Drucksache - 0029/4  

 
 
Betreff: Plagiatssoftware in den Schulen
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Piraten-Fraktion 
Verfasser:Schlosser/Pabst 
Drucksache-Art:AntragGroße Anfrage
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
17.11.2011 
2. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin beantwortet   

Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Große Anfrage
Beantwortung

Wir fragen das Bezirksamt:

 

Wir fragen das Bezirksamt:

 

1.      Welche Auswirkungen wird der "Gesamtvertrag zur Einraumung und Vergutung von Ansprüchen nach § 53 UrhG"  [1] nach Einschätzung des Bezirksamtes auf die Schulen im Bezirk haben? Ist dem Bezirksamt bekannt, ob und mit welcher Begründung das Land Berlin diesem Vertrag zugestimmt hat? Auf welche Weise hat das Bezirksamt als Schulträger an einer solchen Entscheidung des Landes mitwirken können?

 

2.      Wie steht das Bezirksamt dazu, dass den Schulbuchverlagen und Rechteinhabern mit Unterzeichnung des Vertrages das Recht eingeräumt wird, ab Frühjahr 2012 eine "Spionage-Software" (von den Verlagen als "Plagiatssoftware" bezeichnet) auf 1% zufällig ausgewählter Schulrechner zu installieren, die das Vorhandensein urheberrechtlich unklarer Digitalisate aufspüren soll?

 

3.      Wo zieht das Bezirksamt die Grenze zwischen "rechtlich einwandfreiem" und "illegalem" digitalem Unterrichtsmaterial? Wie gedenkt das Bezirksamt zu prüfen, dass das Programm geeignet ist, diese Unterscheidung zu treffen ?

 

 

4.      Wie steht das Bezirksamt zu der Gefahr, dass Lehrer künftig den IT-basierten Unterricht ablehnen werden, wenn sie als persönlich für die Rechner Verantwortliche von Schulbuchverlagen abgemahnt und strafrechtlich belangt werden können? Lehrerverbände haben schon "Dienst nach Vorschrift" angekündigt, falls die Länder diesem Gesamtvertrag zustimmen. Sie haben vorgeschlagen, dass der Absatz mit der sogenannten "Plagiatssoftware" ersatzlos gestrichen wird, siehe [2]. Sieht das Bezirksamt eine Möglichkeit, die von solchen Maßnahmen betroffenen Lehrkräfte von einer persönlichen Haftung freizustellen?

 

5.      Welche Stellung bezieht das Bezirksamt zu der Einschätzung von Experten, dass der Einsatz von  "Schnüffelsoftware" rechtlich problematisch ist? Welche Möglichkeiten sieht das BA, um den Einsatz an bezirklichen Schulen zu verhindern?

 

 

[1] http://netzpolitik.org/wp-upload/20110615gesamtvertragtext.pdf

[2] http://www.heise.de/tp/artikel/35/35812/1.html

 

 

Zur Beantwortung Frau BzStR’in Jantzen:

 

Frau Vorsteherin, meine Damen und Herren, ich danke Herrn Pabst für die einführenden und erklärenden Worte, worum es bei diesem Thema geht.

 

Gestatten Sie mir noch eine Vorbemerkung. Die Fraktion der PIRATEN hat mit der großen Anfrage ein wichtiges Thema aufgegriffen und richtige Fragen gestellt, sie wurden aber auch in der Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses von ihrer Fraktion gestellt und behandelt und aus meiner Sicht ist das auch der richtige Ort, um über die Folgen einer von den Ländern auf Bundesebene mit Schulbuchverlagen geschlossen Vereinbarung zu diskutieren. Ich würde mich freuen, wenn wir in der BVV schwerpunktmäßig über bezirkliche Themen und Probleme debattieren, zu denen wir, das Bezirksamt, auch sachkundig Auskunft geben können. Das ist hier nämlich nicht unbedingt der Fall.

 

Von dem im Gesamtvertrag zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen nach § 53 Urheberrechtsgesetz vereinbarten Einsatz von Plagiatssoftware in Schulen hat das Bezirksamt durch Berichte in den Medien erfahren. Es handelt sich in erster Linie um eine innere Schulangelegenheit, liegt also nicht in der Zuständigkeit des Schulträgers. Deswegen haben wir uns auch an die regionale Schulaufsicht um Auskunft gewandt und von dort folgende Antwort erhalten:

 

„Die regionale Schulaufsicht Charlottenburg-Wilmersdorf ist sachlich nicht mit dem befasst, worum es in der Großen Anfrage geht. Insofern sieht sich die regionale Schulaufsicht nicht in der Lage zu der Großen Anfrage in irgendeiner Weise Stellung zu nehmen.“

 

Ich hab eine Runde mit der regionalen Schulleitung, also mit den Schulräten oder Schulaufsichtsbeamten genutzt, um noch einmal nachzufragen, ob das wirklich kein Thema ist, ob bei ihnen je was dazu ankam. Sie haben mir bestätigt, es gab keinerlei Informationen und es ist auch in den Schulen und in den Runden, die in letzter Zeit mit Schulleiter/innen verschiedenster Schulstufen stattgefunden haben, bisher nicht Thema gewesen. Insofern dann vielleicht auch der Dank, dass wir alle in Berlin jetzt aufmerksam geworden sind und für die Zukunft aufpassen.

 

Zu 1.

Zu der Frage, welche konkreten Auswirkungen der Einsatz auf die Schulen haben wird, kann deshalb zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Aussage getroffen werden.

Herr Senator Zöllner hat in der Antwort auf die große Anfrage der PIRATEN im Abgeordnetenhaus vom 10. November erklärt, dass beim Abschluss dieses Gesamtvertrages in der Kultusministerkonferenz am 10. Februar 2011 und der Finanzministerkonferenz vom 23. März 2011 das Land Berlin seine Zustimmung gegeben hat.

 

Das Bezirksamt als Schulträger war über die Aushandlung des neuen Vertrages und dessen Abschluss nicht informiert und hat somit auch nicht an der Entscheidung mitgewirkt. Die betroffenen Vereinbarungen werfen viele Fragen auf, die auch Herr Zöllner im Abgeordnetenhaus nicht hat beantworten können. Und da die in Rede stehende Software, die eine Urheberrechtsverletzung auf Schulcomputern suchen soll, erst entwickelt wird, liegen hier auch keine Erkenntnisse vor, was sie konkret machen und wie sie funktionieren wird. Eine rechtliche Bewertung des Einsatzes und datenschutzrechtliche Prüfung ist dem Bezirksamt deshalb nicht möglich und muss auf Landes- oder gar Bundesebene, Stichwort Frau Leutheusser-Schnarrenberger, vorgenommen werden.

 

Zu 2. bis 5.

Das Bezirksamt sieht den geplanten Einsatz von Plagiatssoftware in den Schulen äußerst kritisch. Wir halten es zumindest für leichtfertig, einen Vertrag zu unterschreiben, dessen konkrete Umsetzung mit all den offenen, ungeklärten Fragen eben nicht geklärt ist. Und auch wenn die Angelegenheit nicht in unsere originäre Zuständigkeit fällt, wird das Bezirksamt die weitere Entwicklung sorgfältig beobachten und sich dafür einsetzen, dass in den Schulen keine Instrumente zum Einsatz kommen, die Datenschutz oder Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten und der Schülerinnen und Schüler beeinträchtigen. Sobald wir mehr Erkenntnisse haben, die dem Schulträger vorliegen, werden wir hierüber im zuständigen Fachausschuss für Schule gerne berichten.

 


 

 
 

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