Drucksache - 1163/2
Die BVV
beschließt: Das Bezirksamt wird aufgefordert, die Positionen des Deutschen Bundesjugendringes sowie des Aufrufs von Prof. Dr. Münder vom 02.06.04 zu unterstützen und diese Position aktiv im Rat der Bürgermeister und in anderen mit dem Thema befassten Gremien mit dem Ziel einzubringen, sowie sich an die Berliner Vertreter in der Bundesstaatskommission zu wenden, damit die Zuständigkeit des SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz) auch künftig in der Verantwortung des Bundes bleibt und es nicht durch Kompetenzübertragungen an die Länder zu einer Zersplitterung des Kinder- und Jugendhilferechts kommt. Der BVV ist
bis zum 31.03.2005 zu berichten. Dr. Marianne Suhr Bezirksverordnetenvorsteherin Das Bezirksamt teilt dazu unter Bezugnahme auf den
Zwischenbericht mit: Sehr zur
Überraschung aller Beobachter/innen hat der Bundesrat erfreulicherweise am
08.07.2005 auch dem 2. Teil der Novellierung des SGB VIII ohne nennenswerte
Änderungen zugestimmt. Diese hatte
insbesondere zum Ziel - eine Konkretisierung und damit
Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen bei Gefahren für ihr
Wohl. - eine Stärkung der fachlichen und
wirtschaftlichen Steuerungskompetenz des Jugendamtes - eine stärkere Realisierung des
Nachrangs der Jugendhilfe sowie - eine Vereinfachung der Vorschriften
über die Heranziehung zu den Kosten. Mit allen
genannten Aspekten sind – insbesondere auch vor dem Hintergrund einer
höheren Sensibilisierung der Öffentlichkeit für Kinderschutzfragen –
insgesamt vermehrte und höhere Anforderungen an die Mitarbeiter/innen der Jugendämter verbunden. Obwohl der Gesetzgeber davon ausgeht, dass
diese Regelungen insgesamt kostenneutral sind, lässt sich dies aber nur
realisieren, wenn Personal in mindestens gleicher Zahl und Qualität zur
Verfügung steht wie bisher. Das Gesetz
ist zum 01.10.2005 in Kraft getreten. Die Fortführung der Föderalismusreform ist ein besonderes
Anliegen der Bundesregierung und damit auch Inhalt des Koalitionsvertrages von
CDU/CSU und SPD gewesen. Die nunmehr beschlossene Fassung der Artikel 72, 84
und 125b Grundgesetz (GG) lässt befürchten, dass es einerseits zum Stillstand
gesetzgeberischer Aktivitäten des Bundes in der Kinder- und Jugendhilfe kommen
kann, zum anderen, dass nach den Erfahrungen mit den unterschiedlichen
Gesetzesinitiativen verschiedener Bundesländer in der Vergangenheit - z.B. beim
Zuständigkeitslockerungsgesetz - einzelne Länder über kurz oder lang von der
Verfahrens- und Behördenbestimmung auch auf dem Gebiet der Kinder- und
Jugendhilfe Gebrauch machen werden. Dies könnte dann bedeuten: ·
Die
Abschaffung der Zweigliedrigkeit des Jugendamtes, ·
Die
Abschaffung der Jugendämter und die Zuordnung der Aufgaben auf
unterschiedlichste Behörden, ·
Die
Aufhebung der Trennung von Leistungserbringung und Aufsicht, ·
Die
Durchbrechung von Verfahrensstandards. Insbesondere die Trennung zwischen materiellem Recht und
formalen Vorschriften wird der besonderen personenbezogenen Dienstleistung, wie
sie Merkmal der Kinder- und Jugendhilfe ist, nicht gerecht. Denn gerade diese
modernen Regelungen des § 36 SGB VIII waren Vorbild für andere sozialrechtliche
Regelungen, z.B. im SGB IX. Darüber hinaus würde eine Zuständigkeit verschiedener
Behörden für Aufgaben nach dem SGB VIII sowie die Uneinheitlichkeit der
Zuständigkeit in den Ländern gerade in dem sensiblen Bereich des Kinderschutzes
ggf. zu gefährlichen Lücken, Verständigungsschwierigkeiten oder
Zuständigkeitssuchen führen können. Es bleibt daher jetzt abzuwarten, wie verantwortlich die
Länder mit dieser “neu gewonnenen Freiheit” umgehen und ob die
Schnittstellen mehr, unterschiedlicher und unübersichtlicher werden. Monika Thiemen Reinhard
Naumann Bezirksbürgermeisterin
Bezirksstadtrat |
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