Drucksache - 0858/3  

 
 
Betreff: Essen in Charlottenburg-Wilmersdorf ab sofort "ohne Gentechnik"
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 
Verfasser:Centgraf/Ludwig 
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
29.05.2008 
20. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin überwiesen   
Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Arbeit Beratung
17.06.2008 
17. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziales, Gesundheit und Arbeit mit Änderungen im Ausschuss beschlossen   
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
19.06.2008 
21. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   

Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
1. Version vom 20.05.2008
2. Version vom 18.06.2008
3. Version vom 19.06.2008
4. Version vom 21.01.2009

Die BVV möge beschließen:

Die BVV hat in ihrer Sitzung am 19.06.2008 beschlossen:

 

Das Bezirksamt wird aufgefordert zu prüfen, wie gewährleistet werden kann, dass in allen bezirklichen Einrichtungen und im Kita-Eigenbetrieb nur noch Lebensmittel verwendet werden, die nach neuem Gentechnikgesetz ausdrücklich als "ohne Gentechnik" gekennzeichnet sind. Es ist darzulegen, wie die Einhaltung der Vorgabe mindestens in Kitas und Schulküchen gewährleistet werden kann.

 

Der BVV ist bis zum 31.08.2008 zu berichten.

 

 

Das Bezirksamt teilt dazu mit:

 

Der Schulträger prüft im Zusammenwirken mit der Vernetzungsstelle Schulverpflegung Berlin die Möglichkeit, mit den Lieferanten der Mittagessenversorgung von Schulkindern zukünftig zu vereinbaren, bei der Herstellung des Essens ausschließliche Lebensmittel zu verwenden, die entsprechend dem neuen Gentechnikgesetz als “ohne Gentechnik” hergestellt gekennzeichnet sind. Es ist noch nicht abzusehen, ob dies flächendeckend möglich ist, da noch nicht ermittelt werden kann, ob und in welchem Umfang dadurch eine Verteuerung der Essensversorgung erfolgen würde und ob in ausreichendem Maße überhaupt entsprechende Produkte für die Verarbeitung in den Produktionsküchen der Hersteller am Markt sein werden.

In den Grundschulen des Bezirks erfolgt die Mittagessensversorgung auf der Grundlage der Berliner Qualitätskriterien für Schulverpflegung und die Essensversorgung ist an den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) orientiert. Die Oberschulen wählen die Betreiber ihrer Cafeterien / Mensen selbst aus und legen bei der Auswahl Betreiber strenge Maßstäbe in Bezug auf Qualität und Angebotsauswahl an. Bei der Versorgung von Grundschüler/innen ist durch Verträge geregelt, dass ein 20 %iger Anteil von Bio-Produkten gewährleistet wird, dass verwendetes Fleisch aus artgerechter Tierhaltung stammt, dass Produkte aus regionaler Produktion bevorzugt verwendet werden und die ernährungsphysiologische Qualität der Menüs 2x jährlich in einem unabhängigen Labor geprüft wird.

Gemeinsam mit der Vernetzungsstelle Schulverpflegung Berlin soll ein Qualitätscontrolling entwickelt werden, das eine hohe Qualität des Mittagessens verlässlich sicherstellt. Ob zukünftig eine Regelung möglich ist, die eine Mittagessenversorgung der Schüler/innen mit garantiert ausschließlich gentechnikfrei produzierten Lebensmitteln ermöglicht, bleibt abzuwarten.

 

Es wird gebeten, für den Bereich der öffentlichen Kitas im Bezirk die beigefügte Stellungnahme der Geschäftsleitung des Eigenbetriebes ”Nordwest” zur Kenntnis zu nehmen.

