Drucksache - 0424/5  

 
 
Betreff: Holen wir uns die Stadt zurück: Vorkaufsrechte nutzen!
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:LINKE/SPD/Grüne 
Verfasser:Schenker/Juckel/Wuttig/Dr. Vandrey/Wapler 
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
21.09.2017 
12. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin überwiesen   
Ausschuss für Stadtentwicklung Beratung
20.12.2017 
22. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung vertagt     
07.02.2018 
26. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung mit Änderungen im Ausschuss beschlossen   
Ausschuss für Haushalt, Personal, Wirtschaftsförderung, Informationstechnologie und Gender Mainstreaming Beratung
10.04.2018 
19. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Haushalt, Personal, Wirtschaftsförderung, Informationstechnologie und Gender Mainstreaming im Ausschuss abgelehnt   
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
20.04.2018 
19. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   

Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Antrag
Beschlussempfehlung
Beschluss
Vorlage zur Kenntnisnahme

 Die BVV hat in ihrer Sitzung am 20.04.2018 beschlossen:

 

"Das Bezirksamt wird beauftragt, bei Grundstücksverkäufen in sozialen Erhaltungsgebieten die Möglichkeit der Nutzung des Vorkaufsrechtes nach § 24 BauGB zu prüfen. Der Ausschuss für Stadtentwicklung ist über Prüfungen zu informieren.

Der BVV ist bis zum 31.03.2018 zu berichten."

 

 

Das Bezirksamt teilt dazu Folgendes mit:

 

 

Grundsätzlich wird angemerkt, dass das Vorkaufsrecht ein städtebauliches Instrument und kein Mieterschutzinstrument ist. Das Vorkaufsrecht kann nur zum Wohl der Allgemeinheit ausgeübt werden und nicht um Mieterinnen und Mietern ihre bestehenden Mietverhältnisse zu sichern.

Im Geltungsbereich der sozialen Erhaltungsgebiete nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 BauGB räumt § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB den Gemeinden (in Berlin: den Bezirken) ein Vorkaufsrecht beim Kauf von Grundstücken ein.

Die Ausübung des Vorkaufsrechts führt dazu, dass der Vorkaufsberechtigte, hier der Bezirk, anstelle des Käufers in den Kaufvertrag eintritt. Der Vorkauf erfolgt zu den Bedingungen, die in dem ursprünglichen Kaufvertrag zwischen den Parteien vereinbart wurden.

 

Das allgemeine gesetzliche Vorkaufsrecht dient im Rahmen der sozialen Erhaltungsgebiete der Sicherung des Ziels, die angestammte Wohnbevölkerung aus städtebaulichen Gründen im jeweiligen Gebiet zu erhalten. Ein wesentlicher Grund für den Erlass sozialer Erhaltungsverordnungen ist der Umstand, dass bei einer Verdrängung der Wohnbevölkerung die vorhandene Infrastruktur verändert bzw. neu geschaffen werden müsste. Dies wäre ineffektiv und würde zu hohen Kosten der Allgemeinheit führen. Somit sind soziale Erhaltungsverordnungen kein Instrument des individuellen Mieterschutzes, sondern die Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung dient nur mittelbar auch den Interessen der Mieterinnen und Mieter, die in dem Gebiet leben.

 

Das bundesgesetzliche Instrument der Vorkaufsrechte dient nicht der Bodenbevorratung durch die Gemeinde. Vorrangiges Ziel ist daher nicht die Ausübung des Vorkaufsrechts, sondern der Abschluss einer Abwendungsvereinbarung mit der Käuferin oder dem Käufer. Damit kann sichergestellt werden, dass die Veräußerung der Immobilie den Zielen der sozialen Erhaltungsverordnung nicht zuwider läuft.

 

Gemäß der Zielsetzung der Koalitionsvereinbarung dieser Wahlperiode steht im Ausübungsfall der Vorkauf zugunsten eines Dritten im Vordergrund, vorrangig einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft.

 

Der Einsatz des Vorkaufsrechts bedarf einer sorgfältigen Prüfung in jedem Einzelfall. Im Streitfall können Schadensersatzforderungen sowie finanzielle Einbußen drohen, wenn und soweit sich angegriffene Verwaltungsakte als rechtswidrig erweisen.

 

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf folgende wesentliche Aspekte:

 

  • Die Frist für die Ausübung des Vorkaufsrechts beträgt zwei Monate ab Kenntnis des vollständigen Kaufvertrags.
  • Innerhalb dieser Frist sind umfangreiche Prüfungen notwendigen, ob die Voraussetzungen zur rechtssicheren Ausübung des Vorkaufsrechts überhaupt vorliegen. Dieser Prüfungsprozess ist sehr aufwendig und personalintensiv, da unterschiedliche Fachbereiche/Ämter, Senatsverwaltungen sowie die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften involviert sind.
  • Die Prüfungen erfolgen auf der Grundlage eines Konzeptes für die Nutzung von Vorkaufsrechten, welches von den Senatsverwaltungen Stadtentwicklung und Wohnen sowie für Finanzen erarbeitet wurde. Dieses Konzept ist noch auf die Konstellationen im Bezirk zu übertragen und vom BA zu beschließen.
  • Wegen des Umfangs möglicher negativer Rechtsfolgen wie Schadensersatzforderungen, Prozesskosten usw. wird es sinnvoll sein, in jedem Einzelfall einen Bezirksamtsbeschluss herbeizuführen.
  • Dem Bezirk stehen keine eigenen Mittel für den Erwerb von Grundstücken/Wohnhäusern zur Verfügung. Hierzu ist in jedem Einzelfall die Unterstützung der Senatsverwaltung für Finanzen notwendig, sowie die Bereitschaft einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft zur Übernahme des Objekts.
  • Der Käufer eines Hauses kann die Ausübung des Vorkaufsrechts durch Unterzeichnung einer Abwendungsvereinbarung abwenden, in der er sich zur Einhaltung der Ziele der Erhaltungsverordnung verpflichtet.


 

  • Die Ausübung von Vorkaufsrechten ist aufgrund zwingend einzuhaltender Fristen abhängig von den Ressourcen, die dem Bezirksamt zur Verfügung stehen. In den hauptsächlich betroffenen Fachbereichen Facility Management und Stadtplanung liegen derzeit weder die personellen Ressourcen noch die erforderlichen konzeptionellen und organisatorischen Voraussetzungen vor, um das Vorkaufsrecht und damit auch den Abschluss von Abwendungsvereinbarungen ausüben zu können.
  • Die zur Ausübung des Vorkaufsrechts erforderlichen Personalstellen müssen daher im Haushalts- und Stellenplan berücksichtigt werden und die Stellen entsprechend besetzt sein. Erst dann sind die Fachbereiche in der Lage das Vorkaufsrecht rechtssicher auszuüben.
  • Der Ausschuss für Stadtentwicklung wird im Rahmen der halbjährlichen Berichterstattung über die Vorhaben in den beiden sozialen Erhaltungsgebieten auch über die Grundstücksverkäufe informiert. Wobei nicht jeder Grundstücksverkauf automatisch auch ein Vorkaufsfall wäre.

 

 

Das Bezirksamt bittet, den Beschluss damit als erledigt zu betrachten.

 

 

 

Reinhard Naumann Oliver Schruoffeneger

Bezirksbürgermeister Bezirksstadtrat

 


 

 
 

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