diem wieder angebracht und vom DOG – Präsidenten eingeweiht ( lt.
Volker Kluge, Olympiastadion Berlin,
Steine beginnen zu reden, 1999, Parthas Verlag Berlin ). Dokumentation über Carl Diem
: ·
Diem entwickelte
die organisatorische und propagandistische Vorbereitung von “Hitlers
Olympiade” ( lt. R.Mandell,
Hitlers Olympiade Berlin 1936, München 1980 ) ·
Eröffnungszeremoniell
der XI. Olympischen Spiele 1936 mit dem Festspiel “Heldenkampf und Totenklage”
in der Aufforderung zum “Opfertod” ( lt. C.Diem, Olympische Flamme.
Das Buch vom Sport, Bd.1, Berlin 1942, S.279).
·
Carl Diem, der
schon in den vorhergehenden Kriegsjahren Wehrmachtspropaganda in besetzten Gebieten betrieben hatte, forderte im März 1945 zum “siegreichen
Endkampf” gegen die deutschen Feinde auf ( lt. Bericht des Augenzeugen
Reinhard Appel / später ZDF – Chefredakteur, zit. nach H.Bernett,
Symbolik und Zeremoniell.., S.394 ). ·
Diems Festspiele
“Olympische Jugend” endete mit einer Apothese des freiwilligen
“Opfertodes” für das Vaterland. Vor der im Kuppelsaal des
Reichssportfeldes versammelten Hitlerjugend hielt er am 18.März 1945 eine
pathetische Rede, die sich dem Augenzeugen Reinhard Appel tief einprägte. Diem
suchte die Jugendlichen für das Vorbild antiker Größen zu begeistern. Er
verklärte den Heldentod mit den Versen des Dichters Tyrtaios im Militärstaat
Sparta : “Schön ist der Tod, wenn der edle Krieger für das Vaterland
fällt”.SeinAufruf zum Opfergang !
( lt. R.Appel : Mit 17 im Hitlerjugend – Regiment. In R.Appel /
Hrsg. Erinnerungen an das Kriegsjahr 1945 S.19-22 ).Diem, auch Adjudant eines
Volkssturmbataillons “Reichssportfeld”, hat hier das letzte
Aufgebot an Hitlerjungen noch zum “siegreichen Endkampf”
aufgefordert. Diese Opferbereitschaft kostete im April 1945 zweitausend
Jugendlichen, meist Kinder im Alter von 13 und14 Jahren, auf dem olympischen
Schlachtfeld das Leben. ·
In einer
vorangegangenen Diem–Rede im Kuppelsaal im November 1944 hatte er die Einberufung
des Volkssturms, die Aufstellung von Volksgrenadier-Divisionen und Einführung
des Sturmgewehrs angekündigt ( lt. K.Blume : Carl Diems Aktivitäten 1945,
Leserbrief in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, 7.6.1995 ). Fazit
: Kritische wissenschaftliche
Untersuchungen fanden seit den 70er und 80er Jahren allmählich größere Bedeutung und lösten eine
breitere öffentliche Diskussion aus. Es ist inzwischen
unbestritten : Diem und andere frühere Sportfunktionäre waren dem NS-Regime eng
verbunden. Carl Diem hat sich als
Repräsentant des Sports und seiner Tradition in den Dienst der psychologischen
Kriegsführung gestellt. Dafür sollte kein
Ehrenporträt im Olympiastadion an Diem erinnern. |
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