                                                                                                                                                                                                                      

                                                                                                                                           Anlage

 

 

Monika Thiemen                                                                                         Reinhard Naumann

Bezirksbürgermeisterin                                                                               Bezirksstadtrat

 

 

Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf

Abteilung Jugend, Familie, Schule und Sport

Bezirksstadtrat Reinhard Naumann

Fehrbelliner Platz 4

10707 Berlin

 

Otto-Suhr-Allee 100

(Rathaus)

10585 Berlin

Eingang Tordurchfahrt: Alt-Lietzow 16

 

 

Fon: 9029-13831

Fax: 9029-13835

E-Mail: harald.bohn@kitaeb.verwalt-berlin.de

 

 

Eigenbetrieb “Kindertagesstätten Nordwest”

Otto-Suhr-Allee 100

10585 Berlin

 

Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf                         

Abteilung Jugend, Familie, Schule und Sport                  

Bezirksstadtrat Reinhard Naumann                                 

Fehrbelliner Platz 4                                                             

10707 Berlin                                                                         

                                                                                                                               

                                                                     

 

05.08.2008

 

 

BVV Beschluss DS-Nr. 0858/3

Essen in Charlottenburg-Wilmersdorf ab sofort “ohne Gentechnik”

 

 

Sehr geehrter Herr Bezirksstadtrat Naumann,

 

zu dem o.g. BVV Beschluss und dem sich daraus für Sie ergebenden Prüfauftrag nehmen wir wie folgt Stellung:

 

Nach vorläufiger Prüfung können wir Ihnen aktuell keine Zusage geben, dem hinter dem Prüfauftrag stehenden Wunsch der BVV Charlottenburg-Wilmersdorf in der gewünschten Konsequenz nachzukommen.

Dies würde bedeuten, dass wir uns zu einem Zeitpunkt binden, zu dem weder die Kosten noch andere offene Punkte für uns in ihrer Tragweite absehbar sind. Bei den Kosten haben wir zu beachten, dass selbst im Vorspann zum Gesetzentwurf schon darauf hingewiesen wurde, dass “von einzelnen Verbänden Mehrkosten für Produzenten gentechnikfreier Produkte … über die gesamte Wertschöpfungskette prognostiziert” werden. Und “es von daher nicht auszuschließen (ist), dass dies zu einer nicht quantifizierbaren Erhöhung von Einzelpreisen führen kann.”

 

Das Ziel des seit 1990 bestehenden und aktuell veränderten Gesetzes ist es in erster Linie, die notwendige Rechtssicherheit für die Forschung zu schaffen und die Interessen der Forschung und des Verbraucherschutzes in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Dies geschieht in vorrangig durch eine kontrollierte Marktzulassung von gentechnisch veränderten Pflanzen und Produkten. Damit wird in Deutschland vor allen anderen Ländern der Europäischen Union die europäische Richtlinie für die grüne Gentechnik umgesetzt.

Im Entwurf zum Gesetz zur Neuordnung des Gentechnikrechts heißt es dazu unter anderem: Durch Gewährleistung der Koexistenz der Gentechnik verwendenden Landwirtschaft mit konventioneller und ökologischer Landwirtschaft werden das Prinzip der Wahlfreiheit für Verbraucher und Produzenten sowohl der Landwirtschaft als auch der Lebensmittelwirtschaft gewahrt …”, d.h. jeder Produzent, jede Produzentin und jede Verbraucherin und jeder Verbraucher werden auf gesicherter und nach dem Gesetz geprüfter Basis in die Lage versetzt zu entscheiden, ob sie gentechnisch veränderte Produkte kaufen und verwenden oder nicht.

 

Wir werden die Situation der praktischen Umsetzung des Gesetzes in ihren für uns relevanten Teilen aufmerksam verfolgen und die notwendigen Konsequenzen ziehen.

 

Im Übrigen verweisen wir auf unsere bereits jetzt schon umgesetzten Bemühungen, Standards und Vorgehensweisen:

 

Generell orientiert sich das Mittagessen in der Zusammensetzung, Menge, Zubereitungsart und Hygiene an den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) orientieren. Getränke sollen ausreichend für die Kinder zur Verfügung stehen. Die Wünsche und Vorlieben der Kinder hinsichtlich der warmen Mittagsmahlzeit werden regelmäßig in den Speiseplan aufgenommen.

Diese Orientierung an den Empfehlungen der DEG werden wir auch in Zukunft beachten.

 

In Anbetracht der sehr unterschiedlichen Ernährungsgewohnheiten in den Elternhäusern, obliegt den Kindertagesstätten eine besondere Verantwortung. Für den Eigenbetrieb “Kindertagesstätten Nordwest” ist es von erheblicher Bedeutung, grundsätzlich an der Eigenproduktion der warmen Mahlzeiten in seinen Kindertagesstätten festzuhalten. Eine in Eigenregie funktionierende Küchenbewirtschaftung ist in der Lage, die mit der Zubereitung von warmen Mahlzeiten verbundenen pädagogischen Ansprüche zu sichern.

 

Unsere Kindertagesstätten spielen eine wichtige Rolle für die Ernährungserziehung. Sie ergänzen die Ernährungserziehung der Familien und übernehmen einen Teil der Verantwortung für die gesunde Entwicklung der ihnen anvertrauten Kinder.

 

Die Kinder werden aktiv in den Prozess der Planung und Vorbereitung der Mahlzeiten einbezogen. Sie sollen unterschiedliche Speisen kennen lernen. Die Eltern sollen in die Notwendigkeit einer gesunden Ernährung einbezogen werden. Mit den Kindern wird über Essen und die damit verbundenen Zusammenhänge gesprochen. Besondere Beachtung erhalten hierbei die übergewichtigen Kinder.

 

Damit die in den Küchen eingesetzten Mitarbeiter/innen die Verpflegung optimal gestalten können, benötigen sie ein Basiswissen über gesundheitsförderndes Essen und Trinken sowie über eine ausgewogene Speiseplangestaltung. Deshalb ist für uns die kontinuierliche Fort- und Weiterbildung der Küchenmitarbeiter/innen von zentraler Bedeutung.

 

Hierfür wurden im Jahr 2008 u.a. Fortbildungen, die die Einhaltung der Maßnahmen, die sich aus den gesetzlichen Verpflichtungen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) und der Lebensmittelhygiene-Verordnung ergeben und zum HACCP-Konzept, ein Sicherheitskonzept mit dem Ziel, Gesundheitsgefährdung auszuschließen, durchgeführt. Weiterhin ist im November des Jahres eine Fortbildung in Zusammenarbeit mit der Verbraucherzentrale Berlin “Fit-Kid” im eigenbetriebsinternen Fortbildungsprogramm ausgeschrieben. Die Aktion “Fit-Kid” wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz gefördert.

 

Der Eigenbetrieb “Kindertagesstätten Nordwest” hat in Zusammenarbeit mit dem Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf an der “5 am Tag – Aktionswoche” und dem Welternährungstag teilgenommen. Ziel der Gesundheitskampagne ist, schon bei Kindern einen Grundstein für eine vitaminreiche, ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung, die zu einem großen Teil aus Obst und Gemüse besteht, zu legen. In der Vorbereitung wurden die Kitas durch eine Studentin der Ökotrophologie beratend unterstützt. Zusätzlich wurde für mehrere Einrichtungen der “Gesundheitskoffer” der City BKK, in dem sich Ideen zum Thema “gesunde Ernährung” befinden, angeschafft. Diese praktischen Beispiele werden vielfältig in der täglichen Praxis unserer Kitas eingesetzt.

 

Gemeinsam mit dem Bildungsträger Euro-Train Reinickendorf hat der Eigenbetrieb seit September 2006 zwölf zusätzliche Ausbildungsplätze in dem Berufsbild Fachkraft im Gastgewebe geschaffen, um jungen Menschen nach dem Schulbesuch eine Perspektive zu schaffen. Die praktische Ausbildung findet unter Anleitung unserer Köchinnen und Köche in unseren Kitas statt und bietet eine weitere Möglichkeit, auf eine gesunde Ernährung hinzuwirken. Es ist beabsichtigt das Projekt mit acht neuen Auszubildenden als Fachkraft im Gastgewerbe und zusätzlich einem Auszubildenden als Koch fortzusetzen.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

Harald Bohn                                                   Detlev Nagi

Pädagogischer Geschäftsleiter                  Kaufmännischer Geschäftsleiter

 


 

 
 

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